Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.09.1993, Az.: 4 L 3929/92
Gemeinde; Kindergeld; Bedienstete; Land; Rückerstattung; Verletzung; Pflichten; Bundeskindergeldgesetz
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 22.09.1993
- Aktenzeichen
- 4 L 3929/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 13688
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1993:0922.4L3929.92.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover 25.05.1992 - 6 A 1232/91
- nachfolgend
- BVerwG - 30.11.1995 - AZ: BVerwG 7 C 56/93
Rechtsgrundlagen
- Art. 104a GG
- § 45 Abs. 1 Buchst. a S. 2 BKGG
- § 45 BKGG
- § 45 Abs. 1 Buchst. a S. 1 BKGG
- Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG
- § 112 SGB X
- § 93 SGB X
- § 91 SGB X
- § 102 SGB X
- §§ 102 ff. SGB X
- § 812 BGB
- §§ 812 ff. BGB
Amtlicher Leitsatz
Eine Gemeinde muß Kindergeld, das sie an Bedienstete gezahlt und das ihr das Land zu Unrecht erstattet hat, nach den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückerstatten.
Kindergeld ist zu Unrecht erstattet worden, soweit ein Anspruch auf Erstattung nicht bestanden hat.
Die Gemeinde hat Anspruch auf Erstattung von Kindergeld nicht, soweit es rechtswidrig geleistet worden ist und soweit dies auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten bei der Durchführung des Bundeskindergeldgesetzes beruht.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 6. Kammer Hannover - vom 25. Mai 1992 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150,-- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Erstattung von Kindergeld in Höhe von 5.079,-- DM, das sie im Jahre 1990 an ihre Bediensteten gezahlt hat.
Der Beklagte verweigert die Erstattung mit der Begründung, er rechne gegen den Anspruch der Klägerin mit einem Anspruch auf Rückerstattung von Kindergeld auf, das ihr in den Jahren 1984 bis Anfang 1989 zu Unrecht erstattet worden sei; sie habe nämlich die im Jahre 1983 eingefügte Vorschrift des § 10 Abs. 2 BKGGüber die stufenweise Kürzung des Kindergeldes für das zweite Kind und weitere Kinder bei Überschreitung bestimmter Einkommensgrenzen nicht angewandt und dadurch Bediensteten zu hohes Kindergeld gezahlt.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 25. Mai 1992 stattgegeben und zur Begründung u. a. ausgeführt: Dem Beklagten stehe ein Anspruch, mit dem er gegen den unstreitigen Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Kindergeld für das Jahr 1990 aufrechnen könne, nicht zu. Die Voraussetzungen einschlägiger Vorschriften des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB X - über die Rückerstattung von Sozialleistungen, die ein Sozialleistungsträger einem anderen erstattet habe, seien nicht erfüllt. Aber auch ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch des Beklagten gegen die Klägerin entsprechend den §§ 812 ff. BGB sei nicht gegeben, da die Klägerin nicht "bereichert" sei. Sie habe den streitigen Betrag weder endgültig ihrem Vermögen einverleibt noch eigene Aufwendungen erspart, da das Kindergeld vom Bund und nicht aus kommunalen Mitteln zu zahlen sei. Schließlich stehe dem Beklagten wegen des in den Jahren 1984 bis 1989 überzahlten Kindergeldes auch nicht ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung oder unter dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation zu.
Mit der Berufung macht der Beklagte u. a. geltend: Er dürfe gegen die Forderung der Klägerin mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aufrechnen, da ihr in den Jahren 1984 bis 1989 Kindergeld zu Unrecht erstattet worden sei. Sie habe nämlich Anspruch auf Erstattung von Kindergeld nur, soweit sie diese Mittel zur Durchführung des Bundeskindergeldgesetzes benötige. Dieses wiederum sei nur bei rechtmäßiger Gewährung von Kindergeld der Fall. Für rechtswidrige Anwendung des Gesetzes "benötige" die Klägerin die Mittel nicht.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene unterstützt die Auffassung des Beklagten und stellt einen eigenen Antrag nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Klägerin ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung bedarf - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht nach § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO der Zulassung, obwohl der Wert des Beschwerdegegenstandes bei diesem Erstattungsstreit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts 10.000,-- DM nicht übersteigt. Denn die Berufung "betrifft" wiederkehrende (monatliche) Erstattungsbeträge für mehr als ein Jahr (§ 131 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Die auch sonst zulässige Berufung ist begründet.
