Landgericht Oldenburg
Urt. v. 30.03.2006, Az.: 9 O 2979/05
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 30.03.2006
- Aktenzeichen
- 9 O 2979/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 43652
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:2006:0330.9O2979.05.0A
Fundstelle
- AUR 2006, 294-295 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
pp.
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 27.02.2006 durch den ... als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streitverkündeten.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf bis zu 35.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Auktionspferd, das der Klägerin auf einer von der Beklagten am 2. Oktober 2004 veranstalteten Auktion für einen Preis von 18.500,00 EUR zugeschlagen worden ist.
In den für die Versteigerung gültigen Auktionsbedingungen der Beklagten heißt es unter B., dass es sich bei der Auktion um eine öffentliche Versteigerung handele, bei der die Pferde einschließlich Fohlen als gebrauchte Sachen im Rechtssinne verkauft würden. Die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 ff BGB) fänden keine Anwendung. Außerdem ist dort eine tierärztliche Untersuchung durch die Vertragstierärzte der Beklagten geregelt. Danach findet eine klinische und röntgenologische Ankaufsuntersuchung der Pferde statt. Weiter heißt es unter D.:
"Die Untersuchungsprotokolle stellen keine Vertragszusage des Vereins oder des Ausstellers dar."
Für die Haftung des beklagten Vereins sind unter F. d) folgenden Ausschlussfristen festgelegt:
"Ansprüche aus Mängeln (Abweichung von der Beschaffenheitsvereinbarung) sind innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Wochen vom Zeitpunkt des Gefahrübergangs (siehe G) schriftlich geltend zu machen. Sämtliche Gewährleistungsansprüche verjähren innerhalb von drei Monaten nach Gefahrübergang."
Das Pferd wurde nach Zuschlag übergeben. Zu dem Zeitpunkt war der Klägerin bekannt, dass ein "Chip" im Fesselgelenk des Tieres hinten links vorhanden war. Dieser Fremdkörper machte Probleme. Er wurde deshalb operativ entfernt.
Bereits vor der Auktion vom 02.10.2004 hatte es Probleme mit Lahmheiten des Pferdes gegeben. Ursprünglich hätte es bereits über die Herbstauktion vom 04.10.2003 vermarktet werden sollen. Im Vorfeld dieser Auktion lahmte der Wallach vorne rechts und wurde deshalb zurückgezogen. Auch an der Frühjahrseliteauktion konnte er nicht teilnehmen, weil er bei der Musterung durch die Vertragstierärzte der Beklagten auffiel.
Nach der Übergabe des Pferdes am 2. Oktober 2004 und der folgenden operativen Entfernung des "Chips" traten erneut Lahmheitsprobleme an den Vorderbeinen auf. Die Klägerin behauptet, dass die Vorerkrankung des Pferdes im Zeitpunkt der Auktion noch nicht vollständig ausgeheilt gewesen sei. Sie sieht sich arglistig getäuscht. Über die anlässlich früherer Auktionstermine aufgetretenen Lahmheiten sei sie trotz Nachfrage nicht unterrichtet worden. Hilfsweise erklärt sie die Anfechtung des Kaufvertrages für den Fall, dass der in den Auktionsbedingungen der Beklagten geregelte Haftungsausschluss durchgreife.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 30.098,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2005 Zug um Zug gegen Rücknahme des 2000 geborenen Oldenburger Wallachs ... aus einer Mutter abstammend von ... zu zahlen;
2. festzustellen, dass der Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Pferdes in Verzug ist;
3. festzustellen, dass der Beklagte auch die weiteren seit Klagzustellung bis zur Rücknahme des im Klagantrag zu 1. bezeichneten Pferdes entstehenden Unterhaltungskosten zu zahlen hat.
Der Beklagte und der Streitverkündete zu 1. beantragen,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist zunächst auf die Auktionsbedingungen und den dort geregelten Haftungsausschluss. Weder bei der Vorstellung des Pferdes am 20.07.2004 für die Herbstauktion im Oktober noch bei dem Beritt vor der Auktion hätten sich Taktunreinheiten oder Lahmheitserscheinungen gezeigt. Die nach der Übergabe an die Klägerin aufgetretene Lahmheit an den Vorderbeinen stehe im Übrigen in keinem Zusammenhang mit der Lahmheit im Vorfeld der Auktion vom 4. Oktober 2003. Damals habe es Probleme im Fesselträgerursprung des rechten Vorderbeines gegeben, während nach dem Verkauf des Pferdes Probleme im Bereich des Fesselkopfes vorne rechts aufgetreten seien. Fesselkopf und Fesselträgerursprung lägen bei dem Pferd zirka 30 Zentimeter auseinander.
