Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.02.1996, Az.: III 656/89

Aussetzung der Vollziehung eines Erbschaftsteuerbescheids; Eintritt von Festsetzungsverjährung; Berücksichtigung einer Anlaufhemmung bei der Berechnung der Festsetzungsfrist; Anzeigepflichtigkeit für den Erwerb von Todes wegen; Unzutreffende testamentarische Angabe über das zugrunde liegende Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erwerber und Erblasser; Sinn und Zweck des § 30 Abs. 1 ErbStG (Erbschaftsteuergesetz) i. V. m. § 30 Abs. 3 S. 1 ErbStG (Erbschaftsteuergesetz); Erfordernis einer teleologischen Reduktion zur Ausfüllung einer "verdeckten Lücke"

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
14.02.1996
Aktenzeichen
III 656/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18721
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0214.III656.89.0A

Fundstelle

  • EFG 1996, 665-666 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Wegfall der Anzeige nach § 30 III1 ErbStG

Aufhebung der Vollziehung von Erbschaftsteuer

Der III. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 14. Februar 1996,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids des Beklagten vom 18. Januar 1989 und des Beschwerdebescheids der Oberfinanzdirektion Hannover vom 23. November 1989 wird der Beklagte verpflichtet, die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids vom 12. Dezember 1988 über 14.938 DM Erbschaftsteuer aufzuheben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an die Klägerin zu erstattenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Gegenstand der Klage ist der die Aussetzung der Vollziehung ablehnende Bescheid des Beklagten, seinerzeit noch das für die Erbschaftsbesteuerung zuständige Finanzamt ..., vom 18. Januar 1989, bestätigt durch Beschwerdebescheid der Oberfinanzdirektion Hannover <OFD> vom 23. November 1989.

2

Strittig ist, ob gegen die Klägerin Erbschaftsteuer durch das beklagte Finanzamt (FA) deshalb wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr festgesetzt werden durfte, weil die Klägerin gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) für den Erwerb von Todes wegen nicht anzeigepflichtig war und demgemäß bei der Berechnung der Festsetzungsfrist eine Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) nicht zu berücksichtigen war.

3

Am 23. Juli 1962 verstarb die Witwe P., geb. B. (Erblasserin). Das von der Erblasserin am 29. Mai 1951 errichtete Testament wurde am 21. August 1962 vom Amtsgericht ... eröffnet. In dem Testament werden u.a. auch verschiedene Vermächtnisse, teilweise auch zugunsten der Klägerin, angeordnet. Die Klägerin wird als Nichte der Erblasserin bezeichnet. Außer sofort auszuführenden Sachvermächtnissen ist die Klägerin als Vermächtnisnehmerin - neben drei weiteren Vermächtnisnehmerinnen - in der weise bedacht, daß nach dem Ableben der Stiefmutter der Erblasserin, der Witwe A. B., der ... Grundbesitz der Erblasserin veräußert und der Erlös auf die Klägerin und die übrigen drei vermächtnisnehmerinnen zu gleichen Teilen verteilt werden soll.

4

Das FA besteuerte den Erbfall - ausgenommen die vom Ableben der Stiefmutter der Erblasserin abhängigen Vermächtnisse - mit Steuerbescheid vom 18. Juni 1965. Die entsprechende Erbschaftsteuerakte ist beim Beklagten nicht mehr vorhanden.

5

Am 24. März 1981 verstarb die Stiefmutter der Erblasserin, die Witwe A. B.. Der Testamentsvollstrecker, der Ehemann der Klägerin, veräußerte in 1982/83 den Landwirtschaftlichen Grundbesitz der Erblasserin zu einem Preis von 283.695 DM und kehrte von diesem Erlös ein viertel (70.923 DM) an die Klägerin aus. Im Februar 1986 wurde das Erbschaftsteuerfinanzamt von der Landwirtschaftlichen Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts H. auf diesen Vorgang aufmerksam gemacht. Dieses erließ daraufhin am 12. Dezember 1988 gegen die Klägerin einen Erbschaftsteuerbescheid, der unter Anwendung der Steuerklasse IV eine Erbschaftsteuer von 14.938 DM festsetzte. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, über den bisher - im Einvernehmen der Beteiligten - nicht entschieden worden ist.

