Landgericht Göttingen
Beschl. v. 22.02.2005, Az.: 10 T 25/05

Anforderungen an die Einstellung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Schuldners; Widerruflichkeit der Zustimmungserklärung des Gläubigers zur Einstellung des Insolvenzverfahrens

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
22.02.2005
Aktenzeichen
10 T 25/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 24885
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2005:0222.10T25.05.0A

Die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen hat
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht Pape als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin sowie der Gläubiger zu 1. - 6. vom 31.01.2005
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom
am 22.02.2005
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird als unzulässig verworfen.

  2. 2.

    Die sofortige Beschwerde der Gläubiger zu 1. - 6. wird zurückgewiesen.

  3. 3.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Schuldnerin und die Gläubiger zu 1. - 6 zu je 1/7.

  4. 4.

    Der Beschwerdewert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 16.09.2003 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Diplom-Kaufmann ... zum Insolvenzverwalter bestellt.

2

Mit Schreiben vom 15.12.2004 hat die Schuldnerin die Einstellung des Insolvenzverfahrens beantragt. Die oben genannten Gläubiger zu 1. - 6, sowie die weiteren Gläubiger, die Forderungen angemeldet hatten, haben der Einstellung des Insolvenzverfahrens gemäß § 213 InsO zugestimmt.

3

Mit Schreiben vom 20.12.2004 haben die Gläubiger zu 1. - 6. den Antrag auf Einberufung einer Gläubigerversammlung gestellt.

4

Mit Verfügung vom 04.01.2005 hat das Amtsgericht den Antrag der Schuldnerin auf Einstellung des Verfahrens gemäß § 213 InsO zugelassen und die öffentliche Bekanntmachung des Antrags Im Internet veranlasst. Ferner hat das Amtsgericht den Antrag der Schuldnerin auf Einstellung des Verfahrens sowie die Zustimmungserklärungen der Gläubiger auf der Geschäftsstelle zur Einsichtnahme niedergelegt.

5

Mit Verfügung vom 11.01,2005 hat das Amtsgericht den Gläubiger tu 1. um Mitteilung gebeten, ob der Antrag auf Einstellung des Verfahrens zurückgenommen werde. Insoweit hat das Amtsgericht ausgeführt, dass bislang keine Widersprüche gegen die Einstellung vorlögen, so dass voraussichtlich am 17.01.2005 die Einstellung erfolgen könne. Die Abhaltung einer Gläubigerversammlung sei dann nicht mehr möglich. Des Weiteren hat das Amtsgericht ausgeführt, dass dann, wenn der Gläubiger zu 1. auf der Einberufung der Gläubigerversammlung bestehe, die Einstellung am 17.01.2005 nicht erfolgen könne.

6

Der Gläubiger zu 1. hat hierauf mit Schreiben vom 12.01.2001 erwidert und mitgeteilt, dass derzeit weder eine Rücknahme seines Antrags auf Einberufung einer Gläubigerversammlung noch eine Rücknahme des Antrags nach § 213 InsO In Betracht komme.

7

Mit Schreiben vom 13.01.2005 hat der Gläubiger L. Widerspruch gegen die Einstellung des Verfahrens erhoben.

8

Mit Beschluss vom 17.01.2005 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren gemäß §213 InsO eingestellt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass alle Insolvenzgläubiger dem entsprechenden Antrag der Schuldnerin zugestimmt hätten. Auch liege die Zustimmung des Insolvenzverwalters vor. Der Widerspruch des Insolvenzgläubigers U. sei nicht zulässig, da der Gläubiger bereits zuvor, nämlich mit Erklärung vom 14.12.2004 der Einstellung zugestimmt habe. Diese Zustimmung könne weder widerrufen noch angefochten werden, so dass der Widerspruch unwirksam und damit unbeachtlich sei.

9

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Schuldnerin sowie die oben genannten Gläubiger zu 1. - 6. mit der sofortigen Beschwerde. Sie meinen, das Gericht habe fehlerhaft entsenden, weil es das Verfahren aufgehoben habe, obwohl das Gericht zuvor durch die Verfügung vom 11.01.2005 geäußert habe, dass eine Einstellung nicht erfolgen könne und nicht erfolgen werde, wenn der Antrag auf Einberufung der Gläubigerversammlung aufrecht erhalten werde. Da die Gläubiger den Antrag auf Einberufung der Gläubigerversammlung nicht zurückgenommen hätten, hätten sie darauf vertraut, dass auch die Einstellung des Verfahrens nicht erfolgen werde. Darüber hinaus habe der Gläubiger L. bereits mit Schreiben vom 13.01.2005 Widerspruch gegen die Einstellung erhoben.

10

I.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist unzulässig. Die Schuldnerin ist durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert. Wird das Verfahren nach § 213 InsO eingestellt, so steht dem Schuldner das Recht der sofortigen Beschwerde nicht zu. Dies folgt aus § 216 Abs. 1 InsO (vgl. auch Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Auflage § 213 Rdnr. 13).

