Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 27.01.2004, Az.: 10 UF 168/03

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
27.01.2004
Aktenzeichen
10 UF 168/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50888
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Winsen - 08.07.2003 - AZ: 4 F 40/98 S
nachfolgend
BVerfG - 21.04.2005 - AZ: 1 BvR 510/04

Tenor:

Die - nach deren teilweiser Rücknahme - als Beschwerde anzusehende Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Winsen (Luhe) vom 8. Juli 2003 hinsichtlich der Entscheidungen zum Versorgungsausgleich und zur elterlichen Sorge (zu II. und III. des Urteilstenors) wird zurückgewiesen.

Gründe

Die nach § 621 e Abs. 1 i. V. m. § 621 Abs. 1 Nr. 1 und 6 ZPO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die vom Antragsteller gegen die Entscheidung des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich erhobenen rechtlichen Bedenken sind unbegründet.

a) Das Amtsgericht hat zutreffend gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den von beiden Eheleuten während der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB – 1. Mai 1994 bis 31. Januar 1998 – in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften vom Versicherungskonto des Ehemannes auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen. Gegen die Richtigkeit der von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erteilten Auskünfte sind konkrete Einwendungen vom Antragsgegner nicht erhoben worden. Auch im Hinblick auf die seit Auskunftserteilung verstrichene Zeit sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die mitgeteilten Auskünfte nicht (mehr) zutreffend sind.

b) Das Amtsgericht hat ferner zu Recht auch den aufgrund eines Dienstvertrages bestehenden Anspruch des Ehemannes gegenüber der ... Sparkasse (H.) auf Zahlung eines Ruhegehalts zum Versorgungsausgleich herangezogen. Die Auffassung des Antragsgegners, er habe seine Anwartschaften in vollem Umfang bereits vor der Ehezeit erworben, ist nicht zutreffend.

Bei dem Ruhegehalt handelt es sich entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht um eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB, sondern um eine beamtenähnliche Versorgung im Sinne des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. zu vergleichbaren Versorgungen bei Banken z.B. BGH FamRZ 1994, 232; OLG München FamRZ 1991, 576; Senatsbeschluss vom 19.09.2003 – 10 UF 128/02 - ; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 a Rn. 33). Nach § 7 Abs. 3 des von der H. auf Anforderung des Senats (auszugsweise) übersandten Dienstvertrages berechnete sich das Ruhegehalt – ebenso wie ein beamtenrechtliches Ruhegehalt – nach einem von der Dauer der ruhegehaltfähigen Dienstzeit abhängigen Prozentsatz des ruhegehaltfähigen Gehalts. Dagegen spricht nicht, dass die Steigerung des Ruhegehaltssatzes in unregelmäßigen Schritten erfolgte, denn dies war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrages auch im Beamtenversorgungsrecht noch ebenso. Erst 1992 ist die Beamtenversorgung auf eine lineare Steigerung des Ruhegehaltssatzes umgestellt worden. Dass die im Dienstvertrag vorgesehene ungleichmäßige Steigerung nicht später an die Änderung des Beamtenversorgungsrechts angepasst worden ist, nimmt der vereinbarten Versorgung nicht ihren beamtenähnlichen Charakter.

Dem Antragsgegner ist zwar zuzugestehen, dass er den vertraglich vereinbarten Höchstruhegehaltssatz von 70 % bereits vor Beginn der Ehezeit erreicht hatte. Die anschließend bis zum Eintritt in den Ruhestand noch weiter zurückgelegte ruhegehaltfähige Dienstzeit war jedoch erforderlich, um die Versorgungsanwartschaft aufrechtzuerhalten. Denn nach § 7 Abs. 1 des Dienstvertrages konnte er den vollen Anspruch auf das Ruhegehalt nach § 7 Abs. 3 nur dann erwerben, wenn sein Dienstverhältnis infolge Kündigung des Vertrages durch die H. oder gemäß § 6 Abs. 3 des Dienstvertrages (vorzeitiger Ruhestand mit 62 Jahren – wie geschehen) oder infolge Dienstunfähigkeit endete, nicht dagegen im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens des Antragsgegners aus dem Betrieb infolge eigener Kündigung. Daher war die Fortsetzung des Dienstverhältnisses und damit der ruhegehaltfähigen Dienstzeit zur Aufrechterhaltung der Versorgungsanwartschaft ebenso notwendig wie bei einem Beamten, der bereits den Höchstruhegehaltssatz, aber noch nicht die Pensionsaltersgrenze erreicht hat (vgl. dazu z. B. Johannsen/Henrich/Hahne a. a. O. § 1587 BGB Rn. 22).

Bei Ehezeitende (31. Januar 1998) bezog der Ehemann trotz seiner einen Monat zuvor erfolgten Pensionierung noch sein volles Arbeitsentgelt, wie sich aus der Auskunft der H. vom 28. Oktober 2003 ergibt. Die Fortzahlung der Dienstbezüge erfolgte allerdings nur für die ersten drei Monate nach Eintritt in den Ruhestand. Dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich kann nur das dauerhaft gezahlte Ruhegehalt zugrunde gelegt werden. Ob der vorübergehend gewährte Zuschlag einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegen würde, bedarf hier keiner Entscheidung, da ein zur Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs erforderlicher Antrag (§ 1587 f BGB) nicht gestellt worden ist.

