Landgericht Oldenburg
Urt. v. 15.02.2006, Az.: 9 O 3868/05
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 15.02.2006
- Aktenzeichen
- 9 O 3868/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 43644
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:2006:0215.9O3868.05.0A
Fundstellen
- WM 2006, 1250-1251 (Volltext mit amtl. LS)
- WuB 2006, 800-801
- ZBB 2006, 317 (red. Leitsatz)
In dem Rechtsstreit
.................
wegen Forderung
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 01.02.2006 durch die ... als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Rückerstattung von Tilgungsbeträgen, die sie auf zwei von der Beklagten in den Jahren 1990 und 1991 gewährte Darlehen geleistet haben.
Streit besteht über die in den Darlehen enthaltene Tilgungsbestimmung und deren Auslegung. Im Darlehen von 1990 heißt es unter der Rubrik Tilgung/Annuität "siehe Vereinbarungen" und unter Punkt E Weitere Vereinbarungen findet sich die Formulierung "Die Rückführung des Darlehens erfolgt durch die ... Lebensversicherung". Der Darlehensvertrag von 1991 weist unter Ziffer 5. folgende Formulierung auf: Darlehensrückzahlung: "Das Darlehen ist wie folgt zurückzuzahlen: in voller Höhe am 31.12.1995, Prolongation ist möglich". Des Weiteren lautet Ziffer 8 dieses Vertrages als weitere Bedingung "Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt durch die neu abgeschlossene "......" Im Dezember 1997 wurde für beide Darlehen eine gleichlautende Darlehensverlängerung und Konditionsanpassung vereinbart, in der es heißt: Ziffer 4. "Das Darlehen ist wie folgt zurückzuzahlen: in voller Höhe am 01.01.2003 (bzw. für das zweite Darlehen 01.11.2003)". Die Ziffer 8 dieser Darlehen lautet: "Die Rückführung (des Darlehens) erfolgt durch die ... Lebensversicherung". Bei Ablösung des ersten Darlehens am 01.01.2003 wurde ein Betrag von 7.896,70 EUR nicht durch die Versicherungssumme abgedeckt und vom klägerischen Konto von der Beklagten eingezogen. Hinsichtlich des zweiten Darlehen verblieben zum Fälligkeitszeitpunkt am 01.11.2003 Euro 2.223,60 offen, die vom Konto des Klägers abgebucht wurden. Mit Schreiben vom 25.07.2005 wandte sich der Kläger zu 1.) an die Beklagte und forderte die Rückerstattung der 2003 geleisteten Restbeträge.
Die Kläger vertreten - unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Karlsruhe - die Auffassung, dass die Rückführung der Darlehen ausschließlich durch die Versicherungsleistung der ... Lebensversicherung habe erfolgen solle, und zwar unabhängig von der Höhe der ausgezahlten Versicherungssumme. Es sei auch zu keinem Zeitpunkt darüber verhandelt worden, was geschehen solle, wenn die Versicherungssumme nicht ausreiche. Auch aus dem Wortlaut der Verträge ergebe sich, dass die Tilgung der Darlehen ausschließlich durch die Versicherungssumme hätte erfolgen sollen. Insoweit handele es sich um eine Darlehensrückzahlungsregelung an Erfüllung statt. Mit Auszahlung der Versicherungssumme sei daher der Darlehensrückzahlungsanspruch erloschen. Die restlichen in 2003 erlangten Beträge seien daher als ungerechtfertigte Bereicherung an sie herauszugeben.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.120,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 01.09.2005 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Darlehensverträge enthielten die eindeutige Rückzahlungsvereinbarung zum 01.01. bzw. 01.11.2003, von einer Tilgungsbestimmung Erfüllung statt sei insoweit nicht die Rede. Soweit in Ziffer 8 der Darlehensbedingungen die Rückführung der Darlehen durch die ... Lebensversicherung erwähnt sei, handele es sich um eine zusätzliche Verpflichtung der Kläger, mit der sicher gestellt werden sollte, dass mit den zeitgleich fälligen Lebensversicherungsleistungen auch die Darlehen zurückgeführt werden. Auch im Rahmen einer interessengerechten Auslegung der Darlehensbestimmungen sei allenfalls von einer Leistung erfüllungshalber auszugehen. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, warum sie ohne weitere Gegenleistung das Risiko einer nicht zur Rückführung der Darlehensvaluten ausreichenden Lebensversicherungsablaufleistung hätte übernehmen sollen. Dementsprechend gebe es auch obergerichtliche Rechtsprechung, die von der klägerseits zitierten Entscheidung abwichen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückerstattung der im Jahre 2003 erbrachten Resttilgungsleistungen gegen die Beklagte zu, § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.
