Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 05.06.2018, Az.: 1 A 2368/16

Realverband; selbstständige Verbandsanteile

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
05.06.2018
Aktenzeichen
1 A 2368/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74030
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Übertragung selbstständiger Realverbandsanteile.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass der Kläger mit dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts C-Stadt vom 14. September 2010, Geschäftsnummer 29 K 62/09, Mitglied der Beklagten und Inhaber des Anteils Nr. 5 (drei Stimmrechte) geworden ist.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte, mit Ausnahme ihrer außergerichtlichen Kosten, die die Beklagte und die Beigeladene jeweils selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er Mitglied des beklagten Realverbandes ist.

Der Kläger wurde durch Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts C-Stadt vom 14. September 2010 Eigentümer des Grundstücks A-Straße in A-Stadt, Gemarkung F., Flur 9, Flurstück 127/7. Dieses Grundstück gehörte zunächst Herrn J., hatte seinerzeit die Anschrift K. (Flurstück 127/1, Flur 9, Gemarkung F.) und war 5.371 m² groß. Im Zuge der Gebietsreform in den 1970er Jahren wurde die Straßenbezeichnung „L.“ aufgehoben. Das Grundstück führt nunmehr die Straßenbezeichnung „M.“. Herr N. verkaufte es am 18. April 1980 an die Eheleute O. und P.. Diese verschenkten Anteile am 28. Februar 1983 an ihre Tochter Q.. Q. verschenkte zudem einen Anteil an ihren mittlerweile verstorbenen Ehemann R.. Im Jahr 1996 wurde das Grundstück 127/1 in die Flurstücke 127/2, 127/3 und 127/4 zerteilt. Die Flurstücke 127/2 und 127/3 wurden an Dritte veräußert. Die bisherigen Eigentümer des Grundstücks 127/1 wurden damit Eigentümer nur des Flurstücks 127/4, wobei ein Teil davon an eine weitere Tochter der Eheleute S., T., veräußert wurde, die Miteigentümerin wurde. Wegen weiterer Verkäufe von Grundstücksanteilen wurde das Flurstück 127/4 weiter zerteilt und mit weiteren Flurnummern belegt. Es wird Bezug genommen auf die vom Grundbuchamt des Amtsgerichts C-Stadt übermittelte Grafik (Blatt 197 der Gerichtsakte) und die zugleich übersandte Grundstückschronologie (Blatt 196 der Gerichtsakte). Das Einfamilienhaus, das Herrn N. gehörte, befand sich zuerst auf dem Flurstück 127/1, dann auf dem Flurstück 127/4 und nunmehr auf dem Flurstück 127/7, welches der Kläger erwarb. Das Grundstück weist eine Größe von 2.103 m² auf. Herr N. verstarb am 1. Oktober 1985 und wurde beerbt von seiner Ehefrau U.. Sie verstarb am 20. Juli 1989 und wurde von der Beigeladenen beerbt.

Herr N. war ebenfalls Inhaber eines Realverbandsanteils, der mit drei Stimmrechten versehen ist. In der Anlage B der Satzung der Beklagten vom 23. Juli 1973 wird sein Verbandsanteil Nr. 5 als „V.“ bezeichnet und aufgeführt unter der Überschrift „Anteile, die mit einer Hofstelle verbunden sind“. Als Inhaberin dieses Realverbandsanteils ist derzeit die Beigeladene im Mitgliederverzeichnis der Beklagten eingetragen. Nach § 4 Abs. 1 der Satzung der Beklagten sind die Verbandsanteile selbstständig und können durch Rechtsgeschäft übertragen werden. Verbandsanteile, die zu einer Haus- oder Hofstelle gehören, können von dieser getrennt werden.

Der Kläger begehrte von der Beklagten außergerichtlich erfolglos, dass er als Inhaber des Forstanteils Nr. 5 in das Mitgliederverzeichnis der Beklagten eingetragen wird. Auf Anraten der Verbandsaufsicht des Landkreises C-Stadt-W. stellte die Beklagte aber unter dem 4. März 2015 sämtliche Rechte und Pflichten der Beigeladenen aus dem Forstanteil ruhend.

