Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 06.01.2005, Az.: 2 B 4002/04

Rechtmäßigkeit der Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags; Fremdenverkehrsbeitragssatzung; Verstoß gegen das Schlechterstellungsverbot bei einer rückwirkend erlassenen Satzung; Beitragsfähigkeit von Aufwendungen für Einrichtungen; Einbeziehbarkeit von Aufwendungen für das Hallen- und Freibad auf den Fremdenverkehrsbeitrag; Ablaufhemmung bei der Verjährungsfrist

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
06.01.2005
Aktenzeichen
2 B 4002/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 34554
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2005:0106.2B4002.04.0A

Verfahrensgegenstand

Fremdenverkehrsbeitrag (1996 - 2001)

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 2. Kammer -
am 6. Januar 2005
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

    Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

  2. 2.

    Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.656,09 EUR festgesetzt.

Gründe

1

1.

Der Antrag der Antragstellerin ist gemäß den §§ 88, 122 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dahingehend auszulegen, dass sie (a) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (2 A 4001/04) gegen die fünf Fremdenverkehrsbeitragsbescheide der Antragsgegnerin vom 8. Mai 2003 für die Jahre 1996 bis 2000 sowie gegen den Fremdenverkehrsbeitragsbescheid vom 27. Juni 2003 für das Jahr 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2004 und (b) hilfsweise die Aufhebung der "sofortigen Vollziehung" begehrt.

2

a)

Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässige Hauptantrag ist unbegründet.

3

Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben, zu denen auch Fremdenverkehrsbeiträge gehören, entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage. Das Verwaltungsgericht kann jedoch auf Antrag, sofern dieser wie hier - u.a. gemäß § 80 Abs. 6 VwGO - zulässig ist, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

4

Ernstliche Zweifel i.S.v. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO liegen dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nach summarischer Prüfung wahrscheinlicher ist als dessen Misserfolg. Die Kammer hält insoweit an ihrer bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest. Mit der Vorschrift des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO hat der Gesetzgeber das öffentliche Interesse an einem sofortigen Vollzug von Leistungsbescheiden generell höher bewertet als das private Interesse an einer vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Er hat zudem durch § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO zum Ausdruck gebracht, dass Abgaben im Zweifel zunächst zu erbringen sind und der Zahlungspflichtige das Risiko zu tragen hat, im Ergebnis möglicherweise zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen. Diese gesetzgeberische Wertung ist auch bei der gerichtlichen Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen (vgl. OVG Weimar, Beschluss vom 17. November 2003 - 2 EO 349/03 - ThürVBl 2004, 184; ebenso die übrige herrschende obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 10. Ergänzungslieferung 2004, § 80 Rdnr. 256 i.V.m. 195 m.w.N.; a.A. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1981 - 8 C 83/81 -, BayVBl. 1982, 442 <442>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 13. Januar 1989 - 9 M 1/89 -, NVwZ-RR 1989, 328 <329>[OVG Niedersachsen 13.01.1989 - 9 M 1/89] = NST-N 1989, 140; Nds. OVG, Beschluss vom 13. März 1997 - 1 M 4892/96 -, NVwZ-RR 1998, 582).

5

Der Erfolg der Klage der Antragstellerin ist nach summarischer Prüfung nicht wahrscheinlicher als deren Misserfolg.

