Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 24.11.2008, Az.: 2 B 2554/08

Zum Wohnungsbegriff im Sinne des Zweitwohnungsteuerrechts; Leerstand; Nicht-Nutzung; Wohnung; Zweitwohnungsteuer

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
24.11.2008
Aktenzeichen
2 B 2554/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 46020
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2008:1124.2B2554.08.0A

Gründe

1

1. Die am 15. September 2008 per Fax übersandte Erklärung des Antragstellers, er beantrage die "Aussetzung des Vollzugs" ist dahingehend ausgelegt worden, dass der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage (2 A 428/08) gegen den die Veranlagung für das Jahr 2008 regelnden Abgabenbescheid der Antragsgegnerin vom 16. Januar 2008 gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anzuordnen. Rechtlich unerheblich ist es, dass er mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2008 erklärt hat, er habe einen Eilantrag nicht gestellt. Denn nach einem entsprechenden rechtlichen Hinweis mit gerichtlicher Verfügung vom 21. Oktober 2008 hat der Antragsteller seinen Antrag nicht zurückgenommen.

2

Dieser zulässige Antrag ist unbegründet.

3

Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben, zu denen auch die Zweitwohnungsteuer gehört, entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die aufschiebende Wirkung der Klage. Das Verwaltungsgericht kann jedoch auf Antrag, sofern dieser wie hier - u.a. gemäß § 80 Abs. 6 VwGO - zulässig ist, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

4

a) Es bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine ernstlichen Zweifel i.S.v. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzung.

5

Ernstliche Zweifel i.S.v. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO liegen dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nach summarischer Prüfung wahrscheinlicher ist als dessen Misserfolg (st. Rspr. der Kammer seit dem Beschluss vom 6. Januar 2005 - 2 B 4002/04 -, juris, Rn. 4; auch einsehbar in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. Oberverwaltungsgericht; vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 22. März 2007 - 9 ME 84/07 -, juris, Rn. 6 mit Veröffentlichungshinweis auf NVwZ-RR 2007, 551 ff.). Diese Voraussetzung ist nach summarischer Prüfung nicht gegeben.

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Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klage Erfolg haben wird.

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Der angefochtene Bescheid wurde erlassen aufgrund der Bestimmungen der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten vom 12. Dezember 2005 (ZWS).

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Es ist weder dargelegt worden noch nach summarischer Prüfung sonst ersichtlich, dass die Satzungsnormen keine rechtmäßige Rechtsgrundlage für die Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer enthalten.

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Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 ZWS ist steuerpflichtig, wer im Stadtgebiet eine Zweitwohnung innehat und nach Abs. 2 Satz 1 ist eine Zweitwohnung jede Wohnung, über die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung verfügen kann. Eine Wohnung verliert die Eigenschaft einer Zweitwohnung nicht dadurch, dass sie vorübergehend anders oder nicht genutzt wird. Wohnungen, die ausschließlich der Einkommenserzielung dienen, sind keine Zweitwohnungen (Abs. 2 Sätze 2 und 3).

