Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 15.02.2024, Az.: 8 A 63/22

Ausschluss der Eigennutzungsmöglichkeit; Ausstattung; Baujahr; Mietaufwand; Mietwert; Nettokaltmiete; Rechtsstaatsprinzip; Schätzung der Nettokaltmiete; Zweitwohnungsteuer; Zweitwohnungsteuer: Mietaufwand bzw. "Mietwert" als Bemessungsgrundlage; Anforderungen an die Ermittlung und Schätzung der maßgeblichen Vergleichsmiete

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
15.02.2024
Aktenzeichen
8 A 63/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 15444
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2024:0215.8A63.22.00

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2024, 832

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Bei dem sog. "Mietwert" handelt es sich dem Grunde nach um ein verfassungsrechtlich zulässiges Modell zur Bemessung der Zweitwohnungsteuer. Dabei darf die Kommune in den Fällen, in denen für das konkrete Objekt eine Mietvereinbarung fehlt, die ortsübliche Miete ansetzen und diese schätzen (Anschluss an Nds. OVG, Beschluss v. 20.10.2021 - 9 ME 146/21).

  2. 2.

    Eine ordnungsgemäße Schätzung der Vergleichsmiete hat sich daran zu orientieren, was für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Das Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Schätzung auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht, wenn wesentliche Tatsachen nicht ermittelt oder außer Acht gelassen oder wenn der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt werden.

  3. 3.

    Um ausgehend von der Nettokaltmiete als Basismiete eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung und Erhebung der Zweitwohnungsteuer zu ermöglichen, ist eine weitere Differenzierung möglich, wenn nicht gar geboten. Eine solche Differenzierung kann dem Grunde nach auch anhand der Gebäudeart, des Baujahres bzw. der Ausstattung und der Lage vorgenommen werden.

  4. 4.

    Ein die Ausstattung berücksichtigender Faktor kann nicht alleine auf das Baujahr des Objekts abstellen, weil die Gleichartigkeit der Ausstattung keinesfalls zwingend vom Baujahr abhängt.

  5. 5.

    Die Zweitwohnungsteuerpflicht entfällt nicht durch behördlich angeordnete vorübergehende Einschränkungen der Eigennutzungsmöglichkeit (Anschluss an Schleswig-Holst. OVG, Beschluss v. 18.11.2022 - 5 MB 23/22 -).

Tenor:

Die Bescheide der Beklagten vom 19. November 2021 und vom 28. Januar 2022 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheiten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.513,62 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2020 bis 2022.

Er ist Eigentümer einer 36,39 m2 großen Wohnung in einem nach den Erkenntnissen der Beklagten ca. 1920 erbauten Mehrfamilienhaus im Stadtgebiet der Beklagten mit der postalischen Anschrift "H., Braunlage". Seine melderechtliche Hauptwohnung liegt in A-Stadt.

Die Beklagte erhob vormals auf Grundlage der Zweitwohnungsteuersatzung vom 28. August 2018 eine Zweitwohnungsteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet, wobei die Bemessungsgrundlage eine nach den Vorschriften der Einheitsbewertung von Grundstücken zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 ermittelten fiktive Jahresrohmiete war. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 18. Juli 2019 (1 BvR 807/12 und 1 BvR 2917/13) die so vorgenommene Berechnung der Zweitwohnungsteuer wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig erklärt hatte, beschloss der Rat der Beklagten in seiner Sitzung vom 15. Dezember 2020 eine neue Zweitwohnungsteuersatzung (Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Braunlage, im Folgenden: ZwStS). Diese trat nach Ausfertigung durch den Bürgermeister der Beklagten rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft und wurde im Amtsblatt der Beklagten veröffentlicht.

Mit dieser Satzung wechselte die Beklagte zugleich den Steuermaßstab. Dieser wird nunmehr durch § 3 ZwStS wie folgt festgelegt:

§ 3 Steuermaßstab

(1) Die Steuer bemisst sich nach dem Mietwert der Wohnung (Absätze 2 und 3), multipliziert mit dem Nutzungsfaktor (Absatz 4).

2) Der Mietwert ist die auf 12 Monate hochgerechnete aufgrund des Mietvertrages im Erhebungszeitraum geschuldete Nettokaltmiete. Sollte im Mietvertrag zwischen den Parteien eine Miete vereinbart worden sein, in der Nebenkosten enthalten sind, sind zur Ermittlung der Nettokaltmiete angemessene Kürzungen vorzunehmen.

(3) Für eine Wohnung, für die keine Nettokaltmiete vereinbart ist oder die zu einer Nettokaltmiete unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen wird oder von der Eigentümerin, dem Eigentümer, der oder dem Verfügungsberechtigten selbst genutzt wird oder ungenutzt bleibt, ist die Nettokaltmiete in Höhe der ortsüblichen Miete anzusetzen. Die ortsübliche Miete wird von der Stadt Braunlage in Anlehnung an die Nettokaltmiete, die für Räume gleicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig zu entrichten ist, geschätzt.

(4) Der Nutzungsfaktor der Zweitwohnung für den Inhaber wird wie folgt bemessen:

NutzungsstufeNutzungsartNutzungsfaktor
10 - 75 Vermietungstage100 %
276 - 150 Vermietungstage75 %
3151 - 225 Vermietungstage50 %
4mehr als 225 Vermietungstage25 %
5Ganzjährige (Dauer-) Vermietung, Vermittlungsvertrag, der die Eigennutzungsmöglichkeit ausschließt; nachgewiesene reine Kapitalanlage0 %

§ 4 Steuersatz und Steuerberechnung

(1) Der Steuersatz beträgt jährlich 17,6 v. H. des Steuermaßstabes nach § 3 Abs. 1.

(2) Die Zweitwohnungsteuer berechnet sich aus dem Steuermaßstab nach § 3 Abs. 1, multipliziert mit dem Steuersatz nach § 4 Abs. 1.

Darüber hinaus gibt es eine interne "Arbeitsanweisung zur Anwendung von Faktoren bei der Ermittlung der Zweitwohnungsteuer", mit der die spezifischen Eigenschaften einer Zweitwohnung wie Baujahr, Lage und Objektart als weitere Faktoren bei der Steuerberechnung eingeführt werden sollen. Über diese Arbeitsanweisung wurde der Verwaltungsausschuss in seiner 51. Sitzung am 21. Oktober 2021 informiert und ein Exemplar dem Sitzungsprotokoll als Anlage 4 beigefügt. Danach ist folgende Berechnung des Mietwertes vorgesehen: Wohnfläche x Nettokaltmiete x 12 x Nutzungsfaktor.

Das Ergebnis wird wiederum multipliziert mit dem Gebäudefaktor, dem Faktor Baujahr und dem Lagefaktor. Was unter den einzelnen Faktoren zu verstehen ist bzw. wie sie ermittelt wurden, verdeutlichen die nachstehenden Auszüge aus der internen Arbeitsanweisung:

"Gebäudefaktor:

GebäudeartGebäudefaktor
Wohnung auf einem Mietwohngrundstück, Geschäftsgrundstück, gemischt genutzten o. sonstigen Grundstück1,0
Eigentumswohnung1,0
Wohnung in einem Zweifamilienhaus (ggf. Reihenhaus, Doppelhaushälfte1,1
Einfamilienhaus1,2

Steht ein gesamtes Zweifamilienhaus als Zweitwohnung zur Verfügung wird es wie ein Einfamilienhaus berücksichtigt.

Faktor Baujahr:

Der Großteil der Zweitwohnungen liegt in Objekten im Stadtgebiet, welche um 1970 (siehe Anlage 1) erbaut wurden, daher stellt das Baujahr 1970 den Standardwert mit 1,0 dar. Maßgebend für die Feststellung des Baujahres ist der Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Bei einer Kernsanierung wird das Baujahr der Sanierung als Jahr der Bezugsfertigkeit gesehen und/oder bei Teilsanierungen eine Erhöhung des Faktors um 0,1 je Bestandteil der Sanierung (Rohbau, Fassade, Fenster/Türen, Dach, Innenausbau, Installationen für Heizung, Sanitär oder Elektro) vorgenommen.

BaujahrFaktor
vor 19500,75
1950 - 19590,80 - 0,89
1960 - 19690,90 - 0,99
1970 - 19791,00 - 1,09
1980 - 19891,10 - 1,19
1990 - 19991,20 - 1,29
2000 - 20091,30 - 1.39
2010 - 20191,40 - 1,49
ab 20201,5 -

Lagefaktor:

Bodenrichtwerte Braunlage (ohne gewerbliche Bauflächen und Sonderbauflächen)

37-105

Bodenrichtwerte Hohegeiß (ohne gewerbliche Bauflächen und Sonderbauflächen)

29-44

Bodenrichtwerte Sankt Andreasberg (ohne gewerbliche Bauflächen und Sonderbauflächen)

09-50

(Panoramablick bleibt als Sonderbaufläche außer Betracht, des Weiteren gibt es aufgrund der Verträge mit Novasol keine Zweitwohnungsteuerfälle, ist eine Berücksichtigung in Zukunft erforderlich, sollte über eine Sonderregelung nachgedacht werden.)....