6

Zugleich beantragte die Klägerin, die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheides auszusetzen, da Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Eine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO komme, nicht in Betracht, da gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 ErbStG sie keine Anzeigepflicht für den Erwerb treffe.

7

Mit den angefochtenen Bescheiden lehnte das FA und ihm folgend die OFD Hannover die Aussetzung der Vollziehung der Erbschaftsteuer ab.

8

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Klage und trägt vor: Sie, die Klägerin, sei zwar nicht - wie im Testament angegeben - die Nichte der Erblasserin, sondern das Enkelkind des Bruders der Mutter der Erblasserin (Cousine bzw. Base), wenn insoweit im Testament das Verwandschaftsverhältnis zwischen ihr und der Erblasserin auch nicht korrekt beschrieben sei, so sei doch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 30 Abs. 3 ErbStG davon auszugehen, daß dessen rechtliche Folge, nämlich der Wegfall der Anlaufhemmung, eingetreten sei, da auch aufgrund des im Testament ungenau beschriebenen Verwandtschaftsverhältnisses das Finanzamt habe tätig werden müssen. Denn ihr Erwerb laut Testament als "Nichte" habe über dem Freibetrag der Steuerklasse III gelegen. Habe aber das Finanzamt erkennen können, daß ein steuerpflichtiger Erwerb gegeben sei, so hätte es sie oder den Testamentsvollstrecker zur Abgabe einer Steuererklärung bei Eintritt der für das Vermächtnis maßgebenden Bedingung, nämlich des Todes der Stiefmutter der Erblasserin, auffordern können. Das sei aber nicht geschehen. Im übrigen müsse dem Beklagten das zutreffende Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihr und der Erblasserin bekannt gewesen sein, da dieses für die unmittelbar nach dem Tode der Erblasserin zu erfüllenden Vermächtnisse von Bedeutung gewesen sei. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, daß die Erbschaftsteuerakte der Erblasserin im Jahre 1981 dem Finanzamt nicht mehr zur Verfügung gestanden habe bzw. möglicherweise seinerzeit die Klärung des Verwandtschaftsverhältnisses unterblieben sei. Dann habe aber der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid vom 12. Dezember 1988 nicht mehr ergehen dürfen, weil bereits Ende 1985 Festsetzungsverjährung eingetreten sei.

9

Die streitige Erbschaftsteuer ist am 12. Dezember 1989 durch Umbuchung entrichtet worden.

10

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Hufhebung des Ablehnungsbescheids des Finanzamts vom 18. Januar 1989 und des Beschwerdebescheids der OFD Hannover vom 23. November 1989 das Finanzamt zu verpflichten, die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheides vom 12. Dezember 1988 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Er ist der Auffassung, der Steueranspruch sei zur Zeit des Erlasses des Erbschaftsteuerbescheids vom 12. Dezember 1988 noch nicht festsetzungsverjährt gewesen. Die Klägerin sei gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG zur Anzeige des Erwerbs verpflichtet gewesen. Diese Verpflichtung sei nicht gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 ErbStG entfallen, weil sich aus der testamentarischen Verfügung das verwandtschaftliche Verhältnis der Klägerin zu der Erblasserin nicht unzweifelhaft ergebe. Die im Testament verwendete Bezeichnung "Nichte" sei unzutreffend. Für das Bestehen oder Nichtbestehen der Anzeigepflicht sei es unerheblich, welche Schlüsse das FA aus dem Ausdruck "Nichte" ziehe und ob es auch ohne Kenntnis des zutreffenden Verwandtschaftsverhältnisses eine Steuer habe festsetzen können. Das richtige Verwandtschaftsverhältnis sei dem FA auch im Zeitpunkt des Eintritts des aufschiebendbedingten Erwerbs im Jahre 1981 nicht bekannt gewesen. Die betreffende Akte habe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Verfügung gestanden. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß diese Akte Angaben zum zutreffenden Verwandtschaftsverhältnis enthalten habe. Denn das zum Todeszeitpunkt der Erblasserin angefallene Vermächtnis zugunsten der Klägerin habe nicht der Erbschaftsteuer unterlegen, so daß entsprechende Ermittlungen nicht erforderlich gewesen seien.