6

Die angegriffenen Beitragsbescheide sind nicht deshalb unwirksam (oder rechtswidrig), weil sie laut Adressfeld an die "SP-Hagebaumarkt GmbH" gerichtet wurden, deren Vermögen laut Handelsregister aufgrund des am 7. September 1998 eingetragenen Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 30. August 1995 nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes auf die gleichzeitig errichtete Antragstellerin übertragen wurde; die bisherige Firma erlosch. Denn der Adressat war hinreichend bestimmt (s. §§ 11 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) Nds. Kommunalabgabengesetz - NKAG -, 122 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -). Es war für die Antragstellerin klar erkennbar, dass diese Bescheide für sie und nicht noch für die erloschene SP-Hagebaumarkt GmbH bestimmt waren (vgl. zum Fall, dass sich die Bezeichnung eines Unternehmens nicht vollständig mit der im Handelsregister eingetragenen Firma deckt: Rosenzweig in Rosenzweig/Freese, NKAG, Komm., Stand: Juni 2004, § 11 Rdnr. 48 unter Hinweis auf ein Urt. des Bay. VGH vom 10. Februar 1994 - 23 B 92.953 -, danach veröffentlicht in GK B 1994, Nr. 253). Dies ergibt sich schon daraus, dass es in der jeweiligen Betreffzeile der von der Antragstellerin durch anwaltliche Schriftsätze vom 4. Juni und 4. Juli 2003 erhobenen Widersprüche u.a. heißt "SP-Hagebaumarkt GmbH ./. SG Hage" bzw. "SP Hagebaumarkt GmbH ./. SG Hage". Andernfalls wäre davon auszugehen gewesen, dass spätestens in der Widerspruchsbegründung auf diesen (unbeachtlichen) Fehler hingewiesen worden wäre. Dies geschah indes erst durch das Schreiben des Steuerberaters der Antragstellerin vom 10. August 2004. Abgesehen davon wäre ein beachtlicher Mangel auch durch die Zustellung des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2004 an den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin geheilt worden (vgl. BFH, Urteil vom 25. Januar 1994 - VIII R 45/92 -, NVwZ-RR 1995, 181 <183>). In der Betreffzeile des Widerspruchsbescheides wird die Firma der Antragstellerin genannt.

7

Die angefochtenen Bescheide beruhen auf den Bestimmungen der Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS 2003 - der Antragsgegnerin vom 31. März 2003 (veröffentlicht im Amtsblatt des Landkreises Aurich vom 17. April 2003, S. 65), die rückwirkend zum 1. Januar 1996 in Kraft getreten ist und u.a. aufgrund der §§ 2 und 9 NKAG erlassen wurde.

8

Nach summarischer Prüfung ist im Hinblick auf das Vorbringen der Antragstellerin nicht in ausreichendem Maße ersichtlich, dass die Satzungsbestimmungen keine wirksame Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu den streitigen Fremdenverkehrsbeiträgen darstellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gericht - insbesondere im Eilverfahren - nicht verpflichtet ist, gleichsam ungefragt auf Fehlersuche zu gehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1/01 -, NVwZ 2002, 1123 <1125>[BVerwG 17.04.2002 - 9 CN 1/01] m.w.N.).

9

Die Antragstellerin wendet zwar sinngemäß ein, dass ein Verstoß gegen das Schlechterstellungsverbot vorliege. Diese Auffassung ist indes nicht zutreffend. Durch die rückwirkend erlassene Satzung darf gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 NKAG (nur) die Gesamtheit der Abgabepflichtigen nicht ungünstiger gestellt werden als nach der ersetzten Satzung. Maßgeblich ist die Betrachtung des Gesamtaufkommens. Die Vorschrift bezweckt, dass sich Gemeinden und Landkreise durch eine neue, mit Rückwirkung geänderte Satzung nicht Mehreinnahmen verschaffen sollen. Eine Umverteilung unter einzelnen Abgabepflichtigen ist indes möglich (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 24. Februar 1997 - 3 L 2662/95 -, Nds. VBl. 1997, 278 <279>). Insofern ist es rechtlich unerheblich, dass die Antragsgegnerin mit den nunmehr von der Antragstellerin angegriffenen Fremdenverkehrsbeitragsbescheiden höhere Fremdenverkehrsbeiträge als ursprünglich geschehen geltend macht. Es ist von der Antragstellerin dagegen nicht dargelegt worden, dass sich das Gesamtbeitragsaufkommen für die Jahre 1996 bis 2001 im Vergleich zu dem ursprünglich auf der Grundlage der vor der FVBS 2003 erlassenen Satzungen erzielbaren Gesamtbeitragsaufkommen erhöht hat. Im Übrigen lässt sich auch den von der Antragsgegnerin vorgelegten "Beitragskalkulationen 1996 bis 2001" nicht entnehmen, dass auf Grund der in der FVBS 2003 festgelegten Beitragssätze für die Jahre 1996 bis 2001 ein jährlich insgesamt erhöhtes Fremdenverkehrsbeitragsaufkommen erzielt werden kann. Dabei versteht das Gericht die Ausführungen in den "Beitragskalkulationen 1996 bis 2001" auf den Seiten 7 f. dahingehend, dass für die Jahre 1996 bis 2000 bereits Fremdenverkehrsbeiträge in Höhe von insgesamt jährlich 169.900,00 DM (1996 und 1997) bzw. jährlich 147.500,00 DM (1998 bis 2000) erhoben wurden. Es heißt nämlich auf Seite 8 der "Beitragskalkulationen 1996 bis 2001" ausdrücklich, der Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2001 sei bislang noch nicht erhoben worden und es würden Aufwendungen in Höhe von rd. 147.500,00 DM abgerechnet. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin gemäß § 4 Abs. 5 FVBS 2003 die Beitragssätze für das Jahr 1996 auf 12,33% und für die Jahre ab 1997 auf 11,87% jährlich festgesetzt hat. Insoweit hat sie lediglich den für das Jahr 1996 nach der Gesamtkalkulation 1996 ermittelten Beitragssatz übernommen, um ein Gesamtbeitragsaufkommen von 169.900,00 DM zu erzielen. Im Übrigen hat sie die Beitragssätze jedoch im Vergleich mit den in den Beitragskalkulationen für die Jahre 1997 bis 2001 zur Erzielung der jeweiligen Gesamtbeitragsaufkommen ermittelten Beitragssätzen in allen Fällen auf 11,87% reduziert. Hiervon ausgehend ist beispielsweise aller Voraussicht nach für das Jahr 2001 nicht mit einem Gesamtbeitragsaufkommen in Höhe von 147.500,00 DM, sondern lediglich in Höhe von 135.603,71 DM zu rechnen.

