Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.06.1999, Az.: VI 110/97

Verdeckte Gewinnausschüttung durch Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis ; Erstattung der Reisekosten des Geschäftsführeres als Betriebsausgaben ; Gewinnmindernde Berücksichtigung von anlässlich betrieblicher Reisen entstandenen Reisekosten; ERforderlichkeit einer vorherigen eindeutigen Vereinbarung, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter Fahrtkostenersatz gewährt

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
29.06.1999
Aktenzeichen
VI 110/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 20454
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0629.VI110.97.0A

Fundstellen

  • GmbH-StB 2000, 123-124
  • GmbHR 2000, 442-444 (Volltext mit red. LS)
  • NWB DokSt 2000, 1050

Verfahrensgegenstand

Körperschaftsteuer 1989 bis 1992

Ges. Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges auf den 31.12.1991 und 31.12.1992

Gewerbesteuermessbetrag 1989 bis 1992

Ges. Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 und 31.12.1992

Ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1989 bis 31.12.1992

Amtlicher Leitsatz

Entbehrlichkeit einer im vorausgetroffenen klaren Vereinbarung der Reisekostenerstattung an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers.

In dem Rechtsstreit
hat der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 29. Juni 1999,
an der mitgewirkt haben:
Präsident des Finanzgerichts ... als Vorsitzender ...
Richter am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter Tierarzt ...
ehrenamtlicher Richter Kaufmann ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Bescheide über Körperschaftsteuer 1989 bis 1992,die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember 1991 und den 31. Dezember 1992, den Gewerbesteuermessbetrag 1989 bis 1992, die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1991 und den 31. Dezember 1992 sowie die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Körperschaftsteuergesetz zum 31. Dezember 1989 bis 31. Dezember 1992 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 3. Februar 1997 werden dahingehend geändert, dass die Steuer sowie die Messbeträge und die Besteuerungsgrundlagen unter Außerachtlassung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 4.160 DM für 1989, 14.197 DM für 1990, 15.179 DM für 1991 und 15.395 DM für 1992 anderweitig festgesetzt werden. Die Berechnung der hiernach festzusetzenden Steuer, der Messbeträge und der festzustellenden Besteuerungsgrundlagen wird dem Beklagten übertragen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA). Streitentscheidend ist, ob die Übernahme und die Erstattung von Reisekosten an den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer im voraus schriftlich vereinbart sein muss.

2

Gegenstand der im Jahre 1987 unter der Firma P GmbH gegründeten Klägerin ist der Handel mit Musikinstrumenten und Zubehör. Alleingesellschafter und Geschäftsführer ist Herr A M; der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Nach dem Geschäftsführervertrag vom 20. August 1987 bezieht er als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt von 24.000 DM. Aufgrund eines Ergänzungsvertrages erhielt er in den Streitjahren 1989, 1990 und 1992 zusätzlich Tantiemen von bis zu 23.100 DM. Der Geschäftsführervertrag enthält keine Bestimmung hinsichtlich der Erstattung von Reisekosten durch die Klägerin. In § 9 Abs. 2 ist für Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages die Schriftform vorgesehen. Im Jahre 1991 wurde die Klägerin umbenannt.

3

In den Streitjahren unternahm der Geschäftsführer unstreitig betrieblich veranlasste Reisen ins In- und Ausland. Zum Teil trug die Klägerin die Reisekosten selbst, etwa indem sie selbst Flugtickets kaufte. Zudem erstattete sie ihrem Geschäftsführer Aufwendungen für Verpflegung, Übernachtungen, Fahrten im eigenen Pkw sowie sonstige Auslagen. Insgesamt handelt es sich um - selbstgetragene oder erstattete - Reisekosten in Höhe von 4.160 DM für 1989, 14.197 DM für 1990,15.179 DM für 1991 und 15.395 DM für 1992. Die Klägerin behandelte diese Reisekosten gewinnmindernd als Betriebsausgaben. Die ursprünglichen Steuerbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

4

Nach einer Außenprüfung wertete das Finanzamt die selbstgetragenen und erstatteten Reisekosten insgesamt als vGA, weil es an einer im voraus getroffenen Vereinbarung fehlte, und erließ geänderte Bescheide. Im jeweiligen Jahr des Abflusses wurde die Ausschüttungsbelastung hergestellt. Für deren Inhalt, insbesondere für die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals, wird auf die Bescheide verwiesen.