Somit ergibt eine Staffelung aufgrund der Bodenrichtwert einen konstanten Berechnungsfaktor.

9 - 105 Bodenrichtwert - Mittelwert von 47 = 1,0

BodenrichtwertspanneFaktor
1 - 100,8
11 -200,85
21 - 300,9
31 - 400,95
41 - 501
51 - 601,05
61 - 701,1
71 - 801,15
81 - 901,2
91 - 1001,25
101 - 1101,3

Nach Berücksichtigung der drei erläuterten Faktoren muss auf den ermittelten Messbetrag noch der Steuersatz in Höhe von 17,6 % angewendet werden."

Die Nettokaltmiete von 4,60 EUR/m2 ermittelte die Beklagte separat anhand der in einem Ermittlungsbogen vom 3. November 2020 dargestellten Schritte. Sie hatte mangels Mietspiegels sowohl private als auch gewerbliche Vermieter angeschrieben und diese um Mitteilung der Nettokaltmieten für ihre im Bestand befindlichen Wohnungen und Häuser gebeten. Die erhaltenen Antworten (ausweislich Anlage 7 des Ergebnisbogens vom 3. November 2020) von sechs Vermietern betreffend 31 Objekte in 13 Straßen im Stadtteil "Braunlage" wertete sie in tabellarischer Form zur Ermittlung der durchschnittlichen Miete aus. Den so ermittelten Wert glich sie mit dem Grundstücksmarktbericht des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Northeim 2021 ab, zog Mietspiegel heran, welche von privaten Vermietungsportalen usw. ermittelt wurden, und prüfte Mietverträge sowie Wohnungsangebote im Internet, um zu sehen, in welchem Rahmen sich die Nettokaltmiete bewegt.

Mit Bescheid vom 19. November 2021 zog die Beklagte den Kläger für die Jahre 2020 und 2021 zu einer die Zweitwohnungsteuer für seine Wohnung im Objekt "H." in Höhe von jährlich 505,54 EUR heran. Mit weiterem Bescheid vom 28. Januar 2022 setzte sie auch die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2022 in Höhe von 504,54 EUR fest. Dabei legte sie eine Nettokaltmiete von 4,60 EUR zugrunde und errechnete ausgehend von einer Wohnfläche von 36,39 m2 eine Jahresnettokaltmiete in Höhe von 167,39 EUR. Darauf rechnete sie einen Lagefaktor von 1,30, einen Objektfaktor von 1,00, einen Faktor Baujahr von 1,10 und einen Steuersatz in Höhe von 17,60 % an. Ausgehend von einem Nutzungsfaktor von 100 % errechnete die Beklagte aus den genannten Faktoren einen Betrag in Höhe von 505,54 EUR, den sie als Jahressteuer festsetzte.

Auf der Rückseite des Bescheids befinden sich im Anschluss an die Rechtsbehelfsbelehrung Erläuterungen zur Zweitwohnungsteuer, mit denen auf die Zweitwohnungsteuersatzung als Rechtsgrundlage hingewiesen wird und die angewandten Faktoren kurz erklärt werden.

Am 28. Februar 2022 hat der Kläger zunächst Klage gegen den Zweitwohnungsteuerbescheid vom 28. Januar 2022 für das Jahr 2022 erhoben und diese mit Schriftsatz vom 16. Mai 2022 um den Zweitwohnungsteuerbescheid vom 19. November 2021 für die Jahre 2020 und 2021 erweitert. Zur Begründung führt er aus:

Die Beklagte habe die Nettokaltmiete von 4,60 EUR/m2 als ortsübliche Miete methodisch unrichtig geschätzt. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 ZwStS solle die ortsübliche Miete in Anlehnung an die Nettokaltmiete, die für Räume gleicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig zu entrichten sei, geschätzt werden. Die Beklagte habe hierbei bereits einen falschen Ansatz gewählt, indem sie diese Schätzung mit Daten von Vermieterfirmen im Erhebungsgebiet durchgeführt habe. Sie hätte stattdessen anerkannte Methoden zur Wertermittlung, etwa die Ertragswertfeststellung nach dem Bewertungsgesetz, anwenden müssen. Daneben seien die angefragten vermieteten Objekte im Wesentlichen durch die "Verwaltung Harzdomizil" verwaltet worden, was kein repräsentativer Querschnitt durch die verschiedenen Vermietungsgesellschaften sei, und es seien lediglich die Werte von Objekten aus 13 verschiedenen Straßen zusammengetragen worden. Die Beklagte habe zudem jede Form der Berücksichtigung verschiedener Ausstattungsstandards vermissen lassen. Die Berechnung der Nettokaltmiete beruhe im Übrigen zumindest teilweise auf den Werten von Immobilienscout. Diese habe die Beklagte unreflektiert übernommen, was zu beanstanden sei, denn die in solchen Vermietungsportalen angegebenen Mieten würden ersichtlich nicht den tatsächlich zu erzielenden Mietzins widerspiegeln.

Daneben leide die Schätzung an einem weiteren Mangel. Indem neben der Nettokaltmiete auch zusätzlich der Lagefaktor, Objektfaktor und Baujahresfaktor zur Bemessungsgrundlage herangezogen würden, käme es zu einer unzulässigen Doppelerfassung wertbildender Faktoren. Diese Merkmale seien bereits in der Nettokaltmiete berücksichtigt worden.

Betreffend die konkreten Festsetzungen habe die Beklagte zu Unrecht einen Nutzungsfaktor von 100 % angesetzt. Er - der Kläger - habe mit Schreiben vom 17. Mai 2022 mitgeteilt, dass 88 Vermietungstage im Jahr 2020 und 91 Vermietungstage im Jahr 2021 zu verzeichnen seien. Die Beklagte hätte daher gemäß § 3 Abs. 4 ZwStS lediglich einen Nutzungsfaktor von 75 % zugrunde legen dürfen. Wegen der Corona-Pandemie und den damit verbundenen behördlichen Maßnahmen sei die Wohnung weder zur Eigennutzung noch zu Vermietungszwecken nutzbar gewesen. Dies hätte die Beklagte bei der Festsetzung der Zweitwohnungsteuer ebenfalls berücksichtigen müssen.

Darüber hinaus würden die Bescheide an formellen Mängeln leiden. Die Rechtsgrundlagen seien nicht hinreichend nachvollziehbar angegeben worden. Zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses sei auf der Homepage der Beklagten nur die veraltete Fassung der Zweitwohnungsteuersatzung abrufbar gewesen. Des Weiteren werde in den Steuerbescheiden nicht erklärt, wie sich die Steuer berechne. Vor allem der wesentliche Begriff des Nutzungsfaktors bleibe vollkommen unklar.

Schließlich sei auch die Klageerweiterung gegen den Bescheid vom 19. November 2021 betreffend die Veranlagungsjahre 2020 und 2021 fristgemäß erfolgt. Dieser Bescheid sei - was zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben ist - erst am 16. Mai 2022 an ihn übermittelt worden.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide über die Zweitwohnungsteuer der Beklagten vom 19. November 2021 und vom 28. Januar 2022 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und erwidert:

Die Schätzung der Nettokaltmiete sei ohne methodische Fehler erfolgt. Die Nettokaltmiete sei durch Auswertung der Mitteilungen von durch die Beklagte angeschriebenen privaten und gewerblichen Vermietern über die Nettokaltmieten für ihre im Bestand befindlichen Wohnungen und Häuser ermittelt worden. Der so ermittelte Wert von 4,60 EUR/m2 sei zur seiner Untermauerung mit dem Grundstücksmarktbericht, den Mietspiegeln von Vermietungsportalen, den der Beklagten im Rahmen der Fragebögen zur Zweitwohnungsteuer vorgelegten Mietverträgen und Wohnungsangeboten im Internet untermauert worden. Es liege auch keine unzulässige Doppelerfassung wertbildender Faktoren vor. Weil es sich ohnehin nur um einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab handele, der eine möglichst realitätsnahe Abbildung der tatsächlichen Verhältnisse ergeben müsse, seien die Lagemerkmale bereits bei der Ermittlung der Basismiete zu berücksichtigen.

Mängel bei den konkreten Festsetzungen seien nicht ersichtlich. Der Nutzungsfaktor sei mit 100 % richtig angesetzt, da die bloße Angabe der Anzahl der Vermietungstage unzureichend sei. Es würden die erforderlichen Nachweise über die Vermietungstage fehlen, insoweit habe der Kläger keine ordnungsgemäße Steuererklärung abgegeben und gegen seine Mitwirkungspflicht aus § 90 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) verstoßen. Auch habe die Beklagte die Restriktionen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie berücksichtigt und in § 3 Abs. 4 ZwStS die Vermietungstage für die Nutzungsstufen herabgesetzt. Die gerügten Begründungsmängel lägen nicht vor. Insbesondere sei die Rechtsgrundlage der Festsetzung klar erkennbar. Daneben enthielten die Bescheide den Steuerschuldner, die Bemessungsgrundlagen und die Berechnungsfaktoren, was alle maßgeblichen Aspekte seien. Einer weitergehenden Erläuterung des Nutzungsfaktors habe es gemäß § 121 Abs. 1 AO nicht bedurft. Ebenso habe die Beklagte Kenntnis der ordnungsgemäß verkündeten Zweitwohnungsteuersatzung voraussetzen dürfen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die Gerichtsakte und die Sitzungsniederschrift vom 15. Februar 2024 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.

