Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.11.2002, Az.: 6 K 302/00
Verspätete Auszahlung von Fahrtkostenerstattungen an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer; Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG ; Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA); Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 26.11.2002
- Aktenzeichen
- 6 K 302/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 20518
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2002:1126.6K302.00.0A
Rechtsgrundlagen
- § 47 Abs. 1 KStG
- § 8 Abs. 3 S. 2 KStG
Fundstellen
- EFG 2003, 1196-1198
- GmbHR 2003, 1152 (amtl. Leitsatz)
- INF 2003, 611
- KÖSDI 2003, 13868 (Kurzinformation)
- StuB 2004, 280
Redaktioneller Leitsatz
Die verspätete Auszahlung von Fahrtkostenerstattungen an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer führt nicht in jedem Fall zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) wegen zunächst nicht ausgezahltem Fahrkostenersatz.
Gegenstand der im Jahre 1991 gegründeten Klägerin ist ... . Am Stammkapital von 50.000,00 DM sind die Eheleute A. und B. X. mit je 20.000,00 DM und deren Sohn C. X. mit 10.000,00 DM beteiligt. Geschäftsführerin war bis zum 1. März 1993 B. X., seitdem ist A. X. Geschäftsführer.
In den mit den Geschäftsführern geschlossenen Verträgen wurde mit § 6 Nr. 3 ein Aufwendungsersatz wie folgt vereinbart:
"Soweit der Geschäftsführer für Zwecke der Geschäftsführung einen privaten Pkw benutzt, ersetzt ihm die Gesellschaft die Aufwendung nach den jeweils steuerlich zulässigen Höchstsätzen".
Vertragsänderungen bedurften der Schriftform sowie der ausdrücklichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
In den Streitjahren wurden für betriebliche Fahrten der Klägerin von Herrn und Frau X. zwei private Pkw's eingesetzt. Die gefahrenen Kilometer und der Ausweis der entstandenen Kosten (Abrechnung mit 0,52 DM je gefahrenen Kilometer) wurden unter Angabe des Kennzeichens, des Tachometerstandes zu Beginn und bei Beendigung der Fahrt sowie des Reisezwecks monatlich in einem Fahrtenbuch aufgeführt. Im Streitjahr 1992 kam nur ein Teil der Kostenerstattungen zur Auszahlung. Danach erfolgte zunächst keine Auszahlung mehr. Am 12. März 1993 beschloss die Gesellschafterversammlung: Um keinen Bankkredit in Anspruch nehmen zu müssen, stunden die Gesellschafter B. und A. X. teilweise die abgerechneten und noch abzurechnenden Kilometerpauschalen zinslos; sobald es die wirtschaftliche Situation der GmbH zulässt, werden diese Beträge ausgezahlt. Eine Auszahlung erfolgte ab dem Jahre 1996 und war im Mai 2000 abgeschlossen.
Für die Streitjahre wurden folgende Beträge zunächst nicht ausgezahlt: 37.768,56 DM für 1992, 42.616,62 DM für 1993, 31.816,32 DM für 1994 und 33.956,21 DM für 1995, jeweils einschließlich Umsatzsteuer. Die Klägerin verbuchte die Nettobeträge gewinnmindernd und buchte die Bruttobeträge als sonstige Verbindlichkeiten. Nach einer Außenprüfung erkannte das Finanzamt (FA) die als sonstige Verbindlichkeiten erfassten Erstattungsbeträge steuerlich nicht an mit der Begründung, ein fremder Arbeitnehmer würde nichtüber einen langen Zeitraum auf die Erstattung seiner privat verauslagten Gelder verzichten und einer GmbH ohne vertragliche Sicherheit unverzinst zur Verfügung stellen. Aufgrund der Nichtauszahlung der Kilometergelder an die Eheleute X. würden die Anstellungsverträge nicht eingehalten und hielten somit einem Fremdvergleich nicht Stand. Das FA löste die sonstigen Verbindlichkeiten gewinnerhöhend auf. Es änderte bzw. erließ Steuerbescheide für die Streitjahre und berücksichtigte dabei die Gewinnerhöhungen.