10

Abgesehen davon ist unabhängig von den vorstehenden Ausführungen auf das den Beteiligten bekannte Urteil vom 22. August 2002 (2 A 2940/99) hinzuweisen, in dem es auszugsweise heißt:

"Die Kammer nimmt Bezug auf ihr Urteil im Verfahren 2 A 3244/99, das ebenfalls aufgrund der heute statt gefundenen mündlichen Verhandlung erlassen worden ist und in dem sie ausgeführt hat:

...

Das Schlechterstellungsverbot (§ 2 Abs. 2 Satz 4 NKAG) wäre durch die FVBS 1998 nicht verletzt worden, wenn die Festsetzung des Beitragssatzes wirksam wäre. Dieses Verbot wird nicht dadurch berührt, dass - wie hier - eine Satzung zwar vorhanden ist, aber nicht den Mindestinhalt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG enthält und damit unvollständig ist. Wird in einem solchen Fall beispielsweise der Abgabesatz erstmalig mit Rückwirkung wirksam bestimmt, wird - solange sich die Regelung im Übrigen in den verfassungsrechtlichen Grenzen des § 2 Abs. 3 Satz 1 NKAG hält - gegen das Schlechterstellungsverbot nicht verstoßen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 24. Februar 1997 - 3 L 2662/95 -, Nds. VBl. 1997, 278 <279>)."

11

Dem genannten Urteil lässt sich entnehmen, dass das Schlechterstellungsverbot hinsichtlich der Festsetzung der Fremdenverkehrsbeiträge für die Jahre 1996 und 1997 durch die Festsetzung der Beiträge gemäß den Bestimmungen der FVBS 2003 auch deshalb nicht berührt wird, weil die FVBS 1998 (Änderungssatzung vom 7. Dezember 1998) nicht den Mindestinhalt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG enthielt und damit unvollständig war. Außerdem spricht Überwiegendes dafür, dass Entsprechendes auch für die für die Jahre 1998 bis 2000 geltenden Satzungsbestimmungen zutraf. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin mit Bescheid vom 30. Dezember 2002 deren Widersprüchen gegen die Fremdenverkehrsbeitragsbescheide für die Jahre 1998 bis 2000 stattgab.

12

Soweit die Antragstellerin auf ihren Widerspruch vom 15. Februar 2001 Bezug nimmt, ist ihrem Vorbringen Folgendes entgegen zu halten:

13

In einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung muss nicht festgelegt werden, welcher prozentuale Anteil des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung, Erneuerung und Unterhaltung im Sinne des § 9 Abs. 1 NKAG beitragsfähig sein soll.

