Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.03.2001, Az.: 4 W 81/01

Beschwerde ; Zwangsversteigerungsverfahren; Rechtliche Gehör; Äußerungsfrist; Begründungsfrist

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.03.2001
Aktenzeichen
4 W 81/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 21655
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2001:0329.4W81.01.0A

Fundstellen

  • BauR 2001, 1631 (red. Leitsatz)
  • JurBüro 2001, 668-669
  • MDR 2001, 953-954 (Volltext mit red. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2001, 155-156

Amtlicher Leitsatz

Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine generelle Pflicht des Gerichts, unter Fristsetzung zu einer Begründung oder Stellungnahme aufzufordern, sondern das Gericht muss lediglich eine angemessene Äußerungsfrist abwarten.

Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen die Schuldner.

Beschwerdewert: 56. 000 DM

Gründe

1

Die weitere Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil in der angefochtenen Entscheidung ein neuer selbständiger Beschwerdegrund nicht enthalten ist (§ 568 Abs. 2 ZPO), soweit eine Einstellung nach § 765 a ZPO abgelehnt worden ist. Im Übrigen hat der Gesetzgeber die weitere Beschwerde im Zwangsversteigerungsverfahren wegen der einstweiligen Einstellung des Verfahrens nach § 30 a ZVG und wegen der Festsetzung des Verkehrswerts ausdrücklich für nicht statthaft erklärt, § 30 b Abs. 3 ZVG und § 74 a Abs. 5 ZVG.

2

Die Begründung der weiteren Beschwerde, die angefochtene Entscheidung des Landgerichts enthalte als selbständigen Beschwerdegrund den Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil das Landgericht nicht schon am 27. Februar 2001 ohne vorherige Fristsetzung habe entscheiden dürfen, trifft aus zwei Gründen nicht zu:

3

Zum Einen ist das rechtliche Gehör der Schuldner nicht verletzt. Der sozusagen 'klassische' Fall der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine Entscheidung vor Ablauf einer vom Gericht gesetzten Frist (Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl. , § 568, Rdnr. 18) liegt nicht vor, denn das Landgericht hat keine Frist gesetzt, sondern ohne besondere Fristsetzung mit einer Entscheidung vom Eingang der sofortigen Beschwerde beim Amtsgericht am 9. Februar 2001 bis zum 27. Februar 2001 zugewartet. Die Auffassung, das Landgericht habe hier zur Wahrung des rechtlichen Gehörs eine Frist setzen müssen, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine Pflicht des Gerichts, unter Fristsetzung zu einer Begründung oder Stellungnahme aufzufordern, sondern das Gericht muss lediglich eine angemessene Äußerungszeit abwarten, wobei zwei Wochen in der Regel ausreichen. (BVerfG ZIP 1986, 1336; BayObLG NJW-RR 1986, 1446; Zöller/Gummer, a. a. O. , § 573, Rdnrn. 10 und 11). Was gilt, wenn eine Begründung angekündigt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im vorliegenden Fall haben die Schuldner mit der sofortigen Beschwerde vom 9. Februar 2001 auf ihr bisheriges Vorbringen (Vertragsverhandlungen mit einem Gläubiger über den Verkauf des Grundstücks zu einem höheren Kaufpreis als den Versteigerungserlös) Bezug genommen und erklärt: 'Eine detaillierte Begründung mit Glaubhaftmachung erfolgt umgehend. ' Mit der Ankündigung einer 'umgehenden' Begründung haben die Schuldner schon von sich aus dem besonderen Eilbedürfnis einer Entscheidung über den Einstellungsantrag trotz bereits erfolgter Versteigerung Rechnung getragen. Die Ankündigung einer 'umgehenden' Begründung durfte zwanglos dahin verstanden werden, dass eine solche weitere Begründung auch ohne besondere Fristsetzung durch das Gericht binnen weniger Tage, jedenfalls deutlich vor Ablauf von zwei Wochen, abgegeben werde. Dabei war angesichts der Ankündigung, von sich aus 'umgehend' eine weitere Begründung nachreichen zu wollen, der Beginn der abzuwartenden Äußerungsfrist das eigene Schreiben der Schuldner vom 9. Februar 2001, denn wer in einem Schreiben ans Amtsgericht ankündigt, von sich aus eine weitere Begründung nachreichen zu wollen, kann die umgehende Begründung auch an das Amtsgericht adressieren. Aber selbst nach Mitteilung des landgerichtlichen Aktenzeichens, die die Schuldner am 15. Februar 2001 erhalten haben, hat das Landgericht noch mehr als 10 Tage zugewartet, ohne dass die Schuldner eine Begründung nachgereicht oder Hinderungsgründe mitgeteilt hätten. Wenn nach alledem die Schuldner bis zum 26. Februar 2001 - also insgesamt mehr als zwei Wochen - sich nicht rührten, durfte das Landgericht gerade wegen der Ankündigung einer 'umgehenden' Begründung ohne Verfahrensfehler annehmen, dass die Schuldner - aus welchen Gründen auch immer - eine weitere Begründung denn doch nicht mehr abgeben wollten, sondern mit einer Entscheidung auf der Grundlage der im Schreiben vom 9. Februar 2001 bereits abgegebenen Begründung einverstanden waren.

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Zum Andern wird vorsorglich noch darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer etwaigen Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht. Denn mit der weiteren Beschwerde vom 14. März 2001 wird nicht vorgetragen, was die Schuldner denn, wenn ihnen eine angemessene Frist vom Landgericht gesetzt worden wäre, nun als die angekündigte 'detaillierte' Begründung geltend gemacht hätten. Schon gar nicht werden Einzelheiten zu dem angeblich möglichen günstigen freihändigen Verkauf mitgeteilt. Vielmehr beschränkt sich die Begründung der weiteren Beschwerde auf die formale Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es ist demgemäß nicht einmal ansatzweise dargetan, dass die Entscheidung des Landgerichts auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhen könnte, also der gerügte Verfahrensmangel auch 'entscheidungskausal' war - nur derart kausale Verfahrensmängel des landgerichtlichen Verfahrens stellen aber selbständige Beschwerdegründe dar, die bei in der Sache übereinstimmenden Entscheidungen von Amts- und Landgericht die weitere Beschwerde eröffnen können (Zöller/Gummer, a. a. O. , § 568, Rdnr. 23. )

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