I. Die Klage ist zunächst zulässig. Insbesondere ist der klageerweiternde Schriftsatz vom 16. Mai 2022 betreffend den Bescheid vom 19. November 2021 für die Steuerjahre 2020 und 2021 innerhalb der Monatsfrist aus § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO bei Gericht eingegangen. Zwischen den Beteiligten steht es außer Streit, dass dieser Bescheid trotz seines abweichenden Datums (19. November 2021) dem Kläger erst am 16. Mai 2022 bekanntgegeben worden ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz in der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses gültigen Fassung [NKAG] i.V.m. § 122 Abgabenordnung - AO).

II. Die Klage ist zudem begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 19. November 2021 (für die Steuerjahre 2020 und 2021) und vom 28. Januar 2022 (für das Steuerjahr 2022) sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Rechtsgrundlage der hier streitgegenständlichen Steuerbescheide ist Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG), §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 Satz 1 NKAG i.V.m. §§ 2 ff. der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Braunlage in der Fassung vom 15. Dezember 2020 (Zweitwohnungsteuersatzung, im Folgenden: ZwStS). Gemäß Art. 105 Abs. 2a GG steht den Ländern die Befugnis zur Gesetzgebung über örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Gemäß §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 Satz 1 NKAG dürfen Steuern als Unterfall der kommunalen Abgaben (§ 1 Abs. 1 NKAG) von den Landkreisen und Gemeinden nur auf Grundlage einer Satzung erhoben werden. Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte mit der Zweitwohnungsteuersatzung Gebrauch gemacht. Danach erhebt sie eine Zweitwohnungsteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet (§ 1 Abs. 1 ZwStS). Steuerpflichtig ist der Wohnungsinhaber (§ 2 Abs. 1 ZwStS). Die Steuer bemisst sich nach dem Mietwert der Wohnung, multipliziert mit dem Nutzungsfaktor (§ 3 Abs. 1 ZwStS).

Zwar ist die der Veranlagung zugrundeliegende Zweitwohnungsteuersatzung mit höherrangigem Recht vereinbar (dazu unter 1.), allerdings haben sich bei der Rechtsanwendung im Einzelfall durchgreifende Fehler ergeben (dazu unter 2.), die den Kläger in seinen Rechten verletzen (dazu unter 3.).

1. Gegen die Wirksamkeit der in Rede stehenden Zweitwohnungsteuersatzung, die zwar von dem Kläger nicht angegriffen wird, aber von der erkennenden Kammer im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO inzident zu überprüfen ist, bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

a) Sie durfte - wie in § 10 Abs. 1 ZwStS geschehen - rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Die diesbezüglichen Rechtmäßigkeitsanforderungen richten sich nach § 2 Abs. 2 Satz 2 NKAG, der die verfassungsrechtlichen Grenzen zur Rückwirkung beachtet (vgl. Freese, in: Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, Stand: 01/2022, NKAG § 2 Rn. 73). Danach ist eine rückwirkende Inkraftsetzung möglich, wenn die Satzung eine gleichartige Abgabe ausdrücklich ersetzt. Nach § 1 Abs. 1 ZwStS tritt die Änderung rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft und ersetzt ab diesem Zeitpunkt die vormals geltende Zweitwohnungsteuersatzung vom 18. August 2018. Die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. So gibt es keinen Vertrauensschutz dahin, dass ein Abgabenpflichtiger wegen der Unwirksamkeit vorangegangener Abgabensatzungen von der Abgabe insgesamt verschont bleibt (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 19.12 2018 - 9 LA 48/18 -, juris Rn. 13 [zu Abgaben mit Gegenleistungscharakter]). Aus diesem Grundsatz folgt, dass kein Inhaber einer Zweitwohnung schutzwürdig darauf vertrauen kann, wegen der Unwirksamkeit der ursprünglichen, für die Zeit des getätigten Aufwandes vermeintlich geltenden Satzung von einer Steuerpflicht gänzlich verschont zu bleiben (vgl. hierzu VG Schleswig, Beschluss v. 31.03.2021 - 4 B 1/21 -, juris Rn. 31 [unter Hinweis auf die bundesverfassungsrechtliche Rechtsprechung zur Rückwirkung bei der Unwirksamkeit kommunaler Sammlungen zu öffentlichen Einrichtungen: BVerfG, Beschluss v. 24.07.1957 - 1 BvL 23/52 -]).

b) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet es, dass die Beklagte mit § 3 Abs. 1 ZwStS den Mietwert zum Anknüpfungspunkt und zur Bemessungsgrundlage der Zweitwohnungsteuer gemacht hat (vgl. zum Folgenden auch Nds. OVG, Urteil v. 19.04.2023 - 9 LB 189/20 -, juris Rn. 74 ff., Kammerurteil v. 21.06.2023 - 8 A 284/21 - juris Rn. 53 ff.).

Art. 3 Abs. 1 GG verlangt stets eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage einer Steuer. Die Bemessungsgrundlage muss, um die gleichmäßige Belastung der Steuerpflichtigen zu gewährleisten, so gewählt und ihre Erfassung so ausgestaltet sein, dass sie den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abbildet. Dies gilt besonders, wenn die Steuer nach einem einheitlichen Steuersatz erhoben wird, da aus der Bemessung resultierende Ungleichheiten dann nicht mehr auf einer späteren Ebene der Steuererhebung korrigiert oder kompensiert werden können. Um beurteilen zu können, ob die Bemessungsregelungen eine in der Relation realitätsgerechte Bewertung der erfassten Güter und damit die Vergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse im Einzelfall sicherstellen, muss das Gesetz bzw. die Satzung das für den steuerlichen Belastungsgrund als maßgeblich erachtete Bemessungsziel erkennen lassen (vgl. BVerfG, Urteil v. 10.04.2018 - 1 BvL 11/14 -, juris Rn. 97).

Bei der Ausgestaltung von Regelungen zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage einer Steuer verfügt der Satzungsgeber über einen weiten Spielraum. Dabei darf er sich in erheblichem Umfang auch von Praktikabilitätserwägungen mit dem Ziel der Einfachheit der Steuerfestsetzung und ihrer Erhebung leiten lassen. Dies gilt in besonderem Maße bei steuerlichen Massenverfahren. Bei der Ausgestaltung des Systems zur Erfassung der Bemessungsgrundlage kann der Gesetzgeber - bzw. hier im Falle kommunaler Steuern der Satzungsgeber - Praktikabilitätserwägungen Vorrang vor Gesichtspunkten der Ermittlungsgenauigkeit einräumen und dabei auch beträchtliche Bewertungs- sowie Ermittlungsunschärfen in Kauf nehmen, um die Festsetzung und Erhebung der Steuer handhabbar zu halten. Begrenzt wird sein Spielraum dadurch, dass die von ihm geschaffenen Bemessungsregeln grundsätzlich in der Lage sein müssen, den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation realitätsgerecht abzubilden (vgl. BVerfG, Urteil v. 10.04.2018 - 1 BvL 11/14 -, juris Rn. 131).

Unter Anwendung der vorgenannten Maßstäbe gilt für die kommunale Zweitwohnungsteuer Folgendes:

Der Belastungsgrund einer kommunalen Zweitwohnungsteuer ist der finanzielle Aufwand des einzelnen Zweitwohnungsinhabers für das Innehaben der Zweitwohnung. Denn die Zweitwohnungsteuer knüpft als örtliche Aufwandsteuer an das Innehaben einer Zweitwohnung im Gebiet der betreffenden Kommune an. Mit ihr soll die in der Einkommens- und Vermögensverwendung für das Innehaben der Zweitwohnung zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Zweitwohnungsinhabers erfasst werden (vgl. BVerfG, Beschluss v. 15.01.2014 - 1 BvR 1656/09 -, juris Rn. 61; Nds. OVG, Urteil v. 20.06.2018 - 9 LB 124/17 -, juris Rn. 77).

Hiervon ausgehend wäre zwar der tatsächliche Aufwand des einzelnen Zweitwohnungsinhabers für das Innehaben einer Zweitwohnung in der betreffenden Kommune der wirklichkeitsnächste Maßstab für die Bemessung der Zweitwohnungsteuer. Er ist aber kaum oder nur mit erheblichem Aufwand zuverlässig feststellbar. So fallen neben dem Kaufpreis für den Erwerb der Zweitwohnung einschließlich der damit verbundenen Nebenkosten oder dem Mietzins für eine gemietete Zweitwohnung als weitere finanzielle Aufwendungen für das Innehaben einer Zweitwohnung z. B. von den individuellen Umständen abhängige Nebenkosten sowie Kosten für die Anschaffung von Mobiliar und Haushaltszubehör an (vgl. BVerwG, Urteil v. 29.01.2003 - 9 C 3/02 -, juris Rn. 28).