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Ob eine Wohnung eine Zweitwohnung im Sinne des (maßgeblichen) Zweitwohnungsteuerrechts ist, richtet sich nicht so sehr nach ihrer baulichen Ausstattung, sondern es kommt darauf an, ob der Raum oder die Räume von ihrer Ausstattung her zumindest zeitweise zum Wohnen geeignet sind. Eine konkrete Mindestausstattung der Räume (z.B. Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung, Heizung) ist nicht notwendig, wenn diese Einrichtungen in vertretbarer Nähe zur Verfügung stehen. Es genügt beispielsweise, wenn mehreren Wohnungen/Appartements eine extern gelegene Gemeinschaftsküche oder/und ein extern gelegenes Gemeinschaftsbad zugeordnet ist/sind (vgl. Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Komm., Stand März 2008, § 3 Rn. 200; VG Oldenburg, Urteil vom 26. Oktober 2006 - 2 A 1562/04 -, juris, Rn. 25, auch einsehbar in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG; Nds. OVG, Urteil vom 11. Juli 2007 - 9 LB 5/07 -, juris, Rn. 36, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NdsVBl 2007, 306 f. zur nicht notwendigen Mindestausstattung ortsfester Wohn- und Campingwagen; VG München, Urteil vom 12. Juli 2007 - M 10 K 06.3116 -, juris, Rn. 21; a.A. hinsichtlich der Mindestausstattung: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15. Juni 1982 - 2 S 567/82 -, juris (Orientierungssatz), mit Veröffentlichungshinweis auf ZKF 1983, 33; VG Freiburg, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 9 K 386/02 -, juris, Rn. 15; BVerwG, Beschluss vom 21. April 1997 - 8 B 87/97 -, juris, Rn. 6). Eine steuerpflichtige Zweitwohnung muss ferner nicht durch eine eigene Wohnungstür oder sonstige Absperrmöglichkeit von anderen Räumlichkeiten abgeschlossen sein. Es reicht vielmehr aus, dass die eine Wohnung ausmachenden Räumlichkeiten sich durch ein Abgrenzungselement (was auch eine selbstständige Etage sein kann) von anderen Räumlichkeiten bzw. einer anderen Wohnung als selbständig nutzbare Wohneinheit absetzen, ohne dass eine vollständige tatsächliche Trennung, etwa durch eine Tür, zu fordern ist (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 23. April 2008 - 9 LA 50/07 -, V.n.b., VG Oldenburg, Urteil vom 26. Oktober 2006, a.a.O., Rn. 27. Ausreichend ist es außerdem, wenn die Räume bestimmungsgemäß nur in bestimmten Jahreszeiten (z.B. bei fehlender Heizung im Sommer) genutzt werden. Dabei kommt es weder auf die baurechtliche Zulässigkeit solcher Nutzungen, noch auf die Abgeschlossenheitsregelungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) an (vgl. Birk, a.a.O.). Die Möglichkeit der tatsächlichen Nutzung einer Wohnung ist darüber hinaus wohl einschränkend dahingehend zu verstehen, dass das Bewohnen einer Wohnung trotz einer vorhandenen oder in vertretbarer Nähe zur Verfügung stehenden Mindestausstattung zumutbar sein muss. Diese Voraussetzung dürfte insbesondere dann nicht erfüllt sein, wenn ein Aufenthalt in der Wohnung wegen bauordnungsrechtlicher Mängel mit der Gefahr nicht unerheblicher Gesundheitsschäden verbunden ist (vgl. VG Freiburg, a.a.O., Rn. 16). Eine rechtlich unzulässige Bewohnbarkeit einer Wohnung aufgrund einer bestandskräftigen oder sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung wegen bauordnungsrechtlicher Mängel lässt ebenso wie eine tatsächliche Unbewohnbarkeit ebenfalls die Zweitwohnungsteuerpflicht entfallen (vgl. VG München, Urteil vom 19. Juni 2008 - M 10 K 07.3121 -, juris, Rn. 62). Dabei ist es rechtlich unerheblich, auf welchen Ursachen die festgestellte Unbewohnbarkeit der Räumlichkeiten beruht. Eine objektiv unbewohnbare Wohnung unterliegt auch dann nicht der Zweitwohnungssteuerpflicht, wenn der Eigentümer die Unbewohnbarkeit dadurch herbeigeführt hat, dass er werterhaltende Maßnahmen unterlassen und/oder erforderliche Reparaturen nicht durchgeführt hat (vgl. VG Freiburg, a.a.O., Rn. 17). Eine Wohnung ist dagegen in der Regel nicht schon in den Zeiten unbewohnbar, in denen kleine Renovierungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen für einen jeweils vergleichsweise kurzen Zeitraum durchgeführt werden. Nahezu jede Wohnung wird von Zeit zu Zeit renoviert bzw. durch den Austausch veralteter Anlagen modernisiert, ohne dass dies etwas an ihrer Bewohnbarkeit ändern würde (vgl. VG München, Urteil vom 13. Dezember 2007 - M 10 K 06.3021 -, juris, Rn. 21). Die - ggf. nicht mögliche - Vermietbarkeit einer Wohnung ist ebenfalls rechtlich unerheblich.