11

II.

Die sofortige Beschwerde der Gläubiger zu 1. - 6. ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 216 Abs. 1 InsO zulässig, sie ist jedoch nicht begründet Das Amtsgericht hat mit dem Beschluss vom 17.01.2005 zutreffend die Einstellung des Verfahrens gemäß § 213 InsO ausgesprochen. Nach dieser Vorschrift ist das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn er nach Ablauf der Anmeldefrist die Zustimmung aller Insolvenzgläubiger beibringt, die Forderungen angemeldet haben. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Schuldnerin hat mit Schreiben vom 15.12.2004 die Einstellung des Insolvenzverfahrens beantragt. Ferner haben sämtliche Gläubiger, die Forderungen angemeldet hatten, der Einstellung des Verfahrens zugestimmt. Auch sind die weiteren Im Gesetz vorgesehenen Verfahrensschritte bei der Einstellung des Verfahrens (§ 214 InsO) vom Amtsgericht beachtet worden. Insbesondere ist hier nicht innerhalb der in § 214 Abs. 1 Satz 3 InsO vorgesehenen Frist Widerspruch gegen den Antrag erhoben worden. Zwar hat der Gläubiger L. mit Schreiben vom 13.01.2005 Widerspruch gegen die Einstellung des Verfahrens erklärt. Das Amtsgericht hat jedoch zutreffend in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass dieser Widerspruch des Gläubigers L. unbeachtlich ist. Der Gläubiger L. hatte mit Schreiben vom 14.12.2004, das die Schuldnerin ihren Antrag auf Einstellung des Verfahrens beigefügt hatte, der Einstellung des Insolvenzverfahrens zugestimmt. Diese Zustimmungserklärung ist Prozesshandlung und als solche unwiderruflich. Der Gläubiger L. konnte damit diese erteilte Zustimmung nicht dadurch rückgängig machen, dass er nunmehr den Widerspruch gegen die Einstellung erklärte. Dieser, der Zustimmungserklärung widersprechende Widerspruch war damit ohne rechtliche Wirkung und deshalb unbeachtlich (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Auflage § 213 Rdnr. 6; Kübler/Prütting/Pape, Kommentar zur Insolvenzordnung 1. Lfg. 8/98 § 213 Rdnr. 3).

12

Die Gläubiger zu 1. - 6. können sich auch nicht darauf berufen, dass das Amtsgericht den Gläubiger zu 1. mit Verfügung vom 11.01.2005 um Mitteilung gebeten hat, ob der Antrag auf Einstellung des Verfahrens zurückgenommen werden soll und ihm ferner mitgeteilt hat, dass dann, wenn er auf der Einberufung der Gläubigerversammlung bestehen sollte, die mögliche Einstellung des Insolvenzverfahrens am 17.01.2005 nicht erfolgen könne. Die in diesem Schreiben vom Amtsgericht geäußerte Rechtsauffassung war unzutreffend, gleichwohl ergibt sich hieraus kein Grund, den angefochtenen Beschluss zu ändern. Die falsche Rechtsauffassung des Amtsgerichts Im Schreiben vom 11.01.2005 hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Beschlusses vom 17.01.2005. Dem Amtsgericht ist in dem betreffenden Schreiben insoweit ein Fehler unterlaufen, als es den Gläubiger zu 1. um Mitteilung gebeten hat, ob der Antrag auf Einstellung des Verfahrens zurückgenommen werde. Auf die Zurücknahme des Antrags hatte der Gläubiger zu 1. indes keinerlei Einfluss. Der Antrag gemäß § 213 InsO kann - wie hier auch geschehen - nur von der Schuldnerin gestellt werden. Die Rücknahme des Antrags kann deshalb nicht von einem Gläubiger erklärt werden. Auch der weitere Hinweis des Amtsgerichts, dass die Einstellung nicht erfolgen könne, wenn der Gläubiger zu 1. auf der Einberufung der Gläubigerversammlung besteht, ist in dieser Form unzutreffend. Da die Voraussetzungen für die Einstellung des Verfahrens gemäß § 213 InsO am 17.01.2005 vorlagen, musste das Amtsgericht dem Einstellungsantrag der Schuldnerin entsprechen. Der bis dahin nicht erledigte Antrag der Gläubiger zu 1. -6. auf Einberufung einer Gläubigerversammlung hatte auf die Einstellung des Verfahrens keinen Einfluss. Vielmehr wurde dieser Antrag - wie das Amtsgericht später zutreffend auch ausgeführt hat - durch die Einstellung des Insolvenzverfahrens obsolet.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Beschwerdewert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Den Beschwerdewert hat die Kammer nach § 3 ZPO festgesetzt und ist dabei vom Interesse der Gläubiger an der Fortführung des Verfahrens ausgegangen.

Pape