Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 11.06.2018, Az.: 5 B 589/18

Abschiebungsverbot; falsche Ausreisefrist

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
11.06.2018
Aktenzeichen
5 B 589/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74480
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen eine Abschiebungsandrohung i.V.m. einer Entscheidung des Bundesamtes nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist auch dann zulässig, wenn der Bescheid eine Ausreisefrist von 30 Tagen nach Unanfechtbarkeit bestimmt.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im vorliegenden Verfahren mit ihrem Hauptantrag, gemäß  § 80 Abs. 5 VwGO analog festzustellen, dass ihre Klage C. gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom D. aufschiebende Wirkung habe, hilfsweise, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die im Bescheid vom D. enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen.

Die E. in Omdurman geborene Antragstellerin ist sudanesische Staatsangehörige. Sie reiste nach eigenen Angaben am F. in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am G. einen Asylantrag. Zuvor hatten sie und ihr H. geborener Sohn bereits in Spanien Asylverfahren betrieben und dort internationalen Schutz erhalten. Sie sind beide im Besitz spanischer bis zum I. gültiger Aufenthaltserlaubnisse.

Mit Bescheid vom J. lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag der Antragstellerin als unzulässig ab, weil der Antragstellerin bereits in Spanien internationaler Schutz zuerkannt worden sei. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Bei Nichteinhaltung der Ausreisefrist werde sie nach Spanien oder in einen anderen Staat abgeschoben, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei. Sie dürfe nicht nach Sudan (ohne Südsudan) abgeschoben werden. In dem hiergegen gerichteten Klageverfahren (K.) nahm die Antragstellerin ihren ursprünglichen Verpflichtungsantrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zurück und beantragte nur noch die Aufhebung des Bescheids vom J.. Mit rechtskräftigem Urteil vom L. stellte das erkennende Gericht das Klageverfahren ein, soweit die Klage zurückgenommen worden war. Die Abschiebungsandrohung in dem streitbefangenen Bescheid wurde aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Aufhebung der Abschiebungsandrohung wurde damit begründet, dass die Antragsgegnerin es entgegen § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG versäumt habe, über das Vorliegen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG (förmlich) zu entscheiden.

Auch der Asylantrag des Sohnes der Antragstellerin wurde vom Bundesamt als unzulässig abgelehnt und ihr Sohn wurde unter Androhung der Abschiebung nach Spanien zur Ausreise aufgefordert. In dem hiergegen geführten Klageverfahren (M.) hob das erkennende Gericht mit rechtskräftigem Urteil vom L. die Abschiebungsandrohung in dem streitbefangenen Bescheid mit der gleichen Begründung auf wie in dem Verfahren der Antragstellerin.

Mit dem im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Bescheid vom D. hat die Antragsgegnerin den gegenüber der Antragstellerin ergangenen Bescheid vom J. ergänzt und das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG für die Antragstellerin verneint (Nr. 1), die Antragstellerin aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, wobei im Falle einer Klageerhebung die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens ende. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde der Antragstellerin die Abschiebung nach Spanien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht (Nr. 2), wobei sie nicht nach Sudan (ohne Südsudan) abgeschoben werden darf (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise - und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 3).

Die Antragstellerin hat am N. Klage (C.) gegen den Bescheid vom D. erhoben und zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

gemäß § 80 Ab. 5 VwGO analog festzustellen, dass ihre Klage C. gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom D. aufschiebende Wirkung hat,

hilfsweise,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage C. gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom D. enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie beruft sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.