14

Nach summarischer Prüfung ist auch nicht in ausreichendem Maße ersichtlich, dass die von der Antragsgegnerin berücksichtigten Aufwendungen für das Hallen-/Freibad nicht beitragsfähig sind. In dem bereits genannten Urteil vom 22. August 2002 (2 A 3244/99) heißt es zwar:

"Ferner lässt sich Äußerungen der Klägerseite - in der mündlichen Verhandlung wurden mehrere Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden - möglicherweise entnehmen, dass der Anteil der Einwohner der Beklagten, die das Hallen- und Freibad benutzen, mehr als 60% betragen könnte. Hiervon ausgehend könnte es nicht ausgeschlossen sein, dass zu hohe Aufwendungen für das Freibad berücksichtigt worden oder sie überhaupt nicht beitragsfähig sind (zur Beitragsfähigkeit von Fremdenverkehrseinrichtungen: vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 1. November 2000 -9 L 2510/00 -, V.n.b.; Urteil vom 13. November 1990 - 9 K 11/89 -, a.a.O. <45>; Urteil vom 27. November 1981 - 3 OVG A 20/79 - OVGE 36, 477 <479 ff.>; Hatopp, a.a.O., Anm. 6, nach dessen Auffassung auch Hallen- und Freibäder zu den typischen Fremdenverkehrseinrichtungen gehören; Elmenhorst, KStZ 2001, 164 <166 f.>, der die Ansicht des Nds. OVG im Beschluss vom 1. November 2000 als restriktiv bezeichnet)."

15

Die Beitragsfähigkeit von Aufwendungen ist gegeben bei Einrichtungen, die als Fremdenverkehrseinrichtungen zu bezeichnen sind, d.h. in erster Linie dem Fremdenverkehr zu dienen bestimmt sind. Die Kosten typischer Fremdenverkehrseinrichtungen berechtigen zur Abgabenerhebung, nicht aber Aufwendungen für Anlagen/Einrichtungen, die (im Wesentlichen) zur allgemeinen Daseinsvorsorge zu zählen sind. Derartige Anlagen sind nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie unmittelbar einer beitragsfähigen Fremdenverkehrseinrichtung zuzuordnen sind (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 -9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, 40 <45>[OVG Niedersachsen 13.11.1990 - 9 K 11/89], und Beschluss vom 1. November 2000 - 9 L 2510/00 -, V.n.b.). Damit scheiden Kosten von Einrichtungen aus, die nur zu einem geringen Teilaufwand von Kurgästen in Anspruch genommen werden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990, a.a.O.). Dienen Einrichtungen aber jedenfalls noch annähernd in gleichem Maße sowohl den Einwohnern der Gemeinde als auch dem Fremdenverkehr, erscheint es nach summarischer Prüfung angemessen, den auf die Gäste entfallenden Anteil der Aufwendungen im Rahmen der Beitragskalkulation zu berücksichtigen (vgl. Rosenzweig, a.a.O., § 9 Rdnr. 24 unter kritischer Auseinandersetzung mit dem genannten Beschluss des Nds. OVG vom 1. November 2000).

16

Hiervon ausgehend ist die Anrechnung eines auf den Fremdenverkehr entfallenden - nicht mehr geringen - Anteils in Höhe von 40% der Aufwendungen für das Hallen- und Freibad voraussichtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Hallen- und Freibad zum Kurzentrum Hage gehört. Nach den von der Antragsgegnerin vorgelegten "Beitragskalkulationen 1996 bis 2001" ist es nicht in ausreichendem Maße ersichtlich, dass der Anteil der Einwohner der Beklagten, die das Hallen- und Freibad benutzten, mehr als 60% betrug. Der Anlage 4 zu den Beitragskalkulationen lässt sich - mittels Berechnung - entnehmen, dass die Anzahl der Gäste im Bereich der Antragsgegnerin in den Jahren 1996 bis 2001 durchschnittlich 19.530,5 Personen jährlich betrug. Das Hallen- und Freibad besuchten in den genannten 6 Jahren insgesamt 387.371 Personen. Subtrahiert man von dieser Zahl die auf die Schulen entfallenden Schwimmbadbesucher von insgesamt 97.323 Personen, weil anzunehmen ist, dass es sich hierbei jedenfalls im Wesentlichen nicht um Gäste handelte, verbleiben 290.048 Schwimmbadbesucher, durchschnittlich also jährlich 48.341,3 Personen. Insofern erscheint es nach summarischer Prüfung plausibel, dass 40% dieser Schwimmbadbesucher, also 19.336,5 Personen jährlich Gäste waren. Denn dies bedeutet, dass durchschnittlich etwa jeder Gast nur einmal jährlich das Schwimmbad besuchte.

