Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 01.11.2007, Az.: 8 U 127/07

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
01.11.2007
Aktenzeichen
8 U 127/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 59301
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2007:1101.8U127.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 08.05.2007 - AZ: 3 O 2/07

Fundstelle

  • VersR 2008, 526-527 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit

...

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 8. Mai 2007 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt, wie folgt, neu gefasst:

  2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6 345,16 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. November 2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  3. Der Beklagte trägt vorab die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Hagen entstandenen Kosten. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Beklagte 81 % und die Klägerin 19 %.

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die Berufung des Beklagten hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

2

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung empfangenen Krankentagegeldes entsprechend § 11 Satz 2 der vereinbarten MB/KT nur in Höhe von 6 345,16 € zu, hinsichtlich der außerdem zurückverlangten 1 477,64 € (= 17 × 86,92 €) ist die Klage dagegen unbegründet. Dies ergibt sich aus Folgendem:

3

Entsprechend § 11 Satz 2 der vereinbarten MB/KT ist der Beklagte als Versicherungsnehmer dann, wenn die Klägerin als Versicherer von dem Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit erst später Kenntnis erlangt hat, ihr gegenüber verpflichtet, die für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses empfangenen Krankentagegeld-Leistungen zurückzugewähren. Die Versicherungsfähigkeit des Beklagten ist hier dadurch weggefallen, dass er ab dem 1. März 2005 bzw. ab dem 9. März 2005 Berufsunfähigkeitsrenten seitens der ... und der ... bezogen hat. Denn gemäß den vereinbarten Tarifbedingungen unter A) 2. Satz 3 ist nicht versicherungsfähig, wer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld bezieht (vgl. Anlage K 1, Bl. 13 ff.d.A.). Gemäß § 15 Abs. 1a) der vereinbarten MB/KT endet das Versicherungsverhältnis bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist. Da hier, wie bereits ausgeführt, ab Anfang März 2005 die Voraussetzungen für die Versicherungsfähigkeit des Beklagten als Versicherungsnehmer durch die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrenten weggefallen sind, heißt dies, dass nach dem Wortlaut dieser Versicherungsbedingung erst zum 31. März 2005 das Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien beendet worden ist.

4

Im vorliegenden Fall ist diese Versicherungsbedingung, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, nach der Rechtsprechung des BGH ( VersR 1992, 477 ff. [BGH 22.01.1992 - IV ZR 59/91] und 479 ff.) auch wirksam. Der BGH hat in den zitierten Urteilen entschieden, dass die endgültige und ersatzlose Beendigung einer einmal begründeten Krankentagegeldversicherung für denjenigen, der künftig möglicherweise wieder einmal Krankentagegeldversicherungsschutz benötigt, eine empfindliche Beeinträchtigung seiner Position in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht bedeute. Der Versicherungsnehmer verliere die Chance, sich - falls die Voraussetzungen für eine Versicherungsfähigkeit später wieder vorliegen - erforderlichenfalls wieder sachgerecht in einer Krankentagegeldversicherung versichern zu können, wohingegen die Interessen des Versicherers ausreichend gewahrt seien, wenn für die Dauer des Wegfalls der Versicherungsfähigkeit bzw. der Berufsunfähigkeit dem Versicherungsnehmer die Umwandlung des Versicherungsverhältnisses in eine Ruhens- oder Anwartschaftsversicherung zu ermäßigten Beiträgen angeboten werde (BGH, a.a.O.). Dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Klägerin aber dadurch Rechnung getragen, dass sie in ihren Tarifbedingungen unter § 15 Abs. 2 MB/KT dem Beklagten als Versicherungsnehmer ausdrücklich die Möglichkeit der Fortsetzung des Vertrages im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung angeboten hat, was dann auch tatsächlich erfolgt ist. Deshalb verstößt die hier vereinbarte Beendigungsregelung nicht gegen § 9 AGBG bzw. jetzt § 307 BGB; mithin bedarf es dann auch nicht der vom Bundesgerichtshof im Folgenden vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung (so ausdrücklich auch: Wilmes in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl., § 15 MB/KT, Rdnrn. 3 - 5). Danach also ist im Ergebnis von der hier wirksam vereinbarten Beendigungsregelung in § 15 Abs. 1a) MB/KT auszugehen, nach der eine Beendigung des Versicherungsverhältnisses zwischen den Parteien erst zum Ende des Monats März 2005 eingetreten ist. Das bedeutet, dass der Beklagte jedenfalls das bis zum Ende dieses Monate geleistete Krankentagegeld in Höhe von 1 477,64 € (= 17 × 86,92 €) behalten darf.