5

Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, bei den streitigen Reisekosten handele es sich um üblichen Aufwendungsersatz, der nicht im voraus vereinbart sein müsse. Die Erstattung von Reisekosten innerhalb eines Dienstverhältnisses sei Teil der Dienstvergütung, wobei für den Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen eines Fremdvergleichs das gleichegelten müsse, wie für andere Arbeitnehmer. Der Abzug von Reisekosten als Betriebsausgabe hänge nur davon ab, dass die Verausgabung für betriebliche Zwecke nachgewiesen werden könne, was der Fall sei. Der Ersatz von Bagatellaufwendungen sei gemäß Fachliteratur allgemein üblich und führe auch ohne klare und rechtzeitige Vereinbarung nicht zu einer vGA.

6

Das Finanzamt wies den Einspruch mit Bescheid vom 3. Februar 1997 zurück. Der Geschäftsführer sei beherrschender Gesellschafter der Klägerin. Verhältnisse zwischen ihm und der Klägerin bedürften daher in jedem Fall einer im voraus getroffenen wirksamen und klaren Vereinbarung, um steuerlich anerkannt werden zu können. Mangele es an dieser Voraussetzung, sei eine Veranlassung der Zahlung durch das Gesellschaftsverhältnis anzunehmen. Dies führe zu einer vGA, auch wenn ein zivilrechtlicher Kostenersatz unstreitig begründet sei oder die Aufwendungen aus betrieblichen Gründen getätigtworden seien. Der von der Klägerin angestrebte Fremdvergleich könne nicht greifen, weil bei einem Angestellten nicht die Alternative bestehe, ob für die Reisekostenerstattung schuld- oder gesellschaftsrechtliche Beziehungen maßgeblich seien. Der Auffassung, dass eine vGA bei sogenannten "Bagatellaufwendungen" ohne vorherige und klare Vereinbarung zu verneinen sei, könne nicht zugestimmt werden. Für die Begründung im einzelnen wird auf den Einspruchsbescheid verwiesen.

7

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie weist darauf hin, dass es sich bei den streitigen Beträgen nicht in vollem Umfang um Reisekostenerstattungen handele, zum Großteil habe die Klägerin etwa bei Kauf der Flugtickets die Reisekosten unmittelbar übernommen. Soweit es um die selbstgetragenen Kosten gehe, überzeuge das Argument des Beklagten nicht, es müsse danach gefragt werden, ob der Gesellschafter einen gesellschafts- oder schuldrechtlichen Ausgleich fürseine Aufwendungen suche. Da die durchgeführten Reisen bei objektiver Betrachtung dem Geschäftsführungsbereich zuzuordnen seien, seien auch die Erstattungen diesem Bereich zuzuordnen. Die Reisekostenerstattung sei von Anfang an eindeutig und klar vereinbart gewesen und werde durch die tatsächliche Handhabung schon seit 1988 bestätigt. Eine schriftliche Vereinbarung sei nicht erforderlich. Auch einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer würden Reisekosten üblicherweise ohne besondere Vereinbarung erstattet. Der BFH erkenne Erstattungen ohne schriftliche Vereinbarung bei sogenannten Bagatellaufwendungen an; um solche handele es sich hier.

8

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Bescheide in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 3. Februar 1997 zu ändern und die Steuer sowie die Messbeträge und die Besteuerungsgrundlagen unter Außerachtlassung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 4.160 DM für 1989, 14.197 DM für 1990, 15.179 DMfür 1991 und 15.395 DM für 1992 anderweitig niedriger festzusetzen.