17

Die Antragstellerin beanstandete darüber hinaus in dem Widerspruch vom 15. Februar 2001 zwar außerdem sinngemäß, zu den umlagefähigen Aufwendungen gehörten auch nicht die Kosten für die Pflege und Wässerung von Straßengrün sowie von Grün und Blumen mit den dazu gehörigen Reinigungs- und Pflegekosten. Dieses Vorbringen ist indes nicht ausreichend, um zu einem anderen Ergebnis zu gelangen. Insbesondere hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, in welchem Umfang die Antragsgegnerin insoweit Aufwendungen berücksichtigt haben sollte. Dies wäre aber deshalb erforderlich gewesen, weil es nach den "Beitragskalkulationen 1996 bis 2001" unschädlich wäre, wenn sich die beitragsfähigen Aufwendungen in erheblichem Maße reduzierten. So heißt es in den "Beitragskalkulationen 1996 bis 2001", von den gesamten in die Kalkulationen einbezogenen Aufwendungen blieben durchschnittlich 284.800,00 DM für Fremdenverkehrseinrichtungen pro Jahr ungedeckt. Insoweit verbleibe ein Erhöhungspotenzial für die Kurbeitrag oder den Fremdenverkehrsbeitrag.

18

Die Antragstellerin hat des Weiteren in ihrem an die Antragsgegnerin gerichteten Schreiben vom 29. August 2003 ausgeführt, es sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass ein großer Teil des Umsatzes außerhalb des Geltungsbereiches der Fremdenverkehrsbeitragssatzung erzielt werde. Dieser Einwand ist ebenfalls rechtlich unbeachtlich. Insbesondere hat die Antragstellerin nicht dargelegt, dass die Antragsgegnerin bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen gegen die Vorschrift des § 4 Abs. 2 FVBS 2003 verstoßen hat, die nach summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden sein dürfte und deren Unwirksamkeit auch die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt hat. Danach wird der Umsatz in entsprechender Anwendung des § 1 des Umsatzsteuergesetzes unabhängig davon ermittelt, ob der Beitragspflichtige persönlich zur Zahlung von Umsatzsteuer veranlagt wird. Maßgebend für die Ermittlung ist der Umsatz, der von den Beitragspflichtigen mittels im Geltungsbereich der Satzung belegenen Betriebsstätten oder sonstigen dauerhaften oder fortlaufend wiederholt aufgestellten Geschäftseinrichtungen einschließlich Ferienwohnungen erwirtschaftet wird. Maßgebend ist der Umsatz des zu veranlagenden Jahres. In die Berechnung ist Umsatz auch dann einzubeziehen, wenn er auf der Lieferung oder Leistung eines Unternehmens mit Sitz, Betriebsstätte oder sonstiger dauerhafter oder fortlaufend wiederholt aufgestellten Geschäftseinrichtungen einschließlich Ferienwohnungen in Hage, Berumbur oder Lütetsburg beruht, ohne dass diese Gemeinden den Ort der Lieferung oder Leistung darstellen. Ergänzend wird insoweit Bezug genommen auf das genannte Urteil vom 22. August 2002 (2 A 3244/99), in dem in diesem Zusammenhang ausgeführt wurde:

"Auch der von der Beklagten gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist - wie oben bereits in einem anderen Zusammenhang erwähnt - rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17. März 1997, a.a.O.; VG Oldenburg, Beschluss vom 26. Mai 1999 - 2 B 1493/99 u.a. -, den Bet. bek.). Soweit von Klägerseite die Ansicht vertreten wird, Umsätze, die man außerhalb des Gebietes der Beklagten erziele, dürften nicht zur Berechnung des Beitrages herangezogen werden, ist anzumerken, dass eine teilweise Nichtberücksichtigung der Umsätze nur in Betracht kommen dürfte, soweit Beitragspflichtige einen Teil ihrer Umsätze von einem weiteren (zweiten) Wohnsitz oder einer weiteren Betriebsstätte (s. § 11 Abs. 1 Nr. 1 b) NKAG i.V.m. § 12 AO) außerhalb des Geltungsbereichs der Satzung (s. § 4 Abs. 1 Satz 1 FVBS 1998) aus erzielen."