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Ausgehend von diesem Maßstab ist es nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller im hier zu überprüfenden Zeitraum keine Zweitwohnung im Sinne des § 2 ZWS innehat(te). Vielmehr bedarf es insoweit einer weiteren Aufklärung im anhängigen Klageverfahren.

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Die Antragsgegnerin hat nach der Besichtigung der Wohnung am 4. August 2008 vorgetragen, diese sei zwar renovierungsbedürftig, aber bewohnbar. Das Bad sei mittlerweile vollständig renoviert, wobei der Antragsteller darauf hingewiesen habe, dass "die Nachtspeicheröfen" noch ausgetauscht werden müssten. Für sie bestehe "einfacher Renovierungsbedarf". Der Antragsteller, der im (abgeschlossenen) Verfahren 2 A 2013/04 in der Klageschrift vom 10. Mai 2004 vorgetragen hatte, wenn das Haus bewohnbar sei, solle es der Einkommenserzielung dienen, hat zwar erwidert, "im Nachtspeicherofen" befinde sich Asbest und dies sei gesundheitsschädlich. Er hat dies aber nicht ausreichend belegt und es ist nicht feststellbar, dass sich in Nachtspeicheröfen immer Asbest befindet. So heißt es im Merkblatt Nr. 24 des Mietervereins zu Hamburg, in vielen vor 1977 gebauten Nachtspeicheröfen sei Asbest enthalten (siehe http://www.mieterverein-hamburg.de/mieterverein-merkblaetter/merk24_merkblatt-asbest-nachtspeicheroefen.htm; vgl. zur Möglichkeit des Erlasses bauordnungsrechtlicher Maßnahmen: OVG Hamburg, Urteil vom 2. Juni 1994 - Bf II 40/92 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NJW 1995, 275 (Ls.)). Des Weiteren ist nicht ausreichend erkennbar, warum die nach den Angaben des Antragstellers mit Mängeln behafteten Rolläden, die sich nach seinem Vorbringen insbesondere "nicht mehr richtig hochkurbeln" lassen, die tatsächliche Nutzung der Wohnung unmöglich machen. Trotz des weiteren Vorbringens des Antragstellers, die Küche sei "sehr überholungsbedürftig, fällt fast auseinander, die Türen schließen nicht mehr und der Herd rostet", ist außerdem nicht ersichtlich, dass eine Kochgelegenheit und Trinkwasserversorgung nicht mehr zur Verfügung steht. Vielmehr lässt der von der Antragsgegnerin vorgelegte Ausdruck der bei der Ortsbesichtigung am 4. August 2008 in der Küche gemachten Aufnahme eher den Schluss zu, dass die Küche jedenfalls am 4. August 2008 in ausreichendem Umfang genutzt werden konnte. So ist insbesondere Geschirr auf der Spüle zu sehen. Einer tatsächlichen Nutzung der Wohnung steht auch nicht entgegen, dass sich im Kinderzimmer - wie der Antragsteller vorträgt - das Fenster nicht mehr öffnen lässt. An der Nutzung des Bades dürfte man grundsätzlich auch nicht dadurch gehindert werden, dass nach dem Vorbringen des Antragstellers noch "silikoniert" werden und die Tür noch "aufgearbeitet" werden müsse. Schließlich ist nicht ersichtlich, warum der tatsächlichen Nutzung der Wohnung entgegen steht, dass der Zugang zum Haus nach dem Vorbringen des Antragstellers bei feuchtem Wetter "total unter Wasser" stehe und Entsprechendes auch für das Rasengrundstück gelte. Der Antragsteller hat des Weiteren nicht glaubhaft gemacht, dass sich die Situation im Veranlagungszeitraum vor dem 4. August 2008 grundlegend anders darstellte. Insoweit obliegt es dem Antragsteller, dem Gericht im Klageverfahren Unterlagen vorzulegen, nach denen für einen rechtlich erheblichen Zeitraum eine tatsächliche Nutzung seines Objekts als Wohnung ausgeschlossen war. Nicht ausreichend ist es, dass er zur Begründung seiner am 13. Februar 2008 erhobenen Klage ausgeführt hat, es sei ihm arbeits- und krankheitsbedingt nicht möglich gewesen, im Jahre 2007 zum Objekt zu fahren. Darum sei es immer noch nicht bewohnbar.

