Landgericht Göttingen
Beschl. v. 06.07.2005, Az.: 6 T 15/05

Anspruch eines Kreditinstitutes auf Ausstellung einer Sterbeurkunde zur Durchsetzung von noch nicht titulierten Forderungen gegenüber den Erben; Anforderung an das Tatbestandsmerkmal "rechtliches Interesse glaubhaft machen" i.S.d. § 61 Personenstandsgesetz (PStG)

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
06.07.2005
Aktenzeichen
6 T 15/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 34064
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2005:0706.6T15.05.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
AG Göttingen - 06.07.2005 - AZ: 1 UR III 7/04

Fundstelle

  • StAZ 2005, 361-362 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Antrag auf Erteilung einer Sterbeurkunde

In der Beschwerdesache
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
die Vizepräsidentin des Landgerichts ...,
die Richterin am Landgericht ... und
die Richterin am Amtsgericht ...
am 06.07.2005
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zugewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Beteiligte zu 1. führte für die zwischenzeitlich verstorbene ..., zuletzt wohnhaft in ..., ein debitorisches Privatgirokonto. Dieses schloss am 21.03.2003 mit einem Saldo von 2.535,73 EUR. Im Dezember 2003 scheiterte die Zustellung des wegen dieser Forderung von der Beteiligten zu 1. gegen die Kontoinhaberin beantragten Mahnbescheides. Eine Anfrage bei dem Meldeamt der Stadt ... führte zu der Auskunft, dass die Kontoinhaberin in ... verstorben sei und eine Sterbeurkunde deswegen nur von dem zuständigen Standesamt der Stadt ... ausgestellt werden könne.

2

Daraufhin beantragte die Beteiligte zu 1. eine Sterbeurkunde bei dem Standesbeamten der Stadt ..., um die Kreditforderung gegen die Erben durchsetzen zu können. Dazu benötige sie die Bestätigung des zuständigen Standesbeamten über das Ableben der Kundin und nähere Angaben zu ihrer Person, um die Erben ausfindig zu machen.

3

Nachdem der Standesbeamte den Antrag abgelehnt hatte, hat die Beteiligte zu 1. bei dem Amtsgericht Göttingen den Antrag gestellt, den Standesbeamten der Stadt ... anzuweisen, der Beteiligten zu 1. eine Sterbeurkunde zu erteilen. Mit Beschluss vom 03.02.2005 hat das Amtsgericht Göttingen dem Antrag stattgegeben und ein rechtliches Interesse der Beteiligten zu 1. an der Erteilung einer solchen Urkunde bestätigt.

4

Hiergegen richtet sich die am 21.02.2005 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2., die der Auffassung ist, die Beteiligte zu 1. habe kein tituliertes Recht, so dass ein Anspruch auf Erteilung einer Personenstandsurkunde nach § 61 PStG nicht bestehe. Vielmehr sei die Beteiligte zu 1. gehalten, auf andere Weise Informationen über die Erben ihrer Kontoinhaberin zu erhalten.

5

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 07.03.2005 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

6

II.

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen ist gem. § 49 Abs. 1 PStG zulässig und insbesondere fristgerecht eingelegt worden.

7

Sie ist in der Sache jedoch nicht begründet.

8

Die Beteiligten zu 1. hat als Gläubigerin der verstorbenen Frau ... ein rechtliches Interesse i.S.d. § 61 Abs. 1 S. 3 PStG an der Erteilung einer Sterbeurkunde aus dem für die Verstorbene geführten Personenstandsbuch der Stadt ... glaubhaft gemacht, da sie einen gegen die Erben gerichteten Anspruch glaubhaft gemacht hat und auch eine Auskunft aus dem Melderegister nicht zur Erbenermittlung geführt hat.

9

Im Gegensatz zur Auffassung der Beteiligten zu 2. und Beschwerdeführerin erfordert die Formulierung des § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG "Rechtliches Interesse glaubhaft machen" kein tituliertes Recht. In Ermangelung einer Definition des Begriffes "rechtliches Interesse" besteht Einigkeit darüber, dass das rechtliche Interesse ein auf einer Rechtsnorm beruhendes oder durch solche geregeltes, gegenwärtig bestehendes Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache umfasst (vgl. BGHZ 4, 323, 325 [BGH 22.01.1952 - IV ZB 82/51]; OLG Zweibrücken, NJW 1989, 531 [OLG Zweibrücken 18.10.1988 - 3 W 115/88]). Das rechtliche Interesse setzt also ein bereits bestehendes Recht voraus, so dass derjenige ein rechtliches Interesse an der Erteilung von Personenstandsurkunden hat, für den die Kenntnis der Personenstandsdaten eines anderen erforderlich sind, um seine Rechte zu verfolgen (OLG Brandenburg, NJW RR 1999, 660 bis 661; Hepting-Gaaz, PStG, § 61 Rn. 42 und 51).

10

Die Beteiligte zu 1. hat ein bestehendes Recht, nämlich einen Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die Erben ihrer Kontoinhaberin, durch Vorlage des Privatgirokontovertrages und die Abschlusskontoauszüge glaubhaft gemacht. Da sie die Erben nicht kennt, ist sie zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf die Personenstandsdaten der etwaigen Erben der Verstorbenen, wozu deren Ehegatte, deren Abkömmlinge und deren Eltern zählen, angewiesen.

11

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Gerichtskosten auf §§ 127, 131 Abs. 1 KostO.

Streitwertbeschluss:

Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 30 Abs. 3 und Abs. 2 KostO.