19

Soweit ersichtlich, erfüllt die Antragstellerin, die ihre Betriebsstätte in Hage hat, die genannten Voraussetzungen allerdings nicht. Im Übrigen ist unabhängig von den vorstehenden Ausführungen von Bedeutung, dass der von der Antragstellerin angesprochene Gesichtspunkt bei der Bestimmung des Vorteilssatzes durch eine entsprechende Reduzierung berücksichtigt werden kann (vgl. Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: Juli 2004, § 11 Rdnr. 116 c, "f) Unternehmen und Zulieferer im Bereich Baugewerbe"). Es ist indes weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass der von der Antragsgegnerin angenommene Vorteilssatz für die Gruppe, der die Antragstellerin angehört, unangemessen ist.

20

Der Antrag der Antragstellerin hat auch nicht deshalb teilweise Erfolg, weil die Antragsgegnerin den Umsatz für das Jahr 2001 gemäß § 6 Abs. 2 FVBS 2003 auf 8.000.000,00 DM geschätzt hat. Dazu war sie aller Voraussicht nach berechtigt, weil die Antragstellerin die erforderlichen Angaben trotz der Schreiben vom 15. Juli und 26. August 2002 sowie 20. Mai 2003 nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist bis zum 13. Juni 2003 machte. Abgesehen davon hat die Antragstellerin gegen die Schätzung auch keine substantiierten Einwendungen erhoben.

21

Die angegriffenen Bescheide sind aller Voraussicht nach auch aus anderen Gründen nicht rechtswidrig.

22

Insbesondere sind die Ansprüche der Antragsgegnerin nicht verjährt. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) NKAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist (dazu s. § 11 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) NKAG) grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Beitrag entstanden ist. Abweichend von Abs. 1 beginnt die Festsetzungsfrist entsprechend § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, wenn eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt. Gemäß § 5 Abs. 3 FVBS 2003 entsteht die Beitragsschuld mit Ablauf des Kalenderjahres, für welches der Fremdenverkehrsbeitrag gemäß Abs. 1 erhoben wird. Danach entstand die Beitragsschuld für die Jahre 1996 und später jeweils mit Ablauf des 31. Dezember des jeweiligen Jahres. Die Festsetzungsfrist begann indes für das Jahr 1996 entsprechend § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO erst mit Ablauf des Jahres 1998, weil die von der Antragsgegnerin erbetene Erklärung der Antragstellerin - damals firmierte sie übrigens selbst noch unter dem Namen "SP-Hagebaumarkt GmbH" - zur Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages am 29. August 1998 bei der Antragsgegnerin einging. Für die Jahre 1997 und 1998 begann die Festsetzungsfrist jeweils mit Ablauf des Jahres 2000, weil die entsprechende Erklärung am 20. Oktober 2000 bei der Antragsgegnerin einging. Hiervon ausgehend könnte lediglich der Beitragsanspruch der Antragsgegnerin für das Jahr 1996 verjährt gewesen sein, als der Bescheid am 8. Mai 2003 erging. Die vierjährige Festsetzungsfrist ist aber gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 b) NKAG i.V.m. § 171 Abs. 3a AO in ihrem Ablauf gehemmt worden. Entsprechend § 171 Abs. 3a Satz 1 <1. Halbs.>AO läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist, wenn ein Steuerbescheid mit einer Klage angefochten wurde. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeschadet des Satzes 2 <1. Halbs.> hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt. In den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 VwGO ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist. Eine unanfechtbare Entscheidung liegt also erst dann vor, wenn in einem sich aufgrund des verwaltungsgerichtlichen Urteils anschließenden Verfahren - ggf. unter Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage - ein neuer Abgabenbescheid ergeht und dieser unanfechtbar geworden ist (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26. Juni 1996 - 9 L 1781/94 -, NVwZ 1998, 427 <428>[OVG Niedersachsen 26.06.1996 - 9 L 1781/94]; Rosenzweig, a.a.O., § 11 Rdnr. 105). Der der Antragstellerin gegenüber ursprünglich ergangene Beitragsbescheid vom 26. Februar 1999 für das Jahr 1996 (ebenso wie derjenige für das Jahr 1997) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 1999 wurde durch das oben genannte Urteil des beschließenden Gerichts vom 22. August 2002 (2 A 2940/99) aufgehoben und der Bescheid vom 8. Mai 2003 ist noch nicht unanfechtbar.