9

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Für die steuerliche Beurteilung sei unerheblich, ob die Klägerin für ihren Gesellschafter-Geschäftsführer Reisekosten übernehme oder ihm erstatte. Da der Gesellschafter-Geschäftsführer in beiden Fällen finanziell nicht belastet sei, sei das wirtschaftliche Ergebnis dasselbe. Der Gesellschafter könne Geschäfte der Gesellschaft aufgrund eines Anstellungsvertrags gegen Entgelt oder auch in seiner Gesellschaftereigenschaft führen. Wenn der zuletzt genannte Fall vorliege, erfolge ein Ausgleich in der Regel durch Gewinnausschüttungen der Gesellschaft. Um eine klare Grenze ziehen zu können, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer einen schuldrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Ausgleich für seine Aufwendungen suche, und um Gewinnmanipulationen auszuschließen, seien von der Rechtsprechung klare Richtlinien aufgestellt worden, wobei ein Abweichen hiervon zu einer vGA führen könne. Um zu differenzieren, ob ein Ausgleich auf gesellschafts- oder schulrechtlicher Ebene stattfinde, sei eine vorher getroffene Vereinbarung erforderlich. Fehle diese wie hier, so sei von einer vGA auszugehen; die Zahlungen seien der gesellschafts-rechtlichen Ebene zuzuordnen. Dies gelte auch bei Erfüllung von zivilrechtlich begründeten Ansprüchen, die einem Gesellschafter möglicherweise ohne eine eindeutige Regelung zustehen würden.

11

Für die Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze im Klageverfahren und im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes (VI 400/97 V) verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet. Das Finanzamt hat das Einkommen der Klägerin zu Unrecht durch den Ansatz vGA in Höhe der übernommenen oder erstatteten Reisekosten erhöht.

13

Unter einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist beieiner Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. Dezember 1994 I R 98/93, BStBl. II 1995, 419 m.w.N.).

14

Der Geschäftsführer der Klägerin hat die fraglichen Reisen in den Streitjahren in Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit unternommen. Die Beteiligten gehen übereinstimmend von einer betrieblichen Veranlassung der Reisen und damit auch der Aufwendungen dafür aus. Anhaltspunkte für eine private (Mit-)Veranlassung sind von den Beteiligten weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich. Vom Grundsatz her sind deshalb auch die Übernahme bzw. die Erstattung der Reisekosten dem betrieblichen Bereich zuzuordnen. Erstattet eine Körperschaft ihrem Geschäftsführer vereinbarungsgemäß die diesem anlässlich vonbetrieblichen Reisen entstandenen Reisekosten, so sind diese Kosten grundsätzlich gewinnmindernd anzusetzen; ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter, so kann sich allenfalls die Frage stellen, ob die Erstattung eine vGA ist (BFH-Urteil vom 19. Februar 1999 I R 105-107/97, BStBl. II 1999, 321).

15

Die Annahme einer vGA kommt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH insbesondere in den Fällen in Betracht, in denen die Kapitalgesellschaft eine Leistung an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer erbringt und es für die Leistung an einer klaren und von vornherein abgeschlossenenwirksamen Vereinbarung zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter fehlt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 31. Mai 1995 I R 64/95, BStBl. II 1996, 246).

16

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es deshalb darauf an, ob für die Übernahme bzw. Erstattung von Reisekosten eine zuvor getroffene eindeutige mündliche oder sogar schriftliche Vereinbarung zwingend erforderlich ist, um eine vGA auszuschließen. In seinem Urteil vom 19. Februar 1999 (a.a.O.) brauchte sich der BFH mit dem Vorliegen einer klaren und von vornherein abgeschlossenen wirksamen Vereinbarung nicht zu befassen, weil eine Reisekostenerstattung im Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers eindeutig vereinbart worden war.