5

Der Senat verkennt nicht, dass der Bundesgerichtshof in den zitierten Entscheidungen aus 1992 ( VersR 1992, 477 ff. [BGH 22.01.1992 - IV ZR 59/91] und 479 ff.) die von der Klägerin auf Seite 4 ihrer Klageschrift (Bl. 10 d.A.) auch zitierten allgemeinen Erwägungen zur Natur des Krankentagegeldes gemacht und ausgeführt hat, dass Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit sich jedenfalls typischerweise ausschlössen. Diese allgemeinen Erwägungen zum Schutzzweck der Krankengeldtageversicherung waren aber Gegenstand der in diesen Fällen notwendigen ergänzenden Vertragsauslegung. Einer solchen ergänzenden Vertragsauslegung bedarf es aber im vorliegenden Fall, wie bereits ausgeführt und von der Klägerin letztlich auch selbst so vertreten, hier nicht. Das bedeutet, dass die Beklagte als Versicherer sich an den von ihr vorgegebenen Bedingungen so festhalten lassen muss, wie es sich aus deren Wortlaut für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließt. Danach kann eine Beendigung des Versicherungsverhältnisses, an den sich der vertragliche Rückforderungsanspruch in § 11 Satz 2 MB/KT anschließt, erst zum Ende des Monats März 2005 angenommen werden.

6

Ab dem Monat April 2005 hat der Beklagte der Klägerin dann aber das restliche Krankentagegeld in Höhe von 6 345,16 € zurückzuzahlen. Auf die dreimonatige Nachleistungspflicht in § 15 Abs. 1a) Satz 2 der vereinbarten MB/KT kann sich der Beklagte insoweit nicht mit Erfolg berufen. Nach dieser Regelung endet das Versicherungsverhältnis spätestens drei Monate nach Wegfall der Voraussetzungen für die Versicherungsfähigkeit, wenn zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit besteht. Diese Drei-Monatsfrist beginnt mit dem Wegfall der Versicherungsfähigkeit und nicht erst mit dem nach § 15 Abs. 1a) Satz 1 der vereinbarten MB/KT maßgeblichen Ende des Kalendermonats zu laufen (OLG Koblenz, r+s 1996, 416/417; OLG Saarbrücken, VersR 1991, 650 f.; OLG Saarbrücken, VersR 1988, 397; Wilmes in: Bach/Moser, a.a.O., Rdnr. 18; a.A. wohl: Prölss/Martin, § 15 MB/KT, Rdnr. 6). Die Versicherungsfähigkeit des Beklagten war hier bereits am 1. März bzw. spätestens am 9. März 2005 mit dem Bezug der genannten Berufsunfähigkeitsrenten weggefallen, also vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Beklagten am 15. März 2005, und damit auch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, wie bereits das Landgericht im Ansatz zu Recht festgestellt hat. Umgekehrt also bestand zu dem Zeitpunkt des Wegfalls der Voraussetzungen für die Versicherungsfähigkeit am 1./9. März 2005 eben noch keine Arbeitsunfähigkeit. Deshalb greift die dreimonatige Nachleistungspflicht des § 15 Abs. 1a) der vereinbarten MB/KT im vorliegenden Fall zu Gunsten des Beklagten auch nicht ein. Dass dem Beklagten die Berufsunfähigkeitsrente erst rückwirkend im Jahre 2006 mit Wirkung dann ab März 2005 bewilligt worden ist und er zum Zeitpunkt des Bezuges von Krankentagegeld davon zunächst nichts wusste, ist in diesem Zusammenhang unerheblich (vgl. Wilmes in: Bach/Moser, a.a.O., Rdnr. 14). An dem vertraglich vereinbarten Rückforderungsanspruch ändert dies nichts, zumal der Beklagte nicht erwarten konnte, dauerhaft doppelt entschädigt zu werden.

7

Der Einwand des Beklagten, dass die dreimonatige Nachzahlungspflicht dann in keinerlei Fallgestaltung eingreifen könne, trifft nicht zu. Zu Recht hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass Fälle denkbar sind, in denen zuerst in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit besteht und dann erst der Beendigungstatbestand eintritt. Dies wäre im Falle des Beklagten etwa dann denkbar gewesen, wenn die Renten erst für einen Zeitraum nach dem 15. März 2007 gewährt worden wären. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die Versicherungsfähigkeit auch aus einer Vielzahl anderer Gründe noch wegfallen kann, insbesondere dann, wenn der Versicherungsnehmer etwa durch Kündigung seine Erwerbstätigkeit verliert. Hier sind eine Vielzahl von Fallgestaltungen denkbar, in denen die dreimonatige Leistungspflicht zum Zuge kommt.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

9

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen dafür gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.