Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 11.05.2021, Az.: 3 B 621/21
Jahresnettokaltmiete; Mietaufwand; Mietwert; Mischnutzung; Nettokaltmiete; Ortsüblich; Rückwirkung; Schlechterstellungsverbot; Steuermaßstab; Teilnichtigkeit; Zweitwohnungsteuer
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 11.05.2021
- Aktenzeichen
- 3 B 621/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 70712
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 44 Abs 1 AO 1977
- § 139 BGB
- § 52 Abs 3 S 2 GKG
- § 53 Abs 2 Nr 2 GKG
- § 2 Abs 1 KAG ND
- § 2 Abs 2 KAG ND
- § 3 KAG ND
- § 80 Abs 2 S 1 Nr 1 VwGO
- § 80 Abs 4 S 3 VwGO
- § 80 Abs 5 S 1 VwGO
- § 80 Abs 6 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
(Fehlerhafte) Schätzung der ortsüblichen Nettokaltmiete
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die aufschiebende Wirkung der Klage (3 A 620/21) der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2020 in der Gestalt des Bescheides vom 28. Januar 2021 angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 533,86 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin hat ihren Hauptwohnsitz in A-Stadt (NRW) und ist Eigentümerin der Wohnung Nr. 5 im Haus Nr. 205 im Gebiet der Antragsgegnerin. Mittels eines von der Antragsgegnerin verwendeten Erhebungsbogens erklärte sie unter dem 11. Januar 2020, sie würde ihre Wohnung auf Baltrum ausschließlich zu Erholungs-, Berufs- bzw. Ausbildungszwecken vorhalten; die 78 m² große Wohnung sei im Jahr 2009 hergestellt worden, die Nettokaltmiete betrage 5,41 €/m².
Mit Zweitwohnungsteuerbescheid 2020 vom 7. Juli 2020 zog die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 2.135,44 € (Bemessungsgrundlage 14.236,27 € <100 %> x „Hebe- / Gebührensatz“ 15 %) heran. Der Veranlagung lag ein Schätzverfahren bezogen auf die Nettokaltmiete des Veranlagungsobjekts zugrunde, wobei die Antragsgegnerin von einer „Quadratmeter-Miete“ in Höhe von 7.956 € (8,50 € „Basismiete“ bei 78 m² Wohnungsgröße) ausging und sodann schrittweise - aufeinander aufbauend - unter Berücksichtigung einer „Lage-Miete“ in Höhe von 7.956 € (100 % des Bodenrichtwertes), einer „Altersmiete“ in Höhe von 8.135 € (Baujahr 2009; „Prozentzahl Alter“: 102 %), einer „Gebäudeartmiete“ in Höhe von 8.135 € (Eigentumswohnungen; „Prozentzahl der Gebäudeart“: 100 %) und einer „Ausstattungs-Miete“ in Höhe von 14.236 € („gehoben“; „Prozentzahl der Ausstattung“: 175 %) die Bemessungsgrundlage ermittelte, die der „Ausstattungs-Miete“ entspricht.
Am 7. August 2020 hat die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin erhoben. Ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 10. September 2020 abgelehnt. Am 11. November 2020 hat die Antragstellerin um gerichtlichen vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2021 hat die Antragsgegnerin die mit Bescheid vom 7. Juli 2020 festgesetzte Zweitwohnungsteuer aufgehoben, soweit diese den Betrag von 1.226,60 € übersteigt. Die Reduzierung der Festsetzung hat die Antragsgegnerin mit der Berücksichtigung des in ihrer Zweitwohnungsteuersatzung enthaltenen Schlechterstellungsverbotes begründet. Die Beteiligten haben daraufhin sowohl im Klageverfahren (3 A 620/21) als auch vorliegenden Eilverfahren Teilerledigungserklärungen hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 908,83 € abgegeben.
II.
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist es in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Die Teilerledigungserklärungen sind dahingehend zu verstehen, dass sie sich auf die Differenz der in den Bescheiden vom 7. Juli 2020 und 28. Januar 2021 enthaltenen Festsetzungen der Zweitwohnungsteuer und damit auf einen Betrag in Höhe von 908,84 € (2.135,44 € - 1.226,60 €) - statt 908,83 € - beziehen.
Im Übrigen ist der Antrag der Antragstellerin zulässig und begründet.
Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben, zu denen auch die Zweitwohnungsteuer gehört, entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage. Das bedeutet, dass die Abgabe – entgegen der sonst bestehenden Regelung (§ 80 Abs. 1 VwGO) – trotz des erhobenen Rechtsbehelfs zu entrichten ist. In diesen Fällen kann das Verwaltungsgericht jedoch auf Antrag, sofern dieser – wie hier – gemäß § 80 Abs. 6 VwGO zulässig ist, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO analog).
