Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.06.1999, Az.: VIII 562/98
Ausdehnung einer steuerfreien Entnahme von zu einer Wohnung gehörendem Grund und Boden auf ein 400 Meter entferntes Baugrundstück
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 15.06.1999
- Aktenzeichen
- VIII 562/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 32464
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0615.VIII562.98.0A
Rechtsgrundlage
- § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 1 EStG
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 1996
Amtlicher Leitsatz
Die nach § 52 Abs. 15 EStG zulässige steuerfreie Entnahme des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens umfasst nicht ein 400 m entferntes - als Hausgarten genutztes - Baugrundstück.
Der VIII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 15. Juni 1999,
an der mitgewirkt haben:
1. Vorsitzende Richter ... am Finanzgericht ...
2. Richter am Finanzgericht ...
3. Richterin am Finanzgericht ...
4. ehrenamtliche Richterin ... Landwirtin
5. ehrenamtlicher Richter ... Textilkaufmann
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Entnahmegewinn für ein 1.170 qm großes Grundstück nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 1 EStG außer Ansatz zu lassen ist.
Der am 22.08.1926 geborene Kläger wohnt in D und unterhielt dort bis zur Betriebsaufgabe am 30.06.1996 einen landwirtschaftlichen Betrieb. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 ermittelte er einen Aufgabegewinn in Höhe von 202.268 DM. Dabei ließ er ein 1.170 qm großes Grundstück als zum Wohnhaus gehörend gem. § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 1 EStG außer Ansatz.
Das beklagte Finanzamt - FA - ermittelte demgegenüber einen Aufgabegewinn in Höhe von 294.078 DM, da die Voraussetzungen für eine steuerfreie Entnahme des Grundstücks nicht erfüllt seien.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die vorliegende Klage. Der Kläger trägt vor, dass er das Grundstück als Hausgarten nutze. eine Nutzungsänderung sei auch nicht vorgesehen. An seinem Wohnhaus sei aus räumlichen Gründen auch kein Hausgarten vorhanden. Der Garten sei zwar gesondert parzelliert, solle aber nicht als Bau- oder Industrieland genutzt werden.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 1996 zu ändern und die Einkommensteuer von 51.106 DM auf 28.805 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist auf seinen Einspruchsbescheid, in dem ausgeführt wird, dass eine steuerfreie Entnahme des Grundstücks, das 400 mvom Wohnhaus entfernt liege und jederzeit bebaut werden könne, nicht möglich sei. Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird ergänzend auf die im Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze sowie die Steuerakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 1 EStG bleibt ein Entnahmegewinn außer Ansatz, wenn nach dem 31. Dezember 1986 die bis dahin zum notwendigen Betriebsvermögen gehörende Wohnung und der dazu gehörende Grund und Boden entnommen werden.
Im Streitfall besteht Einigkeit darüber, dass das 1.170 qm große Grundstück entnommen wurde. Auch die Höhe des Entnahmegewinns ist unstreitig. Dieser Entnahmegewinn ist jedoch - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 1 EStG außer Ansatz zu lassen.
Das 1.170 qm große Flurstück ist kein "dazugehörender Grund und Boden" der ebenfalls entnommenen Hof- und Gebäudefläche ... auf dem sich im Streitjahr die Wohnung des Klägers befand.
Den Ausführungen des BFH-Urteils vom 24. Oktober 1996 IV R 43/95 (BStBl II 1997, 50) folgend, umfasst die im Rahmen des § 52 Abs. 15 EStG zulässige steuerfreie Entnahme des zu einer Wohnung gehörenden Grund und Bodens nur die für die künftige private Nutzung erforderlichen Zubehörflächen. Die steuerfreie Entnahme weiterer Flächen ist danach selbst dann ausgeschlossen, wenn diese im Entnahmezeitpunkt als Hausgarten genutzt werden.
Der Nutzungs- und Funktionszusammenhang eines Hausgartens mit der Wohnung des Landwirts mag zwar einen Anhaltspunkt für die Bestimmung des zugehörigen Grund und Bodens liefern und in diesem Sinne sehen die zu diesem Begriff ergangenen Verwaltungsanweisungen vor, dass in engem räumlichen Zusammenhang mit dem Wohngebäude stehende Gartenflächen bis zur Größe von 1.000 qm zu den Hof- und Gebäudeflächen zählen. Dies ist indessen mit dem BFH-Urteil, a.a.O., eine Nichtbeanstandungsgrenze, nicht aber eine Regelung, die einen Anspruch auf Entnahme weiterer 1.000 qm bebaubaren Grund und Bodens neben der mit Wohnung bebauten Fläche begründen.
Für den Streitfall ergibt sich daraus, dass die Entnahme des 1.170 qm großen Flurstücks ... nicht begünstigt ist.
Abgesehen davon, dass das Flurstück ... von der Wohnung des Klägers 400 m entfernt ist und damit nicht in einem engen räumlichen Zusammenhang mit der Wohnung steht, ist es selbständig bebaubar. Mag es auch nach der Entnahme weiterhin als Hausgarten genutzt werden, ist diese Nutzung nicht zwingend geboten. Ein 1.170 qm großes Grundstück entspricht auch durchaus einer für Wohngebäude üblichen Größe oder überschreitet diese gar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.