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, da der unstreitige Anspruch der Klägerin nach § 45 Abs. 1 Buchstabe a Satz 2 BKGG in Verbindung mit dem Erlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 16. November 1976 (MBl S. 2034) auf Erstattung des im Jahre 1990 an ihre Bediensteten gezahlten Kindergeldes in Höhe der streitigen 5.079,-- DM durch Aufrechnung erloschen ist. Der Beklagte hat in dieser Höhe einen aufrechenbaren Gegenanspruch auf Rückerstattung von Kindergeld, das in den Jahren 1984 bis 1989 zu Unrecht erstattet worden ist.
Ein solcher Rückerstattungsanspruch ergibt sich allerdings - wie auch die Beteiligten und das Verwaltungsgericht im Ergebnis übereinstimmend annehmen - nicht aus den §§ 93, 91 oder den §§ 102 ff. SGB X, jeweils in Verbindung mit § 112 SGB X, nach dem gezahlte Beträge zurückzuerstatten sind, soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist. Zwar ist das Bundeskindergeldgesetz Teil des Sozialgesetzbuches (§ 25 SGB I). Die genannten Vorschriften sind hier aber - wie insbesondere die Beigeladene zutreffend hervorhebt - schon deshalb nicht anzuwenden, weil es an Beziehungen von mehreren (mindestens zwei) Sozialleistungsträgern untereinander fehlt. Hinsichtlich der Zahlung von Kindergeld an Gemeindebedienstete ist nach § 45 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 BKGG alleiniger Sozialleistungsträger die Gemeinde. Bund und/oder Land sind insoweit nicht (vorrangig verpflichtete) Leistungsträger, auch nicht Leistungsträger, in deren Auftrag die Gemeinde handelte. Der Umstand, daß das Bundeskindergeldgesetz insoweit im Auftrage des Bundes durchgeführt wird, weil er die Ausgaben trägt (Art. 104 a Abs. 3 Satz 2 GG), macht ihn nicht - neben der Gemeinde - zum Leistungsträger im Sinne der genannten Vorschriften des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches.
Dem Beklagten steht aber ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch entsprechend den §§ 812 ff. BGB zu. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin sei durch Erstattung von gezahlten Kindergeldbeträgen nicht "bereichert" und der Beklagte, der nur Zentrale Kindergeldabrechnungsstelle sei, sei nicht "entreichert". Diese Auffassung trifft nicht zu, da die Klägerin mit der Zahlung des Kindergeldes an ihre Bediensteten eine eigene gesetzliche Verpflichtung diesen gegenüber erfüllt und mit dem Erstattungsbetrag etwas (wieder-)erlangt; der Beklagte seinerseits ist "entreichert", weil er wiederum der Beigeladenen rückerstattungspflichtig ist.
Diesen Annahmen steht das - inzwischen rechtskräftige - Urteil des Senats vom 29. Mai 1991 (4 L 160/90, ZfF 1991, 276) nicht entgegen. Dort hat der Senat zwar einen Rückerstattungsanspruch des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe gegen den zur Durchführung des Bundessozialhilfegesetzes herangezogenen örtlichen Träger u. a. auch mit der Erwägung verneint, der örtliche Träger habe nicht "etwas erlangt", wenn aufgrund eines Verhaltens seiner Bediensteten zu Unrecht Sozialhilfe geleistet worden sei. Grundlage dieser Erwägung war aber, daß der herangezogene örtliche Träger (damals) auch nach außen (gegenüber dem Hilfeempfänger) im Auftrage des überörtlichen Trägers handelte, für jenen also die verauslagten Sozialhilfeaufwendungen und die erstatteten Beträge nur "durchlaufende Posten" waren. Diese Erwägung ist auf den hier zu entscheidenden Fall nicht zu übertragen, da die Gemeinde - wie erwähnt - mit der Zahlung des Kindergeldes nach § 45 BKGG eine eigene gesetzliche Verpflichtung gegenüber ihren Bediensteten erfüllt. Der Umstand allein, daß im Innenverhältnis der Bund die Kindergeldausgaben voll trägt, macht die Ausgaben der Gemeinde und die Erstattungsbeträge nicht - wie in jenem anderen Fall - zu "durchlaufenden Posten".