Ernstliche Zweifel im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO liegen dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nach summarischer Prüfung wahrscheinlicher ist als dessen Misserfolg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. November 2019 - OVG 10 S 54.19 -, juris Rn. 3; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. August 2019 - 15 B 884/19 -, juris Rn. 4; Bay. VGH, Beschluss vom 26. November 2018 - 6 CS 18.1567 -, juris Rn. 8; VG Oldenburg, Beschluss vom 6. Januar 2005 - 2 B 4002/04 -, juris Rn. 4; ganz h.M. laut Schoch/Schneider VwGO/Schoch, 39. EL Juli 2020, VwGO § 80 Rn. 283, m.w.N.). Das ist hier der Fall. Eine für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht ausreichende Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache (nur) als offen kann demgegenüber nicht getroffen werden. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Die in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Antragstellerin zur Zweitwohnungsteuer findet sich nunmehr in den Bestimmungen der „Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer der Gemeinde Baltrum“ vom 15. März 2021 (Amtsblatt für den Landkreis Aurich und für die Stadt Emden Nr. 22 vom 26. März 2021, Seite 245) - ZWS -, die rückwirkend zum 1. Januar 2014 in Kraft getreten ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ZWS). Die Satzung beruht auf den §§ 2 und 3 Nds. Kommunalabgabengesetz (NKAG) und mag unabhängig von örtlichen Verhältnissen eine wirksame Rechtsgrundlage für die Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer darstellen (zu den verfassungs- und kommunalabgabenrechtlichen Anforderungen vgl. BVerfG in seinem „Überlinger Beschluss" vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 -, juris Rn. 62 ff.). Letztendlich kann dies offenbleiben.
Der Einwand der Antragstellerin, die ZWS sei wegen ihres rückwirkenden Inkrafttretens zum 1. Januar 2014 (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 ZWS) verfassungswidrig, greift allerdings nicht durch. Insbesondere verlangt eine rückwirkende Inkraftsetzung – anders als die Antragstellerin meint – nicht die vorherige Nichtigerklärung der ersetzten Satzung durch die Rechtsprechung.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NKAG können Satzungen innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen rückwirkend erlassen werden. Eine Satzung kann gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 NKAG insbesondere rückwirkend erlassen werden, wenn sie ausdrücklich eine Satzung ohne Rücksicht auf deren Rechtswirksamkeit ersetzt, die eine gleiche oder gleichartige Abgabe regelte. Die Rückwirkung kann nach § 2 Abs. 2 Satz 3 NKAG bis zu dem Zeitpunkt ausgedehnt werden, zu dem die zu ersetzende Satzung in Kraft getreten war oder in Kraft treten sollte. Durch die rückwirkend erlassene Satzung darf die Gesamtheit der Abgabepflichtigen nicht ungünstiger gestellt werden als nach der ersetzten Satzung (§ 2 Abs. 2 Satz 4 NKAG).
Diesen Vorgaben wird die am 15. März 2021 rückwirkend zum 1. Januar 2014 beschlossene und im maßgeblichen Amtsblatt für den Landkreis Aurich und für die Stadt Emden am 26. März 2021 enthaltene Zweitwohnungsteuersatzung gerecht.