Der Beklagte und der Streitverkündete zu 1. erheben die Einrede der Verjährung. Das Pferd sei in öffentlicher Versteigerung als gebrauchte Sache veräußert worden. Der dabei tätige Auktionator Heckmann sei öffentlich bestellter und vereidigter Versteigerer für Pferde.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen ... Beweis erhoben. Auf die Niederschrift seiner Aussage zum Protokoll vom 27.02.2006 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Etwaige Gewährleistungsansprüche der Klägerin sind verjährt. Sie sind außerdem durch die Auktionsbedingungen der Beklagten wirksam abbedungen worden.
Nach Buchstabe F. d) der Auktionsbedingungen der Beklagten verjähren sämtliche Gewährleistungsansprüche innerhalb von drei Monaten nach Gefahrübergang. Die Übergabe des Pferdes erfolgte am 2. Oktober 2004. Die Klägerin hat erstmals am 10. März 2005 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist eine Taktunreinheit des Pferdes an den vorderen Gliedmaßen festgestellt. Insofern kann dahin stehen, ob dieser Mangel, der sich schließlich in einer Lahmheit beider Vordergliedmaßen manifestiert haben mag, bereits bei der Übergabe des Pferdes vorlag. Die Beklagte würde dafür nämlich nicht haften. Nach D. ihrer Auktionsbedingungen erfolgte die klinische und röntgenologische Untersuchung des Pferdes im Vorfeld der Auktion durch die Vertragstierärzte, ohne dass darin eine Vertragszusage des Vereins oder des Ausstellers läge.
Dieser Haftungsausschluss und die Regelung der kurzen Verjährungsfrist sind wirksam. Es handelt sich dabei um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Diese sind wirksam, auch wenn sie eine zum Nachteil der Klägerin als Verbraucherin abweichende Regelung im Sinne der §§ 474 Abs. 1 Satz 1, 475 BGB enthalten. Die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs sind hier nämlich nach gemäß § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht anwendbar.
Bei einem Verkauf gebrauchter Sachen in einer öffentlichen Versteigerung gelten die Regelungen des Gebrauchsgüterkaufs nicht (§ 474 Abs. 1 Satz 2 BGB). Nach § 383 Abs. 3 BGB hat die öffentliche Versteigerung unter anderem durch einen öffentlich angestellten Versteigerer zu erfolgen. Darunter fallen auch die gemäß § 34 b Abs. 5 GewO bestellten Personen (vergl. BGH NJW 1990, 899 [BGH 05.10.1989 - IX ZR 265/88] f ). Hierzu gehört der Auktionator .... Laut Bestallungsurkunde der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer vom 21. April 2004 ist er für die Dauer von drei Jahren als Versteigerer für Pferde öffentlich bestellt und auf die Beachtung der Sachverständigenordnung vereidigt worden.
Die Klägerin weist allerdings nicht ganz zu Unrecht daraufhin, dass der Gesetzgeber mit der Ausnahmeregelung des § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB zunächst die Möglichkeit schaffen wollte, bei der Auktion sonstiger fremder gebrauchter Sachen Haftungsbeschränkungen zu ermöglichen. Dabei ging es ursprünglich um die öffentliche Versteigerung von Fundsache gemäß § 979 BGB oder von hinterlegungsunfähigen Sachen gemäß § 383 BGB (siehe dazu auch BGH VIII ZR 116/05 vom 09.11.05). Dem Wortlaut des § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB ist aber eine solche Begrenzung auf die Versteigerung gebrauchter Fundsachen oder hinterlegungsunfähiger Sachen nicht zu entnehmen. Auch in der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs ging es nicht um solche Gegenstände. Sie betraf eine Versteigerung von Antiquitäten. Der dortige Kläger hatte bei einer frei zugänglichen Versteigerung einen Hirschfänger zum Preis von 1.606,86 EUR erworben. Der Streit ging darum, ob es sich bei dieser Waffe um eine Fälschung handelte. In diesem Zusammenhang hat sich der BGB mit der Frage befasst, ob für den Begriff der öffentlichen Versteigerung im Sinne des § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB die Legaldefinition des § 383 Abs. 3 Satz 1 BGB gilt. Diese Prüfung unterstellt, dass die genannten Vorschriften über den Bereich reiner Fundsachenversteigerungen und solcher im Sinne des § 383 BGB hinaus Bedeutung haben.