13

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist begründet.

15

Der Aussetzungsantrag der Klägerin ist zu Unrecht abgelehnt worden.

16

Die Aussetzung der Vollziehung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel, an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 361 Abs. 2 AO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsrates bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluß vom 10. Febr. 1967 III B 9/66, BStBl II 1967, 12; BFH-Beschluß vom 4. Febr. 1987 II B 33/85, BStBl II 1987, 36).

17

Solche Umstände sind im Streitfall gegeben.

18

Denn es ist ernsthaft zweifelhaft, ob nicht bereits mit Ablauf des Kalenderjahres 1985 gemäß den §§ 170 Abs. 1, 169 Abs. 2 Nr. 2 HO Festsetzungsverjährung eingetreten ist, so daß der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid vom 12. Dezember 1988 nicht mehr ergehen durfte.

19

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn in die Berechnung der Festsetzungsfrist eine dreijährige sogenannte Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO einzubeziehen wäre, weil die Klägerin einer Verpflichtung zur Anzeige des Erwerbs von Todes wegen, nämlich des Vermächtnisses, nach § 30 Abs. 1 ErbStG nicht nachgekommen wäre.

20

Gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG ist der der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb vom Erwerber binnen einer Frist von drei Monaten nach Erlangen der Kenntnis von dem Anfall dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Welche Angaben die Anzeige enthalten soll, bestimmt § 30 Abs. 4 ErbStG. Hierzu gehört u.a. auch das persönliche Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser, wie Verwandtschaft, Schwägerschaft, Dienstverhältnis (§ 30 Abs. 4 Nr. 5 ErbStG).

21

Die Anzeigepflicht entfällt u.a. dann, wenn der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht eröffneten Verfügung von Todes wegen beruht und sich aus der Verfügung das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergibt (§ 30 Abs. 3 Satz 1 ErbStG).

22

In diesem Zusammenhang sieht der Senat es als ernstlich zweifelhaft an, ob ein Wegfall der Anzeigepflicht des Erwerbers nach § 30 Abs. 3 Satz 1 ErbStG nicht bereits dann eintritt, wenn das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erwerber und Erblasser zwar - wenn auch ungenau - angegeben worden ist, jedoch auch nach der unzutreffend angegebenen Verwandtschaftsbezeichnung eine Erbschaftsteuerpflicht unter Beachtung der sich daraus ergebenden Steuerklasse sowie des maßgeblichen Freibetrages zu bejahen ist.

23

Zwar spricht für die vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung zunächst der Wortlaut des § 30 Abs. 3 Satz 1 ErbStG, wonach sich aus der Verfügung das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergeben soll. Dem steht jedoch der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 30 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 ErbStG entgegen. Die Anzeigepflicht ist kein Selbstzweck und keine sinnlose Geste. Sie soll der Unterrichtung des Finanzamts dienen und kann daher entfallen, wenn diesem der Inhalt der Anzeige entweder bereits bekannt ist oder wenn der Kenntniserwerb auf anderem Wege als genügend gesichert erscheint (vgl. Meincke, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz und Schenkungssteuergesetz, 10, Aufl., § 30 Tz. 8). Die Vorschrift des § 30 Abs. 3 Satz 1 ErbStG muß auch in Korrespondenz zu § 30 Abs. 4 Nr. 5 ErbStG gesehen werden, der - bei Bestehen der Anzeigepflicht - die Angabe des persönlichen Verhältnisses des Erwerbers zum Erblasser lediglich als Soll-Vorschrift statuiert. Insbesondere ist bei einer von einem deutschen Gericht eröffneten Verfügung von Todes wegen bereits gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG sichergestellt, daß das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt über die Verfügung von Todes wegen unterrichtet wird. Es kommt hinzu, daß die von Erben und Beschenkten gemäß § 30 ErbStG zu erstattenden Anzeigen nur als Hilfsmittel zur Prüfung der Steuerpflicht gedacht sind und die gemäß § 31 ErbStG vom FA beim Erwerben anzufordernden Steuererklärungen nicht zu ersetzen vermögen (vgl. hierzu: Sosnitza, UVR 1990, S. 171 ff., S. 172).