Mit ihr wurden gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 NKAG die Zweitwohnungsteuersatzungen der Antragsgegnerin vom 18. Dezember 2014 und vom 23. Juni 2020 ersetzt. Es kann hier dahinstehen, ob die ersetzten Satzungen tatsächlich unwirksam waren. Denn für ein „Ersetzen“ i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 2 NKAG genügt es, dass Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit der ersetzten Satzung bestanden (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 20. Juni 2018 - 9 LB 124/17 - juris Rn. 61, m.w.N.). Zumindest dies war der Fall. Der in § 4 Abs. 2 der Zweitwohnungsteuersatzung der Antragsgegnerin vom 18. Dezember 2014 verwendete Steuermaßstab einer ab dem Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 nach der Mietpreisentwicklung indexierten Jahresrohmiete ist über Jahre hinweg in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung als zulässig angesehen worden (vgl. dazu Nds. OVG, a.a.O. Rn. 110, m.w.N.), wurde dann aber in Folge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 u.a. -, juris Rn. 92 ff.; Beschluss vom 18. Juli 2019 - 1 BvR 807/12 und 1 BvR 2917/13 -, juris Rn. 25 ff.) als mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erachtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2019 - 9 C 4.19 -, juris Rn. 14 ff.). Vor diesem Hintergrund lag die Notwendigkeit einer Neuregelung auf der Hand. Diese erfolgte zwar durch den Beschluss des Rates der Antragsgegnerin über die Zweitwohnungsteuersatzung vom 23. Juni 2020. Jedoch wies die in § 4 dieser Satzung enthaltene Bestimmung zum Steuermaßstab in Abs. 3 Satz 2 eine Bezugnahme auf einen „jeweils aktuellen Mietspiegel für die Gemeinde Baltrum“ auf, obwohl ein solcher Mietspiegel nicht existiert(e). Aufgrund dieses Umstands bestanden nach Ansicht der Beteiligten Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit der Satzung vom 23. Juni 2020, die auch durch den Beschluss des Rates der Antragsgegnerin vom 1. Dezember 2020 zur Änderung allein des § 4 Abs. 3 der Zweitwohnungsteuersatzung – die Antragsgegnerin spricht insoweit von der Korrektur eines „redaktionellen Fehlers“ – nicht beseitigt worden sind. Dem in § 2 Abs. 2 Satz 4 NKAG geregelten Schlechterstellungsverbot wird § 11 Abs. 2 ZWS gerecht, wonach für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum Inkrafttreten der Satzung die nach den Vorschriften dieser Satzung zu berechnende Zweitwohnungsteuer der Höhe nach auf die sich aus der ersetzten Satzung vom 18. Dezember 2014 und für die Zeit ab dem Inkrafttreten der Satzung vom 23. Juni 2020 auf die sich hieraus ergebende Steuerhöhe beschränkt wird. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Inkrafttreten einer wirksamen kommunalen Abgabensatzung während eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einen mangels einer solchen Satzung zunächst rechtswidrigen kommunalen Abgabenbescheid mit der Folge heilt, dass er nicht mehr nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgehoben werden kann (vgl. Nds. OVG, a.a.O. Rn. 54).
Die ZWS enthält in § 4 folgende Maßstabsregelung. Diese lautet:
„§ 4
Steuermaßstab
(1) Die Steuer bemisst sich nach dem Mietwert der Wohnung (Absätze 2, 3 oder 4), multipliziert mit dem Nutzungsfaktor (Absatz 5)
(2) Mietwert ist die aufgrund des Mietvertrages im Besteuerungszeitraum (§ 6) geschuldete Nettokaltmiete. Sollte im Mietvertrag zwischen den Parteien eine Miete vereinbart worden sein, in der Nebenkosten enthalten sind, sind zur Ermittlung der Nettokaltmiete angemessene Kürzungen vorzunehmen.
(3) Für eine Wohnung, für die keine Nettokaltmiete vereinbart ist oder die zu einer Nettokaltmiete unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen wird, ist die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Sie wird von der Gemeinde Baltrum in der Höhe, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, nach Größe, Lage, der Gebäudeart, dem Alter und der Ausstattung regelmäßig zu entrichten ist, geschätzt.
(4) In den Fällen des § 2 Abs. 3 ist von einer anteiligen Nettokaltmiete entsprechend dem auf die Person entfallenden Wohnungsanteil auszugehen. Für die Berechnung des Wohnungsanteils ist die Fläche der gemeinschaftlich genutzten Räume den an der Gemeinschaft beteiligten Personen zu gleichen Teilen zuzurechnen. Dem Anteil an der Fläche der gemeinschaftlich genutzten Räume ist die Fläche der von den Mitinhaberinnen/den Mitinhabern individuell genutzten Räume hinzuzurechnen.
(5) Der Nutzungsfaktor der Zweitwohnung für den Inhaber wird wie folgt bemessen:
(6) Liegen keine das Veranlagungsjahr betreffenden Vermietungsunterlagen vor, bemisst sich der Nutzungsfaktor nach Stufe 1. Der Nutzungsfaktor verringert sich bei vorheriger Vorlage eines Vermittlungsvertrages entsprechend der von vornherein vertraglich begrenzten Eigennutzungsmöglichkeit für die persönliche Lebensführung oder beim Nachweis von Vermietungstagen auf die Nutzungsstufe nachträglich nach Absatz 5. Eine zu viel gezahlte Zweitwohnungsteuer wird nachträglich auf Antrag insoweit erstattet, als Eigenvermietungszeiten durch Vorlage eines zu führenden Gästeverzeichnisses belegt sind.“
Die Bemessung der Steuer nach dem Mietwert der Wohnung (§ 4 Abs. 1 Halbs. 1 ZWS) ist grundsätzlich mit höherrangigem Recht vereinbar. Das Nds. Oberverwaltungsgericht (a.a.O. Rn. 77 ff.) hat hierzu ausgeführt:
„Der Belastungsgrund einer kommunalen Zweitwohnungsteuer ist der finanzielle Aufwand des einzelnen Zweitwohnungsinhabers für das Innehaben der Zweitwohnung. Denn die Zweitwohnungsteuer knüpft als örtliche Aufwandsteuer an das Innehaben einer Zweitwohnung im Gebiet der betreffenden Kommune an. Mit ihr soll die in der Einkommens- und Vermögensverwendung für das Innehaben der Zweitwohnung zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Zweitwohnungsinhabers erfasst werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.1.2014, a. a. O., Rn. 61).