Lässt sich der individuelle, wirkliche Aufwand nicht oder - wie hier - kaum zuverlässig erfassen und steht damit kein praktikabler Wirklichkeitsmaßstab zur Verfügung, so darf der Satzungsgeber zur Bemessung einer Aufwandsteuer auf einen Ersatzmaßstab zurückgreifen (vgl. BVerwG, Urteil v. 29.06.2017 - 9 C 7/16 -, juris Rn. 54). Er darf sich bei der Festlegung und Ausgestaltung des Ersatzmaßstabs von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen, die je nach Zahl der zu erfassenden Bewertungsvorgänge an Bedeutung gewinnen und so auch in größerem Umfang Typisierungen und Pauschalierungen rechtfertigen können, dabei aber deren verfassungsrechtliche Grenzen wahren müssen. Der gewählte Ersatzmaßstab muss also dennoch einen zumindest lockeren Bezug zu dem zu erfassenden Aufwand aufweisen und die Erfassung des Aufwands wenigstens wahrscheinlich machen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 59; BVerwG, Beschluss v. 19.05.2021 - 9 C 2.20 - juris Rn. 10; Nds. OVG, Urteil v. 20.06.2018 - 9 LB 124/17 -, juris Rn. 77). Dies folgt aus der Erwägung, dass der Ersatzmaßstab dem Normgeber in Bezug auf die Realitätsnähe der Steuerbemessung einen gewissen Spielraum einräumt, dieser Spielraum ihn aber nicht von der notwendigen inhaltlichen Ausrichtung der Steuer am Belastungsgrund entbindet (vgl. VG Schleswig, Urteil v. 23.03.2022 - 4 A 154/21 -, juris Rn. 42).

Diesen Anforderungen wird der von der Beklagten gewählte Maßstab in § 3 Abs. 1 ZwStS - der Mietwert der Wohnung multipliziert mit einem Nutzungsfaktor - gerecht. Der Mietwert spiegelt die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers wieder (vgl. BVerfG, Beschluss v. 15.01.2014 - 1 BvR 1656/09 - juris Rn. 61; BVerwG, Urteil v. 14.12.2017 - 9 C 11.16 - juris Rn. 15). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Zweitwohnungsinhaber um einen Mieter oder Eigentümer der Zweitwohnung handelt. Der Aufwand, den der Eigentümer einerseits und der Mieter andererseits für das Vorhalten einer Zweitwohnung für den persönlichen Lebensbedarf zu tragen haben, hat erfahrungsgemäß jedenfalls keine erheblich unterschiedliche Höhe. Angesichts dessen ist die undifferenzierte Anwendung des Mietwerts auf Eigentümer und Mieter aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sachlich gerechtfertigt (vgl. Nds. OVG, Urteile v. 19.04.2023 - 9 LB 189/20 -, juris Rn. 74; v. 20.06.2018 - 9 LB 124/17 - juris Rn. 80 m.w.N.). Den finanziellen Aufwand kann die steuererhebende Kommune entweder durch Rückgriff auf die im Besteuerungszeitraum geschuldete Nettokaltmiete ermitteln (§ 3 Abs. 2 ZwStS) oder durch Schätzung der ortsüblichen Miete (§ 3 Abs. 3 ZwStS; s.a. BVerwG, Urteil v. 27.11.2019 - 9 C 4/19 -, juris Rn. 18). In den Fällen, in denen - wie hier - eine für das konkrete Objekt bestehende Mietvereinbarung fehlt, stellt die Schätzung der Nettokaltmiete in ortsüblicher Höhe eine geradezu zwingende Ermittlungsmethode dar (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 20.10.2021 - 9 ME 146/21 -, juris Rn. 32).

c) Die Regelung zur Ermittlung des Mietwertes durch Schätzung der ortsüblichen Miete (§ 3 Abs. 3 Satz 2 ZwStS) ist auch hinreichend bestimmt.

Nach dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gründenden Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze ist der Gesetzgeber bzw. Satzungsgeber gehalten, Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Welcher Grad an Bestimmtheit geboten ist, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt von der Eigenart des Regelungsgegenstands und dem Zweck der betreffenden Norm ab. Die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Begriffsbestimmung nimmt ihr für sich genommen noch nicht die Bestimmtheit und Normenklarheit, die Demokratie und Rechtsstaat von einem Gesetz fordern. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn von der Norm aufgeworfene Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.07.2021 - 2 BvF 1/21 -, juris Rn. 81 f.).

Diesen Anforderungen wird § 3 Abs. 3 ZwStS gerecht. Bei der ermöglichten Schätzung handelt es sich um eine im Steuerrecht anerkannte Methode, wenn die Grundlagen der Besteuerung unklar sind (s.a. § 162 Abs. 1 AO). Aus Gründen der rechtsstaatlichen Bestimmtheit (Art. 20 Abs. 3 GG) und der abgabenrechtlichen Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) muss der Satzungsgeber allerdings bereits in der Satzung die Parameter festlegen, an denen sich die Schätzung zu orientieren hat (vgl. BayVGH, Urteil v. 02.05.2016 - 4 BV 15.2778 -, juris Rn. 50). Diesen Vorgaben entspricht die von der Beklagten in § 3 Abs. 3 Satz 2 ZwStS getroffene Regelung, wonach die Schätzung der fiktiven Miethöhe in Anlehnung an die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlte Nettokaltmiete geschätzt wird. Dabei ist es unschädlich, dass die Begriffe "Art, Lage und Ausstattung" in der Satzung im Einzelnen nicht definiert sind, weil sie der Auslegung zugänglich sind (vgl. VG München, Urteil v. 24.11.2022 - M 10 K 20.6523 -, juris Rn. 35). Diese satzungsrechtlich in § 3 Abs. 3 Satz 2 ZwStS vorgesehene Schätzung der Nettokaltmiete führt ferner nicht dazu, dass der Satzungsgeber die Entscheidung über die Bemessung der Zweitwohnungsteuer - unter Verstoß gegen das Wesentlichkeitsprinzip und das Gebot, den Abgabenmaßstab in der Satzung zu regeln (§ 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG) - unzulässig in die Hand der Kommunalverwaltung gelegt hätte. Denn die Verwaltung ist bei der Schätzung nicht frei, sondern hat die fiktive Jahreskaltmiete für die jeweils in Rede stehende Wohnung sachgerecht, d. h. im Bemühen um ein möglichst richtiges Ergebnis plausibel zu schätzen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 26.01.2015 - OVG 9 B 7.14 -, juris Rn. 21).

Dass sich der ermittelte Wert der Nettokaltmiete von 4,60 EUR/m2 nicht im Satzungsrecht wiederfindet, ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten wiederum unbedenklich, weil es sich gerade um eine konkrete Schätzung im Einzelfall handelt, die - jedenfalls theoretisch - für jede Zweitwohnung anders ausfallen könnte, auch wenn die Beklagte die Nettokaltmiete gleich einer Basismiete in den Veranlagungsjahren stets gleich angesetzt hat. Angaben zur konkreten Höhe der geschätzten ortsüblichen Miete sind nicht zuletzt deshalb nicht zwingend in der Satzung selbst zu regeln, sondern die Kommune darf den geschätzten Betrag - wie hier geschehen - durch interne Arbeitsanweisungen zum Gegenstand ihrer ständigen Verwaltungspraxis machen. Damit wird zugleich eine Überprüfbarkeit dieser Schätzung hergestellt. Ebenso ist es kein Verstoß gegen das rechtstaatliche Bestimmtheitsgebot, dass das zur Berücksichtigung dieser Kriterien von der Beklagten angewandte System der Zu- und Abschläge für die Art, Lage und Ausstattung nicht in der Satzung näher erläutert wird, sondern die Beklagte sich durch ihre "Interne Arbeitsanweisung" gleich einer ermessensleitenden Verfügung selbst gebunden hat (s.a. VG München, Urteil v. 24.11.2022 - M 10 K 20.6523 -, juris Rn. 35).

d) Schließlich verstoßen die Satzungsbestimmungen zum Steuermaßstab und zur Steuerberechnung (§§ 3, 4 ZwStS) nicht gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsatz der Normenklarheit. Das Gebot der Normenklarheit soll sicherstellen, dass die Rechtsunterworfenen den Inhalt einer Norm nachvollziehen können. Entsprechend steht die inhaltliche Verständlichkeit der Regelung im Vordergrund (vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.07.2021 - 2 BvF 1/21 -, juris Rn. 98).

