Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 12.08.2022, Az.: 5 A 5722/21

Beförderung von Fahrgästen; Fahrerlaubnis; Fahrgastbeförderung; Gutachtenanforderung; Versagung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
12.08.2022
Aktenzeichen
5 A 5722/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 65188
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2022:0812.5A5722.21.00

Amtlicher Leitsatz

Eine Verurteilung wegen veruntreuender Unterschlagung in 43 Fällen rechtfertigt Zweifel an der Gewähr der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen (hier: Krankentransport und Mietwagen).

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Er ist seit 1987 Inhaber der Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 sowie seit 2019 Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse CE.

Am 4. August 2021 beantragte er die Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung für Mietwagen und Krankenwagen und legte Nachweise über die erfolgreiche Leistungsuntersuchung nach FeV Anlage 5 Nr. 2 sowie ärztliche Zeugnisse über ausreichendes Sehvermögen und die allgemeine Gesundheit vor. Aus einem von dem Beklagten angeforderten Auszug aus dem Bundeszentralregister ergibt sich eine Verurteilung wegen veruntreuender Unterschlagung in 43 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte forderte daraufhin die Strafakte bei der Staatsanwaltschaft an und teilte dem Kläger, der bereits schriftlich eingeladen worden war, die Fahrerlaubnis im Verwaltungsgebäude abzuholen, mit, dass sich die Erteilung der Fahrerlaubnis verzögere. Zur Beschleunigung des Verfahrens überließ der Kläger dem Beklagten darauf hin eine Abschrift des Urteils. Ausweislich der Urteilsgründe wurde der Kläger verurteilt, weil er im Zeitraum von 2015 bis 2018 in 43 Fällen Entgelte in Höhe von insgesamt 27.000 Euro für sich behalten hatte, die er in seiner Funktion als Verkehrskontrolleur der Stadtverwaltung aus Parkscheinautomaten entnommen hatte und an die Stadtkasse hätte einzahlen müssen.

Mit Schreiben vom 31. August 2021 forderte der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, um Zweifel an seiner Eignung zur Personenbeförderung auszuräumen. Diese Zweifel beruhten auf der Verurteilung wegen veruntreuender Unterschlagung. Es sei unbeachtlich, dass diese Taten keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder der Beförderung von Personen aufwiesen, weil die abgeurteilten Taten Zweifel aufwürfen, ob der Kläger der besonderen Verantwortung gerecht werde, die er gegenüber ihm anvertrauten Fahrgästen habe.

Der Kläger trat, anwaltlich vertreten, der Gutachtenanforderung entgegen und machte geltend, dass die Verurteilung keine Zweifel an seiner Eignung zur Fahrgastbeförderung aufwerfe. Es habe sich um eine einmalige Verfehlung gehandelt, die weder im Zusammenhang mit der Beförderung von Personen stehe noch überhaupt im zwischenmenschlichen Kontakt begangen worden sei. Er sei seit seiner Verurteilung straffrei geblieben und sein soziales Umfeld sei gefestigt. Er habe nun die Gelegenheit, eine Beschäftigung aufzunehmen, deren Arbeitgeber ihm vertraue und die ihm helfe, seinen Alltag zu regeln.

Der Beklagte hielt daraufhin an der Gutachtanforderung fest, der Kläger lehnte die Beibringung des Gutachtens ausdrücklich ab und bat um Bescheidung.

Mit Bescheid vom 10. September 2021 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab und setzte gegen ihn Verwaltungsgebühren in Höhe von 142,37 EUR fest. Zur Begründung nahm er Bezug auf die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens und die erklärte Weigerung des Klägers, sich begutachten zu lassen. Angesichts dessen sei eine Klärung der Eignungszweifel vereitelt und der Beklagte müsse von der fehlenden Eignung des Klägers ausgehen.

Der Kläger hat am 11. Oktober 2021 Klage erhoben. Er macht geltend, dass er am 23. August 2021 bereits schriftlich aufgefordert worden sei, seinen Führerschein abzuholen. Erst danach sei ihm mündlich mitgeteilt worden, dass die Fahrerlaubnis nun noch nicht erteilt werde. Der Beklagte habe seiner Ansicht die Fahrerlaubnis bereits erteilt gehabt und nachträglich zurückgenommen. Die Aufforderung, den Führerschein abzuholen, sei zumindest eine rechtswirksame Zusicherung der Erteilung.

Die von ihm begangenen Taten begründeten keine Zweifel an seiner Zuverlässigkeit. Er sei vor den Taten strafrechtlich nie aufgefallen. Er habe seiner Familie ein beschwerdefreies Leben ermöglichen wollen und über seine Verhältnisse gelebt. Um seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu vertuschen, habe er die Taten begangen. Seine Verhältnisse seien jetzt geordnet. Mittlerweile habe er gearbeitet, um den Schaden zu begleichen. Seine Kinder seien erwachsen und zuhause ausgezogen. Der Beklagte habe die Tat ungeachtet seiner persönlichen Umstände zum Anlass genommen, die Begutachtung anzufordern. Die Bezugnahme auf den Gesetzeswortlaut und die Verurteilung sei pauschal und inhaltsleer. Seine persönliche Eignung zur Fahrgastbeförderung sei auch ohne medizinisch-psychologisches Gutachten ohne Weiteres zu bejahen.

