Landgericht Göttingen
Urt. v. 03.03.2005, Az.: 2 O 1/04
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 03.03.2005
- Aktenzeichen
- 2 O 1/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 42093
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:2005:0303.2O1.04.0A
Fundstellen
- DStZ 2006, 171 (Kurzinformation)
- WM 2006, 184-187 (Volltext mit amtl. LS)
- WuB 2006, 267-269
- ZBB 2006, 52 (red. Leitsatz)
In dem Rechtsstreit
...
wegen Schadensersatz aus Beratungsvertrag
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen auf die mündliche Verhandlung vom 08.02.2005 durch F. als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz aufgrund einer Pflichtverletzung im Zusammenhang mit einer Anlageberatung.
Der Kläger ist Kunde der beklagten Sparkasse. Bereits im Jahre 1998 erfolgte eine Anlageberatung hinsichtlich einer Summe von 370 000,- DM. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kundenbefragungsbogen vom 15.06.1998 verwiesen (Anlage B 7). Als im Juni 2001 ein Betrag von 260 000,- DM, der bei der Beklagten vom Kläger sowie seiner Ehefrau und seiner Mutter in Sparkassenzertifikaten angelegt worden waren, fällig wurden, wandte sich der Kläger zur Beratung über die Wiederanlage des Betrages an den bei der Beklagten angestellten Kundenberater G.. Der Anteil des Klägers am Gesamtbetrag betrug 50 000 DM. Der Kundenberater G. beriet den Kläger Anfang Juni 2001, der genaue Termin ist zwischen den Parteien streitig. Am 11.06.2001 erwarb der Kläger danach auf Anraten des Kundenberaters Inhaberschuldverschreibungen der Firma H. in Höhe von 40 000 DM zu einer Verzinsung von 6,75 % und zu einem Kurs von 97,60. Der Kläger wandte 39 040,- DM bzw. 19 960,84 € für den Erwerb der Inhaberschuldverschreibungen auf. Hierbei sollte er eine Rendite von etwa 7,5 % erzielen. Den restlichen Betrag legte der Kläger in Sparkassenzertifikaten an, für die ihm - nach Rücksprache des Beraters mit dem Vorstand der Beklagten - ein Zinssatz von 4, 6 % eingeräumt wurde. Insgesamt hatte der Kläger eine Zinserwartung in Höhe von 5 % gegenüber Herrn G. zum Ausdruck gebracht.
Am 2.01.2002 entnahm der Kläger einem Depotauszug, dass der Kurswert seiner Inhaberschuldverschreibungen um 2 640 DM bzw. 1 349,81 € gesunken war. Aufgrund der Stornierung einer Zinsgutschrift im März 2002 erfuhr der Kläger von Zahlungsschwierigkeiten der H.. Am 22.03.2002 kündigte der Kläger die Geldanlage und forderte die Rückzahlung des eingebrachten Geldes zuzüglich der fälligen Zinsen. Nachdem er Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der H. erlangt hatte, forderte er erstmals am 21.05.2003 Schadensersatz von der Beklagten aufgrund unzureichender Beratung durch den Angestellten G., der inzwischen im Dezember 2002 verstorben war. Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.08.2003 wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 22.08.2003 aufgefordert, ihre Unterlagen hinsichtlich des Vorgangs an den Rechtsanwalt des Klägers zu übersenden. Hinsichtlich der weiteren Korrespondenz der Parteien wird auf die Anlagen zur Klageschrift verwiesen. Der Kläger behauptet, er sei durch den Angestellten G. nur unzureichend beraten worden. So habe dieser ihn nicht über die Risiken, die mit einer Inhaberschuldverschreibung verbunden seien, aufgeklärt. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass es sich beim Kläger um einen Laien-Anleger ohne Fachwissen gehandelt habe. Zudem habe er ausschließlich Interesse an risikolosen Wertpapieren geäußert. Die Beklagte hätte eine Bonitätsprüfung der H. vornehmen müssen. Diese Prüfung hätte ergeben, dass sich die I. bereits zum Zeitpunkt der Beteiligung des Klägers in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hätte.