Der Beklagte hat der Klägerin in den Jahren 1984 bis 1989 Kindergeld ferner "zu Unrecht" erstattet. Das ist - entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen - allerdings nicht schon deshalb der Fall, weil die Klägerin Kindergeld (in bestimmter Höhe) rechtswidrig an Bedienstete gezahlt hat. Zu Unrecht erstattet ist Kindergeld vielmehr nur, soweit ein Anspruch auf Erstattung nicht bestanden hat. Nach § 45 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 BKGG stellt der Bund nach Bedarf den Ländern die Mittel bereit, die sie, die Gemeinden und andere Körperschaften "zur Durchführung dieses Gesetzes benötigen". Der Senat folgt nicht der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen, damit sei nur die rechtmäßige Durchführung des Gesetzes gemeint. Eine solche enge Auslegung ist nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht geboten und wird den Interessen der Beteiligen nicht gerecht.
In dem Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und FDP vom 24. April 1974 (BT-Drucks. 7/2032) hieß es noch, der Bund stelle u. a. den Ländern "die Mittel bereit, die sie für die Zahlung des Kindergeldes benötigen". Die vom Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß) vorgeschlagene Änderung des Wortlauts (BT-Drucks. 7/2163), die durch Gesetz vom 5. August 1974 (BGBl I, 1769) beschlossen worden ist, diente lediglich "der Klarstellung" (Bericht des 13. Ausschusses vom 30. Mai 1974, BT-Drucks. 7/2174). Eine inhaltliche Änderung im Sinne der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen ist damit also nicht verbunden gewesen. Mittel, die für die Durchführung des Gesetzes benötigt werden, sind demnach die Beträge, die für die Kindergeldzahlungen benötigt werden (Wickenhagen/Krebs, BKGG, Stand: Juni 1992, § 45 Rdnr. 7). Die andere Auslegung durch den Beklagten und die Beigeladene ist auch nicht interessengerecht. Der Bund stünde sich danach in den Fällen, in denen er sich zur Durchführung des Bundeskindergeldgesetzes der Verwaltungskraft der Länder, Gemeinden usw. bedient, besser als in den Fällen, in denen er das Gesetz selbst durchführt bzw. durch die Bundesanstalt für Arbeit durchführen läßt. Bei eigener Durchführung könnte er nur unter den Voraussetzungen der §§ 45, 50 SGB X von den Empfängern Erstattung von zu Unrecht gewährtem Kindergeld und nur unter den Voraussetzungen des § 78 BBG von Beamten, die unrechtmäßige Kindergeldzahlungen bewirkt haben, Schadensersatz verlangen. In beiden Fällen ist Verschulden in Form von Vorsatz oder mindestens grober Fahrlässigkeit erforderlich (für Regreßansprüche gegen Angestellte, die - wie hier - hoheitlich tätig werden, gilt diese Einschränkung kraft tarifrechtlicher Regelungen entsprechend). Bedient der Bund sich zur Durchführung des Gesetzes in bestimmten Bereichen der Verwaltungskraft der Länder, Gemeinden usw. (zudem, ohne ihnen Verwaltungskosten zu erstatten, § 45 Abs. 1 Buchst. a Satz 3 BKGG), kann er sich nicht besserstehen und von der Pflicht zur Erstattung gezahlten Kindergeldes schon dann frei sein, wenn das Kindergeld objektiv rechtswidrig gezahlt worden ist.