Der Arbeitsvertrag, für den er die Fahrerlaubnis benötigt hätte, sei infolge der abgelehnten Erteilung nicht zustande gekommen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10. September 2021 zu verpflichten, ihm eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid. Die Fahrerlaubnis sei nicht wirksam erteilt worden, weil sie dem Kläger nicht ausgehändigt worden sei. Sie sei auch nicht zu erteilen gewesen, weil infolge des - erst im Laufe des Verfahrens bekannt gewordenen - Strafurteils gegen den Kläger Zweifel an seiner Eignung aufgekommen seien. Da der Kläger nicht bereit gewesen sei, an der Klärung dieser Zweifel durch eine medizinisch-psychologisches Begutachtung mitzuwirken, sei auf seine fehlende Eignung zu schließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Der Inhalt sämtlicher Akten war Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

I. Das Urteil ergeht durch den Einzelrichter, dem die Kammer den Rechtsstreit mit Beschluss vom 3. März 2022 zur Entscheidung übertragen hat (§ 6 Abs. 1 VwGO), und im erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Der ablehnende Bescheid des Beklagten erweist sich deshalb als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).

Die begehrte Fahrerlaubnis ist dem Kläger weder bereits erteilt noch schriftlich wirksam zugesichert worden. Die bloße Aufforderung, den Führerschein im Behördenhaus abzuholen, ersetzt nicht die Bekanntgabe des Verwaltungsakts, die Voraussetzung für dessen Wirksamkeit ist. Ebenso wenig stellt sie eine Zusicherung im Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG dar, die im Übrigen aufgrund von § 38 Abs. 3 VwVfG kaum Bindungswirkung hätte entfalten können.

Gem. § 11 Abs. 1 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV - müssen Bewerber um eine Fahrerlaubnis die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Sie dürfen unter anderem nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden.

Ergeben sich Zweifel an der Fahreignung, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung dieser Zweifel gem. § 11 Abs. 3 Nr. 8 FeV die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) anordnen. Wenn der Bewerber um die Fahrerlaubnis sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder der Aufforderung, ein Gutachten über das Bestehen seiner Kraftfahreignung vorzulegen, nicht fristgerecht nachkommt, darf die Behörde gem. § 11 Abs. 8 FeV auf die Ungeeignetheit des Betroffenen schließen. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 17.11.2016 - BVerwG 3 C20.15 - BVerwGE 156, 293 Rn. 19).

Nach diesem Maßstab durfte der Beklagte von der mangelnden Eignung des Klägers ausgehen und hatte folgerichtig die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu versagen, denn er hat den Kläger aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen, das beizubringen der Kläger ausdrücklich abgelehnt hat.

Die Aufforderung des Beklagten, ein Gutachten vorzulegen, war rechtmäßig.

a. Sie genügt den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV. Der Beklagte hat in der Anordnung gemäß § 11 Abs. 6 Satz 1 und 2 FeV die zu klärende Frage der Eignung des Klägers dargelegt und auch die Gründe für die Zweifel an seiner Eignung hinreichend bezeichnet. Er benannte die im Wesentlichen zu Grunde gelegten Anknüpfungstatsachen, namentlich die Verurteilung des Klägers wegen veruntreuender Unterschlagung in 43 Fällen.

Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Untersuchung auf Kosten des Klägers erfolgt. Weiterhin teilte er dem Kläger gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Hs. 2 FeV mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Auf die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ist er im Aufforderungsschreiben hingewiesen worden. Die dem Kläger eingeräumte Frist zur Vorlage des Gutachtens bis zum 31. Oktober 2021 war, insbesondere angesichts des von dem Kläger geäußerten Interesses an einer zeitnahen Entscheidung, ausreichend lang.

b. Die Gutachtenanforderung erweist sich auch als materiell rechtmäßig.

Sie beruht auf § 11 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 8 FeV i. V. m. § 46 Abs. 3 FeV. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 8 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens durch den Bewerber anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 8 FeV gilt dies - ohne weitere Voraussetzungen hinsichtlich der die Zweifel begründenden Tatsachen - insbesondere dann, wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach § 11 Abs. 1 FeV zu überprüfen ist. Das ist hier der Fall.

Nicht erforderlich ist, dass ein Eignungsmangel bereits feststeht. Allerdings darf die Beibringung des Gutachtens nur aufgrund konkreter Tatsachen, nicht auf einen bloßen Verdacht "ins Blaue hinein" bzw. auf Mutmaßungen, Werturteile, Behauptungen oder dergleichen hin verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.2001 - BVerwG 3 C 13.01 -, juris Rn. 26; BayVGH, Beschluss vom 3.9.2015 - 11 CS 15.1505 -, juris Rn. 13).

