Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 13.10.2005, Az.: 2 B 4073/05

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
13.10.2005
Aktenzeichen
2 B 4073/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 43254
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2005:1013.2B4073.05.0A

Gründe

1

Es bestehen bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage gegenwärtig jedoch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Vergnügungssteuerbescheide vom 13. Juli 2005. Ernstliche Zweifel i.S.v. § 80 Abs.4 Satz 3 VwGO liegen vor, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nach summarischer Prüfung wahrscheinlicher ist als dessen Misserfolg (ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. Beschluss vom 6. Januar 2005 - 2 B 4002/04 - Juris). Mit der Vorschrift des § 80 Abs.2 Satz 1 Nr. 1 VwGO hat der Gesetzgeber das öffentliche Interesse an einem sofortigen Vollzug von Leistungsbescheiden generell höher bewertet als das private Interesse an einer vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Er hat zudem durch § 80 Abs.4 Satz 3 VwGO zum Ausdruck gebracht, dass Abgaben im Zweifel zunächst zu erbringen sind und der Zahlungspflichtige das Risiko zu tragen hat, im Ergebnis möglicherweise zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen. Diese gesetzgeberische Wertung ist auch bei der gerichtlichen Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen.

2

Im vorliegenden Fall ist der Erfolg der erhobenen Anfechtungsklage wahrscheinlicher als deren Misserfolg. Der streitbefangenen Steuererhebung liegt keine hinreichende satzungsrechtliche Ermächtigung zugrunde. Die angefochtenen Heranziehungsbescheide beruhen auf der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin in den Fassungen der 3. Änderungssatzung vom 28. August 2001 (Oldenburgische Volkszeitung vom 19. Oktober 2001) bzw. der 4. Änderungssatzung vom 9. Mai 2005 (Oldenburgische Volkszeitung vom 14. Juni 2005) - VgnStS. Diese Satzung enthält keine hinreichend bestimmte Regelung des Entstehens der Steuerschuld im Sinne von § 2 Abs.1 NKAG. § 10 Abs.1 VgnStS regelt zwar, dass die Steuer mit der Inbetriebnahme des in § 9 VgnStS bezeichneten Gerätes entsteht. Bei verständiger Würdigung kann § 10 Abs.1 aber nur als Normierung des Entstehens der abstrakten Steuerpflicht verstanden werden, wenn auch nicht geregelt ist, wann die Pflicht wieder endet. Denn die Steuerpflicht braucht nur einmal zu entstehen, wogegen die Steuerschuld jeweils für den Erhebungszeitraum immer wieder neu entstehen muss. Die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin trifft keine Aussage dazu, ob die konkret zu zahlende Steuer in einem täglichen, wöchentlichen, monatlichen, viertel-, halb-, oder ganzjährigen Intervall, an dessen Beginn oder Ende bzw. auf Grund eines tatsächlichen Ereignisses entsteht. Während in § 9 i.V.m. § 10 Abs.1 Satz 1 VgnStS die Steuersätze für jeden (angefangenen) Kalendermonat mit Fälligkeit am 15. des folgenden Kalendermonats festgelegt werden, was für eine Monatssteuer spricht, erlaubt § 10 VgnStS auf Antrag und nach Gestattung eine vierteljährliche bzw. jährliche Fälligkeit zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November bzw. zum 1. Juli eines jeden Jahres (§ 10 Abs. 2 Satz 2 VgnStS). Eine solche Fälligkeit wäre bei noch gar nicht entstandenen monatlichen Steuerschulden für das noch nicht abgelaufene jeweilige Vierteljahr bzw. für das jeweilige zweite Halbjahr nicht zulässig. Gegen eine antizipiert am 1. Januar entstehende Jahressteuer für den Betrieb von Spielgeräten spricht auf der anderen Seite, dass nicht ohne weiteres angenommen werden kann, dass die betreffenden Spielgeräte während des ganzen Kalenderjahres an ihrem Aufstellungsort verbleiben. Die Unterscheidung - und damit das Erfordernis einer hinreichend bestimmten satzungsrechtlichen Regelung hinsichtlich des Besteuerungsintervalls - hat unmittelbare Auswirkungen auf die Steuerfestsetzungsbescheide. Wenn eine Jahressteuer antizipiert zu Beginn des Erhebungszeitraums nach Grund und Höhe in Anwendung des in diesem Zeitpunkt geltenden Satzungsrechts für den gesamten Erhebungszeitraum endgültig entsteht, so kann sie nicht zu einem späteren Zeitpunkt in anderer Höhe erneut entstehen (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 1. Februar 2005 - 3 A 228/03 - Juris). Nicht ersichtlich ist darum, ob die fällig gestellte Abgabe überhaupt schon von jedem konkreten Steuerpflichtigen geschuldet wird oder in Wirklichkeit eine Vorauszahlung im Rahmen eines bestehenden abstrakten Steuerverhältnisses auf eine erst später entstehende Schuld gefordert wird.