Der Kläger hat am 19. April 2016 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, durch den Zuschlagsbeschluss sei er Mitglied der Beklagten geworden. Der streitgegenständliche Realverbandsanteil Nr. 5 sei zu keinem Zeitpunkt von dem Grundstück A-Straße getrennt worden. Gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 RealVbG gelte er als Bestandteil des Grundstücks. Die Anlage der Satzung der Beklagten spreche dafür, dass 1973 der Anteil nicht von der Hofstelle getrennt gewesen sei. Urkundliche Nachweise für eine Trennung seien zu keinem Zeitpunkt vorgelegt worden, seien aber notwendige Voraussetzung für eine Trennung (§ 11 Abs. 1 RealVbG). Ob auf dem Grundstück eine Hofstelle vorhanden sei, sei unerheblich, da § 9 Abs. 2 RealVbG von einer „Haus- oder Hofstelle“ spreche. Das Grundstück sei eine Hausstelle. Dass der Kaufvertrag vom 18.  April 1980 die Verbandsanteile nicht erwähne, liege daran, dass sie mangels Trennung noch mit der Hausstelle verbunden gewesen seien. Sie hätten als Bestandteil des Grundstücks gegolten. Soweit sich die Beigeladene auf die Einrede der Verjährung beruft, sei zu beachten, dass der dingliche Berichtigungsanspruch des Grundbuches keiner Verjährung unterliege. Bei dem klagweise geltend gemachten Anspruch handele es sich um einen unselbstständigen Ausfluss dieses Rechts. Die Beklagte müsse ihr früheres Statut vorlegen. Dort müssten Bestimmungen über die Teilnahmerechte der Mitglieder enthalten sein. Sollten die dortigen Regelungen mit denjenigen der aktuellen Satzung ähnlich oder identisch sein, wäre der Nachweis erbracht, dass es sich um ursprünglich mit einem Haus- oder Hofgrundstück verbundene Anteile gehandelt habe.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Kläger mit dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts C-Stadt vom 14. September 2010, Geschäftsnummer 29 K 62/09, Mitglied der Beklagten und Inhaber des Anteils Nr. 5 (drei Stimmrechte) geworden ist.

Die Beklagte stellt keinen Antrag.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte führt aus, die Erbfolge sei durch Vorlage von Testamenten beim Vorstand der Beklagten belegt worden. Daher werde die Beigeladene als Mitglied geführt. Die Beklagte sehe sich nicht in der Lage, die aufgeworfenen Rechtsfragen von sich aus zu beantworten, sodass der Kläger nicht als Mitglied eingetragen werden könne. Zu ihrer Bildung könne sie nichts mehr sagen. Es seien jedoch noch historische Unterlagen vorhanden, die eingesehen werden könnten.

Die Beigeladene bestreitet, dass die gegenständlichen Realverbandsanteile jemals wirksam mit einer Hofstelle verbunden gewesen seien. Das müsse der Kläger belegen. Aus dem vorgelegten Rezess ergebe sich nicht, wie es zu einer Verteilung von Verbandsanteilen gekommen ist und ob die Anteile jemals mit einer Haus- oder Hofstelle verbunden waren. Von einer Hofstelle könne im Übrigen nur gesprochen werden, wenn ein Hof im Sinne der Höfeordnung zu beurteilen wäre. Das sei auf dem klägerischen Grundstück schon seit mindestens 1989 nicht der Fall (vgl. Grundbuch von F., Blatt 471). Eine Hofstelle setze einen Hof voraus und einen solchen habe der Kläger nie erworben. Gegenstand der Zwangsversteigerung sei allein das Einfamilienhausgrundstück gewesen. Selbstständige Verbandsanteile zeichneten sich zudem dadurch aus, dass sie nicht stets mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden seien. Es seien isolierte Rechte. Im Kaufvertrag zwischen Herrn N. und den Eheleuten S. würden die Verbandsanteile nicht erwähnt. Der Notar habe einen Übergang der Anteile der Beklagten auch nie angezeigt. Die Verbandsanteile hätten nur in Form einer schuldrechtlichen Vereinbarung übergehen können. Eventuelle Rechte aus dem Kaufvertrag seien zudem verjährt. Nachgegangen werden müsse zudem der Frage, wie sich die Beklagte gebildet hat und wie es zu der Verteilung von Verbandsanteilen gekommen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt und keine abdrängende Sonderzuweisung ersichtlich ist. Die streitentscheidenden Normen ergeben sich aus der Satzung der Beklagten und dem Realverbandsgesetz.

Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Bei der Frage der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten handelt es sich um ein Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger hat auch ein Interesse an der Feststellung der Mitgliedschaft, weil sich daraus für ihn bestimmte Rechte und Pflichten ergeben und die Beklagte sich nicht in der Lage sieht, zu entscheiden, ob der Kläger oder die Beigeladene Mitglied ist.

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger ist als Inhaber des Forstanteils Nr. 5 Mitglied der Beklagten geworden.

Gem. § 6 Abs. 1 RealVbG ist Mitglied des Realverbandes, wer Inhaber eines Verbandsanteils ist. Die Kammer geht aufgrund der ihr vorliegenden Erkenntnisse davon aus, dass der Kläger durch den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts C-Stadt vom 14. September 2010 Inhaber von Verbandsanteilen und Mitglied der Beklagten geworden ist. Die Beigeladene war hingegen nie Inhaberin entsprechender Anteile und wurde von der Beklagten zu Unrecht als Mitglied geführt.

Ursprünglich war Herr J. Inhaber der Verbandsanteile. Dies steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit und es ergibt sich zudem aus dem vorgelegten Mitgliederverzeichnis der Beklagten (Anlage B zur Satzung der Beklagten vom 23. Juli 1973, Blatt 83 ff. der Gerichtsakte). Dort wird das Grundstück „V.“ des Herrn J. unter Ziff. I, dort Nr. 5, aufgelistet. Dass dies seinerzeit unrichtig erfasst wurde, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen.

Die Kammer geht zudem davon aus, dass die Verbandsanteile trotz ihrer Selbstständigkeit nicht von diesem Grundstück getrennt wurden, sondern stets damit verbunden waren. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 RealVbG hat sich der Realverband zur Regelung seiner Verhältnisse eine Satzung zu geben. Nach § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Satzung sind die Verbandsanteile der Beklagten selbstständig, können durch Rechtsgeschäft übertragen werden und Gegenstand besonderer Rechte sein. Damit handelt es sich - wie die Beteiligten zutreffend ausgeführt haben - um selbstständige Verbandsanteile i.S.d. § 9 RealVbG. Gem. § 9 Abs. 1 RealVbG können derartige Verbandsanteile selbständig durch Rechtsgeschäft übertragen werden und Gegenstand besonderer Rechte sein. Hier liegen jedoch die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 RealVbG vor, wonach ein Realverbandsanteil als Bestandteil des Grundstücks gilt, wenn er nach dem örtlichen Herkommen oder dem bisherigen Recht, insbesondere nach einem Rezess, zu einer Haus- oder Hofstelle gehört, solange er von dem Grundstück nicht getrennt wird. Die Norm verlangt, dass (aktiv) festgelegt werden muss, dass ein selbstständiger Verbandsanteil zu einer Haus- oder Hofstelle gehört („nach dem örtlichen Herkommen oder dem bisherigen Recht, insbesondere nach dem Rezeß“, vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Juli 1998 – V ZR 370/97 –, Rn. 9, juris).