Die §§ 3, 4 ZwStS entsprechen diesen Anforderungen. § 3 Abs. 1 ZwStS bestimmt zunächst abstrakt den Steuermaßstab (Mietwert multipliziert mit dem Nutzungsfaktor); diese Begriffe werden in den Absätzen 2 bis 4 näher ausgeführt. § 4 Abs. 1 ZwStS regelt sodann, dass der Steuersatz 17,6 v.H. des Steuermaßstabes beträgt. Die Zweitwohnungsteuer (in absoluten Zahlen) berechnet sich wiederum aus dem Steuermaßstab nach § 3 Abs. 1 ZwStS, multipliziert mit dem Steuersatz nach § 4 Abs. 1 (vgl. § 4 Abs. 2 ZwStS). Damit werden die einzelnen vorzunehmenden Rechenschritte klar benannt. Unklarheiten in Bezug auf diese Regelung werden auch nicht sinngemäß geltend gemacht. Es trifft zwar zu, dass eine "wortlautgläubige" (und an sich gebotene) Anwendung dieser Bestimmungen zu einer gänzlich anderen Höhe der Zweitwohnungsteuer führen, als sie die Beklagte ermittelt hat. Danach hätte eigentlich der Mietwert (§ 3 Abs. 1 ZwStS) zunächst mit 17,6 v.H multipliziert werden müssen, um den Steuersatz zu bestimmen (§ 4 Abs. 1 ZwStS). Dieser Steuersatz hätte dann gemäß § 4 Abs. 2 ZwStS erneut mit dem Mietwert multipliziert werden müssen, um die Steuer in absoluten Zahlen zu berechnen. Faktisch wendet die Beklagte § 4 Abs. 2 ZwStS jedoch nicht an, sondern begnügt sich mit dem Wert, den die von § 4 Abs. 1 ZwStS vorgesehene Berechnung ergibt. Dass sich die Beklagte insoweit nicht an ihre Satzungsbestimmungen hält, nimmt diesen Bestimmungen aber nicht die hinreichende Klarheit und Verständlichkeit, sondern ist ein Rechtsanwendungsfehler, der die Steuerpflichtigen nicht in ihren Rechten verletzt, weil die Beklagte zu ihren Gunsten eine erheblich niedrige Steuer errechnet.

2. Die hier streitgegenständlichen Zweitwohnungsteuerbescheide sind jedoch rechtswidrig. Die Beklagte hat die wirksamen Satzungsbestimmungen in beiden angefochtenen Bescheiden rechtsfehlerhaft angewandt.

a) Formelle Bedenken gegen die beiden angefochtenen Bescheide bestehen nicht. Insbesondere liegt der vom Kläger geltend gemachte Begründungsmangel nicht vor.

§ 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b NKAG i.V.m. § 121 Abs. 1 AO verlangt, dass ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen ist, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist. Das Maß der erforderlichen Begründung bestimmt sich im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Verständnisfähigkeit des Inhaltsadressaten oder Betroffenen (vgl. BFH, Urteil v. 11.02.2004 - II R 5/02 -, juris Rn. 15 m.w.N.). "Zum Verständnis erforderlich" sind alle Angaben tatsächlicher und rechtlicher Art, die dem Betroffenen ein Verständnis der getroffenen Maßnahme sowie eine inhaltliche Überprüfung der Sach- und Rechtslage ermöglichen. Anzugeben sind deshalb zum einen die tatsächlichen Gründe, die dem Verwaltungsakt zugrunde gelegt worden sind, jedenfalls soweit sie von dem vom Betroffenen mitgeteilten Sachverhalt abweichen, und zum anderen die rechtlichen Gründe für den Verwaltungsakt, zu denen insbesondere die Rechtsgrundlage zählt (vgl. anstatt vieler BeckOK AO/Füssenich, 26. Ed. 01.10.2023, AO § 121 Rn. 24).

Diesen Anforderungen genügen die streitbefangenen Bescheide. Sie erwähnen die maßgeblichen Tatsachen wie die zugrunde gelegte Wohnfläche, die Nettokaltmiete sowie die angesetzten Werte von Lage-, Objekt- und Baujahresfaktor. In rechtlicher Hinsicht finden sich "Erläuterungen zur Zweitwohnungsteuer", die sowohl die Rechtsgrundlage als auch die einzelnen Berechnungsfaktoren aufführen. Soweit der Kläger einwendet, die Formulierung "Bestimmungen der Zweitwohnungsteuersatzung der Stadt Braunlage in der für den Erhebungsraum gültigen Fassung" reiche nicht aus, um die Rechtsgrundlage erkennen zu lassen, trifft dies nicht zu. Es ist nicht erforderlich, das Datum der Beschlussfassung oder Bekanntmachung anzuführen. Ebenso wenig muss zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses die aktuelle Fassung der Satzung auf der Homepage der Kommune zur Verfügung stehen, da maßgeblich die ortsüblich im Amtsblatt bekannt gemachte Fassung ist. Von daher kommt es nicht darauf an, ob die diesbezügliche Einwendung des Klägers in tatsächlicher Hinsicht zutreffend ist. Soweit der Kläger schließlich rügt, der Bescheid erkläre den Nutzungsfaktor in den rückseitig abgedruckten Erläuterungen nicht, folgt daraus kein Begründungsmangel. Nach Einschätzung der Kammer ist dieser Begriff derart selbsterklärend, dass eine weitergehende Erläuterung zum Verständnis nicht erforderlich ist. Im Übrigen ist dieser Begriff im Satzungstext definiert und ausgeformt (§ 3 Abs. 4 ZwStS); von einem Steuerpflichtigen kann insoweit erwartet werden, verbleibende Begriffszweifel auf zumutbare Weise durch Lektüre des Satzungsrechts eigenständig auszuräumen.

b) Die Steuerbescheide sind jedoch materiell rechtswidrig. Die Beklagte hat den Mietwert in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft geschätzt, weil sich die Nettokaltmiete als lediglich gegriffener Wert darstellt (dazu unter aa), und sie den Satzungsbegriff der "Ausstattung" nicht richtig in ihrer Schätzung abgebildet hat (dazu unter bb). Darüber hinaus ist zumindest der Baujahresfaktor unrichtig angesetzt worden (dazu unter cc).

aa) Die von der Beklagten in die Schätzung der ortsüblichen Miete einbezogene Nettokaltmiete von 4,60 EUR/m2 ist unter Anwendung unrichtiger Methodik ermittelt worden.

(1) Dem Grunde nach durfte die Beklagte die ortsübliche Miete wie in § 3 Abs. 3 Satz 2 ZwStS vorgesehen durch Schätzung ermitteln.

Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Aus dem Wesen der Schätzung folgt, dass der Behörde dabei ein gewisser Spielraum zugebilligt werden muss. Eine Schätzung muss die Realität daher nicht gleichsam nachzeichnen, muss aber nach nachvollziehbaren und auf allen zur Verfügung stehenden Erkenntnis- sowie Erfahrungsquellen fußenden Kriterien versuchen, die Wirklichkeit möglichst wahrscheinlichkeitsnah abzubilden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 26.01.2015 - OVG 9 B 7.14 -, juris Rn. 23). Im Rahmen der Schätzung können deshalb Tatsachenfeststellungen auch mit einem geringeren Grad an Überzeugung getroffen werden, als dies in der Regel geboten ist. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss aber jedenfalls schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Fehlerhaft ist eine Schätzung insbesondere dann, wenn sie auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht, wenn wesentliche Tatsachen nicht ermittelt oder außer Acht gelassen oder wenn der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt werden (vgl. Sächs. OVG, Urteil v. 10.09.2019 - 4 A 1403/18 -, juris Rn. 25; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 24.06.2013 - 2 S 2116/12 -, juris Rn. 53 m.w.N.). Sofern kein Mietspiegel existiert, der als Schätzungsgrundlage in Betracht käme, können - ohne Bindung an die mietrechtliche Vorschrift des § 558 Abs. 2 BGB - auch sonstige Informationen über das Mietzinsniveau im Gemeindegebiet herangezogen werden, um den auf dem örtlichen Mietmarkt erzielbaren Mietzins zu bestimmen (vgl. BayVGH, Beschluss v. 04.03.2021 - 4 ZB 20.246 -, juris Rn. 15).

(2) Die erkennende Kammer hat vor diesem rechtlichen Hintergrund durchgreifende methodische Bedenken gegen die Ermittlung der Nettokaltmiete, wie sie die Beklagte vorgenommen hat.

Diese liegen allerdings nicht in dem Einwand des Klägers begründet, die Beklagte habe ein Ertragswertverfahren durchführen müssen. Auf welche Weise der entsprechende fiktive Mietwert ermittelt wird, ist gesetzlich nicht vorgegeben, sondern liegt im Ermessen der Kommune und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Dementsprechend hat der Abgabenpflichtige keinen Anspruch auf ein bestimmtes, aus seiner Sicht optimales Verfahren zur Feststellung des Mietwerts der Wohnung. Maßgeblich und (nur) insoweit auch einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich ist, dass die Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungsteuer in sachgerechter Weise ermittelt wird (vgl. BayVGH, Beschluss v. 04.03.2021 - 4 ZB 20.246 -, juris Rn. 15 f.). Daneben erscheint der Kammer der Vorschlag des Klägers, den Mietwert mittels des Ertragswertverfahrens zu ermitteln, nicht zielführend. Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens ist der Wert des Gebäudes getrennt von dem Bodenwert auf der Grundlage des Ertrags nach § 185 Bewertungsgesetz (BewG) zu ermitteln. Danach ergibt sich der Reinertrag des Grundstücks aus dem Rohertrag (§ 186 BewG) abzüglich der Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG). Rohertrag ist wiederum das Entgelt, das für die Benutzung des bebauten Grundstücks nach den am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarung für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen ist (§ 186 Abs. 1 Satz 1 BewG), also die Nettokaltmiete. Für eigengenutzte Grundstücke ist insoweit die übliche Miete anzusetzen, die in Anlehnung an die Miete zu schätzen ist, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird (§ 186 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG). Damit kommt es auch bei dem von dem Kläger vorgeschlagenen Ertragswertverfahren auf eine Schätzung der üblichen Miete an.

