Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 26.11.2007, Az.: 2 UF 220/04
Grundsätzliches Recht eines jeden Elternteils zum Umgang mit seinem Kind gem. § 1684 Abs. 1 BGB; Prüfung der autonomen Entscheidung des Kindes bei Äußerungen des Kindes über den Kontakt zu den Eltern
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 26.11.2007
- Aktenzeichen
- 2 UF 220/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 50597
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2007:1126.2UF220.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hameln - 04.10.2004 - AZ: 15 F 81/03
Rechtsgrundlage
- § 1684 Abs. 1 BGB
Verfahrensgegenstand
Umgang mit ... geboren am ... 2000
Redaktioneller Leitsatz
Das Umgangsrecht eines Elternteils mit seinem Kind ist auszuschließen, wenn das Kind jeden Kontakt kategorisch ablehnt und diese Ablehnung auf dem eigenständigen und verinnerlichten Kindeswillen beruht.
In der Familiensache
...
hat der 12. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht .......,
den Richter am Oberlandesgericht ....... und
den Richter am Oberlandesgericht .......
am 26. November 2007 beschlossen:
Tenor:
- I.
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und unter Zurückweisung des Rechtsmittels des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hameln vom 4. Oktober 2004 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antrag des Antragstellers zur Regelung des Umgangs mit seiner Tochter L. wird zurückgewiesen.
Das Umgangsrecht wird bis zum 31. Dezember 2009 ausgeschlossen.
- II.
Es wird davon abgesehen, Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren zu erheben.
Die gerichtlichen Auslagen des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
- III.
Beschwerdewert: 5.000 EUR.
Gründe
I.
Das Mädchen L. wurde am ... 2000 geboren. Die beteiligten Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren, haben sich zum 1. März 2002 getrennt. L . verblieb bei der Antragsgegnerin (Mutter). Diese ist alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge.
Am 20. August 2002 schlossen die Eltern in einem von dem Antragsteller (Vater) eingeleiteten Umgangsrechtsverfahren (Amtsgericht Hameln, 15 F 112/02) einen Vergleich. Danach stand dem Vater an jedem zweiten Samstag in der Zeit von 09:30 Uhr bis 18:00 Uhr und an jedem zweiten Mittwoch in der Zeit von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr das Umgangsrecht zu. Der Vergleich enthält eine Vereinbarung zu Ausweichterminen und eine Regelung zu den hohen Feiertagen. Weiter gaben die Eltern die Erklärung ab, dass sie für das Jahr 2003 darin übereinstimmen, dass sie mit dem Jugendamt Gespräche gemeinsam aufnehmen, um alsbald eine Übernachtungsregelung des Kindes beim Vater zu vereinbaren.
Im März 2003 beantragte der Vater beim Familiengericht, die Umgangsregelung aus dem Vergleich vom 20. August 2002 abzuändern. Er erstrebt eine Ausweitung des Umgangsrechts auf jedes zweite Wochenende von Samstag 09:30 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr sowie an jedem zweiten Freitag in der Zeit von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr, und zwar jeweils in der Woche, in der am darauf folgenden Wochenende kein Umgang stattfinde. Zur Begründung führte er aus, zu L. bestehe ein guter Kontakt. Die Mutter sei jedoch, trotz der Vereinbarung in dem Vergleich, nicht bereit gewesen, an Gesprächen zur Ausweitung des Umgangs teilzunehmen. Die Mutter hat beantragt, das Umgangsrecht nicht auszuweiten. Sie trägt vor, L. sei durch die Kontakte mit dem Vater stets stark belastet. Es gebe zahlreiche Probleme rund um den Umgang. Auch lehne die Mutter es ab, dass L. sich in dem von dem Vater erworbenen alten Fachwerkhaus aufhalte, weil dieses noch nicht saniert sei.