Die Beigeladene bestreitet, dass die gegenständlichen Verbandsanteile jemals wirksam mit einer Hofstelle verbunden waren. Das Bestreiten ist allerdings nicht ausreichend belegt. Die Kammer verkennt nicht, dass die Zugehörigkeit eines selbstständigen Verbandsanteils zu einem Grundstück nach § 9 Abs. 2 RealVbG nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt und ein ausnahmsweise zu einer solchen Zugehörigkeit führendes „örtliches Herkommen“, d.h. örtliches Gewohnheitsrecht, daher nicht schlicht als vermeintlich „unstreitig“ bezeichnet werden kann, sondern mit seinem konkreten Regelungsinhalt einzelfall-, d.h. grundstücksbezogen von Amts wegen festzustellen ist (Nds. OVG, Beschluss vom 12. Juli 2016 – 10 LA 42/16 –, Rn. 12, juris, m.w.N.). Eine solche Feststellung ist hier allerdings möglich. Im vorgelegten Mitgliederverzeichnis (Anlage B der Satzung der Beklagten) wird das Grundstück des Herrn J. unter Ziff. I aufgelistet. Die Überschrift zu Ziff. I lautet „Anteile, die mit einer Hofstelle verbunden sind“. Unter Ziff. II werden „Anteile, die nicht mit einer Hofstelle verbunden sind“ aufgelistet. Insoweit ist der Vortrag der Beigeladenen, dass die Anteile des Herrn N. nicht mit einer Hofstelle verbunden gewesen seien, nicht ausreichend belegt. Zudem heißt es in § 4 Abs. 1 Satz 3 der Satzung der Beklagten, dass Verbandsanteile, die zu einer Haus- oder Hofstelle gehören, von dieser getrennt werden können. Dies erfordert demzufolge aktives Handeln, um die Trennung zu bewirken. Da die Beklagte eine solche Regelung in ihre Satzung aufnahm und in der Anlage zur Satzung festhält, welche Anteile mit einer Hofstelle tatsächlich verbunden sind und welche nicht, spricht die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass die in der Anlage B Ziff. I der Satzung genannten Verbandsanteile auch tatsächlich mit einer Hofstelle verbunden waren und nach wie vor sind, sofern – wie hier – keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen (zur allgemeinen Lebenserfahrung als Grundlage der richterlichen Überzeugung vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2018 – 9 B 11/17 –, Rn. 5, juris).

Die Anteile gelten deshalb als trennbarer, nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, vgl. § 96 BGB (Thomas/Tesmer, Niedersächsisches Realverbandsgesetz, 10. Auflage 2015, § 9 Ziff. 3, Seite 123; MüKoBGB/Stresemann, 7. Auflage 2015, § 96 Rn. 3; BeckOK BGB/Fritzsche, 45. Edition 2017, § 96 Rn. 4). Eine Trennung kann (nur) durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch letztwillige Verfügung erfolgen (BGH, Urteil vom 17. Juli 1998 – V ZR 370/97 –, Rn. 11, juris). Das ist hier – wie bereits dargelegt – nicht ersichtlich. Die Rechtslage zum Verbandsanteil folgt damit der Rechtslage zum Grundstück; die Vorschriften der §§ 311c, 926 Abs. 1 Satz 2 BGB sind entsprechend anwendbar (Thomas/Tesmer, a.a.O., § 9 Ziff. 3, Seite 123 und § 9 Ziff. 5, Seite 126).

Das Verwaltungsgericht Lüneburg führt zur rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung eines Grundstücks durch Urteil vom 11. September 2012 – 3 A 231/11 –, Rn. 28 ff., juris, Folgendes aus:

„Ein mit dem Grundstück verbundener, aber selbständiger Verbandsanteil geht bei Veräußerung des Grundstücks, zu dem der Verbandsanteil als Grundstücksbestandteil gehört, auf den Erwerber dann über, wenn sich die Veräußerung vertraglich auf Bestandteile und Zubehör des Grundstücks erstreckt. Nach den Auslegungsregeln der §§ 311c, 926 Abs. 1 Satz 2 BGB, die bei der Ermittlung des Vertragsinhalts anwendbar sind, ist dies im Zweifel anzunehmen. § 311 c BGB bestimmt:

Verpflichtet sich jemand zur Veräußerung oder Belastung einer Sache, so erstreckt sich diese Verpflichtung im Zweifel auch auf das Zubehör der Sache.

§ 926 Abs. 1 Satz 2 BGB regelt:

Im Zweifel ist anzunehmen, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör erstrecken soll.

Nach § 96 BGB gelten Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind, als Bestandteile des Grundstücks, und nach § 97 BGB gehören zum Zubehör diejenigen beweglichen Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind. Damit sind Bestandteile des Grundstücks und Zubehör in gleicher Weise rechtlich einzuordnen, wenn es darum geht, ob Bestandteile oder Zubehör bei einer Veräußerung der Hauptsache – des Hofgrundstückes – mit übergehen (zur entsprechenden Anwendung des § 311 c BGB auf Bestandteile eines Grundstückes vgl. u.a. auch Ludwig in: jurisPK-BGB Band 2, 6. Aufl. 2012, Rn. 5 ff. m.w.N.; Palandt-Grüneberg, BGB, Kommentar, 71. Aufl. 2012, § 311c Rn. 1; OLG Braunschweig, Urteil v. 25.10.1989 - 3 U 69/89 -, Nds. RPfl 1990, 7).