Die vorgenommene Schätzung der Nettokaltmiete ist aber deshalb methodisch fehlerbehaftet, weil die hierzu herangezogenen Erkenntnisquellen keine ausreichende Tatsachengrundlage darstellen.

Im Ansatz noch nachvollziehbar ist für die Kammer die in dem Ermittlungsbogen vom 3. November 2020 dargestellte Herangehensweise der Beklagten, eine ortsübliche Nettokaltmiete in ihrem Stadtgebiet zu ermitteln. Danach hat sie in einem ersten Schritt sowohl private als auch gewerbliche Vermieter angeschrieben und diese gebeten, die Nettokaltmieten für ihre im Bestand befindlichen Wohnungen und Häuser mitzuteilen. In einem zweiten Schritt hat die Beklagte die erhaltenen Antworten gesichert und ausgewertet. Hierbei hat sie eine Nettokaltmiete für Wohnungen im Altbestand und für neu vermietete Wohnungen ermittelt. Diese Werte hat sie wiederum gemittelt, was angesichts der nahezu gleichen Verteilung von Alt- und Neuwohnungen sachgerecht ist, und so den Wert von 4,60 EUR/m2 als monatliche Nettokaltmiete errechnet.

Kein methodischer Mangel ist dabei nach Einschätzung der Kammer, dass die Beklagte hierbei vorwiegend Vermieter von dauerhaft vermieteten Wohnungen angeschrieben, deren Daten erfragt und so das Mietniveau von überwiegend dauerhaft vermieteten Wohnungen ermittelt hat. Es ist methodisch nicht unzulässig, ausgehend von der ortsüblichen Miete, die für eine bestimmte Kategorie von vermieteten Erstwohnungen gezahlt wird, auf die hypothetische Miete von Zweitwohnungen zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist allerdings eine unbesehene Übertragung des ermittelten Mietniveaus für primär dauervermietete (Erst-)Wohnungen auf Ferienwohnungen ohne Vornahme von Zu- oder Abschlägen keine sachgerechte Schätzung, weil die Objekte nicht vergleichbar seien. Zu schätzen wäre die übliche Nettokaltmiete für eine Ferienwohnung (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 20.10.2021 - 9 ME 146/21 -, juris Rn. 35, 36 u. 38). Dieser Auffassung vermag die Kammer jedoch nicht zu folgen. Sie dürfte unberücksichtigt lassen, dass sich die Bemessung der Zweitwohnungsteuer an dem erforderlichen Aufwand für das Vorhalten zu orientieren hat und nicht an dem potentiellen Ertrag aus deren kurzzeitiger und/oder kurzfristiger Vermietung als Ferienwohnung. Es stellt sich ferner die Frage der Praktikabilität dieser Ansicht, weil mit ihr Abgrenzungsschwierigkeiten einhergehen dürften, ob es sich nun um eine Ferienwohnung oder um eine "normale" Zweitwohnung handelt. Des Weiteren macht sie die geschätzte Nettokaltmiete von der - sich möglicherweise ändernden - Nutzung zu Ferien- oder anderen Zwecken abhängig (in diese Richtung auch VG Oldenburg, Beschluss v. 15.12.2022 - 3 B 2000/21 -, juris Rn. 29; VG Greifswald, Urteil v. 08.03.2022 - 2 A 2050/21 HGW -, juris Rn. 31).

Die methodischen Mängel der Schätzung liegen aber darin begründet, dass die Beklagte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des jeweiligen Bescheiderlasses lediglich Erhebungen über die Nettokaltmiete in ihrem Stadtteil "Braunlage" durchgeführt und aus dem ihr vorliegenden (dürftigen) Zahlenmaterial die ortsübliche Miete für das gesamte Stadtgebiet geschätzt hat. Ausweislich des Ergebnisbogens vom 3. November 2020 (dort Anlage 7) hat die Beklagte die Nettokaltmiete unter Einbezug der Werte von sechs Vermietern von 31 Objekten in 13 Straßen geschätzt, indem sie den Mittelwert der erhaltenen Kaltmieten errechnet hat. Dabei befinden sich alle 31 Objekte, die in die Berechnung/Schätzung einbezogen worden sind, in dem Stadtteil "Braunlage". Indem sie allein aus diesen Objekten die im gesamte Stadtgebiet gültige Nettokaltmiete errechnet hat, hat die Beklagte übersehen, dass sich in den weiteren Stadtteilen "St. Andreasberg" und "Hohegeiß" ebenfalls zur Vermietung stehende Objekte befinden. Ob dort die durchschnittlichen Nettokaltmieten ebenfalls einen Wert von 4,60 EUR/m2 ergeben, hat die Beklagte nicht ermittelt, womit ihre Schätzung auf unzureichenden tatsächlichen Grundlagen beruht. Zweifel an der Richtigkeit der Schätzung liegen daneben darin begründet, dass die Beklagte selbst im Stadtteil "Braunlage" eine überaus rudimentäre Tatsachenbasis für ihre Schätzung herangezogen hat. Es ist für die erkennende Kammer angesichts dessen schon in Bezug auf diesen Stadtteil überaus fraglich, ob die Daten von sechs Vermietern von 31 Objekten in 13 Straßen hinreichend repräsentativ sind, um unter ihrem Einbezug eine Schätzung durchzuführen. Erst recht kann auf Grundlage dieser Erkenntnisse angesichts der Gesamtgröße des Stadtgebiets mit drei Stadtteilen und der seitens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Tatsache, insgesamt seien knapp 2.000 Zweitwohnungen im Stadtgebiet bekannt, keine im gesamten Stadtgebiet Geltung beanspruchende Nettokaltmiete geschätzt werden. Dies gilt umso mehr in Ansehung des Umstandes, dass in dem Stadtteil "Braunlage" die höchsten Bodenrichtwerte zu verzeichnen sind und daher anzunehmen ist, dass in den anderen Stadtteilen mit geringen Bodenrichtwerten voraussichtlich auch (nur) geringere Mieten erzielt werden können.

(3) Diese methodischen Unzulänglichkeiten bei der Schätzung können auch nicht durch die weiteren "Kontrollüberlegung" der Beklagten ausgeglichen oder geheilt werden.

Soweit die Beklagte den - auf unzureichender Tatsachenbasis - geschätzten Wert von 4.60 EUR/m2 mit dem Grundstücksmarktbericht für den Landkreis B-Stadt und den von Vermietungsportalen ermittelten Mietspiegeln sowie Wohnungsangeboten im Internet und ihr bekannt gewordenen tatsächlichen Mietzinsen verglichen hat, stellt sich dieser Vergleich nicht als (wirksame) Kontrolle oder Ausgleich des Ermittlungsdefizits dar. Denn die die Beklagte hat, obwohl die weiteren Quellen deutlich höhere Nettokaltmieten ergeben haben, keine Anpassung ihrer Schätzung vorgenommen, obschon dies - aus ihrer Sicht - nahegelegen hätte. Damit kommt es nicht darauf an, ob die in den anderen Quellen genannten Nettokaltmieten tatsächlich repräsentativ sind und in eine Schätzung einfließen dürfen.

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Februar 2024 am Nachmittag vor der mündlichen Verhandlung und zugleich deutlich nach Ablauf der gesetzten Frist (§ 87b Abs. 2 VwGO) eine 83-seitige ungeordnete Zusammenfassung von Mietverträgen sowie eine weitere Aufstellung über die ihr bekannten Nettokaltmieten vorgelegt hat, kann die Kammer ebenfalls nicht erkennen, dass hiermit die methodischen Schätzungsdefizite ausgeglichen werden. Dies gilt zunächst hinsichtlich der vorgelegten Mietverträge. Es ist aufgrund der unkommentierten Übersendung seitens der Beklagten schon nicht erkennbar, wann diese Mietverträge abgeschlossen worden und wo diese Objekte belegen sind, sodass die dort ausgewiesenen Mieten nicht als repräsentative Erkenntnisse zugrunde gelegt werden können. Nichts anderes gilt für die vorgelegte Aufstellung über weitere Nettokaltmieten im Stadtgebiet. Es mangelt an Angaben, zu welchen Zeitpunkten diese Nettokaltmieten ermittelt worden und seit wann sie der Beklagten bekannt sind. Sie sind daher ebenso ungeeignet, die Richtigkeit der Schätzung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zu substantiieren. Des Weiteren ist das Zahlenmaterial aus der Aufstellung erneut nicht hinreichend repräsentativ, weil es sich um lediglich weitere 25 Objekte im gesamten Stadtgebiet und eine Mischung von möblierten und unmöblierten Wohnungen handelt. Zudem zeigen diese Daten erneut, dass die im Ermittlungsbogen vom 3. November 2020 enthaltene Schätzung von 4,60 EUR/m2 unzureichend ist. So soll sich nach den nunmehr vorgelegten Werten im Stadtteil "Braunlage" eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 7,10 EUR/m2 errechnen und im gesamten Stadtgebiet von 6,21 EUR/m2. Wie die Beklagte in Ansehung dieser Werte von der Richtigkeit ihrer ursprünglichen Schätzung in Höhe von 4,60 EUR/m2 ausgehen kann, erschließt sich der erkennenden Kammer nicht. Schließlich zeigen die im Vergleich zum Stadtteil "Braunlage" teilweise deutlich niedrigeren Werte der Nettokaltmieten für die Stadtteile "St. Andreasberg" (5,25 EUR/m2) und "Hohegeiß" (6,00 EUR/m2) abermals, dass es nicht repräsentativ ist, die im gesamten Stadtgebiet gültige Nettokaltmiete nur unter Einbezug von Werten aus "Braunlage" zu schätzen.