Der Kläger ist der Ansicht, durch die unzureichende Aufklärung habe die Beklagte ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt. Ferner habe die Beklagte ihre nachvertragliche Pflicht verletzt, indem sie ihn nicht über die wirtschaftliche Verschlechterung der H. informiert habe. Er behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte er die Anlage nicht gezeichnet.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19 960,40 € nebst 5 % Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger sei ausschließlich an der Rendite interessiert gewesen. Zudem habe es sich nicht um einen unerfahrenen Anleger gehandelt. Es hätten zum Zeitpunkt der Anlage keine Anzeichen für ein Insolvenzrisiko bei der H. vorgelegen, so dass der Kläger selbst bei ordnungemäßer Aufklärung die Anlage gezeichnet hätte.
Sie ist der Ansicht, aufgrund seiner früheren Anlagen in Aktien und Investmentfonds sei der Kläger bereits nicht aufklärungsbedürftig im Hinblick auf eine Anlage in Inhaberschuldverschreibungen gewesen. Daher liege keine Aufklärungspflichtverletzung vor. Zudem hätten nach dem Erwerb der Anlage keine weiteren Beratungs- bzw. Informationspflichten dem Kläger gegenüber bestanden.
In der mündlichen Verhandlung vom 8.07.2004 hat das Gericht den Parteien rechtliche Hinweise hinsichtlich der sekundären Darlegungslast und der Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers erteilt, hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen (Bl. 67 ff.d.A.). In der mündlichen Verhandlung vom 8.02.2005 hat das Gericht den Kläger darauf hingewiesen, dass eine nachvertragliche Informationspflicht der Beklagten nicht bestehen dürfte (Bl. 132 d.A.). Daraufhin hat der Klägervertreter Schriftsatznachlass beantragt. Des Weiteren hat der Klägervertreter Schriftsatznachlass im Hinblick auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 26.01.2005 beantragt, der erst am 2.02.2005 den Klägervertreter erreicht hatte.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz aufgrund der Verletzung einer Pflicht aus dem mit der Beklagten geschlossenen Beratungsvertrag zu.
I.
1. Zwischen den Parteien ist jedenfalls konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Möchte der Kunde über die Vermittlung einer konkreten Anlage hinaus eine Beratung zu der Frage, in welcher Form er bei Beachtung bestimmter Anlageziele Geld anlegen könne, trägt er der Bank einen Beratungsvertrag an. Dieses Angebot nimmt die Bank stillschweigend an, wenn sie auf seinen Beratungswunsch eingeht und Beratungsleistungen erbringt ( BGHZ 123, 126, 128 ). Der Kläger wandte sich an den verstorbenen Kundenberater G. der Beklagten, mit der Bitte um Auskunft hinsichtlich der Wideranlage von Teilen frei werdenden Vermögens. Dieser beriet daraufhin den Kläger über die Möglichkeiten einer Wideranlage. Ob diese Beratung - wie der Kläger behauptet - am 1.06.2001 bei der Beklagten und in Anwesenheit seiner Mutter oder nur telefonisch vor dem 7.06.2001 - so der Vortrag der Beklagten - erfolgt ist, kann an dieser Stelle offen bleiben, weil dieser Umstand für das Zustandekommen des Vertrages unerheblich ist.
2. Eine Pflichtverletzung seitens der Beklagten, die sich das Verhalten ihres Angestellten gern, § 278 BGB zurechnen lassen muss, liegt zwar vor, aber sie ist nicht ursächlich für den Schaden geworden, den der Kläger erlitten hat.