Zwischenzeitlich führten die Eltern einen Rechtsstreit vor dem Zivilgericht (Amtsgericht Hameln, 21 C 22/03). Dort begehrte der Vater von der Mutter die Herausgabe von hochwertiger Kinderkleidung. Er habe Kleider für L. gekauft, um diese dem Kind bei Bedarf anzuziehen. Nach Ende der Umgangskontakte hätte L. diese Kleidung getragen und die Mutter hätte sich geweigert, diese Kleidung herauszugeben. Die Eltern schlossen am 11. April 2003 einen Vergleich, wonach sich die Mutter verpflichtete, die Kinderkleidung bei der Ausübung des nächsten Umgangs herauszugeben.
In diesem Umgangsverfahren schlossen die Eltern am 17. Juni 2003 einen Teilvergleich. Danach vereinbarten sie, dass sie Gespräche mit Frau G. vom Kinderschutzbund führen wollen mit dem Ziel, dass das Umgangsrecht in der bisherigen Form unkompliziert ausgeübt werden kann und festgestellt und darauf hingearbeitet wird, dass ein Umgang mit Übernachtung stattfinden könne.
Bis zum 23. August 2003 fanden in der Folge Umgangstermine ohne Übernachtung statt. Danach scheiterten Versuche des Vaters, das Umgangsrecht auszuüben. L. weigerte sich, mit dem Vater zu gehen.
Die Mutter hat mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2003 beantragt, das Umgangsrecht bis auf weiteres auszuschließen. Zur Begründung führte sie aus, dass L. gegenüber verschiedenen Personen geäußert habe, dass sie der Vater im Genitalbereich berührt hätte. Der Vater hat bestritten, dass es zu solchen Übergriffen gekommen sei.
Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 9. Januar 2004 ein Sachverständigengutachten über folgende Fragen in Auftrag gegeben:
- 1.
Entspricht es dem Kindeswohl, ein Umgangsrecht mit dem Vater im 14-tägigen Rhythmus mit Übernachtungen durchzuführen?
- 2.
Steht dieser Umgangsregelung ein sexueller Missbrauch des Vaters gegenüber dem Kind entgegen?
Der Sachverständige, der Diplom-Psychologe Prof. Dr. T., führt in seinem Gutachten vom 17. Mai 2004 aus, dass aufgrund der Angaben des Kindes keine schuldhaften Verhaltensweisen des Vaters im Umgang mit dem Kind nachweisbar seien. Allerdings käme eine Erweiterung des Umgangs zum jetzigen Zeitpunkt im Hinblick auf den Kindeswillen nicht in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 17. Mai 2004 Bezug genommen.
Nach weiteren Ermittlungen und Anhörung der Eltern hat das Familiengericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 4. Oktober 2004 den Vergleich vom 20. August 2002 (AG Hameln, 15 F 112/02) dahingehend abgeändert, dass der Vater berechtigt sei, mit dem Kind L. im sechswöchigen Rhythmus jeweils an dem vom Jugendamt zu bestimmenden Tag für die Dauer von vier Stunden den Umgang in Begleitung einer neutralen Person auszuüben. Hierbei ist dem Jugendamt überlassen, die Räumlichkeiten zu bestimmen und die neutrale Person einzusetzen. Als Ergebnis der Beweisaufnahme könne lediglich festgestellt werden, dass das Kind gegenüber dem Vater eine deutliche Abneigung zeige. Hieraus folge jedoch kein weiteres Indiz für ein sexuelles Fehlverhalten des Vaters. Da davon auszugehen sei, dass das Kind derzeit den Vater nicht sehen wolle, sei es geboten, eine vorsichtige Wiederannäherung zwischen L. und dem Vater zu ermöglichen. Daher müssen bei den Umgangskontakten andere Personen anwesend sein. Hierzu sei das Jugendamt berufen, die entsprechenden Personen zu bestimmen.