Maßgeblich sind die beiden am 1.12./11.12.1997 geschlossenen Darlehensverträge mit denen die Darlehen von 1990 bzw. 1991 prolongiert wurden und die Konditionen angepasst wurden. Dort heißt es: Ziffer 4. "Das Darlehen ist wie folgt zurückzuzahlen: in voller Höhe am 01.01.2003 (bzw. für das zweite Darlehen 01.11.2003)". Unter der Ziffer 4, mit der die Darlehensrückzahlung in den Verträgen geregelt ist, findet sich keinerlei Hinweis auf die vorhandenen Lebensversicherungsverträge.
Damit waren die Darlehen zu genau diesen Zeitpunkten fällig und verzinst zurückzuzahlen, und zwar mit der zum Fälligkeitszeitpunkt aufgrund der vereinbarten Darlehensbedingungen zu berechnenden Valuta. Bei beiden Darlehen ergab sich nach Abzug der Versicherungsleistung der ... Lebensversicherungen jeweils ein Sollsaldo. Dieses hat die Beklagte zu Recht von den Konten des Klägers gemäß Einzugsermächtigung abgebucht.
Entgegen der Ansicht der Kläger kann auch aus der als weitere Darlehensbedingung überschriebenen Ziffer 8 keine Tilgungsvereinbarung an Erfüllung statt entnommen werden. Zum einen handelt es sich nur um eine weitere Darlehensbedingung, die auch deutlich abgesetzt von der Darlehensrückzahlungsverpflichtung im Vertrag geregelt ist, also im Verhältnis zu den vorherigen Bedingungen nachrangig ist. Zum anderen spricht auch die Wortwahl "Rückführung" nicht für eine Leistung an Erfüllung statt. Wäre etwas derartiges gewollt gewesen, hätten man die Worte "Tilgung" (so OLG Karlsruhe NJW 2003,2322 ff.) oder "Ablösung" o.a. benutzt. Bei der Wortwahl Rückführung spricht einiges dafür, dass insoweit nur eine bestimmte Zahlungsmodalität gestattet werden sollte. Wären die Parteien sich bereits bei Abschluß der Darlehen einig darüber gewesen, dass unabhängig von der vereinbarten Verzinsung und dem Valutenstand zum Fälligkeitszeitpunkt mit der Zahlung der Versicherungsleistung die Darlehen unabhängig von einer Unter- oder Überdeckung damit getilgt sein sollten, hätte es nahe gelegen dies auch entsprechend klar aufzunehmen, etwa durch eine Formulierung wie "Die Tilgung des Darlehens erfolgt unabhängig von der Höhe der Versicherungsleistung und dem Valutenstand des Darlehens durch Zahlung der Versicherungsleistung an die Bank" oder "Mit der Zahlung der Versicherungsleistung gilt das Darlehn als getilgt, etwaige Über- oder Unterdeckungen werden nicht ausgeglichen". Schon diese Formulierungen machen deutlich, dass bei verständiger Würdigung der hier streitgegenständlichen Vertragsbedingungen nicht von einer Leistung an Erfüllung statt ausgegangen werden kann. Keine Bank handelt altruistisch und nimmt in Kauf auf ihr vertraglich zustehende Zinsleistungen verzichten zu müssen.