24

In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht Hamburg (Urteil vom 19. Juni 1990 II 141/88, EFG 1991, S. 131) entschieden, daß ein Wegfall der Anzeigepflicht des Erwerbers nach § 30 Abs. 1 ErbStG nach § 30 Abs. 3 ErbStG bereits dann angenommen werden kann, wenn das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser sich nicht aus der von einem deutschen Gericht eröffneten Verfügung von Todes wegen selbst ergibt, sondern aus anderen Umständen, etwa einer erfolgten Anzeige des Standesamtes nach § 9 ErbStDV (vgl. hierzu auch Urteil des BFH vom 17. Febr. 1993 II R 83/90, BStBl II 1.993, 580, das das Urteil des FG Hamburg aus anderen, den vorliegenden Streitfall nicht betreffenden Gründen aufgehoben hat; die Entscheidung des FG Hamburg begrüßend, wenn auch kritisch zur Begründung: Meincke, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz und Schenkungssteuergesetz, § 30 Tz. 8). Entspricht es nach alledem dem Sinn und Zweck des § 30 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 30 Abs. 3 Satz 1 ErbStG, einen Wegfall der Anzeigepflicht des Erwerbers bereits dann anzunehmen, wenn das FA nach den Umständen des gegebenen Sachverhaltes die Möglichkeit hat, von sich aus die Initiative zu weiteren Nachforschungen zu entfalten, weil jedenfalls - wie hier - nach dem unzutreffend angegebenen Verwandschaftsverhältnis ein zu einer Erbschaftsteuer führender Rechtsvorgang vorliegt, so ist es zulässig, im Wege der teleologischen Reduktion den Gesetzeswortlaut des § 30 Abs. 3 Satz 1 ErbStG einschränkend zu interpretieren. Die Ausfüllung einer solchen "verdeckten Lücke" geschieht durch die Hinzufügung der sinngemäß geforderten Einschränkung. Die im Gesetz enthaltene, nach ihrem insoweit eindeutigen Wortsinn zu weit gefaßte Regel, wird auf den ihr nach dem Regelungszweck bzw. dem Sinnzusammenhang des Gesetzes zukommenden Anwendungsbereich zurückgeführt, also reduziert (vgl. Karl Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., 1991, S. 391 ff.).

25

Die gegenteilige Rechtsauffassung würde zu dem nicht unproblematischen Ergebnis führen, daß das Erbschaftsteuerfinanzamt sich auch dann wegen Nichterfüllung der Anzeigepflicht durch den Erwerber auf die um die dreijährige Anlaufhemmung verlängerte Festsetzungsfrist berufen könnte, wenn das in der letztwilligen Verfügung angegebene Verwandschaftsverhältnis zwar objektiv unzutreffend ist, dies jedoch an der Relevanz des unrichtigen Verwandtschaftsverhältnisses für die Erbschaftsteuerfestsetzung nichts ändert. Im Streitfall wäre - nach der Bezeichnung der Klägerin im Testament als "Nichte" - von der Steuerklasse III (anstelle der Steuerklasse IV bei dem zutreffenden Verwandschaftsverhältnis "Cousine") auszugehen gewesen, was ebenfalls zu einem steuerpflichtigen Vorgang geführt hätte. Es erscheint bedenklich, wenn die ungenaue Bezeichnung des Verwandtschaftsverhältnisses lediglich als "Aufhänger" für die Verlängerung der Festsetzungsverjährung in Fällen dient, in denen das Erbschaftsteuerfinanzamt ansonsten nicht gehindert ist, Initiative zu weiteren Nachforschungen zu entfalten.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

27

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

28

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der auf § 151 Abs. 1 und Abs. 3 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung (ZPO).

29

Gegen dieses Urteil ist die Revision zugelassen worden.