Der Vater hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss aufzuheben und ein 14-tägiges Umgangsrecht mit dem Kind mit Übernachtung nach einer Anbahnungsphase festzulegen und hilfsweise den Beschluss aufzuheben und zu einem Anhörungstermin den Sachverständigen hinzuzuziehen oder ein weiteres kinderpsychologisches Sachverständigengutachten als Obergutachten einzuholen. Er macht geltend, ein Umgangsrecht im Abstand von sechs Wochen sei nicht geeignet, Kontakte zu dem vierjährigen Kind wieder aufzubauen.
Die Mutter erstrebt mit ihrer Beschwerde den Ausschluss des Umgangs des Vaters mit L. Derzeit würde ein Umgang des Vaters mit dem Kinde dem Wohl des Kindes zuwider laufen. Das Kind lehne den Umgang mit dem Vater ab. Der Vater nehme keine Rücksicht auf die Belange des Kindes.
Der Berichterstatter hat das Kind und die Eltern im Beisein des Sachverständigen Prof. Dr. T. am 28. Februar 2005 angehört. L. war nicht bekannt, dass der Vater von dem Berichterstatter zu der Anhörung hinzugezogen würde. Als der Vater den Anhörungsraum betrat, entzog sich L. der Begegnung und verließ den Raum. Wegen des weiteren Ergebnisses der Anhörung wird auf den Vermerk vom 28. Februar 2005 Bezug genommen. Am Ende der Anhörung verständigten die Eltern sich darauf, eine Umgangsregelung für L. mit Hilfe eines Mediators zu erarbeiten. Weiter waren sich die Eltern einig, dass dieses Beschwerdeverfahren zunächst ruhen sollte.
Die Eltern haben im Spätsommer 2005 mitgeteilt, dass das Mediationsverfahren ergebnislos beendet worden sei.
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 hat der Senat im Wege der einstweiligen Anordnung begleiteten Umgang des Vaters mit L. an drei Terminen zu Beginn des Jahres 2006 angeordnet. Die Umgangstermine sollten durch den Kinderschutzbund begleitet werden. Zur Vorbereitung dieses Umgangs hatte sich die Mitarbeiterin des Kinderschutzbundes H., Frau G., zur Wohnung der Mutter begeben, um das Kind auf den Umgang vorzubereiten. Zuvor hatte L. sich geweigert, mit der Mutter zum Kinderschutzbund zu kommen. Nach dem Bericht von Frau G. entzog sich L. in der mütterlichen Wohnung einem Gespräch über den geplanten Kontakt zu ihrem Vater. L. lief weg und versteckte sich in der Wohnung. Der Senat hat daraufhin mit Beschluss vom 6. Februar 2006 die angeordneten Umgangstermine aufgehoben.
Nachdem der Vater nach mehrfacher Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 12. Juni 2006 eine Stellungnahme zu dem vorgenannten Bericht abgab, hat der Senat mit Beschluss vom 15. Juni 2006 den Diplom Psychologen Prof. Dr. T. als Sachverständigen beauftragt und um die Beantwortung der Fragen, aus welchen Gründen L. den Kontakt zu ihrem Vater ablehnt, ob diese Weigerung auf ein Verhalten der Mutter oder des Vaters zurückzuführen sei und ob ein erzwungener Umgang dem Kindeswohl schade, gebeten. Auf das schriftliche Gutachten vom 29. Dezember 2006 wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 14. März 2007 hat der Senat aus den durch Verfügung vom 8. Februar 2007 mitgeteilten Gründen ein weiteres Gutachten der Diplom Psychologin Dr. K. eingeholt. Sie wurde beauftragt, folgende Fragen zu beantworten:
Aus welchen Gründen lehnt L. den Kontakt zu ihrem Vater ab?
Beruht die Weigerung von L., Kontakt zu ihrem Vater aufzunehmen, auf einem Verhalten der Mutter oder des Vaters?
Würde ein erzwungener Umgang - z.B. durch Bestellung eines Ergänzungspflegers - von L. mit ihrem Vater dem Wohl des Kindes schaden?