Realverbandsanteile sind Bestandteile des Grundstückes nach § 96 BGB (Palandt-Ellenberger, BGB, Kommentar, 71. Aufl. 2012, § 96, Rn. 2; Erman-Michalski, BGB, Kommentar, 11. Aufl. 2004; beide unter Hinweis auf OLG Braunschweig, a.a.O.). Auch § 9 Abs. 2 RealVerbG selbst hebt unmittelbar durch die Fassung des Gesetzestextes hervor, dass der selbständige Verbandsanteil als Bestandteil des Grundstückes gilt. Damit geht ein mit einem Hof verbundener Realverbandsanteil bei Veräußerung des Hofes ohne weitere konkrete Absprachen auf den Erwerber der Hofstelle jedenfalls dann über, wenn nach dem Vertrag der Grundbesitz einschließlich Gebäude und mit allem, was als Bestandteil und Zubehör gilt, verkauft wird. Die gesetzliche Vermutung des Übergangs der Realverbandsanteile zusammen mit dem Hofgrundstück aufgrund der aufgeführten Rechtsvorschriften ist widerlegbar; im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit muss aber ein von den Parteien erkennbar nach außen in Erscheinung getretener entgegengesetzter Wille zeitlich vor oder zugleich mit der Veräußerung des Grundstücks vorhanden sein und eben auch geäußert werden (vgl. auch Urteil des VG Göttingen vom 28.4.1994 – 1 A 1334/92). Ein etwaiger von der gesetzlichen Vermutungsregel abweichender Parteiwille hätte dann Vorrang (OLG Braunschweig, a.a.O.).

Die „Selbständigkeit“ der Realverbandsanteile ändert an dieser Betrachtung nichts. Denn die Selbständigkeit der Anteile bedeutet nicht, dass die Anteile vom Hausgrundstück stets und von vornherein getrennt sind und der Verkauf der Hofstelle keine Auswirkungen auf den Übergang der Realverbandsanteile hätte. Vielmehr gilt gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 RealVerbG ein Verbandsanteil als Grundstücksbestandteil, „solange er nicht von diesem getrennt wird“. Auch wenn die Verbandsanteile im jeweiligen Kaufvertrag nicht genannt werden, gehen sie mangels Trennung mit dem Verkauf der Hofstelle über. Um die Trennung zu belegen, müssen sich Anhaltspunkte aus dem Kaufvertrag ergeben, dass die Anteile gerade nicht mit übertragen werden sollen; ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht, geht mit der Hofstelle eben auch der Verbandsanteil über (so ausdrücklich auch OLG Celle, Urt. v. 25.6.2008 – 4 U 29/08 -). Das „Schweigen“ in einem Vertrag führt nach den Vermutungsregeln der §§ 9 Abs. 2 RealVerbG, §§ 311 c, 926 Abs. 1 Satz 2 BGB mit anderen Worten gleichsam „automatisch“ zu einem Übergang. Werden Verbandsanteile im Kaufvertrag nicht angesprochen, bleiben sie Grundstücksbestandteile, und sie gehen mit dem Hofgrundstück über (Thomas/Tesmer, a.a.O., § 9 Anm. 2.2 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 17.7.1998 – V ZR 370/97 -, RdL 1998, 299).“