Ausgehend davon wäre zwar der tatsächliche Aufwand des einzelnen Zweitwohnungsinhabers für das Innehaben einer Zweitwohnung in der betreffenden Kommune der wirklichkeitsnächste Maßstab für die Bemessung der Zweitwohnungsteuer. Er ist aber kaum zuverlässig feststellbar. So fallen neben dem Kaufpreis für den Erwerb der Zweitwohnung einschließlich der damit verbundenen Nebenkosten bzw. dem Mietzins für eine gemietete Zweitwohnung als weitere finanzielle Aufwendungen für das Innehaben einer Zweitwohnung z. B. von den individuellen Umständen abhängige Nebenkosten sowie Kosten für die Anschaffung von Mobiliar und Haushaltszubehör an (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2003 – 9 C 3.02 – BVerwGE 117, 345 = juris Rn. 28).
Lässt sich der individuelle, wirkliche Aufwand nicht oder – wie hier – kaum zuverlässig erfassen und steht damit kein praktikabler Wirklichkeitsmaßstab zur Verfügung, so darf der Satzungsgeber zur Bemessung einer Aufwandsteuer auf einen Ersatzmaßstab zurückgreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.6.2017 – 9 C 7.16 – BVerwGE 159, 216 = juris Rn. 54). Er darf sich bei der Festlegung und Ausgestaltung des Ersatzmaßstabs von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen, die je nach Zahl der zu erfassenden Bewertungsvorgänge an Bedeutung gewinnen und so auch in größerem Umfang Typisierungen und Pauschalierungen rechtfertigen können, dabei aber deren verfassungsrechtliche Grenzen wahren müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.4.2018, a. a. O., Rn. 98). Der gewählte Ersatzmaßstab muss allerdings einen zumindest lockeren Bezug zu dem zu erfassenden Aufwand aufweisen. Er muss die Erfassung des Aufwands wenigstens wahrscheinlich machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009, a. a. O., Rn. 59; BVerwG, Urteil vom 29.6.2017, a. a. O., Rn. 54; Beschluss vom 25.4.2012 – 9 B 10.12 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 55 = juris Rn. 7; Urteile vom 9.6.2010 – 9 CN 1.09 – BVerwGE 137, 123 = juris Rn. 14; vom 10.12.2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 = juris Rn. 22 m. w. N.; vom 3.3.2004 – 9 C 3.03 – BVerwGE 120, 175 = juris Rn. 42).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe verstößt die Bemessung einer kommunalen Zweitwohnungsteuer nach dem Mietwert der Zweitwohnung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Mietwert spiegelt die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers wieder (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.1.2014, a. a. O., Rn. 61; BVerwG, Urteile vom 14.12.2017 – 9 C 11.16 – NVwZ 2018, 661 = juris Rn. 15; vom 13.5.2009, a. a. O., Rn. 26). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Zweitwohnungsinhaber um einen Mieter oder Eigentümer der Zweitwohnung handelt. Der Aufwand, den der Eigentümer einerseits und der Mieter andererseits für das Vorhalten einer Zweitwohnung für den persönlichen Lebensbedarf zu tragen haben, hat erfahrungsgemäß jedenfalls keine erheblich unterschiedliche Höhe. Angesichts dessen ist die undifferenzierte Anwendung des Mietwerts auf Eigentümer und Mieter aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sachlich gerechtfertigt (so BVerwG, Beschluss vom 26.10.1989 – 8 B 144.89 – juris; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 15.12.1989 – 2 BvR 436/88 – NVwZ 1990, 356 = juris Rn. 2 und 11).“
Dem folgt die Kammer.
Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass zur Bestimmung des Mietwerts vorrangig auf die jährliche Nettokaltmiete abgestellt wird (§ 4 Abs. 2 ZWS). Denn auch dieser Maßstab ist dem Grunde nach geeignet, den zu besteuernden Aufwand der Zweitwohnungsnutzung hinreichend realitätsnah abzubilden (Sächs. OVG, Urteil vom 10. September 2019 - 4 A 1403/18 -, juris Rn. 23, m.w.N.). Er spiegelt die in der Einkommensverwendung typischerweise zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit der Wohnungsinhaber wider (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 4. März 2021 - 4 ZB 20.246 -, juris Rn. 14, m.w.N.).
Die Regelung in § 4 Abs. 3 ZWS begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Da für selbstgenutzte Eigentumswohnungen keine Miete zu zahlen ist, liegt der für das Innehaben einer solchen Wohnung anfallende Aufwand im Verzicht auf die dadurch erzielbaren Mieteinnahmen. Auf welche Weise der entsprechende fiktive Mietwert ermittelt wird, ist gesetzlich nicht vorgegeben, sondern liegt im Ermessen der Gemeinde. In solchen Fällen stellt die Schätzung des Mietaufwands in ortsüblicher Höhe eine geradezu zwingende Ermittlungsmethode dar (vgl. dazu Nds. OVG, Urteil vom 17. Juni 2008 - 9 LB 8/07 -, juris Rn. 35; Bay. VGH, Beschluss vom 4. März 2021 - 4 ZB 20.246 -, a.a.O. Rn. 14 f., m.w.N.). Die Satzungsregelung in § 4 Abs. 3 ZWS ist auch hinreichend bestimmt. Die Bestimmtheit der Regelung betreffend das Schätzungsverfahren erfordert, dass der Satzungsgeber die Parameter benennt, an denen sich die Schätzung zu orientieren hat. Diesem Gebot entspricht § 4 Abs. 3 Satz 2 ZWS, der die für die Schätzung wesentlichen Faktoren – wie Räume gleicher oder ähnlicher Art nach Größe, Lage, Gebäudeart, Alter und Ausstattung – benennt, also Faktoren, die für die Höhe einer Miete von Bedeutung sind (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17. Juni 2008 - 9 LB 8/07 -, a.a.O. Rn. 33). Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Regelung sei wegen der Anknüpfung an einen nicht existenten Mietspiegel für die Gemeinde Baltrum willkürlich und unbestimmt, greift dieser Einwand nicht (mehr) durch, nachdem eine derartige Anknüpfung in der maßgeblichen ZWS nicht (mehr) enthalten ist.
Der Einwand der Antragstellerin, die ZWS sei wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verfassungswidrig, weil nach § 4 Abs. 5 ZWS die Zweitwohnungsteuer schon dann mit dem vollen Jahreswert zu bemessen sei, wenn eine Eigennutzungsmöglichkeit von mindestens 63 Übernachtungstagen bestehe („Nutzungsstufe 1“), greift ebenfalls nicht durch. § 4 Abs. 5 ZWS betrifft Fälle der sog. Mischnutzung; dies sind Fälle, in denen der Zweitwohnungsinhaber einerseits seine Wohnung selbst nutzt und andererseits sie zur Erzielung von Einkünften vermietet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Nds. Oberverwaltungsgerichts, der das Gericht in ständiger Rechtsprechung folgt, ist die Erhebung des vollen Jahresbetrags der Zweitwohnungsteuer in den Fällen der Mischnutzung noch verhältnismäßig und damit zulässig, wenn der Inhaber der Zweitwohnung mindestens zwei Monate im Jahr über die rechtlich gesicherte Möglichkeit zur Eigennutzung der Wohnung verfügt. Liegen die Möglichkeiten zur Eigennutzung und das damit einhergehende Vorhalten für die persönliche Lebensführung hingegen unter zwei Monaten, kann der Inhaber einer Zweitwohnung gemäß der genannten Rechtsprechung nicht zur vollen, sondern nur zu einer geminderten Jahressteuer herangezogen werden (vgl. zum Vorstehenden: Nds. OVG, Urteil vom 15. Januar 2010 - 9 LB 256/08 -, juris Rn. 21, m.w.N.). Dem Erfordernis, eine unverhältnismäßige Steuerbelastung auszuschließen (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2004 - 10 C 2.04 -, juris Rn. 22 ff., m.w.N.), hat die Antragsgegnerin mit der Regelung des § 4 Abs. 5 ZWS Rechnung getragen. In welcher Weise die Steuererhebung für Zeiträume einer möglichen Eigennutzung von weniger als zwei Monaten gestaffelt wird, unterliegt der Satzungsautonomie der steuererhebenden Gemeinde, wobei eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte pauschalierende Aufsplittung des Jahresbetrages in wenigen Stufen bundesverfassungsrechtlich erlaubt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 C 1.01 -, juris Rn. 36). Die in § 4 Abs. 5 ZWS von der Antragsgegnerin gewählte Staffelung der Verfügbarkeit der Zweitwohnung für den Inhaber liegt im Rahmen ihres satzungsrechtlichen Gestaltungsspielraums. Die Forderung der Antragstellerin, „die besondere Saisonabhängigkeit des Vermietungsgeschäfts in der Gemeinde Baltrum zu berücksichtigen“, ist demgegenüber nach Ansicht der Kammer unberechtigt.