Auf welche Weise könnte erreicht werden, dass L. und ihr Vater sich wieder annähern?
Sollte die Sachverständige einen vorübergehenden Ausschluss des Umgangsrechts befürworten, so wird um Stellungnahme gebeten, für wie lange ein solcher Ausschluss für erforderlich gehalten wird.
Über diese Fragen verhält sich das Gutachten vom 2. Oktober 2007, auf das Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die von den Eltern eingereichten Schriftsätze.
II.
Die Beschwerden der Eltern gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 4. Oktober 2004 sind gem. § 621 e ZPO zulässig.
Die Beschwerde der Mutter, mit der sie einen Ausschluss des Umgangs erstrebt, ist in der Sache begründet. Ein Umgang von L. mit ihrem Vater würde ihrem Wohl derzeit schaden, § 1684 Abs. 4 BGB.
Grundsätzlich hat jeder Elternteil das Recht zum Umgang mit seinem Kind, § 1684 Abs. 1 BGB. Ein Ausschluss dieses Rechts kommt nur in Betracht, wenn das Wohl des Kindes durch den Umgang gefährdet wäre, § 1684 Abs. 4 BGB. Das Umgangsrecht des Vaters mit seinem Kind steht unter dem Schutz des Art. 6 GG. Eine Einschränkung dieses Grundrechts ist nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit möglich. Danach darf das Umgangsrecht nur dann ausgeschlossen werden, wenn andere Regelungen, die weniger stark in das Grundrecht eingreifen, nicht möglich sind (MünchKomm/Finger § 1684 Rn 54).
Ein Umgang des Vaters mit L. ist - derzeit - nicht möglich. L. lehnt jeden Kontakt mit ihrem Vater kategorisch ab. Diese Ablehnung dokumentiert sich in dem Verhalten des Kindes seit Ende August 2003. Damals hatte L. erstmals davon berichtet, dass ihr Vater sie "unten" angefasst habe. Gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. T. gab sie anlässlich einer Exploration am 24. Februar 2005 an, sie wolle weder mit ihrem Vater telefonieren noch ihn sehen. Seit dieser Zeit verweigert L. jegliche Kontaktaufnahme mit ihrem Vater. Als L. anlässlich ihrer Anhörung durch den Berichterstatter am 28. Februar 2005 mit dem Vater konfrontiert wurde, wich sie diesem aus und verließ den Raum. Die Abwehrhaltung von L. hat sich im Folgenden weiter verstärkt. Als zu Beginn des Jahres 2006 durch Begleitung von Frau G. vom Kinderschutzbund Umgang mit dem Vater stattfinden sollte, ist L. bereits dem Vorgespräch von Frau G. ausgewichen. Ähnlich abweisend war sie gegenüber der Sachverständigen Dr. K. am 10. Juli 2007. L. verbarrikadierte sich in ihrem Zimmer.
Der Senat kann nicht feststellen, aus welchen Gründen L. den Kontakt zu ihrem Vater ablehnt. Zwar hat L. wiederholt erklärt, ihr Vater habe sie "unten" berührt. Ob diesen Angaben des Kindes eine tatsächliche Grenzüberschreitung des Vaters zugrunde liegt oder ob das Kind diese Angaben aus anderen Gründen macht, kann nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T. in seinem Gutachten vom 17. Mai 2004 nicht festgestellt werden. Nach Einschätzung von Prof. Dr. T. seien die Angaben des Kindes aus aussagepsychologischer Sicht als nicht glaubhaft einzuordnen. Es könnten auch keine Erkenntnisse gewonnen werden, wie es zu diesen Äußerungen des damals vierjährigen Kindes gekommen sei. Ob die Vermutung der Sachverständigen Dr. K., die ablehnende Haltung des Kindes sei mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Übernahme der ablehnenden Haltung der Mutter und der Großmutter zurückzuführen, zutrifft, lässt sich ebenfalls nicht mit Sicherheit feststellen. Weitere Erkenntnismöglichkeiten zu der Frage, aus welchen Gründen L. den Kontakt zu ihrem Vater letztlich verweigert, bestehen nicht. L. ist nicht bereit, über dieses Thema zu reden. Ohne ihre Mitwirkung ist eine Aufklärung nicht möglich. Ihre Mitwirkung zu einer Aufklärung kann jedoch nicht erzwungen werden.