Damit kommt es auf die weiteren Einwendungen des Klägers zur Schätzung, namentlich gerügte Berechnungsfehler sowie den Einbezug von Daten aus Immobilienscout, nicht mehr an. Hierzu merkt die Kammer noch an, dass sie mathematische Berechnungsfehler nicht erkennen kann und die Beklagte auch Mietwerte, die auf Immobilienscout angegeben werden, wohl zur Grundlage der Berechnung machen darf, weil der Kläger nur mutmaßt, wenn er behauptet, der bei Immobilienscout vom Vermieter angegeben Mietzins werde im Ergebnis nicht zur Vertragsgrundlage.

bb) Darüber hinaus - und insoweit rechtlich selbstständig tragend - hat die Kammer durchgreifende Bedenken gegen Teile der übrigen von der Beklagten nach der Nettokaltmiete - gleich einer "Basismiete" - schrittweise weiter in die Berechnung der Bemessungsgrundlage einbezogenen Faktoren wie Art, Lage und Ausstattung.

Diese resultieren allerdings nicht - wie der Kläger rügt - aus einer damit verbundenen unzulässigen Doppelerfassung wertbildender Faktoren. Um ausgehend von der Nettokaltmiete als Basismiete eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung und Erhebung der Zweitwohnungsteuer zu ermöglichen, ist eine weitere Differenzierung möglich, wenn nicht gar geboten. Eine solche Differenzierung kann dem Grunde nach auch anhand der Gebäudeart, des Baujahres bzw. der Ausstattung und der Lage vorgenommen werden. Diesen Kriterien kann eine grundsätzliche Eignung zur Erfassung des Belastungsgrundes nicht abgesprochen werden, da typischerweise eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus älteren Baujahres in Stadtrandlage mit einem anderen finanziellen Aufwand verbunden ist als ein Einfamilienhaus neueren Baujahres mit Wasser- oder Bergblick. Somit wird auch dem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit (Leistungsfähigkeitsprinzip) Rechnung getragen (vgl. Kammerurteil v. 21.06.2023 - 8 A 284/21 -, juris Rn. 62 m.w.N. [zur näheren Ausgestaltung eines Flächenmaßstabs]).

Die einzelnen Faktoren sind allerdings an dem von der Beklagten in § 3 Abs. 3 Satz 2 ZwStS selbst gesetzten Anspruch zu messen. Danach wird die die ortsübliche Miete in Anlehnung an die Nettokaltmiete, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig zu entrichten sind, geschätzt. Diesem Anspruch wird zumindest die Abbildung des Satzungsbegriffs "Ausstattung" nicht gerecht, sodass Schätzungsvorgang und -ergebnis nicht plausibel sind.

Wie die Beklagte den Satzungsbegriff "Art" durch ihre "Interne Arbeitsanweisung" ausgeformt hat, unterliegt nach Einschätzung der Kammer keinen Bedenken. Mit der vorgenommenen Differenzierung zwischen verschiedenen Gebäudearten (Wohnung, Reihenhaus/Doppelhaushälfte, Einfamilienhaus) nimmt sie sachgerecht Bezug zu der Marktsituation. Typischerweise hängt der Mietwert auch von der Gebäudeart ab. In nachvollziehbarer Weise geht die Beklagte in ihrer Arbeitsanweisung, wonach ein gestufter Gebäudefaktor anzusetzen ist, davon aus, dass der Unterhaltungs- und Anschaffungsaufwand sowie Wohnwert für die Gebäudeart "Einfamilienhaus" höher ist als bei einer Eigentumswohnung oder gemieteten Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Damit ist der Faktor geeignet, den unterschiedlich hohen Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung abzubilden. Die von der Beklagten vorgenommene Eingruppierung der Gebäudearten sowie die Festlegung eines zugehörigen Faktors ist von dem weiten Gestaltungsspielraum als Steuersatzungsgeber umfasst und rechtfertigt sich aus den im Steuerrecht maßgeblichen Gesichtspunkten der Verwaltungsvereinfachung und Typisierung (vgl. VG Schleswig, Urteil vom 23.03.2022 - 4 A 178/21 -, juris Rn. 62). Die gewählten Gebäudearten sind allgemein übliche Gebäudearten bei der Kategorisierung und darüber hinaus für die Beklagte als steuererhebende Kommune vergleichsweise einfach aus den Grundsteuermessbescheiden des Finanzamtes zu entnehmen, womit eine nicht unerhebliche Verwaltungsvereinfachung eintritt. Es wäre zudem nur überaus schwer festzustellen, ob es sich im Einzelfall um ein eher weniger wertvolles Einfamilienhaus - etwa, weil es sich um ein einfaches Holzhaus handelt - oder um eine eher überdurchschnittlich wertvolle Eigentumswohnung - etwa, weil sie über besondere Ausstattungsmerkmale verfügt - handelt. Mögliche Ungenauigkeiten sind daher hinzunehmen und werden im Übrigen durch die weiteren Faktoren angemessen aufgefangen (s.a. Kammerurteil v. 21.06.2024 - 8 A 284/21 -, juris Rn. 73).

Auch die Ausgestaltung des Satzungsbegriffs "Lage" in der Arbeitsanweisung durch den Lagefaktor genügt den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Grundsätzlich ist es der Beklagten als steuererhebende Kommune nicht verwehrt, einen Lagewert bzw. Bodenrichtwert als Faktor zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen heranzuziehen. Dabei spricht nichts dagegen, den Lagewert auch aus dem Bodenrichtwert zu ermitteln. So kann das Verhältnis der Bodenrichtwerte zueinander grundsätzlich als ein die Lage abbildender Wertfaktor im Rahmen des Bemessungsmaßstabes der Zweitwohnungsteuer berücksichtigt werden (vgl. Schleswig-Holst. OVG, Urteil v. 30.01.2019 - 2 LB 92/18 -, juris Rn. 116; u. Beschluss v. 04.08.2022 - 5 MB 15/22-1 -, juris Rn. 16; ebenso Kammerurteil v. 21.06.2024 - 8 A 284/21 -, juris Rn. 83 m.w.N.). Indem die Beklagte hier eine Spanne aus den in ihrem Stadtgebiet vorhandenen Bodenrichtwerten gebildet und den sich rechnerisch ergebenden Mittelwert als Lagefaktor 1,0 angesetzt hat, hat sie die verfassungsrechtlich erforderliche Vergleichbarkeit der Zweitwohnungen gewährleistet. Durch das ins Verhältnissetzen bildet sie den Lagevorteil der Objekte proportional zueinander ab.

Durchgreifenden Bedenken begegnet es hingegen, wie die Beklagte den Satzungsbegriff der "Ausstattung" im Rahmen ihrer Schätzung abbildet. Zum einen hat sie insoweit bereits einen unzureichenden Bezugspunkt gewählt, zum anderen wesentliche Tatsachen für die Schätzung außer Acht gelassen. Augenfällig ist schon, dass es in der "Internen Arbeitsanweisung" keinen "Ausstattungsfaktor" gibt, sondern den "Faktor Baujahr". Die Beklagte verfolgt augenscheinlich die Intention, der gleichen oder auch ungleichen Ausstattung (allein) durch das Baujahr Rechnung zu tragen. Die beiden Begriffe entsprechen sich aber nicht, weil das Baujahr schlicht das Jahr der Errichtung erfasst, während zum Ausstattungsbegriff nach Einschätzung der Kammer auch und gerade Aspekte wie das Vorhandensein von Heizung, Lüftung, Bädern oder Balkons zählen. Zwar versucht die Beklagte, (Kern- oder Teil-) Sanierungen zu erfassen, indem sie in diesem Fall mit Zuschlägen zum Baujahr arbeitet. Das genügt jedoch nicht, um das Satzungsmerkmal der Ausstattung hinreichend nachzuzeichnen, weil Sanierungsmaßnahmen ebenfalls nicht mit Ausstattungsmerkmalen gleichzusetzen sind. Daneben liegt auch insoweit ein Sachaufklärungsmangel vor. Die Beklagte geht offenbar davon aus, dass der Ausstattungsstandard in allen Objekten eines Baujahres bis auf zu vernachlässigende Unterscheide identisch ist. Diese Annahme ist erkennbar unrichtig, weil das Errichtungsjahr nicht den sicheren Rückschluss ermöglicht, dass die Objekte gleich ausgestattet sind. Die Beklagte hat ferner keinerlei Informationen darüber ermittelt, welchen Ausstattungsstandard die veranlagten Objekte aufweisen. Damit beruht die Schätzung der Ausstattung auf falschen bzw. offenbar unrichtigen Erwägungen.