Mit Bescheid vom 12. April 2000 wies das FA die gegen die Bescheide eingelegten Einsprüche für die Streitjahre 19.02.1994 als unbegründet zurück; für das Streitjahr 1995 nahm es hier nicht streitige Änderungen vor. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Vereinbarungen zur Erstattung der Fahrtaufwendungen seien mangels tatsächlicher Durchführung nicht als ernstlich anzusehen. Die als Betriebsausgaben gebuchten Aufwendungen seien als vGA dem Einkommen wieder hinzuzurechnen. Zuvor hatte das FA der Klägerin bereits mitgeteilt, die Änderung der Rechtsauffassung, nunmehr die sonstigen Verbindlichkeiten nicht gewinnerhöhend aufzulösen, sondern vGA anzunehmen, führe ausweislich von Probeberechnungen, die die Herstellung einer Ausschüttungsbelastung nicht berücksichtigten, zu keiner Änderung der Steuer.
Die Klägerin hat Klage erhoben, mit der sie sich gegen den Ansatz von vGA wendet. Die Erstattungsbeträge seien aufgrund der schlechten Liquidität der Klägerin nicht ausgezahlt worden. Die Liquiditätsnot resultiere hauptsächlich daraus, dass die Stadt Y. als Auftraggeberin für die Arbeiten der Klägerin auf einer Großbaustelle keine Zahlungen geleistet habe. Aus Sicht der Geschäftsführer der Klägerin sei die Abrechnung und die Auszahlung durch die Stadt nur mit fehlenden Haushaltsmitteln auf der Auftraggeberseite zu begründen. Anfangs hätte davon ausgegangen werden können, dass jeden Monat mit einem Geldeingang hätte gerechnet werden können und somit auch ein Ausgleich der Verbindlichkeiten möglich würde. Aus diesem Grunde hätten sich die Gesellschafter nicht veranlasst gesehen, Maßnahmen zur Sicherung der Ansprüche in Erwägung zu ziehen. Es sei deshalb zunächst beschlossen worden, die noch rückständigen Kilometerpauschalen zinslos der Klägerin zu überlassen. Es sei insgesamt nicht abzusehen gewesen, dass sich die Auszahlung der Erstattungsbeträge so lange hinziehen würde.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide für 19.02.1995 über Körperschaftsteuer, Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG, Gewerbesteuermessbetrag und Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags, alle i.d.F. des Einspruchsbescheids vom 12. April 2000, zu ändern und die Steuer, die Besteuerungsgrundlagen, die Gewerbesteuermessbeträge und die Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge unter Außerachtlassung eines Ansatzes von vGA i.H.v. 37.768,56 DM für 1992, 42.616,62 DM für 1993, 31.816,32 DM für 1994 und 33.956,21 DM für 1995 anderweitig festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält an seiner Rechtsauffassung fest.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Das FA hat das Einkommen der Klägerin zu Unrecht durch die Nichtanerkennung von Betriebsausgaben bzw. durch den Ansatz von vGA i.H. der den Eheleuten X. erstatteten und in den Streitjahren nicht ausgezahlten Fahrtkosten erhöht.
Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) dürfen vGA das Einkommen der Körperschaft nicht mindern. Unter einer vGA i.S. dieser Vorschrift ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Die Annahme einer vGA setzt zusätzlich voraus, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH-Urteil vom 7. August 2002 I R 2/02, GmbHR 2003, 118 m.w.N.).
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender Gesellschafter, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren und vorhinein abgeschlossenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (BFH-Urteil vom 13. November 1996 I R 53/95, BFH/NV 1997, 622).
Die Eheleute X. haben ihre privaten Pkw's in den Streitjahren unstreitig der Klägerin für Fahrten zu Baustellen zur Verfügung gestellt. Die Beteiligten gehenübereinstimmend von einer betrieblichen Veranlassung der Fahrten und damit auch der Aufwendungen dafür aus. Anhaltspunkte für eine private (Mit-)Veranlassung sind von den Beteiligten weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich. Vom Grundsatz her ist deshalb die Erstattung der Fahrkosten dem betrieblichen Bereich zuzuordnen. Erstattet eine Körperschaft ihrem Geschäftsführer oder einer anderen Person vereinbarungsgemäß Fahrkosten, die durch die betriebliche Nutzung eines privaten Pkw's entstanden sind, so sind diese Kosten grundsätzlich gewinnmindernd anzusetzen; sind die begünstigten Personen zugleich Gesellschafter, so stellt sich die Frage, ob die Erstattung der Fahrkosten vGA ist.