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Geht man nach alledem in diesem Verfahren davon aus, dass das veranlagte Objekt im hier zu überprüfenden Zeitraum eine Zweitwohnung im Sinne des § 2 ZWS war, ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Heranziehung des Antragstellers zur Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2008 mit Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG) nicht vereinbar ist und die in den maßgeblichen Satzungsbestimmungen genannten erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

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Die Zweitwohnungsteuer ist als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Vermögens oder Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird. Neben der tatsächlichen Selbstnutzung ist es gerade der Leerstand der Zweitwohnung trotz rechtlich bestehender Nutzungsmöglichkeit, der regelmäßig auf die der Besteuerung zugrunde liegende Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers schließen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2004 - 10 C 2.04 -, juris, Rn. 21, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 2005, 828 ff. [BVerwG 27.10.2004 - BVerwG 10 C 2.04][BVerwG 27.10.2004 - 10 C 2.04] = KStZ 2005, 50 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 3. März 2008 - 9 LA 30/07 -, juris, Rn. 13, auch einsehbar in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG). Für das Innehaben einer Zweitwohnung im Sinne von § 2 Abs. 1 ZWS kommt es nicht auf eine tatsächlich realisierte Eigennutzung an, sondern abzustellen ist konstitutiv allein auf die rechtlich bestehende Möglichkeit zur Selbstnutzung bzw. zur unentgeltlichen Nutzung durch Dritte, insbesondere also durch Angehörige (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 C 1.01 -, juris, Rn. 29, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf BVerwGE 115, 165 ff. = NVwZ 2002, 728 ff. [BVerwG 26.09.2001 - 9 C 1/01] = DVBl. 2002, 483). Es genügt, dass eine zeitweilige Eigennutzung während des Veranlagungszeitraums rechtlich offen gehalten und die Zweitwohnung damit hierfür vorgehalten wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2004, a.a.O.; Nds. OVG, Beschluss vom 3. März 2008, a.a.O.). Ergibt die gebotene Würdigung der Umstände des Einzelfalls, dass der Berechtigte über eine rechtlich gesicherte Eigennutzungsmöglichkeit von mindestens zwei Monaten im Jahr verfügt, darf er so gestellt werden, als würde er eine Zweitwohnung zum Zwecke der persönlichen Lebensgestaltung ganzjährig vorhalten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn objektiv nachprüfbare Umstände vorgetragen und nachgewiesen werden, die geeignet sind, die Vermutung für das Vorhalten der Zweitwohnung auch für Zwecke der persönlichen Lebensgestaltung zu widerlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001, a.a.O., Rn. 37).