Ab April 1998 erhielt der Antragsgegner ein Ruhegehalt von monatlich 12.510 DM = 6.396,26 EUR. Der Ehezeitanteil dieser Versorgung ist gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB aus dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit zur gesamten ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berechnen. Das Amtsgericht ist von einer Gesamtdienstzeit vom 1. April 1956 bis zum 31. Dezember 1997 (501 Monate) und einer in die Ehezeit fallenden Dienstzeit von 44 Monaten ausgegangen und hat folglich einen Ehezeitanteil der Versorgung von monatlich 6.396,26 EUR x 44 : 501 = 561,75 EUR errechnet. Ob dieser Ehezeitanteil zutreffend ist oder nicht vielmehr aufgrund der Auskunft der H. vom 28. Oktober 2003 (letzte Seite) von einer erst am 1. Juli 1960 begonnenen ruhegehaltfähigen Dienstzeit und folglich von einem Ehezeitanteil von (6.396,26 EUR x 44 : 450 =) 625,41 EUR auszugehen wäre, bedarf hier ebenso wenig einer Entscheidung wie die Frage, ob das Ruhegehalt als volldynamisch anzusehen ist. Denn das Amtsgericht hat ohnehin nur einen Teil des auszugleichenden hälftigen Betrages des auf die Ehezeit entfallenden Ruhegehalts – nämlich den nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG maßgebenden Höchstbetrag – öffentlich-rechtlich ausgeglichen. Über die Höhe des Restausgleichsbetrages wird abschließend ggf. im Rahmen eines Verfahrens über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu entscheiden sein.

2. Die Entscheidung des Amtsgerichts, die elterliche Sorge für J. M. und P. A. der Antragsgegnerin zu übertragen, wird dem Wohl der Kinder gerecht. Für die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter spricht bereits der Gesichtspunkt der Kontinuität. Die Kinder leben seit der Trennung der Parteien im Mai/Juni 1997 – abgesehen von der Zeit von Ende Juni bis Mitte November 1999, in der der Antragsteller die Kinder eigenmächtig bei sich behalten hat und mit ihnen untergetaucht ist – bei der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin, die in der Ehe und auch in der langen Trennungszeit nicht berufstätig gewesen ist, ist stets die Hauptbezugsperson der Kinder gewesen.

Beide Kinder haben sich bei ihrer Anhörung durch das Amtsgericht dafür ausgesprochen, bei ihrer Mutter zu bleiben. J. M., der seit dem Sommer 2002 Besuche beim Vater verweigert, hat am 20. März 2003 erklärt, er werde unter allen Umständen bei der Mutter bleiben. P. A., der ein enges Verhältnis zu seinem Vater hat und ihn gerne besucht, hat bei seiner Anhörung durch das Amtsgericht am 15. Mai 2003 den Wunsch geäußert, dass es auch künftig so bleiben möge wie bisher und er weiterhin jedes zweite Wochenende zu seinem Vater fahren könne. Die Vorstellung beim Vater zu leben und alle zwei Wochen die Mutter zu besuchen, hat ihn offenkundig dermaßen irritiert, dass er zunächst die Fragestellung nicht verstanden hat.

Es liegen keine Gründe vor, weshalb die Kinder von ihrer Mutter zu trennen wären. Die Tatsache, dass J. M. bereits seit über einem Jahr den Umgang mit dem Antragsteller verweigert, rechtfertigt nicht den Schluss, die Antragsgegnerin sei nicht erziehungsgeeignet. Denn es steht keineswegs fest, dass die Antragsgegnerin diese Weigerung zu verantworten hat. J. M. ist inzwischen 12 Jahre alt. Er hat damit ein Alter erreicht, in dem ein Kind zunehmend einen eigenen Willen entwickelt, den es gegen seine Eltern durchzusetzen versucht. Bei seiner Anhörung durch das Amtsgericht ist deutlich geworden, dass er sich beim Vater gegenüber P. A. und dessen Tochter A. benachteiligt fühlt. J. M. weiß, dass er nicht das leibliche Kind des Antragstellers ist. Da die Antragsgegnerin in den vergangenen Jahren wieder einen engen Kontakt zum leiblichen Vater von J. M. unterhalten hat, befindet sich J. M. in einer Konfliktsituation, die losgelöst vom Einfluss der Antragsgegnerin die Verweigerungshaltung des Kindes erklären kann.

Im Übrigen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Angesichts der tief greifenden Kommunikationsstörung, die zwischen den Parteien besteht und in dem vorliegenden Verfahren deutlich geworden ist, hat das Amtsgericht zu Recht davon abgesehen, es beim gemeinsamen Sorgerecht der Parteien zu belassen und der Antragsgegnerin lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht für die Kinder keinen Verfahrenspfleger bestellt hat. Auch insoweit wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Eine Kostenentscheidung ist aufgrund des Vergleichs der Parteien vom 13. Januar 2004 entbehrlich.