Hier hat die Klägerin den Eheleuten X. die unstreitig dem Grunde und der Höhe nach entstandenen Fahrkostenerstattungen gewährt, die Erstattungen als Betriebsausgaben gewinnmindernd behandelt und die Ansprüche der Eheleute X. (wegen Nichtauszahlung in den Streitjahren) als sonstige Verbindlichkeiten passiviert. Die gewährten Fahrkostenerstattungen haben den Gewinn der Klägerin gemindert. Die Erstattungen sind Gesellschaftern zugute gekommen; bei ihnen könnte ein sonstiger Bezug gegeben sein. Unstreitig hätte die Klägerin die Fahrkostenerstattung dem Grunde und der Höhe nach auch einem fremden Dritten gewährt. Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Annahme unzutreffend ist. Dem Grunde nach sind Fahrkostenerstattungen bei betrieblicher Verwendung eines privaten Pkw's allgemein üblich. Die Kilometersätze sind auf die steuerlich zulässigen Höchstsätze begrenzt. Von einer überhöhten Erstattung kann daher nicht die Rede sein. Die Klägerin hat daher den Eheleuten X. nichts anderes und nicht mehr gewährt, als einem fremden Dritten gewährt worden wäre.
Im zu entscheidenden Fall sind ferner die Grundsätze anzuwenden, die die Rechtsprechung für die Beurteilungen von Leistungen an beherrschende Gesellschafter aufgestellt hat. Ein beherrschender Gesellschafter ist ein solcher, der in Anbetracht der Höhe seines Gesellschaftsanteils die Entscheidungen der Gesellschaft bestimmen kann. Im Allgemeinen ist ein Mehrheitsgesellschafter beherrschender Gesellschafter. A. und B. X. sind jeweils nur zu 40 % am Stammkapital beteiligt, jeder für sich beherrscht die Klägerin deshalb nicht. Da es sich bei diesen Personen um Eheleute handelt und dieselbe Sachverhaltskonstellation hier für die rechtliche Beurteilung von Bedeutung ist, kann von der Verfolgung gleichgerichteter Interessen der beiden Personen ausgegangen werden. Zusammen beherrschen die Eheleute X. die Klägerin. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es daher darauf an, ob die Fahrkostenerstattungen auf einer klaren und von vornherein abgeschlossenen wirksamen Vereinbarungen zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern beruhen und ob diese Vereinbarungen auch wie unter fremden Dritten umgesetzt worden sind.
Die Anstellungsverträge der Eheleute X., die während ihrer Einstellung als Geschäftsführer galten, enthalten eine klare und eindeutige Vereinbarung zu den Fahrkostenerstattungen. Für Zeiten, in denen sie nicht Geschäftsführer waren, bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung nicht.
Für das Erfordernis einer klaren und von vornherein getroffenen Vereinbarung zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschenden Gesellschaftern geht der BFH von dem Gedanken aus, dass ein Gesellschafter die Geschäfte der Gesellschaft aufgrund eines Anstellungsvertrages gegen Entgelt oder auch in seiner Gesellschaftereigenschaft ohne besondere Vergütung führen kann. Für Nicht-Geschäftsführer kann davon ausgegangen werden, dass er in seiner Gesellschaftereigenschaft in anderer Weise für die Gesellschaft tätig wird oder - wie hier - einen privaten Pkw gegen Kostenerstattung zur Verfügung stellt. Die schuldrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Gesellschaft zur ihrem Gesellschafter müssen, so der BFH, deshalb klar voneinander abgegrenzt sein. Das erfordert dort, wo diese Abgrenzung von den Gesellschaftern und der Gesellschaft selbst vorgenommen werden können, klare und eindeutige Vereinbarungen. Die Vereinbarung muss sich auch auf zivilrechtlich begründete Ansprüche erstrecken, die einem Gesellschafter möglicherweise auch ohne eine eindeutige Regelung zustehen. Das gilt auch für den Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen, die der Gesellschafter im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit vorgenommen hat (BFH-Urteil vom 3. November 1976 I R 98/75, BStBl II 1977, 172). Die im voraus getroffene Vereinbarung dient der Verhinderung von willkürlichen Beeinflussungen des Gewinns, da der beherrschende Gesellschafter die Möglichkeit hat, für seine Leistungen einen gesellschaftsrechtlichen oder einen schuldrechtlichen Ausgleich zu suchen (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 222/83, BFH/NV 1989, 103 m.w.N.).