Die Entscheidung L., keinen Kontakt mit ihrem Vater aufzunehmen, ist zu respektieren. Äußern Kinder, dass sie keinen Kontakt zu einem Elternteil haben wollen, so ist sorgfältig zu prüfen, ob dieser Wille auf einer autonomen Entscheidung des Kindes beruht oder ob der geäußerte Kindeswille seine Grundlage in einer Suggestion des betreuenden Elternteils hat (BVerfG, FamRZ 2007, 531; 2001, 1057 [BVerfG 02.04.2001 - 1 BvR 212/98]; OLG Brandenburg, FamRZ 2000, 1106). Es ist zu ermitteln, ob die Herausbildung seiner Persönlichkeit bereits so fortgeschritten ist, dass eine dem Willen des Kindes zuwiderlaufende Ausübung des Umgangs eine Gefährdung seiner Entwicklung bedeuten würde (BGH, FamRZ 1980, 131). Hier sind sowohl Prof. Dr. T. als auch Frau Dr. K. zu der Einschätzung gelangt, dass die Ablehnung bei L. auf einem eigenständigen und verinnerlichten Kindeswillen beruht. Würde man versuchen, diesen Willen durch Dritte (z.B. ein Pfleger für das Umgangsrecht) zu brechen, würde dies mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Kind schaden. Es müsste erleben, dass man seinen Willen nicht respektiert. Im Übrigen würde ein solcher Versuch das Verhältnis zu dem Vater weiter belasten. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung der beiden Sachverständigen, die von den Eltern nicht angegriffen worden sind, an. Danach kommt derzeit ein Umgang gegen den Willen von L. nicht in Betracht.
Tatsächlich könnte das Umgangsrecht auch nicht gegen den Willen von L. umgesetzt werden. Ein Pfleger mit dem Wirkungskreis "Regelung des Umgangs von L. mit ihrem Vater" hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tatsächlich keine Möglichkeiten, auf L. einzuwirken, weil L. alles verweigert, was einen Bezug zu einem Umgang mit ihrem Vater hat. Dies hat der vom Senat initiierte Versuch gezeigt, einen Umgang durch die Vermittlung von Frau G. vom Kinderschutzbund in H. zu ermöglichen. Dieser Versuch war gescheitert, weil L. sich verweigert hatte. Unmittelbarer Zwang gegen das Kind wäre unzulässig, § 33 Abs. 2 S. 2 FGG.
Eine andere rechtlich zulässige Möglichkeit, das Umgangsrecht des Vaters weniger stark einzuschränken als durch einen befristeten Ausschluss, besteht nicht.
Die Bestellung eines Ergänzungspflegers, um den Umgang zwischen dem Vater und L. zu gestalten, kommt nicht in Betracht, weil der Pfleger letztlich keine Einwirkungsmöglichkeiten auf L. hätte (vgl. die vorstehenden Ausführungen).
Nach Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. T. könnte ein Umgang zwischen Vater und Tochter stattfinden, wenn beide Eltern sich mit dem Kind zusammensetzen und gemeinsam dem Kind zeigen, dass der Konflikt beendet ist und es so dem Kind ermöglichen, neues Vertrauen zu dem Vater zu gewinnen. Diese Lösung scheidet jedoch im Ergebnis aus, weil beide Eltern hierzu nicht die Möglichkeit haben. Sowohl nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. T. wie auch von Frau Dr. K. sind die Eltern zu solchen Gesprächen nicht in der Lage. Ein gegenseitiges Vertrauen bestehe nicht. Im Verlauf des Verfahrens sind Vermittlungs- und Mediationsbemühungen gescheitert. Prof. Dr. T. hält die Beziehung der Eltern für so zerrüttet, dass er eine fachliche Betreuung für erforderlich hält, die stark lenkend in die Konfliktdynamik eingreift. Nach der begründeten Auffassung von Frau Dr. K. besteht keinerlei Ansatz für die Erwartung, dass Beratungsgespräche bei den Eltern zukünftig wirken könnten (S. 49 des Gutachtens). Im Übrigen gibt es keine rechtliche Grundlage für eine gerichtliche Anordnung, dass die Eltern unter Beteiligung eines Therapeuten Gespräche mit dem Ziel einer Einigung zu führen haben.