a. Aufgrund eines Beratungsvertrages schuldet die Bank sowohl eine anlagegerechte als auch eine anlegergerechte Beratung des Kunden. Hinsichtlich des Anlegers ist auf seinen Kenntnisstand und seine Erfahrung mit entsprechenden Anlagen abzustellen; auch sind seine Anlageziele und seine Risikobereitschaft zu berücksichtigen. In Bezug auf das Anlageobjekt ist zum einen auf die allgemeinen Risiken und zum anderen auf die speziellen Risiken, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben, seitens des Beraters hinzuweisen ( BGHZ 123, 126, 128 f. ). Mangelt es dem Berater an eigener Sachkunde, das Anlageobjekt beispielsweise hinsichtlich der Bonität des Emittenten zu bewerten, so hat er den Kunden darauf hinzuweisen ( OLG Braunschweig WM 1994, 59, 61 [OLG Braunschweig 13.09.1993 - 3 U 175/92]). Bei der Anlageberatung im Zusammenhang mit einer Inhaberschuldverschreibung hat der Anlageberater gegenüber dem Kunden die Abhängigkeit der Rückzahlung zum Nennbetrag am Stichtag von der dann bestehenden Solvenz der Schuldnerin herauszustellen ( OLG Braunschweig WM 1994, 59, 61 [OLG Braunschweig 13.09.1993 - 3 U 175/92]). Grundsätzlich muss der Kunde bei Schadensersatzansprüchen aus Anlageberatung darlegen und ggf. beweisen, dass er nicht oder fehlerhaft durch die Bank aufgeklärt wurde. Der Schwierigkeit, eine negative Tatsache darzulegen und zu beweisen, trägt die Rechtsprechung dadurch Rechnung, dass sie dem Aufklärungspflichtigen - also hier der Beklagten - die so genannte sekundäre Darlegungslast auferlegt. Danach muss die Beklagte die Behauptung, es sei keine ordnungsgemäße Risikoaufklärung erfolgt, substantiiert bestreiten und konkret darlegen, wann, wo und wie die gebotene Aufklärung und Beratung erfolgt ist ( OLG Düsseldorf WM 1996, 1082, 1086 [OLG Düsseldorf 24.08.1995 - 6 U 138/94]; OLG Stuttgart, OLGR 2001, 234).
Die Beklagte ist der Behauptung des Klägers, er sei nicht über das mit einer Industrieanlagenbeteiligung in Form einer Inhaberschuldverschreibung verbundene Risiko aufgeklärt worden; so habe ihn der Kundeberater G. insbesondere nicht über ein mögliches Insolvenzrisiko der Emittentin einer Inhaberschuldverschreibung informiert worden, nicht in vorstehend ausgeführter Darlegung entgegen getreten. Die Beklagte verneint - auch nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 8.07.2004 - nur die Notwendigkeit einer Aufklärung des Klägers - u.a. mit Hinweis auf dessen früheren Wertpapiergeschäfte -, trägt aber nicht konkrete Umstände einer Aufklärung durch den Anlageberater vor. Der im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 8.09.2004 geäußerten Ansicht (Bl. 82 f.), die Grundsätze zur sekundären Darlegungslast seien von der höchstrichterlichen Rechtsprechung wieder eingeschränkt worden bzw. in diesem Fall nicht relevant, kann nicht beigetreten werden. Die vom Beklagtenvertreter genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofes ( BGH WM 1998, 1527 [BGH 09.06.1998 - XI ZR 220/97]) stellt die sog. sekundäre Darlegungslast nicht in Frage; sie enthält Aussagen, wann die grundsätzliche Kausalitätsvermutung hinsichtlich der Aufklärungspflichtverletzung und Schaden nicht eingreift (vgl. BGH WM 1998, 1527, 1529 [BGH 09.06.1998 - XI ZR 220/97] unter II. 2. a). Dies heißt aber nicht, dass die Beklagte nicht dennoch zur Aufklärung des Kunden substantiiert vortragen müsste. Auch der Einwand der Beklagten, sie hätte doch dargelegt, dass ihr bis zum 11.06.2001 keine Anhaltspunkte für wirtschaftliche Probleme der H. vorgelegen hätten, verfängt nicht. Denn sie legt nicht substantiiert dar, dass der Kläger überhaupt über das - theoretische - Insolvenzrisiko bei einer derartigen Beteiligung aufgeklärt und dass er auf eine fehlende Bonitätsprüfung der Gesellschaft hingewiesen worden ist. Damit ist von einer fehlerhaften Aufklärung auszugehen.
