Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 28.01.2005, Az.: 13 A 107/05

Auslegung; Bedarfssatz; Einzug; Eltern; Elternhaus; gestörte Eltern-Kind-Beziehung; Mutter; soziale Gründe; Unterbringung; Unzumutbarkeit; Volljähriger; Wohnung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
28.01.2005
Aktenzeichen
13 A 107/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50512
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

1

Der Klägerin ist Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

2

Die zulässige, insbesondere fristgerecht am Montag, dem 22. Dezember 2003 erhobene Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat voraussichtlich seit dem Monat November 2002 keinen Anspruch (mehr) auf den höheren Bedarfssatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BAföG. Von seiner Darstellung seiner Entscheidungsgründe sieht das Gericht ab und nimmt auf die im wesentlichen zutreffenden Erwägungen des Bescheides des Landkreises Wesermarsch vom 30. September 2003 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 19. November 2003 Bezug (Feststellung analog § 117 Abs. 5 VwGO). Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es der Klägerin möglicherweise aus persönlichen und sozialen Gründen unzumutbar sein könnte, erneut mit ihrer Mutter zusammenzuleben. Dieser Grund führt indes nicht dazu, dass der Klägerin gemäß §§ 2 Abs. 1 a, 12 Abs. 2 Nr. 1 BAföG der höhere Bedarfssatz für eine Unterbringung außerhalb der Wohnung der Eltern zuzubilligen ist. Die Beteiligten sind sich insoweit zu Recht einig, dass ein solcher Anspruch sich allenfalls aus § 2 Abs. 1 a Satz 2 BAföG ergeben könnte. Entgegen der Rechtsaufassung der Klägerin ist diese Vorschrift nach ihrem eindeutigen Wortlaut ihrer Entstehungsgeschichte erst dann zu berücksichtigen, wenn eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen worden ist. Gemäß § 2 Abs. 1 a Satz 2 BAföG kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass über Satz 1 der Vorschrift hinaus Ausbildungsförderung für den Besuch der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG bezeichneten Ausbildungsstätten auch in Fällen geleistet wird, in denen die Verweisung des Auszubildenden auf die Wohnung aus schwerwiegenden sozialen Gründen unzumutbar ist. Das Urteil des VGH Mannheim vom 17. April 2003 (Az.: 7 S 1895/02, V.n.b.) weist zu Recht darauf hin, dass auch die Entstehungsgeschichte der Auslegung dieser Vorschrift durch die Klägerin entgegen stehen dürfte:

3

„Die Frage, ob Schüler auch dann auf die Wohnung der Eltern/des Elternteils sollen verwiesen werden können, wenn dies unzumutbar ist, etwa weil ein Elternteil durch sein Verhalten eine tiefgreifende, dauerhafte Störung der Eltern-Kind-Beziehung herbeigeführt hat, war Gegenstand der Beratungen zum 11. BAfäGÄndG. In seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf hatte der Bundesrat gefordert, eine entsprechende Ergänzung des § 12 BAföG vorzunehmen (vgl. BT-Drucks. 11/1315, S. 14). Den trat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung (a.a.O., S. 16) jedoch entgegen:

4

Die Bundesregierung widerspricht dem Vorschlag des Bundesrates, die Schülerförderung bei auswärtiger Unterbringung auf die Fälle gestörter Eltern-Kind-Beziehung auszuweiten. Sie betrachtet die Förderung der Schüler auch insoweit als Angelegenheit der Länder; Bundesrecht steht einer entsprechenden Regelungen in den landesrechtlichen Förderungsbestimmungen nicht entgegen. Unabhängig davon ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Frage einer Anerkennung von sozialen Gründen als Rechtfertigung für eine auswärtige Unterbringung nur Gegenstand einer allgemeinen Überprüfung sein kann und nicht durch die isolierte Vorweglösung von Einzelfällen präjudiziert werden darf. Eine generelle Berücksichtigung sozialer Tatbestände im BAföG würde hierbei zu erheblichen Mehrkosten führen ...

5

Bei dieser Sachlage geht es nicht an, im Wege einer „Interpretation“ ... die Berücksichtigung auch sozialer Gründe als Rechtfertigung für eine auswärtige Unterbringung in den Begriff „Wohnung der Eltern“ hineinzulesen. Die angesprochenen sozialen Gründe sollen vielmehr nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung des § 2 Abs. 1 a BAföG und der dargestellten Entstehungsgeschichte erst dann berücksichtigt werden können, wenn eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen worden ist. ... In Übereinstimmung der dargestellten Gesetzeslage ist deshalb in TZ 2.1 a.7 BAföGVwV 2001 bestimmt:

6

Ist der Auszubildende nach Maßgabe des Kinder- und Jugendhilfegesetzes außerhalb des Elternhauses untergebracht, obwohl seine Eltern/einem Elternteil das Sorgerecht zusteht und von deren/dessen Wohnung aus die Ausbildungsstätte zu erreichen ist, gilt die Ausbildungsstätte als von der Elternwohnung aus erreichbar; Ausbildungsförderung ist wegen der allein erziehungsbedingten auswärtigen Unterbringung nicht gerechtfertigt.“

7

Diesen Erwägungen schließt sich das Gericht an; sie schließen die streitgegenständliche Förderung der Klägerin nach § 2 Abs. 1 a Satz 2 BAföG aus.

8

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Klägerin voraussichtlich rechtlich gehindert wäre, in der Wohnung ihrer Mutter zu wohnen. Dies ist indes weder vorgetragen noch ersichtlich.