17

Für das Erfordernis einer klaren und von vornherein getroffenen Vereinbarung zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschenden Gesellschafter geht der BFH von dem Gedanken aus, dass ein Gesellschafter die Geschäfte der Gesellschaftaufgrund eines Anstellungsvertrags gegen Entgelt oder auch in seiner Gesellschaftereigenschaft ohne besondere Vergütung führen kann. Die schuldrechtlichen und die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Gesellschaft zu ihrem Gesellschaftermüssten, so der BFH, deshalb klar voneinander abgegrenzt sein. Das erfordere dort, wo diese Abgrenzung von den Gesellschaftern und der Gesellschaft selbst vorgenommen werden könnten, klare und eindeutige Vereinbarungen. Die Vereinbarung müsse sich auch auf zivilrechtlich begründete Ansprüche erstrecken, die einem Gesellschafter möglicherweise auch ohne eine eindeutige Regelung zustünden. Das gelte auch für den Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen, die der Gesellschafter im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit vorgenommen habe (BFH-Urteil vom 3. November 1976 I R 98/75, BStBl. II 1977, 172). Die im voraus getroffene Vereinbarung diene der Verhinderung von willkürlichen Beeinflussungen des Gewinns, dader beherrschende Gesellschafter die Möglichkeit habe, für seine Leistungen einen gesellschaftsrechtlichen oder einen schuldrechtlichen Ausgleich zu suchen (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 222/83, BFH/NV 1989, 103 m.w.N.). Nach einer früheren Entscheidung des erkennenden Senats ist eine vorherige eindeutige Vereinbarung auch dann zu fordern, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter Fahrtkostenersatz gewährt (Nds. Finanzgericht, Urteil vom 1. März 1990 VI 267 und 305/89, GmbHR 1991, 288). Das Schrifttum schließt sich weitgehend ohne nähere Begründung dieser Auffassung an (Streck, KStG § 8 Anmerkung 150 Stichwort "Reisekosten" unter 3; Mössner/Seeger KStG § 8 Randziffer 379; Schöberle/Hofmeister KStG § 8 Randziffer 272 Stichwort "Aufwendungsersatz"; andere Ansicht Frotscher/Maas KStG Anhang zu § 8 Stichwort "Aufwendungsersatz"; Barth DB 1977, 2252, 2255; Brezing FR 1977, 463, die eine von vornherein geschlossene Vereinbarung für diejenigen Erstattungen nicht verlangen, auf die gesetzlicher Anspruch besteht).

18

Der Senat folgt der oben genannten Rechtsprechung des BFH nicht in den Fällen der Übernahme oder Erstattung von Reisekosten und ändert seine im Urteil vom 1. März 1990 (a.a.O.)vertretene Auffassung. Bei den hier in Rede stehenden Reisekosten wie Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen, Übernachtungskosten und Nebenkosten handelt es sich um Aufwendungen, die bei betrieblich veranlassten Reisen typischerweise anfallen und die üblicherweise vom Arbeitgeber getragen oder dem Arbeitnehmer, der die Aufwendungen verauslagt hat, erstattet werden. Das gilt auch im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihrem Geschäftsführer. Wäre der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, so bestünden keine Zweifel daran, dass die übernommenen bzw. erstatteten Reisekosten als Betriebsausgaben zu behandeln sind, und zwar auch dann, wenn im Anstellungsvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung über Reisekostenerstattung getroffenen wurde. Die Besonderheit des Falles liegt hier in der Identität von Alleingesellschafter und Geschäftsführer; Manipulationen mit Einfluss auf den Gewinn sind somit möglich. Es ist daher mit dem BFH danach zu unterscheiden, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer einen schuldrechtlichen oder gesellschafftsrechtlichen Ausgleich sucht. Das ist nach der üblichen Handhabung in der Lebenswirklichkeit unter Beachtung der Umstäünde des Einzelfalls zu beurteilen.