Zudem enthält bereits § 364 Abs. 2 BGB die allgemeine Auslegungsregel, wonach der Schuldner, der zum Zwecke der Befriedigung seines Gläubigers diesem lediglich eine Forderung gegen einen Dritten verschafft, im Zweifel nicht eine Leistung an Erfüllung statt erbringt sondern nur eine Leistung erfüllungshalber. Diese Auslegungsregel entspricht auch dem Grundsatz, dass ein Gläubiger im Zweifel auf wesentliche Rechte - wie das Nachforderungsrecht im Falle der Unterdeckung - nicht verzichtet (Schleswig-Holsteinisches OLG v. 15.09.2005 Az.: 5 U 84/05 m.w.N.). Aus den vorgelegten Darlehensverträgen kann eine Abtretung der Versicherungsleistung an Erfüllung statt daher gerade nicht entnommen werden. Vielmehr ergibt sich aus Ziffer 7 der Darlehensverträge, dass die Abtretung der Versicherungsleistung zur Sicherung der Darlehensforderung erfolgte. Aus diesen Regelungen ergibt sich auch, dass der damalige Wert der Lebensversicherungen deutlich unter den Darlehenssummen lag, nämlich 53.343,00 DM bei dem Darlehen über 80.000,00 DM und 29.672,00 DM bei dem Darlehen über 40.000,00 DM. Es war insoweit für alle Beteiligten klar und gehört zu den allgemeinen und allgemein auch bekannten Grundprinzipien, dass die Höhe der Versicherungsleistung der Kapitallebensversicherung zum Fälligkeitszeitpunkt - hier 5 bzw. 6 Jahre später - noch nicht endgültig feststand, sondern abhängig ist von den konkret erwirtschafteten Überschüssen bei Endfälligkeit der Versicherungsleistung (Schleswig-Holsteinisches OLG v. 15.09.2005 Az.: 5 U 84/05 m.w.N.).
Insoweit war für beide Parteien bei Abschluß der Darlehensverträge noch nicht endgültig feststellbar, ob die Versicherungsleistungen ausreichen würden, um die Darlehen nebst vereinbarter Zinsen vollständig zurückzahlen zu können. Bei dieser Sachlage und der Auslegungsregel des § 364 Abs. 2 BGB wäre es völlig abwegig, wenn die Beklagte als finanzierendes Bankinstitut gerade diese Unwägbarkeiten und Risiken hinsichtlich der Versicherungsleistung hätte übernehmen wollen. Dies widerspräche jeglicher Bankpraxis. Die unter Ziffer 8 der Darlehensverträge geregelte Rückführung der Darlehen stellt daher nur einer weitere Bedingung des Darlehns dar, nämlich dass die zeitgleich fällige Versicherungsleistung zur Erfüllung der Darlehensverbindlichkeiten Verwendung finden sollte, und zwar erfüllungshalber. Etwaige Über- oder Unterdeckungen sind auszugleichen.
Nur diese Auslegung entspricht auch dem Grundsatz der beiderseitigen interessengerechten Auslegung der Vertragsvereinbarungen nach §§ 133, 157 BGB. Auch die Regelungen in den §§ 305 ff BGB rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass im Wege einer - wenn auch verobjektivierenden - Auslegung kein eindeutiges Ergebnis erzielt werden kann (Schleswig-Holsteinisches OLG v. 15.09.05 Az. 5 U 84/05). Dies ist jedoch wie ausgeführt hier gerade nicht der Fall.
Eine andere Beurteilung ließe sich nur rechtfertigen, wenn nachweislich bei Abschluß der Darlehensverträge von den Parteien bzw. deren Vertretern ausdrücklich von diesem Auslegungsergebnis abweichende Erklärungen abgegeben worden sein sollten. Dies ist jedoch nicht der Fall gewesen, zumindest von den Klägern nicht vorgetragen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 und 709 ZPO.