Es bestehen allerdings erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der Regelungen über die Bestimmung der Steuerschuldner, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich Inhaber einer Zweitwohnung sind. Für diesen Fall bestimmt einerseits § 2 Abs. 2 Satz 3 ZWS, dass diese Personen Gesamtschuldner sind. Andererseits gilt nach § 2 Abs. 3 ZWS in diesem Fall der auf diese Personen entfallende Wohnungsanteil als Zweitwohnung im Sinne der ZWS. Nach dem Verständnis der Kammer widersprechen sich die beiden Regelungen. Einer weiteren Erörterung dieser Frage bedarf es hier aber nicht. Denn selbst wenn die genannten Regelungen unwirksam sein sollten, würde daraus nicht die Nichtigkeit der übrigen Satzungsbestimmungen folgen.
Die Frage, ob eine Teil- oder Gesamtnichtigkeit der Satzung vorliegt, bemisst sich unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 139 BGB danach, ob – erstens – eine Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-) Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob – zweitens – hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26. Mai 2020 - 9 KN 128/18 -, juris Rn. 306, m.w.N.).
Danach ist hier (nur) von einer die Satzungsregelungen im Übrigen unberührt lassenden Teilnichtigkeit der ZWS auszugehen. Denn eine Unwirksamkeit des § 2 Abs. 2 Satz 3 und/oder des § 2 Abs. 3 ZWS belässt es bei einer sinnvollen Restregelung über die Erhebung der Zweitwohnungsteuer. Zwar soll nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG eine kommunale Abgabensatzung u.a. den Kreis der Abgabenschuldner bestimmen. Diesem Erfordernis genügt indes § 2 Abs. 2 Satz 1 ZWS, wonach Steuerschuldner ist, wer im Gemeindegebiet eine Zweitwohnung innehat. Dies ist insbesondere bei selbstgenutztem Wohnraum der Eigentümer, bei dauerhaft vermietetem oder verpachtetem Wohnraum der schuldrechtliche Nutzungsberechtigte; bei eingeräumtem Nießbrauch- oder Wohnrecht sowie unentgeltlicher Wohnungsüberlassung ist der Nutzungsberechtigte Steuerschuldner (§ 2 Abs. 2 Satz 2 ZWS). Eine satzungsmäßige Bestimmung für den Fall, dass mehrere Personen gemeinschaftlich eine Zweitwohnung innehaben, verlangt § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG nicht. Angesichts der Regelung des § 44 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) zur gesamtschuldnerischen Haftung, der auf kommunale Abgaben gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 b) NKAG anzuwenden ist, kann eine solche unterbleiben. Es ist auch davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin an der Erhebung der Zweitwohnungsteuer im Übrigen unabhängig von einer fehlenden satzungsmäßigen Regelung des Falles, dass mehrere Personen gemeinschaftlich eine Zweitwohnung innehaben, festhalten will. Entsprechend § 139 BGB handelt es sich bei den genannten Bestimmungen mithin um nicht mit den übrigen Satzungsbestimmungen in untrennbarem Zusammenhang stehende Regelungen. Der Umstand, dass § 4 Abs. 4 ZWS die Regelung des § 2 Abs. 3 ZWS in Bezug nimmt, rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht.
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung sind aber die angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin voraussichtlich deshalb rechtlich zu beanstanden, weil die von der Antragsgegnerin vorgenommene Schätzung der Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe höchstwahrscheinlich fehlerhaft und die Veranlagung somit aller Voraussicht nach rechtswidrig ist, auch wenn die Antragstellerin als Eigentümerin ihrer Baltrumer Wohnung, die sie nach eigenen Angaben ausschließlich zu Erholungs-, Berufs- bzw. Ausbildungszwecken vorhält und nicht vermietet (s. Erhebungsbogen vom 11. Januar 2020), gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZWS zweitwohnungsteuerpflichtig wäre.
Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Aus dem Wesen der Schätzung folgt, dass der Behörde dabei ein gewisser Schätzungsspielraum zugebilligt werden muss. Im Rahmen der Schätzung können deshalb Tatsachenfeststellungen auch mit einem geringeren Grad an Überzeugung getroffen werden, als dies in der Regel geboten ist. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss aber jedenfalls schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Fehlerhaft ist eine Schätzung insbesondere dann, wenn sie auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht, wenn wesentliche Tatsachen nicht ermittelt oder außer Acht gelassen oder wenn der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt werden (vgl. zum Vorstehenden: Sächs. OVG, Urteil vom 10. September 2019 - 4 A 1403/18 - a.a.O. Rn. 25, m.w.N.).
Den Bescheiden liegt ausweislich des Verwaltungsvorgangs im (Parallel-)Verfahren 3 A 750/21 eine Berechnung zugrunde, die einer ermessensleitenden Verfügung vom 9. September 2020 (Bl. 4 ff. d. BA 002 im Verfahren 3 A 750/21) folgt. Danach wurde eine „Basismiete“ in Höhe von 8,50 €/m² monatlich festgelegt und sodann mit verschiedenen Auf- und Abschlägen gearbeitet. Zwar ist es methodisch nicht unzulässig, ausgehend von einer „Basismiete“, die für dauerhaft vermietete Erstwohnungen gezahlt wird, auf die hypothetische Miete von Zweitwohnungen zu schließen, indem Zu- und Abschläge insbesondere nach Art, Lage und Ausstattung vorgenommen werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Januar 2015 - OVG 9 B 7.14 -, juris Rn. 23, m.w.N.). Von wesentlicher Bedeutung ist indes, dass diese „Basismiete“ sachgerecht ermittelt wird. Sie darf zwar ein Durchschnittswert sein; der Durchschnitt muss sich aber auf eine nach Art, Lage und Ausstattung fassbare Wohnungskategorie beziehen; ein Durchschnittswert der Mieten für Wohnungen unterschiedlicher Art, Lage und Ausstattung kann nicht Ausgangspunkt für Zu- und Abschläge in Bezug auf Art, Lage und Ausstattung sein. Überdies müssen die Zu- und Abschläge selbst plausibel sein (vgl. zum Vorstehenden: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Januar 2015 - OVG 9 B 7.14 -, juris Rn. 23, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier jedoch aller Voraussicht nach nicht erfüllt. Die Erläuterungen der Antragsgegnerin in der ermessensleitenden Verfügung vom 9. September 2020 lassen nicht erkennen, dass die „Basismiete“ sachgerecht ermittelt wurde. In dieser Verfügung heißt es insoweit:
„Es liegen keine Angaben zu fest vermieteten Wohnungen vor, eine Erhebung brachte im Jahr 2020 keine Ergebnisse, die einen Rückschluss auf einen Basispreis ermöglicht hätten. Es werden in der Gemeinde Baltrum nur Unterkünfte dauervermietet, die nicht an wechselnde Gäste vermietet werden können. Dies liegt in aller Regel an der mangelnden Ausstattung, Größe und Qualität der Wohnungen (und Zimmer).
Inoffiziell werden dennoch Preise seitens der Mieter von bis zu 14,00 € oder 15,00 € pro Qua-dratmeter genannt. Die neu gegründete Wohnbaugesellschaft Baltrum strebt für seine Objekte ca. 10,50 € als für eigene Mieter an.