Der Hauptantrag hat keinen Erfolg, weil entgegen der Auffassung der Antragstellerin die Klage C. keine aufschiebende Wirkung hat. Diese Rechtsfolge wird gem.  § 75 AsylG nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 AsylG, d. h. „in den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt“ und in - einem hier offensichtlich nicht vorliegenden - Widerrufs- und Rücknahmeverfahren nach §§ 73, 73b und 73c AsylG ausgelöst. In diesen Fällen beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage (§ 38 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz AsylG). Der hier vorliegende Fall ist kein „sonstiger“ im vorstehenden Sinne, denn er ist spezialgesetzlich von § 36 AsylG geregelt und sieht in Absatz 1 zwingend eine dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist von einer Woche vor. Die aufschiebende Wirkung der Klage scheidet daher hier kraft Gesetzes aus. Diese Rechtsfolge könnte allenfalls durch die Aussetzung der Vollziehung i.S.v. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1, erste Alternative VwGO eintreten. Hiervon hat die Antragsgegnerin aber offensichtlich keinen Gebrauch gemacht, sondern mit der der Antragstellerin gesetzten Ausreisefrist von 30 Tagen eine mit dem Gesetz nicht vereinbare Regelung getroffen (so auch VG Magdeburg, Beschluss vom 03.01.2018 -1 B 651/17 -, BeckRS 2018, 822, Rn. 1).

Somit ist das vorläufige Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Absatz 5 Satz 1, erste Alternative VwGO grundsätzlich eröffnet.

Der hilfsweise gestellte Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig.

Er wurde fristgerecht innerhalb der Wochenfrist nach § 36 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Absatz 1, erste Alternative AsylG, über die die Antragstellerin auch ordnungsgemäß belehrt worden ist, gestellt. Dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist der am O. per Einschreiben zur Post gegebene Bescheid vom D. aufgrund der Zugangsfiktion nach § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG am P. zugegangen, so das mit dem am N. bei Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Wochenfrist gewahrt wurde.

Der Antragstellerin fehlt auch nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die gerichtliche Eilentscheidung für sie von vornherein nutzlos wäre, weil diese ihr gegenüber einem Zuwarten im Klageverfahren keinerlei Vorteile bringen würde. Letzteres ist bereits deshalb nicht der Fall, weil der Bescheid der Antragsgegnerin vom D. kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist (s.o.). Nichts Anderes folgt daraus, dass im Widerspruch hierzu die in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids festgesetzte Ausreisefrist von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens nahelegt, dass die Antragstellerin bis zum Ablauf dieser Frist tatsächlich nicht abgeschoben werden soll und damit ihr vorrangiges Rechtsschutzziel bereits erreicht hätte. Dagegen spricht aber, dass die Antragstellerin in der Rechtsbehelfsbelehrung zu dem Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass eine Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid keine aufschiebende Wirkung habe. Ungeachtet dessen hat die Antragstellerin aber auch deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis, weil sie im Falle der Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht nicht nur Abschiebeschutz erhalten würde. Vielmehr würde sie darüber hinaus erreichen, dass die Entscheidung des Bundesamts über die Unzulässigkeit ihres Asylantrags und die Abschiebungsandrohung unwirksam werden würden und das Bundesamt das Asylverfahren fortzuführen hätte (§ 37 Abs. 1 AsylG, so auch VG Magdeburg, a.a.O., Rn. 5, 5; VG Berlin, Beschluss vom 09.01.2018 – 28 L 741.17 A -, juris Rn. 8 ff.).

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Im hier vorliegenden Fall, in dem die Antragsgegnerin das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG verneint hat, ordnet das Gericht gemäß § 36 Abs. 3 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der gemäß §§ 36 Abs. 3, 75 Abs. 1 AsylG sofort vollziehbaren Abschiebungsandrohung an, wenn das persönliche Interesse des Asylbewerbers, von der sofortigen Aufenthaltsbeendigung vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Durchsetzung übersteigt. Die Aussetzung der Abschiebung darf gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dies ist der Fall, wenn erhebliche Gründe dafürsprechen, dass die getroffene Entscheidung, hier die der sofortigen Aufenthaltsbeendigung zu Grunde liegende Verneinung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG, einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 - juris). Ernstliche Zweifel im dargelegten Sinn bestehen unter Zugrundelegung der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen derzeitigen Sach- und Rechtslage an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht.