Soweit die Sachverständige Dr. K. es für möglich hält, den Umgang mit dem Vater durch eine kindertherapeutische Intervention vorzubereiten, ist dies keine Lösung, die der Senat rechtlich umsetzen könnte. Die sorgeberechtigte Mutter hat sich in dem Schriftsatz vom 12. November 2007 gegen eine solche Therapie ausgesprochen. Im Zusammenhang eines Verfahrens zur Regelung des Umgangsrechts kommt eine gerichtliche Anordnung, sich einer therapeutischen Behandlung zu unterziehen, gegen den Willen des Betroffenen nach der derzeitigen Rechtslage nicht in Betracht. Zudem dürften therapeutische Gespräche, die unter Zwang geführt werden müssten, kaum Erfolgschancen haben. Zum anderen gibt es keine Rechtsgrundlage, die einen Beteiligten verpflichten könnten, an therapeutischen Gesprächen teilzunehmen (BGH, FamRZ 1994, 158 (160) [BGH 27.10.1993 - XII ZB 88/92]; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 975; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1682 unter Aufgabe seiner früher geäußerten Gegenansicht [FamRZ 2001, 932]).
Der Anregung des Vaters, der Mutter das Sorgerecht für L. zu entziehen und das Kind in die Obhut eines Dritten zu geben, damit auf diesem Wege eine Kontaktanbahnung zum Vater ermöglicht werde, kann in diesem Beschwerdeverfahren nicht entsprochen werden. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist das Umgangsrecht zwischen dem Vater und L. Auch in der freiwilligen Gerichtsbarkeit kommt eine Erweiterung des Verfahrensgegenstandes im Beschwerdeverfahren grundsätzlich nicht in Betracht (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2007, 443; BayObLG FamRZ 1994, 1068; Zöller/Philippi, ZPO, § 621 e Rn 51; Bumiller/ Winkler, FG, § 23 Rn 3). Ein Entzug der elterlichen Sorge mit der Trennung des Kindes von der Mutter gem. §§ 1666, 1666 a BGB wäre ein gänzlich anderer Verfahrensgegenstand, über den in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden wäre. Im Übrigen merkt der Senat an, dass keiner der mit der Sache befassten Sachverständigen eine solche Trennung von Mutter und Kind angeregt hat. Es erscheint auch zweifelhaft, ob es dem Wohl von L. dienlich wäre, sie von ihrer Hauptbezugsperson, der Mutter, auf längere Zeit zu trennen, um einen Kontakt zu ihrem Vater zu ermöglichen.
Bei dieser Sachlage verbleibt dem Senat als einzige Lösung, das Umgangsrecht auszuschließen. Im Hinblick auf den hohen verfassungsrechtlichen Rang des Umgangsrechts ist dieser Ausschluss zeitlich zu begrenzen. Der Senat erachtet es für angemessen, den Ausschluss bis zum 31. Dezember 2009 zu befristen. Vor Ablauf von zwei Jahren bestehen keine Aussichten dafür, dass bei den Beteiligten eine Änderung der Einstellung eintreten wird. Der Senat hat bei der Bemessung der Frist zum einen berücksichtigt, dass L. seit 4 ½ Jahren konsequent jeden Kontakt zum Vater ablehnt. Zum anderen muss dem Vater die Möglichkeit bleiben, nach Ablauf einer angemessenen Zeit prüfen zu lassen, ob sich die Verhältnisse geändert haben und ein Umgang möglich erscheint.