In seinem Urteil vom 29. Juni 1999 VI 110/97 (EFG 2000, 235) ist der Senat der Rechtsprechung des BFH für die Fälle der Übernahme oder Erstattung von Reisekosten an den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht gefolgt. Bei den dort in Rede stehenden Reisekosten wie Fahrkosten, Verpflegungsmehraufwendungen, Übernachtungskosten und Nebenkosten handelt es sich um Aufwendungen, die bei betrieblich veranlassten Reisen typischerweise anfallen und die üblicherweise vom Arbeitgeber getragen oder dem Arbeitnehmer, der die Aufwendungen verauslagt hat, erstattet werden. Das gilt auch im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihrem Geschäftsführer. Wäre der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, so bestehen keine Zweifel daran, dass die übernommenen bzw. erstatteten Reisekosten als Betriebsausgaben zu behandeln sind, und zwar auch dann, wenn im Anstellungsvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung über Reisekostenerstattung getroffen worden ist. Die Besonderheit des Falles liegt in der Identität von Alleingesellschafter und Geschäftsführer; Manipulationen mit Einfluss auf den Gewinn sind somit möglich. Es ist daher mit dem BFH danach zu unterscheiden, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer einen schuldrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Ausgleich sucht. Das ist nach der üblichen Handhabung in der Lebenswirklichkeit unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat dieüblicherweise an fremde Arbeitnehmer zu erstattenden Reisekosten erhalten. Manipulationen hinsichtlich Grund und Höhe der Reisekosten sind nicht zu besorgen. Einer ausdrücklichen Vereinbarung der Erstattung von Reisekosten bedarf es daher nicht.
Diese Grundsätze müssen im hier zu entscheidenden Fall für Zeiträume gelten, in denen eine Fahrkostenerstattung nicht ausdrücklich vereinbart war, dh. für die Zeit, in denen B. bzw. A. X. nicht Geschäftsführer war und deshalb eine Fahrtkostenerstattung - jedenfalls nicht mit dem Geschäftsführervertrag - vereinbart war.
Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter müssen auch wie vereinbart oder - soweit bei Entbehrlichkeit einer Vereinbarung nicht vereinbart - wie unter fremden Dritten durchgeführt werden. Wird eine Vereinbarung nicht wie vereinbart umgesetzt, kann nicht davon ausgegangen werden, die Leistung wäre einem fremden Dritten auch gewährt worden, denn ein fremder Dritter hätte auf der Erfüllung der Vereinbarung bestanden. Die tatsächlich Durchführung einer Vereinbarung ist deshalb Indiz für die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung und Maßstab für die Beurteilung, ob das in Rede stehende Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaft und ihren Gesellschaftern einem Fremdvergleich standhält. Hier steht die verspätete Auszahlung der Fahrtkostenerstattungen der Annahme der Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen nicht entgegen.
Der BFH hat in seinem Urteil vom 13. November 1996 IR 53/95 (BFH/NV 1997, 622 [BFH 13.11.1996 - I R 53/95]) Stellung dazu genommen, ob eine unregelmäßig oder verspätete Zahlung einer vereinbarten Leistung an einem beherrschenden Gesellschafter eine vGA darstellt. Er hat für den Fall der monatlich geschuldeten Gesellschafter-Geschäftsführer-Gehälter ausgeführt, die unregelmäßige oder verspätete Zahlung sei Indiz für die gesellschaftliche Veranlassung der Gehaltszahlung, denn einem fremden Dritten gegenüber werde ein Arbeitgeber vor allem dann um pünktliche Bezahlung von Löhnen und Gehältern bemüht sein, wenn der gedeihliche Fortbestand des Unternehmens von dem Einsatz des Arbeitsnehmers abhängt und der Arbeitnehmer auf die Gehaltszahlung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen sei. Das gelte regelmäßig auch für einen Geschäftsführer, der sich verpflichtet habe, seine gesamte Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Nur in besonderen Fällen des Einzelfalles vermöge ein Aufschub von Gehaltszahlungen nicht zur vGA zu führen. Ein fremder Arbeitnehmer würde im Falle der Stundung auch um Sicherheiten besorgt sein. Für die Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil verwiesen.
Im zu entscheidenden Fall sind die geschuldeten Fahrkostenerstattungen zunächst nicht ausgezahlt worden; am 12. März 1993 trafen die Gesellschafter und die Kapitalgesellschaft eine Stundungsabrede. Das Gericht folgt im Grundsatz der oben dargestellten Rechtsprechung des BFH, sieht hier jedoch Abweichungen im zugrunde liegenden Sachverhalt, die eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen.