Rechtsgrundlage für die angegriffene Abschiebungsandrohung ist § 35 AsylG. Danach droht das Bundesamt u.a. in dem Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 gewährt hat. Nach § 31 Abs. 3 AsylG ist in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG beträgt in den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

Nach diesen rechtlichen Vorgaben ist die Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Es liegt ein Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vor. Der Asylantrag der Antragstellerin wurde als unzulässig nach altem Recht abgelehnt, da der Antragstellerin in Spanien der internationale Schutzstatus zuerkannt wurde. Diese Ablehnung als unzulässig ist aufgrund der Rücknahme der ursprünglich hiergegen erhobenen Klage bestandskräftig.

Soweit die Antragsgegnerin abweichend von § 36 Abs. 1 AsylG und damit rechtswidrig die Ausreisefrist statt auf eine Woche auf 30 Tage nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens festgesetzt hat, wird die Antragstellerin durch diese günstigere Regelung nicht in ihren Rechten verletzt. Die Abschiebungsandrohung wird hierdurch nicht rechtswidrig (a.A. VG Berlin, a.a.O., Rn. 18 ff.)

Die Feststellung nach § 31 Abs. 3 AsylG, ob Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG für die Antragstellerin vorliegen, hat die Antragsgegnerin in dem streitbefangenen Bescheid nachträglich getroffen und zu Recht verneint.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Hieraus folgen neben Unterlassungs- auch staatliche Schutzpflichten. Eine Verletzung von Schutzpflichten kommt in Betracht, wenn sich die staatlich verantworteten Lebensverhältnisse von international Schutzberechtigten in Spanien allgemein als unmenschlich oder erniedrigend darstellen würden.

Die hinsichtlich der allgemeinen Lebensverhältnisse von international Schutzberechtigen bestehenden Gewährleistungspflichten hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Einzelnen konkretisiert. Demnach kann die Verantwortlichkeit eines Staates aus Art. 3 EMRK begründet sein, wenn der Betroffene vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. EGMR, U.v. 4.11 2014 – 29217/12 (Tarakhel / Schweiz) - juris). Dagegen verpflichtet Art. 3 EMRK die Vertragsstaaten nicht, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Art. 3 EMRK begründet auch keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Es verstößt demnach grundsätzlich nicht gegen Art. 3 EMRK, wenn international Schutzberechtigte den eigenen Staatsangehörigen gleichgestellt sind und von ihnen erwartet wird, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgen. Der Umstand, dass die allgemeinen Lebensbedingungen für international Schutzberechtigte in Spanien schlechter sein mögen als in Deutschland, führt nicht dazu, dass eine Abschiebung der Antragstellerin gegen Art. 3 EMRK verstößt.

Nach diesem Maßstab ist die Antragstellerin in Spanien keiner unmenschlichen oder erniedrigender Behandlung unterworfen. Allein ihr Vortrag, ihr und ihrem Sohn seien nach drei Monaten in Spanien die Lebensunterhaltungskosten gestrichen worden, sodass sie zeitweise auf der Straße hätten leben müssen, rechtfertigt diese Annahme nicht. Das gleiche gilt für ihre nicht näher substantiierte Behauptung, sie habe in Spanien unter starken Augen- und Kopfschmerzen gelitten, eine gesundheitliche Betreuung hätte jedoch erst nach zwei Jahren erfolgen sollen. Weitere individuelle Aspekte, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnten, sind nicht ersichtlich,

Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche, konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Gefahr kann sich zwar grundsätzlich zum Beispiel daraus ergeben, dass sich infolge fehlender Behandlungsmöglichkeiten eine Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers nach Abschiebung in seinen Heimatstaat (hier einen anderen Mitgliedsstaat) verschlimmert, wobei eine medizinische Behandlungsmöglichkeit oder erforderliche Medikation auch dann fehlt, wenn sie im Zielstaat der Abschiebung zwar grundsätzlich verfügbar ist, von dem betroffenen Ausländer aber aus finanziellen oder sonstigen Gründen tatsächlich nicht erlangt werden kann. Eine konkrete erhebliche Gefahr liegt allerdings nur vor, wenn die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen wird, also eine "Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität" eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands erwarten lässt (vgl. BVerwG, B. v. 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, juris). Die Feststellung, ob mit der wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu rechnen ist, hat sich dabei nicht am subjektiven Befinden des Betroffenen zu orientieren, vielmehr muss die Möglichkeit einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes objektiv gegeben sein und zumindest in die Nähe der lebensbedrohlichen Gefährdung reichen oder mit ihr vergleichbar sein (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 23.4.2002 - 7 A 11702/01.OVG -).