Der Kläger war auch aufklärungsbedürftig. Seine Aufklärung war hier nicht aufgrund der von ihm im Jahre 1998 getätigten Wertpapiergeschäfte entbehrlich. Seine damalige Anlage bestand in Aktien und Fondanteilen. Daraus kann nicht auf Kenntnisse bezüglich Inhaberschuldverschreibungen geschlossen werden, die eine Aufklärung entbehrlich machen würden. Denn es ist auf die Erfahrung des Kunden mit der beabsichtigten Anlageart abzustellen (vgl. OLG Braunschweig WM 1994, 59, 60 [OLG Braunschweig 13.09.1993 - 3 U 175/92]). Es kommt auch keine Ausnahme von der Aufklärungsbedürftigkeit aufgrund langjähriger Wertpapiererfahrung in Betracht. Denn davon kann bei den im Jahre 1998 getätigten Anlagen in Aktien und Investment- bzw. Aktienfonds, die zudem nur in Höhe von insgesamt etwa 12 000 DM erfolgten, keine Rede sein.
3. Grundsätzlich besteht zugunsten des Kunden bei einer Anlageberatung die Vermutung eines aufklärungsrichtigen Verhaltens, d.h. bei gehöriger Aufklärung hätte der Kunde die Anlage nicht gezeichnet und den Schaden nicht erlitten. Bei fehlender Aufklärung wird also die Kausalität der Pflichtverletzung für den entstandenen Schaden vermutet ( BGHZ 124, 151, 159 ff. ). Diese Vermutung gilt aber dann nicht, wenn es im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben und der Kunde sich somit in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte ( BGH WM 1998, 1527, 1529 [BGH 09.06.1998 - XI ZR 220/97]; ZIP 2004, 1636 [BGH 13.07.2004 - XI ZR 178/03]).
Hätte der Anlageberater den Kläger ordnungsgemäß aufgeklärt über das nicht auszuschließende Risiko, bei einer Insolvenz der Schuldnerin, den Anlagebetrag zu verlieren, so hätte sich der Kläger in einem Entscheidungskonflikt befunden. Denn trotz Aufklärung über das generelle Risiko bei der Inhaberschuldverschreibung eines Industrieunternehmers wäre im konkreten Fall eine Anlage aus Anlegersicht noch als vernünftig bzw. nachvollziehbar zu bewerten. Dies ergibt sich zum einen aus der wirtschaftlichen Lage der H. und zum anderen aus der unstreitigen Renditeerwartung des Klägers.
Zum Zeitpunkt des Erwerbs der Inhaberschuldverschreibungen lagen keine für die Beklagte erkennbaren Anzeichen eines konkreten Insolvenzrisikos der H. vor, das über ein allgemeines Risiko der Zahlungsunfähigkeit hinausgegangen wäre. Für die Beurteilung kann insoweit nur auf den Zeitpunkt der Kapitalanlage, also den 11.06.2001 abgestellt werden, da später gewonnene Erkenntnisse nicht den Kenntnisstand zur Zeit der Beratung bestimmen können. Die von der Beklagten beigebrachten Analysen bzw. Bewertungen der H. (Anlage B 20 - B 29) lassen keineswegs den Schluss zu, dass es sich bei der Schuldnerin zum Anlagezeitpunkt um ein insolvenzgefährdetes Unternehmen handelte. Die Bewertungen enthalten vielmehr ausdrücklich Kaufempfehlungen der Analysten: So ist beispielsweise in einer Analyse aus dem April 2001 die Rede davon, dass "J. eine sehr interessante Beimischung für ein Wachstumsdepot" sei und mit Kurssteigerungen zu rechnen sei (Anlage B 21). Der Einwand des Klägervertreters, den günstigen Einschätzungen widerspräche die damals absehbare konjunkturelle Schwäche des Baugewerbes, vermag nicht zu überzeugen. Denn bei entsprechender Aufklärung hätte die Tatsache, dass die Geschäftsstrategie der H., in Zukunft "als ganzheitlicher Anbieter von K., L. und M. für die Baubranche zu agieren", als durchgängig viel versprechend bewertet wurde, einen Kunden die Anlage durchaus als vernünftig erscheinen lassen, (Anlage B 26). Auch die Übersicht über die Einzelkurse der H. lassen im Juni 2001 keine