Ebenfalls nicht interessengerecht wäre die Auffassung, auf Verschulden der Länder, Gemeinden usw. bei der Durchführung des Bundeskindergeldgesetzes komme es nicht an, da der Wortlaut des Gesetzes eine Ausnahme von der Erstattung gezahlten Kindergeldes nicht vorsehe. In diesem Sinne hat der Senat zwar in dem erwähnten Urteil vom 29. Mai 1991 zu § 96 BSHG in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Nds. AG BSHG argumentiert und gemeint, der überörtliche Träger der Sozialhilfe müsse dem zur Durchführung des Bundessozialhilfegesetzes herangezogenen örtlichen Träger die Sozialhilfeaufwendungen auch dann in vollem Umfang erstatten, wenn Sozialhilfe zu Unrecht gewährt worden sei und den örtlichen Träger hieran ein Verschulden treffe; der Niedersächsische Gesetzgeber hat daraufhin durch Gesetz vom 25. November 1992 (GVBl S. 316) § 5 a in das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz eingefügt und in dessen Abs. 3 unter anderem bestimmt, die herangezogene Körperschaft habe keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen, soweit Sozialhilfe zu Unrecht geleistet worden sei und soweit dies auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten bei der Aufgabendurchführung beruhe. Eine Übertragung der - aufgrund der Gesetzesänderung inzwischen überholten - Rechtsprechung des Senats zum Sozialhilferecht auf das Kindergeldrecht würde jedoch dem Bund-Länder-Verhältnis, wie es u. a. in Art. 104 a GG geregelt ist, nicht gerecht. Nach Art. 104 a Abs. 5 Satz 1 GG haften der Bund und die Länder im Verhältnis zueinander für eine ordnungsgemäße Verwaltung. Nach überwiegender Meinung (u. a. Maunz in Maunz/Dürig, Art. 104 a GG, Rdnr. 72; Schmidt/Bleibtreu/Klein, GG, 7. Aufl. 1990, Art. 104 a Rdnr. 20) kommt eine Haftung nur bei gewichtigem Fehlverhalten, das etwa dem der groben Fahrlässigkeit entspricht, in Betracht (auch nach § 2 Abs. 1 des von den Ländern bisher abgelehnten Entwurfs des Bundesministers der Finanzen aus dem Jahre 1973 zu einem Haftungsgesetz nach Art. 104 a Abs. 5 Satz 2 GG setzt ein Schadensersatzanspruch u. a. voraus, daß die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwaltung "in grober Weise" verletzt worden ist). Dieser Maßstab ist bei der Auslegung des § 45 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 BKGG heranzuziehen. Das bedeutet: Anspruch auf Erstattung von Kindergeld hat die Gemeinde nicht, soweit es rechtswidrig geleistet worden ist und soweit dies auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten bei der Durchführung des Bundeskindergeldgesetzes beruht.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Unstreitig ist Kindergeld in den Jahren 1984 bis 1989 in Höhe von 5.079,-- DM rechtswidrig geleistet worden. Dies beruht auch auf einer grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten bei der Durchführung des Bundeskindergeldgesetzes, da die Sachbearbeiterin die durch das Haushaltsbegleitgesetz vom 20. Dezember 1982 (BGBl I, 1857) eingefügte Vorschrift des § 10 Abs. 2 BKGG in mehreren Fällen "schlicht" nicht angewandt hat, obwohl sie diese Vorschrift gekannt und im Jahre 1983 Umfragen bei Bediensteten nach dem maßgeblichen zu versteuernden Einkommen gehalten hat; ein Bediensteter hat daraufhin von sich aus mitgeteilt, er habe für das zweite Kind nur Anspruch auf den Sockelbetrag; der ist ihm dann auch nur gezahlt worden. Die Klägerin selbst wirft der Sachbearbeiterin deshalb grobe Fahrlässigkeit vor und nimmt sie in Regreß (das Verfahren wird, nachdem die Sachbearbeiterin auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat, zur Zeit nicht weiter betrieben, da erst nach Abschluß des hier anhängigen Rechtsstreits feststeht, ob die Klägerin einen Schaden erlitten hat). Daran muß sich die Klägerin festhalten lassen. Der Einwand der Sachbearbeiterin, sie sei damals überlastet gewesen, ist allenfalls für die Frage von Bedeutung, ob die Klägerin im Innenverhältnis ein Mitverschulden trifft. Diese Frage wäre im Streitfall vom Arbeitsgericht zu klären. Sie läßt den Grad des der Klägerin im Verhältnis zum Beklagten zuzurechnenden Verschuldens bei der Durchführung des Bundeskindergeldgesetzes unberührt.
Hat der Beklagte somit gegen den Anspruch der Klägerin wirksam mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aufgerechnet, brauchen mögliche weitere Rechtsgrundlagen für den Anspruch des Beklagten nicht geprüft zu werden. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, daß der Beklagte nicht Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung oder unter dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation verlangen kann, stimmen allerdings mit der Rechtsprechung des Senats in dem genannten Urteil vom 29. Mai 1991 überein.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3, 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Erstattungsanspruch nach § 45 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 BKGG entfällt, grundsätzliche Bedeutung hat.
Klay
Willikonsky
Frentz