23

Diesem Ergebnis lässt sich nicht entgegen halten, dass § 11 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) NKAG jedenfalls nicht ausdrücklich auf § 171 Abs. 3 a AO verweist. Insoweit folgt das beschließende Gericht der Auffassung des OVG Magdeburg, das in seinem Beschluss vom 12. Juli 2002 (- 1 M 273/01 -, NVwZ-RR 2003, 233 f.) Folgendes ausführte:

"Die Ablaufhemmung ist auch nicht mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz 1999 - StBereinG 1999) vom 22. 12. 1999 (BGBl. I, 2601) zum 30. 12. 1999 (vgl. Art. 28 II StBereinG 1999) entfallen. Zwar ist die Regelung über die Ablaufhemmung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs geändert und zum neuen Abs. 3a geworden, während § 171 III AO 1977 nunmehr die - hier nicht einschlägige - Ablaufhemmung für Anträge auf Abgabenfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens regelt. Die Aufnahme dieser Regelung in einen neuen Absatz des § 171 AO 1977 ändert jedoch nichts daran, dass der Landesgesetzgeber in § 13 I Nr. 4 lit. b SachsAnhKAG weiterhin auf die Sachregelung betreffend die Hemmung des Ablaufs der Verjährungsfrist verweist. Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der dynamischen Verweisung in § 13 I Nr. 4 lit. b SachsAnhKAG. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Verweisung erreichen, dass die Regelungen in der Abgabenordnungüber die Hemmung der Festsetzungsverjährung auch auf kommunalabgabenrechtliche Verfahren angewendet werden. Dabei sollten etwaige Änderungen der sachlichen Regelungen im Bundesgesetz ohne besonderen weiteren Gesetzesbefehl des Landesgesetzgebers auch für die landesrechtlich geregelten kommunalabgabenrechtlichen Verfahren angewendet werden. Unter diesen Umständen jedoch kann nicht von Belang sein, ob die vom Landesgesetzgeber in Bezug genommene Regelung durch den Bundesgesetzgeber in einen anderen Absatz derselben Rechtsvorschrift erfolgt ist.

Trotz der durch die Änderung der Abgabenordnung nunmehr missverständlichen Bezeichnung in § 13 I Nr. 4 lit. b SachsAnhKAG ist auch noch mit hinreichender Bestimmtheit erkennbar, dass sich die Verweisung auf den § 171 III AO 1977 unmittelbar nachfolgenden Absatz bezieht."

24

Diese Ausführungen gelten für die Rechtslage in Niedersachsen entsprechend. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 11 Abs. 1 NKAG einleitend auf die Bestimmungen der Abgabenordnung in der jeweils geltenden Fassung hinweist. Damit ist auch für die Antragstellerin ohne weiteres erkennbar, welche Sachregelung des Bundesrechts nach dem Willen des Landesgesetzgebers hinsichtlich der Hemmung der Festsetzungsverjährung bei kommunalabgabenrechtlichen Verfahren angewendet werden soll (vgl. auch Rosenzweig, a.a.O., § 11 Rdnr. 2 und 104; Lauenroth/Sauthoff in Driehaus, a.a.O., § 12 Rdnr. 38a).

25

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich im Übrigen, dass das Vorliegen ernstlicher Zweifel auch dann zu verneinen gewesen wäre, wenn die Kammer an ihrer bisherigen Rechtsprechung festgehalten und das Bestehen ernstlicher Zweifel schon dann angenommen hätte, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren mindestens ebenso wahrscheinlich wäre wie ein Misserfolg.

26

Schließlich hat die Antragstellerin keine hinreichend konkreten Umstände dafür dargelegt, dass die Vollziehung der Anforderung der Fremdenverkehrsbeiträge in Höhe von insgesamt 18.624,36 EUR eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Eine "unbillige" Härte in diesem Sinne liegt vor, wenn durch die sofortige Vollziehung oder Zahlung dem Abgabepflichtigen wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer - etwa durch eine spätere Rückzahlung - wieder gut zu machen sind (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 20. Oktober 2003 - 5 BS 91/03 -, Juris).

27

b)

Der Hilfsantrag hat schon deshalb keinen Erfolg, weil die sofortige Vollziehbarkeit nicht gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO besonders angeordnet wurde, sondern sich aus dem Gesetz ergibt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.656,09 EUR festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlung in Nr. 1.5 des Streitwertkataloges 2004, nach der der Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO 1/4 des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes beträgt. Folglich ergibt sich ein Wert in Höhe von 4.656,09 EUR (18.624,36 EUR : 4).

Bergner
Osterloh
Dr. Menzel