cc) Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, merkt die Kammer noch für einen etwaigen weiteren Rechtsstreit zwischen den Beteiligten der übrigen Fragen an:

Der Kläger erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen zur Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer in den Streitjahren. Er hat die veranlagte Wohnung inne im Sinne von § 2 Abs. 1 ZwStS, denn sie steht ihm als Eigentümer in Ermangelung einer Dauervermietung mit Ausschluss des Selbstnutzungsrechts zumindest zeitweise zur Selbstnutzung zur Verfügung (vgl. zum Begriff des Innehabens BVerwG, Urteil v. 11.10.2016 - 9 C 28.15 -, juris Rn. 13; Nds. OVG, Beschluss v. 25.01.2008 - 9 ME 322/07 -, juris Rn. 6). Die Steuerpflicht ist auch nicht durch die pandemiebedingten Einschränkungen im Jahr 2020 entfallen. Die mit der Covid19-Pandemie verbundenen Einschränkungen haben nach den der Kammer zur Verfügung stehenden Erkenntnissen im Jahr 2020 nur zu einem Eigennutzungsausschluss von 48 Tagen geführt, und zwar vom 20. März 2020 (Ziff. 1 der Allgemeinverfügung des Landkreises B-Stadt v. 20.03.2020) bis zum 6. Mai 2020 (Stufenplan der Nds. Staatskanzlei v. 22.05.2020). Eine solch kurzfristige Beeinträchtigung steht dem Innehaben im Streitjahr nicht entgegen (s.a. Schleswig-Holst. OVG, Beschluss v. 18.11.2022 - 5 MB 23/22 -, juris Rn. 50).

Hingegen ist die Bestimmung des Baujahresfaktors fehlerhaft erfolgt. Nach den eigenen Erkenntnissen der Beklagten (vgl. den undatierten Aktenvermerk als Anlage zum Schriftsatz vom 11. Januar 2024) ist das Gebäude, in welchem sich die veranlagte Zweitwohnung befindet, ca. 1920 erbaut worden, weshalb ein Baujahrfaktor von 0,75 anzuwenden sei. Tatsächlich hat die Beklagte den Baujahresfaktor aber in beiden Bescheiden mit dem Wert 1,10 angesetzt.

Auch hinsichtlich der Bestimmung des Nutzungsfaktors mit 100 % bestehen Bedenken, die jedoch nicht abschließend aufgeklärt werden müssen. Der Kläger hat hierzu ausführt, er habe in den Veranlagungsjahren 2021 und 2022 nur 88 (2020) bzw. 91 (2021) Vermietungstage gehabt. Dies als zutreffend unterstellt, wäre bei ihm lediglich ein Nutzungsfaktor von 75 % anzusetzen (vgl. § 3 Abs. 4 ZwStS). Soweit die Beklagte demgegenüber eingewendet hat, der Kläger habe keine ordnungsgemäße Steuererklärung (§ 7 Abs. 2 ZwStS) abgegeben und entgegen seiner Mitwirkungspflicht aus § 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a NKAG i.V.m. § 90 Abs. 1 AO keine aussagekräftigen Nachweise vorgelegt, dass diese von ihm lediglich behaupteten Vermietungstage auch der Wirklichkeit entsprächen, dürfte sie in einem solchen Fall (im Rahmen einer Schätzung) grundsätzlich von einem Nutzungsfaktor "100 %" ausgehen, wie sich auch aus § 7 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ZwStS ergibt. Diese Normen regeln zwar ausdrücklich nur die Mitteilungs- und Nachweispflicht betreffend die Wohnfläche, werden sich aber wegen der Vergleichbarkeit der Sachlage zwanglos auf die Vermietungstage übertragen lassen. Allerdings ist die Behauptung des Klägers im Raum verblieben, das von der Beklagten für erforderlich gehaltene Steuererklärungsformular sei weder online noch vor Ort für ihn erhältlich gewesen, sodass er keine (ordnungsgemäße) Steuererklärung habe abgeben können. Diesem Vorbringen ist die Beklagte nicht einmal sinngemäß entgegengetreten, sondern hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die Bürgerinformation rund um die Zweitwohnungsteuer sei defizitär gewesen. Die klägerische Behauptung wird zudem durch die Äußerungen weiterer Zweitwohnungsinhaber in der mündlichen Verhandlung, die ihre Bescheide ebenfalls vor dem erkennenden Gericht beklagt haben, bestätigt. Zur Aufklärung dieser verbleibenden Sachverhaltsungewissheiten sowie der Rechtsfrage, ob hieraus nun folgt, dass der Nutzungsfaktor nicht auf 100 % geschätzt werden darf - wofür aber einiges sprechen dürfte -, sieht die Kammer angesichts der fehlenden Entscheidungserheblichkeit keinen Anlass.

3. Die rechtswidrigen Steuerbescheide verletzen den Kläger auch in seinen subjektiven öffentlich-rechtlichen Rechten und sind deshalb in vollem Umfang aufzuheben.

Dabei kann offenbleiben, ob schon allein die methodisch unzulängliche Schätzung der ortsüblichen Nettokaltmiete zu einer Rechtsverletzung führt. Soweit die Beklagte hierzu schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung eingewendet hat, die Schätzung von 4,60 EUR/m2 sei allenfalls rechtswidrig zu niedrig und führe daher nicht zu einer Rechtsverletzung, dürfte dies nach Ansicht der erkennenden Kammer nicht zutreffen. Es ist bereits fraglich, ob die der Schätzung zugrundeliegende Überlegungen der Beklagten überhaupt einen hinreichenden Tatsachenkern enthalten, der eine ausreichende Grundlage für diese Feststellung bietet. Die ermittelte Nettokaltmiete erweist sich als lediglich gegriffener Wert und ist nicht plausibel geschätzt. Auch die angeführten Kontrollüberlegungen der Beklagten sowie die jüngst eingereichten Werte zu deutlich höheren Durchschnittsmieten im Stadtgebiet dürften eine Rechtsverletzung nicht ausschließen. Wie bereits aufgezeigt, sind auch diese Werte ohne zureichendes tatsächliches Substrat und unvollständig.

Zur Rechtsverletzung des Klägers führt aber jedenfalls der Umstand, dass die Beklagte die Ausstattung seines Objektes nicht zureichend berücksichtigt hat, weil der hierzu angeführte Faktor Baujahr ungeeignet ist, das Satzungsmerkmal "Ausstattung" abzubilden. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass bei einer ordnungsgemäßen Ermittlung der Ausstattung des veranlagten Objekts eine geringere Zweitwohnungsteuer festgesetzt wird. Darüber hinaus führt die unrichtige Bestimmung des Baujahres samt der damit verbundenen höheren Einstufung (1,10 statt richtigerweise 0,75) zur Rechtsverletzung.

Die Steuerbescheide waren auch nicht zu einem gerechtfertigten Teilbetrag aufrechtzuerhalten, weil die Schätzung der Beklagten in so zahlreicher Hinsicht defizitär ist, dass kein jedenfalls in einer bestimmten Höhe gerechtfertigter Betrag ermittelt werden kann. Zu einer eigenen Schätzung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b NKAG i.V.m. § 162 Abs. 1 AO ist das Verwaltungsgericht nicht befugt, da ihm diese Normen - anders als § 96 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung den Finanzgerichten - keine Schätzungsbefugnis einräumen (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 19.12.2018 - 9 LA 48/18 -, juris Rn. 31; s.a. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 26.01.2015 - OVG 9 B 7.14 -, juris Rn. 26). Das Verwaltungsgericht kann nur eine bereits durchgeführte Schätzung der steuererhebenden Kommune hinsichtlich der gewählten Methode sowie des Ergebnisses überprüfen und bei Fehlern in der Höhe korrigieren (so auch schon Nds. OVG, Urteil v. 28.12.2018 - 9 LC 217/16 -, juris Rn. 87). Angesichts des Umstandes, dass es an belastbaren Tatsachen fehlt, auf deren Basis eine Schätzung durchgeführt werden könnte, kommt auch eine Korrektur der Höhe nach nicht in Betracht.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 154 Abs. 1 VwGO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 709 Satz 2 analog, 711 ZPO.

IV. Die Berufung war gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Den Fragen, ob das primär für Dauermietwohnungen festgestellte örtliche Mietniveau bei der Schätzung der jährlichen Nettokaltmiete für eigengenutzte oder vermietete (Ferien-) Zweitwohnungen übertragen werden kann, und ob das Satzungsmerkmal "Ausstattung" durch die Heranziehung des Baujahres unter Einbezug von (Teil-) Sanierungen hinreichend abgebildet wird, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.

V. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG. In Anwendung von Ziff. 3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit setzt die Kammer den dreifachen Jahreswert an.