Bei dem in Rede stehenden Pferd handelt es sich um eine gebrauchte Sache im Sinne des § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Anwendung dieser Bestimmung auf Tiere und die Abgrenzung zu neu hergestellten Sachen mag etwa bei Fohlen Probleme aufwerfen. Die Definition unter Buchstabe B der Auktionsbedingungen der Beklagten, wonach Pferde einschließlich Fohlen als "gebrauchte Sache im Rechtssinne" gelten, hilft nicht weiter. Hier hat unabhängig von den Geschäftsbedingungen der Beklagten ein objektiver Maßstab zu gelten. Das in Rede stehende Pferd wurde bereits vor der Auktion als Reitpferd ausgebildet. Insofern handelte es sich um eine gebrauchte Sache. Das wird letztlich auch von der Klägerin nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.
Die Auktionsbedingungen der Beklagten halten einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand.
Die umfassende Vereinbarung des Gewährleistungsausschlusses und auch die Verkürzung der Gewährleistungsfrist ist vor dem Hintergrund der nach den Auktionsbedingungen ansonsten vorgeschriebenen umfassenden Gesundheitsprüfung des Pferdes, wie sie auch der sachverständige Zeuge ... in seiner Aussage beschrieben hat, angemessen. Bei uneingeschränkter Geltung der Regeln des Verbrauchsgüterkaufs wären Pferdeauktionen, wie sie der Beklagte durchführt, kaum realisierbar. Darauf weist die von dem Streitverkündeten vorgelegte Entscheidung des OLG Celle vom 5. Juli 2005 (16 U 89/05) mit zutreffender Begründung hin. Die Regelung des § 309 Nr. 8 BGB ist bei gebrauchten Sachen nicht einschlägig.
Die Auktionsbedingungen sind auch nicht etwa deshalb unwirksam, weil der Beklagte die Klägerin grob fahrlässig oder vorsätzlich über den Schaden des Pferdes im Unklaren gelassen hätte (§ 309 Nr. 7 b) BGB). Insofern greift auch die hilfsweise erklärte Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung nicht durch.
Der sachverständige Zeuge ... hat dazu glaubhaft bekundet, dass der Wallach der Klägerin bei der Untersuchung am 26. Juli 2004 gerade auch vor dem Hintergrund des früheren Schadensbildes klinisch völlig in Ordnung gewesen sei. Das Pferd sei dann ab Anfang September im Auktionszentrum Vechta beritten worden und habe während des gesamten Zeitraumes keinerlei Hinweis auf Lahmheit oder Taktunreinheit gegeben. Die bei der Untersuchung im September 2003 festgestellte Lahmheit habe ihre Ursache im Fesselträgerursprung direkt unterhalb des Vorderfußwurzelgelenkes gehabt. Das Gericht folgt diesen Angaben. Der Zeuge hat seine diesbezüglichen Diagnosemaßnahmen einleuchtend dargestellt und überzeugend begründet. Bei der Betäubung in dem Bereich des Fesselträgerursprung relativ weit oben am Röhrenbein sei die Lahmheit komplett behoben gewesen. Zwischen dieser Betäubung am Fesselträgerursprung und einer Betäubung am Fesselgelenk bestehe ein räumlicher Abstand von zirka 20 bis 25 Zentimetern. Die spätere Untersuchung im September 2005 habe sich eine mittelschwere Lahmheit hinten rechts ergeben.
Auf der Basis der Aussagen des Zeugen ... geht das Gericht davon aus, dass sowohl der Zeuge wie auch die von ihm unterrichteten Mitarbeiter der Beklagten für den Auktionstermin vom 2. Oktober 2004 von einer völligen Genesung des Pferdes ausgegangen sind. Insofern bestand bei der Auktion keine Veranlassung, auf die offenbar auch später nicht wieder aufgetretene Lahmheit im Bereich des Fesselträgerursprungs hinzuweisen. Die jetzige Fesselgelenksentzündung des Pferdes an beiden Vorderbeinen war am 2. Oktober 2004 aus der Sicht der Beklagten und der von ihr eingesetzten Vertragstierärzte weder vorhanden noch absehbar.
Soweit es um den "Chip" im Fesselgelenk geht, rechtfertigt dieser weder den Anspruch der Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrages noch befugt er zu dessen Anfechtung. Dieser Fremdkörper im Fesselgelenk des Pferdes hinten links war der Klägerin bekannt. Der Schaden ist behoben.
Die Nebenentscheidung über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.