Die Gemeinde ist daher von etwa 12,00 € qm² für dauervermietete Mietwohnungen ausgegangen. Die Wohnungen dürften sich qualitativ erheblich von Zweitwohnungen unterscheiden. Von diesem Wert wurden zur Ermittlung der angemessenen Basismiete 3,50 € qm² abgerechnet. Aus dieser Schätzung resultiert die Basismiete in Höhe von 8,50 qm².“
Wenn aber Angaben zu vermieteten Wohnungen nicht vorliegen, ist es nicht ausreichend, auf „inoffiziell“ genannte „Preise seitens der Mieter von bis zu 14,00 € oder 15,00 € pro Quadratmeter“ oder auf angestrebte Mietpreise einer Wohnbaugesellschaft („ca. 10,50 €“) zurückzugreifen. Abgesehen hiervon ist es auch nicht nachvollziehbar, wieso von dem daraus bestimmten Ausgangswert „von etwa 12,00 € qm²“ ein Betrag in Höhe von 3,50 €/m² wegen eines vermuteten erheblichen qualitativen Unterschieds zwischen dauervermieteten Wohnungen und Zweitwohnungen subtrahiert wird. Bei der Bestimmung der „Basismiete“ in Höhe von 8,50 €/m² monatlich handelt es sich somit um eine weitgehend beliebige Festlegung, nicht aber um einen Erfahrungswert, der durch (ausreichendes) Tatsachen- und Erfahrungswissen unterlegt ist. Weder der Hinweis der Antragsgegnerin auf die als zu hoch zu bezeichnenden Bodenrichtwerte, noch ihr Vortrag, eine von der Wohnungsgenossenschaft vermittelte, zu Dauerwohnzwecken nutzbare Wohnung werde für 11,00 €/m² monatlich vermietet, noch Ihre Mitteilung, sie selbst vermiete einfach ausgestattete Wohnungen zu einem nicht kostendeckenden Mietzins in Höhe von 7,50 €/m², vermögen an dieser Einschätzung etwas zu ändern. Das für die „Basismiete“ gefundene Ergebnis stellt sich nach Ansicht der Kammer damit nicht als schlüssige und wirtschaftlich vernünftige Wahrscheinlichkeitsüberlegung dar. Es bedarf daher auch keiner weiteren Klärung, ob der von der Antragsgegnerin nach der schrittweisen Einrechnung weiterer Faktoren (Lage, Alter, Gebäudeart, Ausstattung) ermittelte Wert in einem logisch nachvollziehbaren Zusammenhang zu dem bei den vorhandenen Zweitwohnungen zu besteuernden Aufwand steht. Insoweit könnten allerdings auch Zweifel angebracht sein, weil die Antragsgegnerin nur hinsichtlich weniger den Mietaufwand beeinflussender Faktoren (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 9 C 11.16 - juris Rn. 27) auf (gesicherte) Erkenntnisse zugreifen kann. In ihrem „Erhebungsbogen zur Zweitwohnungssteuer“ fragt sie allein Angaben zu Wohnfläche und Bau- bzw. Herstellungsjahr des Objekts, nicht dagegen zu Ausstattungsmerkmalen ab, obgleich die Ausstattung der Wohnung nach der Satzung wertbildender Faktor der Nettokaltmiete ist. Soweit die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Ermittlung der sog. Ausstattungsmiete im Wesentlichen das Gebäudealter berücksichtigt, sind die hierzu geäußerten Bedenken der Antragstellerin jedenfalls nicht von vornherein von der Hand zu weisen
Die Kammer sieht sich – zumal im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – auch weder gehalten noch imstande, die Schätzung ihrerseits nachzuholen. Die Erhebung der Antragsgegnerin selbst macht deutlich, dass ein örtlicher Mietmarkt, der ausreichend Vergleichswerte für den Mietwert von eigengenutzten Zweitwohnungen liefern würde, offenbar nicht feststellbar ist (vgl. dazu auch VG Potsdam, Urteil vom 19. September 2011 - 10 K 1548/06 -, juris Rn. 30). Der Hinweis der Antragsgegnerin auf das Urteil des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2018 (- 9 LC 217/16 -, juris Rn. 87, die Antragsgegnerin verweist hier auf Rn. 83), wonach Verwaltungsgerichte die gewählte Schätzungsmethode und das Ergebnis der Schätzung überprüfen und dieses bei Fehlern in der Höhe korrigieren könnten, rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht. Denn in dem dort entschiedenen Fall lagen – anders als hier – die für eine ordnungsgemäße Schätzung benötigten Daten (Gäste- bzw. Übernachtungszahlen) in ausreichendem Maße vor.
Die angegriffene Veranlagung wird auch nicht zu einem – jedenfalls gerechtfertigten – Teil aufrecht zu erhalten sein. Denn die bisherigen Überlegungen der Antragsgegnerin enthalten keinen Kern, der eine ausreichende Grundlage für die Feststellung bieten würde, dass die festgesetzte Zweitwohnungsteuer jedenfalls in einer bestimmten Höhe gerechtfertigt ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Januar 2015 - OVG 9 B 7.14 -, a.a.O. Rn. 26).
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin den angefochtenen Bescheid teilweise aufgehoben und dem Begehren der Antragstellerin insoweit entsprochen hat. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlung in Nummer 1.5. des Streitwertkataloges 2013 (NVwZ-Beil. 2013, 57 ff.), wobei § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG unberücksichtigt bleibt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 3. Februar 2015 - 9 ME 27/15 -, V.n.b.). Danach beträgt der Streitwert ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts und damit 533,86 € (= 2.135,44 € : 4).