Dem folgt die Kammer (vgl. auch bereits das Urteil des Einzelrichters der Kammer vom 15. April 2014 – 1 A 2124/13 –). Im Grundstückskaufvertrag zwischen Herrn N. und den Eheleuten S. vom 18. April 1980 heißt es in § 3, dass die mit dem Kaufgegenstand verbundenen Rechte und Nutzungen auf den Käufer übergehen sollen. Anhaltspunkte, dass die Anteile gerade nicht mit übertragen werden sollten, ergeben sich aus dem Kaufvertrag nicht. Selbiges gilt für die Schenkungsverträge zwischen den Eheleuten S. und deren Töchtern und den Schenkungsvertrag zwischen AX. und ihrem Ehemann, die durch die Schenkungen jeweils Eigentumsanteile an dem Grundstück erwarben. Dass nach der früheren Auffassung des Oberlandesgerichts Celle bei fehlender vertraglicher Regelung ein Übergang auf den Erwerber gerade nicht angenommen wurde (vgl. Thomas/Tesmer, a.a.O., § 9 Ziff. 5.1.2, Seite 125 f.), vermag an der Rechtslage, wie sie nach heutigem Verständnis schon damals bestanden hatte, nichts zu ändern. Nichts anderes als bei einer rechtsgeschäftlichen Übertragung des Grundstückseigentums gilt im Falle einer gesetzlichen Übertragung. Der Kläger erwarb das Grundstück durch den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts C-Stadt vom 14. September 2010. Gem. § 90 Abs. 1 ZVG wurde er als Ersteher durch den Zuschlag Eigentümer des Grundstücks, wozu – wie bereits dargelegt – gem. § 96 BGB auch die Realverbandsanteile gehören. Die Rechte i.S.d. § 96 BGB (hier der Verbandsanteil) folgen dem Grundstück im Falle seiner Übertragung (BeckOK BGB/Fritzsche, a.a.O., § 96 Rn. 7; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 15. Dezember 2000 – 9 ZB 99.2608 –, Rn. 9, juris und Urteil vom 15. Februar 2001 – 9 B 99.1991 –, Rn. 39 f., juris).

Ob die Ansicht der Beigeladenen, bei selbstständigen Realverbandsanteilen sei grundsätzlich davon auszugehen, dass diese nie mit einem Grundstück verbunden gewesen seien und eine Verbindung nach § 9 Abs. 2 RealVbG die Ausnahme darstelle, zutrifft, kann im Ergebnis dahinstehen. Hierzu werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Rechtsprechung im Raum Hannover ging bis in die fünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts davon aus, dass der selbstständige Verbandsanteil gar nicht erst von der Haus- und Hofstelle trennbar war; die Verbindung mit der Haus- und Hofstelle wurde allgemein angenommen. Dagegen wurde im Braunschweiger Rechtskreis angenommen, die Anteile seien mit der Haus- und Hofstelle verbunden, aber trennbar (vgl. Thomas/Tesmer, a.a.O., § 9 Ziff. 1, Seite 121, m.w.N.); Letzterem schloss sich auch der Bundesgerichtshof an (Urteil vom 17. Juli 1998 – V ZR 370/97 –, Rn. 11, juris). In der Literatur wird vertreten, dass im Falle selbstständiger Realverbandsanteile von einer generellen Bindung an das Grundstück ausgegangen werden müsse, es sei denn, der Realverband oder der Inhaber selbst haben rechtlich wirksam, publik, tatsächlich und nachweisbar eine Trennung vorgenommen (Thomas/Tesmer, a.a.O., § 9 Ziff. 1, Seite 122). Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht vertritt hingegen die Auffassung, dass die Verbindung eines selbstständigen Verbandsanteils mit einer Haus- und Hofstelle nachgewiesen werden müsse (Beschluss vom 12. Juli 2016 – 10 LA 42/16 –, Rn. 12, juris). Für den hier zu beurteilenden Sachverhalt finden sich – anders als in dem vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht entschiedenen Fall – solche Anhaltspunkte in der Satzung der Beklagten, die ausdrücklich mitteilt, dass die Anteile des Herrn N. mit einer Hofstelle und damit mit einem Grundstück verbunden sind. Insoweit wäre es Aufgabe der Beigeladenen gewesen, nachzuweisen, dass die Anteile in der Vergangenheit von dem Grundstück getrennt wurden, im Eigentum des Herrn N. verblieben und im Wege der Erbfolge auf sie übergegangen sind. Folglich kann trotz der Selbstständigkeit der Verbandsanteile nicht angenommen werden, dass diese ohne ausdrückliche Vereinbarung beim ursprünglichen Inhaber (hier Herrn N.) verblieben und durch Erbfolge auf die Beigeladene übergegangen sind. Soweit die Beigeladene vorträgt, im Kaufvertrag zwischen Herrn N. und den Eheleuten S. würden die Verbandsanteile nicht erwähnt, ist auszuführen, dass eine gesonderte Erwähnung nicht notwendig ist, da – wie dargelegt – ohne schuldrechtliche Vereinbarung der Verbandsanteil dem Grundstück folgt. Die Ansicht, die Verbandsanteile hätten nur in Form einer schuldrechtlichen Vereinbarung übergehen können, ist nur insoweit zutreffend, als damit der Grundstückskaufvertrag und die anschließende dingliche Übereignung gemeint sind.