Die Besonderheit liegt im Streitfall darin, dass es nicht um die Auszahlung von Gehältern geht, die in aller Regel zur Bestreitung des Lebensunterhalts des Beschäftigten dienen. Hier haben die Gesellschafter lediglich auf die zeitnahe Auszahlung von geschuldeten Fahrkostenerstattungen vorübergehend verzichtet. Die Fahrkostenerstattung dürfte für die Bestreitung des Lebensunterhalts nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein. Eine gravierende finanzielle Einbuße haben die Gesellschafter der Klägerin durch die Stundung der Erstattungsansprüche nicht erlitten. Sie haben ihre privaten Pkw's für betriebliche Zwecke eingesetzt. Bis auf die zusätzlichen Aufwendungen für Benzin und evtl. kleine Reparaturen sind die Kosten für die Unterhaltung der Fahrzeuge ohnehin angefallen (Kraftfahrzeugsteuer, Versicherung, Abschreibungen).
Die Klägerin hat nachvollziehbare Gründe für den Aufschub der Auszahlung genannt, die plausibel sind und die nach Auffassung des Senats auch ein fremder Arbeitnehmer vorübergehend hingenommen hätte. Unstreitig befand sich die Klägerin in den Streitjahren in einem Liquidationsengpass, der auf die Nichtabrechnung eines Großprojekts und die nicht zeitnahe Begleichung der Rechnung durch die Stadt Y. beruhte. Vor diesem Hintergrund erscheint nachvollziehbar, dass die Klägerin alle solche Zahlungen vorübergehend einstellt, die nicht zwingend für die Fortführung des Unternehmens notwendig sind. Wie die Klägerin unbestritten vorgetragen hat, war jederzeit mit dem Eingang von Geldmitteln aus der Abrechnung des Großprojekts zu rechnen, so dass in den ersten Monaten (Mitte 1992 bis Frühjahr 1993) der Abschluss einer besonderen Stundungsabrede nicht notwendig erschien, denn es sollte sich nur um einen jeweils kurzfristigen Aufschub der Auszahlung handeln. Dass eine Stundungsabrede erst am 12. März 1993 getroffen wurde, lässt daher nicht den Schluss darauf zu, die Auszahlung der aufgelaufenen Erstattungsansprüche sei nicht mehr ernsthaft gewollt. Die genannte Stundungsabrede erstreckte sich auch auf künftige Fahrkostenerstattungsansprüche. Wie ausdrücklich erklärt geschah dies, um keine Bankkredite künftig in Anspruch nehmen zu müssen. Dieser Grund für eine längerfristige Stundungsabrede erscheint dem Senat aus betriebswirtschaftlichen Gründen angemessen und nachvollziehbar.
Wie bereits ausgeführt hält die Rechtsprechung bei Vereinbarungen zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter die vorherige wirksame Vereinbarung einer Leistung und die tatsächlichen Durchführung der Vereinbarung für erforderlich, um Manipulationen mit Auswirkungen auf den Gewinn der Kapitalgesellschaft zu vermeiden. Die genannte Rechtsprechung bezieht sich auf Leistungen, die sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach vertraglich vereinbart und nach freiem Belieben der Vertragspartner geändert werden können. Dies gilt insbesondere für Festgehälter und Tantiemen. Durch die genannten Erfordernisse soll für steuerrechtliche Zwecke verhindert werden, dass die Besteuerungsgrundlagen (der Gewinn) nach Belieben gestaltet werden können. Bei der Vereinbarung von Fahrkostenerstattung gilt dies nur in eingeschränktem Maße. Die steuerlich anzuerkennenden Erstattungsbeträge sind gesetzlich normiert, sie können nicht beliebig vereinbart werden. Auch im zu entscheidenden Fall haben die Vertragsparteien die Erstattung der Fahrkosten nach den steuerlich zulässigen Höchstsätzen vereinbart und nach unstreitigem Vorbringen des FA auch tatsächlich berechnet. Eine Manipulationsmöglichkeit ist deshalb hier ausgeschlossen.
In Ansehung der Art der den Gesellschaftern gewährten Leistung und im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalles sieht der Senat die Fahrkostenerstattungen als ernstlich vereinbart an. Sie sind deshalb betrieblich und nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst. Für den Ansatz einer vGA ist kein Raum.
Die Berechnung der Steuer wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.