Aufgrund der Angaben der Antragstellerin ist von einer derartigen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes bei ihrer Rückkehr nach Spanien nicht auszugehen. Dies ergibt sich jedenfalls nicht aus ihrer pauschalen Behauptung im Klageverfahren C., sie habe massive gesundheitliche Beschwerden, u.a. Probleme mit den Augen. Was ihre Augen anbetrifft, so hat sie sich am Q. einer Cataract(Grauer Star)-Operation unterzogen. Beim Grauen Star trübt sich die Augenlinse allmählich ein. Das Sehvermögen lässt nach. Man sieht zunehmend unscharf und verschwommen, wie durch einen Schleier oder Nebel. Dabei handelt es sich meist um eine Folge des natürlichen Alterungsprozesses. Die einzig wirksame Behandlungsmöglichkeit ist eine Operation. Dabei wird die trübe Linse entfernt und durch eine neue, künstliche Linse ersetzt. https://www.gesundheitsinformation.de/operation-des-grauen-stars.2268.de.html?part=behandlung-cp). Einer solchen Operation hat sich die Antragstellerin am Q. erfolgreich unterzogen (s. Arztbrief der Augenärzte B-Stadt-Nord vom Q., Bl. 143 Vg.), sodass ihre Sehfähigkeit sich wieder verbessert haben dürfte. Insofern ist ihr Vortrag, sie sei wegen ihrer schlechten Sehfähigkeit auf die ständige Unterstützung ihres in Deutschland lebenden erwachsenen Sohnes angewiesen, nicht nachvollziehbar. Im Übrigen kann ihr Sohn mit ihr nach Spanien zurückkehren, da er dort ebenfalls internationalen Schutz erhalten hat und über eine noch gültige Aufenthaltserlaubnis verfügt. Ggfs. muss der Sohn der Antragstellerin Deutschland ohnehin wieder verlassen, denn es ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin auch ihm gegenüber eine neue Abschiebungsandrohung nach Abschluss seines Klageverfahrens im Jahr 2017 erlassen hat. Dafür spricht, dass in dem gegenüber der Antragstellerin ergangenen Bescheid vom D. erwähnt wird, dass ihr Sohn zur Zeit ebenfalls ein Asylverfahren unter dem Aktenzeichen 6014871-277 führt.

Dagegen dass die Antragstellerin schwerwiegend erkrankt ist, sprechen zudem ihre eigenen Angaben bei ihrer persönlichen Anhörung am 15.09.2017 im Rahmen des vorliegenden Asylverfahrens. Dort hatte sie auf Nachfrage erklärt, es gehe ihr gut. Sie habe nur ein Problem mit ihren Augen und werde am Q. operiert. Da diese Operation erfolgreich durchgeführt wurde, ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin sich auch unter Berücksichtigung ihres Alters von 70 Jahren in einem guten Gesundheitszustand befindet. Nichts Andres ergibt sich aus dem von der Antragstellerin im Asylverfahren vorgelegten Arztbrief des Akademischen Lehrkrankenhauses der Medizinischen Hochschule B-Stadt vom 14.07.2017. Danach befand sich die Antragstellerin dort wegen Oberbauchschmerzen vom 13.-17.07.2017 in stationärer Behandlung. Unter analgetischer Therapie sei es zu einer deutlichen Beschwerdebesserung mit Beschwerdefreiheit im Verlauf gekommen, in einer sonographischen Kontrolle habe eine Kokarde nicht mehr nachgewiesen können; letztlich sei die genaue Genese der Beschwerden unklar geblieben. Die Antragstellerin sei auf eigenen Wunsch bei vollständiger Beschwerdefreiheit entlassen worden (Bl. 144 ff. Vg.).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 80 AsylG).