Anzeichen für ein konkretes Insolvenzrisiko erkennen, das den Anleger von einer Anlage hätte abhalten können (Anlage B 29). Noch im Oktober 2001 ist in einer Analyse im Hinblick auf die H. von einem "grundsoliden Unternehmen" die Rede (Anlage B 10). Ein weiterer Gesichtspunkt, der für einen Entscheidungskonflikt des Klägers bei gehöriger Aufklärung spricht, ist die Renditeorientierung des Klägers. Der Kläger trägt zwar vor, es sei ihm vorrangig um eine sichere Anlage gegangen. Dies schließt aber nicht aus, dass er zugleich an einer die Sparkassenzertifikate übersteigenden Rendite interessiert war. Denn im Rahmen der Wideranlage von insgesamt 260 000 DM begehrte der Kläger eine der vorherigen Anlage entsprechenden Verzinsung von 5 %, die somit über derjenigen lag, die die Beklagte mit den von ihr angebotenen hauseigenen Zertifikaten gewähren konnte (Anlage B 1 - B 3). Eine Streuung der Gelder zur Erzielung der begehrten Rendite lag damit sehr nah, zumal die angebotene Anlage Erfolg versprechend aussah.
Da somit als Reaktionen auf eine gehörige Aufklärung des Klägers sowohl eine Zeichnung der empfohlenen Anlage als auch das Unterlassen dieses Abschlusses in Betracht kommen, greift im vorliegenden Fall die Kausalitätsvermutung zugunsten des Klägers nicht. Der Kläger muss daher vollen Beweis für die Nichtzeichnung der Beteiligung erbringen. Beweis hat der Kläger nicht angetreten. 4. In diesem Zusammenhang kann dem Antrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 8.02.2005 auf Schriftsatznachlass im Hinblick auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 26.01.2005 nicht entsprochen werden. Denn die Frage der Kausalität zwischen Pflichtverletzung der Beklagten und Schaden des Klägers war bereits Gegenstand des Schriftsatzes des Beklagtenvertreters vom 8.09.2004 (Bl. 83, 94 d.A.); auch wenn dort nicht mit der gleichen Ausführlichkeit auf die Rechtsprechung zur Kausalitätsvermutung eingegangen wurde wie im Schriftsatz vom 26.01.2005 (vgl. Bl. 178 f.d.A.), so war der Kern der Argumentation -Entscheidungskonflikt des Klägers bei ordnungsgemäßer Aufklärung und insoweit keine Kausalitätsvermutung - der Beklagten bereits vorher bekannt. Mit dieser Argumentation hätte sich der Klägervertreter im Hinblick auf die mündliche Verhandlung auseinandersetzen und in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen können. Es besteht insoweit eine gesteigerte Vorbereitungspflicht nach § 282 ZPO (Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, § 283 ZPO Rn. 6, 62. Auflage, 2004). Die Voraussetzungen des § 283 ZPO liegen nicht vor.
II.
Eine Pflichtverletzung der Beklagten besteht auch nicht darin, dass sie es nach dem Erwerb der Inhaberschuldverschreibungen unterlassen hat, den Kläger auf die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage der H. hinzuweisen.
Eine solche Pflicht ergibt sich für den Berater bzw. die Bank nur, wenn eine über die Anlageberatung hinausgehende Vermögensverwaltung zwischen den Parteien vereinbart wird ( OLG München WM 1997, 1802, 1806 [OLG München 05.03.1997 - 15 U 5361/96]). Ein solche liegt hier aber nicht vor. Ein Vermögensverwaltungsvertrag setzt eine besondere Vereinbarung und eine Bevollmächtigung des Betreuenden voraus. Sie wird gegen Entgelt vorgenommen. Aus dem zwischen den Parteien bestehenden Depotvertrag ergibt sich keine Überwachungs- und Warnpflicht, denn Gegenstand eines solchen Vertrages sind lediglich Verwahrung und Verwaltung der Wertpapiere ( OLG Karlsruhe WM 1992, 577 [OLG Karlsruhe 28.01.1992 - 18a U 143/91]; OLG München WM 1997, 1802, 1806).