19

Hier hat der Gesellschafter-Geschäftsführer als Betriebsausgabe abzugsfähigen Aufwendungsersatz erhalten, der jedem gesellschaftsfremden Arbeitnehmer oder Geschäftsführer gewährt worden wäre. Insofern liegt hier eine Besonderheit im Vergleich zu den vom BFH entschiedenen Fällen. In dem Urteil des BFH vom 3. November 1976 (a.a.O.) ging es um die Erstattung von Kosten für eine Reparatur des dem Geschäftsführer gehörenden Pkw's zusätzlich zu dem mit Anstellungsvertrag vereinbarten Fahrtkostenersatz. Eine vorherige Vereinbarung war hier insofern zu fordern, als einen gesellschaftsfremden Geschäftsführer oder Arbeitnehmer neben einem Fahrtkostenersatz Reparaturkosten üblicherweise nicht erstattet werden. In der Entscheidung des BFH vom 16. Dezember 1987 (a.a.O.) ging es um einen Aufwendungsersatz für die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft, die ein Gesellschafter eingegangen war. Bürgschaften werden nicht üblicherweise im Rahmen eines Anstellungsvertrags übernommen; dies wird in aller Regel ausdrücklich vereinbart sein. Dagegen stellen Reisekosten typische Aufwendungen dar, die üblicherweise erstattet werden. In einem solchen Fall kann - falls wie hier keine entgegenstehenden Anhaltspunkte gegeben sind - davon ausgegangen werden, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Reisekostenerstattung einen schuldrechtlichen Ausgleich für seine Aufwendungen sucht. Eine von vornherein getroffene klare Vereinbarung zur Vermeidung von Missbräuchen ist deshalb in derartigen typischen Fällen entbehrlich. Diese Auffassung vertrat der BFH auch noch in seinen Urteil vom 21. August 1962 I 225/60, HFR 1962, 339. Dort führte er noch aus, von dem Erfordernis einer von vornherein getroffenen klaren Vereinbarung könne dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn es sich um Vorteile handele, die üblicherweise Geschäftsführern ohne besondere Vereinbarung im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses gewährt würden. Denn dann sei die Unterstellung möglich, dass die GmbH ihren Gesellschafter-Geschäftsführer mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis nicht anders behandele, als sie einen fremden Gesellschafter-Geschäftsführer behandelt hätte. Die Entscheidung bezog sich auf die Überlassung eines betriebseigenen Pkw's an den Geschäftsführer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Die Fahrten seien - so der BFH - im allgemeinen üblich und würden einem Geschäftsführerauch ohne eine besondere Vereinbarung im Arbeitsvertrag gewährt.

20

Im zu entscheidenden Fall sprechen darüber hinaus die tatsächlichen Umstände für den schuldrechtlichen Ausgleich. Der Geschäftsführer bezog eine Vergütung, nahm also die Geschäftsführeraufgaben nicht unentgeltlich wahr. Deshalb spricht nichts dafür, dass dieser die Aufwendungen für betrieblich veranlasste Reisen selbst zu tragen bzw. aus den offenen Ausschüttungen decken wollte; denn das Gehalt war mit monatlich 2.000 DM zuzüglich einer ungleichmäßig gezahlten Tantieme von höchstens einem Jahresgehalt vergleichsweise gering; die Reisekosten vergleichsweise hoch. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Reisekosten aus dem Gehalt gezahlt werden sollten.

21

Für die rechtliche Beurteilung sieht der Senat keine Gründe für eine Unterscheidung zwischen den von der Klägerin unmittelbar getragenen Reisekosten wie die Flugkosten und dendem Geschäftsführer erstatteten Aufwendungen. Das wirtschaftliche Ergebnis, nämlich die entgültige Belastung der Klägerin mit den Reisekosten, ist nämlich identisch.

22

Da eine klare und im voraus getroffene Vereinbarung nicht erforderlich ist, kommt es auf die Beantwortung der Frage, ob eine Vereinbarung in der langjährigen Erstattungspraxis zu sehen ist, nicht an.

23

Da für die streitigen Zuwendungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer die gesellschaftsrechtliche Veranlassung fehlt, liegt eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht vor. Der Abfluss der Beträge führt folglich auch nicht zu anderen Ausschüttungen gemäß § 27 Abs. 3 KStG.

24

Die Berechnung der Steuer, der Messbeträge und der Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Finanzamt übertragen.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf§ 151 Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

26

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).