Bei dieser Entscheidung übersieht der Senat nicht, dass beide Sachverständige nicht empfohlen haben, das Umgangsrecht auszuschließen. Hintergrund dieser Empfehlung ist jeweils, dass die Sachverständigen befürchten, dass durch einen Ausschluss sich bei L. die Einstellung verfestigen könnte, keinen Kontakt zu ihrem Vater aufnehmen zu sollen. Der Senat verkennt diese mögliche Wirkung seiner Entscheidung nicht. Aus Rechtsgründen kommt danach jedoch eine andere Entscheidung als ein Ausschluss nicht in Betracht, weil es - auch nach Ansicht der Sachverständigen - nicht möglich ist, hier einen Umgang gegen den Willen des Kindes durchzuführen. Daher muss der Antrag des Vaters zur Regelung des Umgangs zurückgewiesen werden (BGH, FamRZ 2005, 1471 [BGH 11.05.2005 - XII ZB 120/04]; 1994, 158).
Der Senat hat davon abgesehen, L. gem. § 50 Abs. 1 FGG einen Verfahrenspfleger zu bestellen. Da L. allen Gesprächen über den Umgang mit ihrem Vater ausweicht, hätte ein Verfahrenspfleger keine Chance, mit ihr ein Gespräch über den Umgang zu führen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Verfahrenspfleger insoweit das Vertrauen des Kindes hätte gewinnen können.
Eine erneute Anhörung der Eltern nach Vorlage der Gutachten war nicht erforderlich. Neue Erkenntnisse wären in einem solchen Anhörungstermin nicht zu erwarten. Beide Eltern haben ihre Positionen jeweils gegenüber den Sachverständigen im Einzelnen dargelegt.
III.
1.
Gem. § 131 Abs. 2 KostO wird davon abgesehen, Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren zu erheben.
2.
Die gerichtlichen Auslagen (insbesondere Kosten der Sachverständigen) sind von beiden Eltern je zur Hälfte zu tragen.
Zum einen haben beide Parteien eigene Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Familiengerichts eingelegt. Gem. § 2 Nr. 1 KostO unterliegen sie somit der Antragstellerhaftung.
Weiter sind bei einer Umgangsregelung i.d.R. beide Eltern Interessenschuldner im Sinne von § 2 Nr. 2 KostO (OLG Koblenz, FamRZ 2003, 113). Die von dem Senat eingeholten Sachverständigengutachten sind (zumindest auch) im Interesse beider Eltern eingeholt worden.
3.
Es entspricht der Billigkeit, dass jeder der Beteiligten seine eigenen Kosten selber trägt. § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG kommt hier nicht zur Anwendung. Nach dieser Vorschrift sind dem Rechtsmittelführer eines erfolglosen Rechtsmittels die Kosten aufzuerlegen. Da hier aber sowohl eine Beschwerde des Antragstellers als auch eine Beschwerde der Antragsgegnerin vorliegen, richtet sich die Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG (Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl. § 13 a Rn 34). Nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG bestimmt das Gericht nach Billigkeit, ob die Kosten einer Partei aufzuerlegen sind. Hier entspricht es nicht der Billigkeit, einem der Eltern die Kosten allein oder überwiegend aufzuerlegen. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass ausnahmsweise das Umgangsrecht im Interesse des Kindes ausgeschlossen werden musste. Ob einem der beteiligten Eltern insoweit eine Verantwortung trifft, konnte nicht festgestellt werden. Daher entspricht es der Billigkeit, es bei dem allgemeinen Grundsatz des FGG zu belassen, wonach außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.
4.
Bei der Bemessung des Beschwerdewerts hat der Senat die Dauer des Verfahrens und den außergewöhnlichen Umfang berücksichtigt.