Der Ansicht des Klägers auf das Bestehen einer nachvertraglichen Beratungspflicht nach Anlagegeschäften auch ohne Vertrag über die Vermögensverwaltung, ist nicht zu folgen. Aus einer früheren Anlageberatung ergeben sich nach gefestigter Rechtsprechung keine fortdauernden Beratungs- oder auch nur Benachrichtigungspflichten ( OLG Düsseldorf ZIP 1994, 1256, 1257 [OLG Düsseldorf 08.07.1994 - 17 U 14/94]; OLG München ZIP 1994, 125; LG Hamburg ZIP 1994, 1439, 1440 f.; LG München WM 1996, 2113, 2114; LG Osnabrück WM 1998, 381). Denn das Bestehen einer solchen Verpflichtung wäre - insbesondere angesichts des Massengeschäfts bei Wertpapieren - für die Banken mit unzumutbaren Belastungen verbunden. Die Banken müssten eine Vielzahl von Mitarbeitern mit der ständigen oder jedenfalls periodischen Prüfung getätigter Geldanlagen beschäftigen, um jederzeit oder zeitnah Anlagekunden über ungünstige wirtschaftliche Entwicklungen zu informieren. Anders als bei einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Vermögensverwaltungsvertrag wäre die Dauer der entsprechenden Verpflichtung nicht abzugrenzen. Außerhalb der gesondert zu honorierenden Vermögensverwaltung ist für derartige Pflichten bei Anlageberatung kein Raum. Diese Auffassung wird auch von der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum geteilt (Brandt, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute bei der Kapitalanlage, Baden-Baden 2001, S. 105 f.; Heinsius, ZHR Band 145, S. 177, 192 f.; Zeller, WuB I G 1 - 5.95, S. 503).
Die vom Klägervertreter herangezogene Entscheidung des AG Frankfurt ( WM 1995, 700, 701 [AG Frankfurt am Main 06.03.1995 - 31 C 3752/94 - 44]) ist insoweit vereinzelt geblieben. Ihr folgt das erkennende Gericht ausdrücklich nicht.
Ausnahmsweise soll eine nachträgliche Beratungspflicht in Betracht kommen, wenn dies die spezifischen Besonderheiten des Anlagegeschäfts erforderten (vgl. die Nachweise bei Brandt, a.a.O., S. 105 f.), wie z.B. bei der Prolongation von Terminseinlagen. Ein solches besonderes Anlageobjekt lag hier mit einer Inhaberschuldverschreibung nicht vor.
III.
Der vom Klägervertreter im Hinblick auf die nachvertragliche Beratungspflicht beantragte Schriftsatznachlass ist abzulehnen. Eine Partei kann zwar bei einem richterlichen Hinweis nach § 139 ZPO Schriftsatznachlass beantragen. Diesem Antrag ist jedoch nur zu entsprechen, wenn die Erklärungsnot der Partei nicht auf eine Verletzung der ihr obliegenden Prozessförderungspflicht gem. § 282 I ZPO zurückzuführen ist. Der Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 8.02.2005 betraf die nachvertragliche Verpflichtung der Beklagten, auf wirtschaftliche Schwierigkeiten der H. hinzuweisen. Zu dieser Problematik ist bereits in der Klageschrift vom 29.12.2003 (Bl. 11 d.A.) sowie in den klägerischen Schriftsätzen vom 6.07.2004 (Bl. 75 d.A.) und 25.10.2004 (Bl. 112 d.A.) vorgetragen worden. Der Beklagtenvertreter hat in seinen Schriftsätzen eine solche Beratungs- bzw. Informationspflicht nach Erwerb der Anlage stets verneint (vgl. Bl. 35, 59 d.A.). Das tatsächliche Vorbringen und die rechtlichen Ausführungen sind insoweit erschöpfend; bisher nicht vorgetragene Gesichtspunkte könnten zudem nur unter Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht vorgebracht werden.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 S. 1, 2 ZPO.