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Ein derartiger Umstand kann u.a. eine sich über einen längeren Zeitraum erstreckende "Nicht-Nutzung" der Wohnung zu Wohnzwecken durch sich selbst und die eigene Familie sein (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17. April 2002 - 13 L 4530/99 - juris, Rn. 22 f., mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf ZKF 2002, 232 f. [OVG Niedersachsen 17.04.2002 - 13 L 4530/99][OVG Niedersachsen 17.04.2002 - 13 L 4530/99] = NdsRpfl 2002, 372 f.; OVG Münster, Beschluss vom 8. Juni 2000 - 14 B 2135/99 -, juris, Rn. 23, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf ZMR 2000, 710 ff.[OVG Nordrhein-Westfalen 08.06.2000 - 14 B 2135/99] = NVwZ-RR 2001, 54 ff.). Erhobene Einwände kann die Gemeinde ihrerseits gegebenenfalls entkräften und dadurch die ursprüngliche tatsächliche Vermutung zugunsten des Steuertatbestandes wiederherstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995, a.a.O.). Allein der mit einer Nicht-Nutzung durch den Zweitwohnungsinhaber selbst und ggf. seine Familienangehörigen verbundene Leerstand einer Wohnung ohne tatsächliche Vermietung stellt allerdings kein ausreichendes Indiz dafür dar, dass die Wohnung nicht auch für Zwecke der persönlichen Lebensgestaltung vorgehalten wird. Vielmehr betreibt derjenige, der eine Wohnung über einen längeren Zeitraum leer stehen lässt und nicht andere objektiv nachprüfbare Umstände belegt, einen besonderen Aufwand mit der Folge, dass die Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer in diesem Fall gerechtfertigt ist. Die Entscheidung, eine Wohnung leer stehen zu lassen, ist der persönlichen Lebensführung zuzurechnen. Auch eine leer stehende Wohnung ist typischerweise mit einem Aufwand verbunden, der sich nicht nur in den auf der Wohnung liegenden öffentlichen Lasten niederschlägt. Dementsprechend betreibt der betreffende Wohnungsinhaber einen besonderen Aufwand, der Ausdruck besonderer finanzieller Leistungsfähigkeit ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 22. Juni 2007 - 4 BV 06.2954 -, juris, Rn. 22, mit Veröffentlichungshinweis auf BayVBl 2007, 724 ff.; Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss vom 4. April 2007 - 14 B 9/07 -, juris, Rn. 7; a.A. OVG Münster, Beschluss vom 8. Juni 2000, a.a.O., Rn. 15 ff.). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass eine reine Kapitalanlage nur dann vorliegt, wenn in dem Innehaben der Zweitwohnung die Absicht zum Tragen kommt, Einkünfte zu erzielen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001, a.a.O., Rn. 27; vgl. zum Vorhergehenden auch VG Oldenburg, Urteil vom 11. April 2008 - 2 A 2242/06 -, V.n.b.).

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Hiervon ausgehend ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die gebotene Gesamtwürdigung aller Umstände im Klageverfahren ergeben wird, die veranlagte Wohnung sei im hier zu überprüfenden Zeitraum als reine Kapitalanlage anzusehen. Denn obwohl der Antragsteller schon im Jahre 2004 vorgetragen hat, wenn das Haus bewohnbar sei, solle es der Einkommenserzielung dienen, hat er nicht dargelegt, dass er versucht hat, seine Wohnung im Jahr 2008 zu vermieten. Offen bleiben kann, welche rechtlichen Auswirkungen es hat, dass die Antragsgegnerin auch vorgetragen hat, der Antragsteller habe vor dem Ortsbesichtigungstermin zusammen mit seiner Ehefrau/Lebensgefährtin in der Wohnung übernachtet, was der Antragsteller allerdings sinngemäß bestritten hat.

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Des Weiteren ist es nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsgegnerin die Zweitwohnungssteuer der Höhe nach nicht richtig bemessen hat. Rechtlich erheblich wäre dies nur dann, wenn die Antragsgegnerin von einem jährlichen Mietaufwand von bis zu 1 900,00 € hätte ausgehen müssen (s. § 4 Abs. 1 lit. a) ZWS). Dies lässt sich aber ohne eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht feststellen. Insofern ist diese Frage zurzeit offen. Es spricht allerdings nach dem Inhalt der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge Überwiegendes dafür, dass sie von der ihr eingeräumten Schätzungsbefugnis (s. § 3 Abs. 3 Satz 2 ZWS) keinen Gebrauch gemacht hat, obwohl dies zwingend notwendig gewesen wäre (vgl. dazu Nds. OVG, Urteil vom 17. Juni 2008 - 9 LB 8/07 - juris, Rn. 35 ff., auch einsehbar in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG). Dieser - wohl anzunehmende - Fehler der Antragsgegnerin in der Rechtsanwendung führt indes aus dem oben genannten Grund nicht zu einem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis. Im Klageverfahren kann sich ergeben, dass die von der Antragsgegnerin festgesetzte Zweitwohnungssteuer auch der Höhe nach zutreffend festgesetzt worden ist.