Aus diesem Grunde führt auch der Verweis der Beigeladenen auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 15. Oktober 2015 – Az. 1 A 273/13 –, in welchem es heißt, selbstständige Verbandsanteile seien isolierte Rechte und nur ausnahmsweise mit einer Haus- oder Hofstelle verbunden, nicht weiter. Dort konnte das Gericht nicht feststellen, dass es sich bei den Verbandsanteilen ursprünglich um mit Haus- und Hofstellen verbundene Anteile handelte. Weder aus der Satzung noch aus dem Mitgliederverzeichnis des beklagten Realverbandes ergab sich ausdrücklich, ob es sich um verbundene oder isolierte Anteile handelt. Zudem lagen Indizien vor, die dafür sprachen, dass es sich um selbstständige Anteile handelte, die ursprünglich nicht mit einem Grundstück verbunden waren. So wohnte eine Anteilseignerin nicht im Gebiet des Realverbandes, einem Mitglied waren zwei Anteile zugeordnet und Anteile wurden isoliert übertragen. Vorliegend ergibt sich aus der Satzung, dass es sich um Anteile handelt, die mit einer Hofstelle verbunden sind.

Unzutreffend ist auch die Ansicht der Beigeladenen, dass eine Hofstelle nur eine solche im Sinne der Höfeordnung sei. Ziel und Zweck der Höfeordnung besteht darin, land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitz vor einer Aufsplitterung im Erbgang dort zu bewahren, wo eine funktionsfähige Betriebseinheit vorliegt. Dieser rein erbrechtliche Ansatz und sein wirtschaftlicher Hintergrund prägen den Begriff des Hofes und der Hofstelle im Sinne von § 1 Abs. 1 HöfeO. Hier geht es aber um die rechtliche Zuordnung von Verbandsanteilen. Auszulegen ist eine Bestimmung des Realverbandsgesetzes. Der in § 9 Abs. 2 Satz 1 RealVbG genannte Begriff "Haus- oder Hofstelle" ist nicht identisch mit dem Begriff "Hofstelle" im Sinne von § 1 Abs. 1 HöfeO (BGH, Urteil vom 17. Juli 1998 – V ZR 370/97 –, Rn. 10, juris). Selbst wenn die Hofstelle zerstört oder abgerissen wird (und damit nicht mehr besteht), geht der Realverbandsanteil nicht unter, sondern bleibt erhalten und mit dem Grundstück verbunden, selbst wenn etwa darauf ein Geschäftsgebäude, ein Parkplatz oder eine Straße errichtet wurde (Thomas/Tesmer, a.a.O., § 9 Ziff. 2, Seite 123). Ob ein einmal bestehender Hof aufgegeben wird, ist daher nicht streitentscheidend.

Gem. § 9 Abs. 2 Satz 2 RealVbG folgt bei einer Teilung der Haus- oder Hofstelle der Verbandsanteil dem Grundstücksteil, auf dem die Gebäude stehen (BGH, Urteil vom 17. Juli 1998 – V ZR 370/97 –, Rn. 12, juris). Der Kläger erwarb den Grundstücksteil, auf dem das zunächst Herrn N. gehörende Wohngebäude steht, sodass er nun auch Inhaber der Verbandsanteile ist. Gem. § 9 Abs. 3 RealVbG können selbstständige Anteile auch nicht geteilt werden.

Die Beigeladene kann sich dabei nicht auf die Einrede der Verjährung berufen, weil sie nie Inhaberin der Verbandsanteile war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.