Ob die der Behörde vorliegenden Tatsachen ausreichen, ist nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Es genügt ein "Anfangsverdacht" (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.2001 - BVerwG 3 C 13.01 -, juris Rn. 22; Urteil vom 14.11.2013 - BVerwG 3 C 32.12 -, juris Rn. 17), also - wie es in § 152 Abs. 2 StPO umschrieben wird - das Bestehen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte. In Bezug auf die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung in Mietwagen und Krankenwagen genügt es dabei, dass der Kläger wegen einer Straftat verurteilt worden ist, durch die er ein - in anderer Funktion - in ihn gesetztes Vertrauen grob missbraucht hat. Das folgt im Besonderen aus der Vertrauensstellung, die der Fahrer gerade gegenüber Fahrgästen im Krankentransport genießt, die beispielsweise infolge ärztlicher Untersuchungen, sedierender Medikamente oder aufgrund ihrer Erkrankungen in ihrer Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit eingeschränkt sind und besonderen Schutzes bedürfen. Auch die empfindliche Strafe, die trotz vorhergehender prozessualer Verständigung und - soweit ersichtlich - erstmaliger Verurteilung gegen den Kläger verhängt worden ist, spricht für ein besonderes Gewicht der Verfehlung. Der Beklagte hat im Übrigen auch nicht, wie der Kläger insinuiert, die Tat pauschal zugrunde gelegt, sondern das Urteil einschließlich der festgestellten Sachverhalte angefordert und ausgewertet.

Die Gutachtenfrage ist nach den Umständen des Einzelfalls vor dem Hintergrund der vorliegenden Anknüpfungstatsachen (noch) hinreichend bestimmt und eingegrenzt. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 11 Abs. 6 Satz 1 und 2 FeV soll der Betroffene durch die Mitteilung der zu begutachtenden Fragestellung, die ebenso die Gründe für die Fahreignungszweifel sowie die Fachrichtung des zur Begutachtung einzuschaltenden Facharztes bereits in der an ihn gerichteten Beibringungsanordnung anzugeben ist, in die Lage versetzt werden, sich innerhalb der Beibringungsfrist nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV ein Urteil darüber zu bilden, ob die Aufforderung zu dessen Beibringung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.2.2015 - BVerwG 3 B 16.14 - juris Rn. 8 m. w. N.). An die Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeit der Fragestellung sind mangels selbstständiger Anfechtbarkeit der Gutachtenanordnung und wegen der einschneidenden Folgen einer unberechtigten Gutachtensverweigerung im Interesse effektiven Rechtsschutzes grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, Rn. 42 zu § 11 FeV). Ferner muss die Aufforderung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein. Der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung zu rechtfertigen vermag. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es sachgerecht, bei einer unberechtigten Weigerung ohne weitere vertiefte Ermittlungen zu schlussfolgern, der Betroffene habe "gute Gründe" für seine Weigerung, weil eine Begutachtung seine bislang nur vermutete Ungeeignetheit aufdecken und belegen würde (BVerwG, Urteil vom 5.7.2001 - BVerwG 3 C 13.01 -, juris Rn. 25). Ist die Fragestellung nur zum Teil gerechtfertigt, gehen Unklarheiten zulasten der Fahrerlaubnisbehörde. Dem Betroffenen kann nicht angesonnen werden, selbst entsprechende rechtliche Differenzierungen vorzunehmen und letztlich klüger und präziser sein zu müssen als die Behörde. Ihm kann insbesondere nicht zugemutet werden, dem Gutachter etwa verständlich zu machen, dass entgegen dem behördlichen Gutachterauftrag nur bestimmte Teile der Fragestellungen zulässigerweise zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden dürften (Dauer, a. a. O., Rn. 42 zu § 11 FeV). Eine zu weitreichende Fragestellung ist allerdings dann unschädlich, wenn sich die notwendige Eingrenzung der vom Gutachter zu klärenden Fragen mit hinreichender Deutlichkeit aus den von der Fahrerlaubnisbehörde dargelegten Gründen für ihre Eignungsbedenken entnehmen lässt (Dauer, a. a. O., Rn. 42 zu § 11 FeV).

Das ist hier der Fall, weil die Gutachtenanordnung ausdrücklich auf die Frage abzielt, ob sich die von dem Kläger begangenen Straftaten auch hinsichtlich der besonderen Verantwortung bei der Fahrgastbeförderung Zweifel an seiner Zuverlässigkeit aufwerfen.

Die dagegen erhobenen Einwände des Klägers greifen nicht durch. Außergerichtlich hat der Kläger geltend gemacht, dass es sich um eine einmalige Verfehlung gehandelt habe, was angesichts der über vier Jahre auf 43 Fälle verteilten Taten verwundert und eher für Verharmlosungstendenzen spricht. Dass der Beklagte angesichts dessen auch auf die Einwände des Klägers an der Gutachtenanforderung festgehalten hat, ist nicht zu beanstanden.

Die persönlichen Umstände, die der Kläger im Klageverfahren als Ursache für seinen Tatentschluss darstellt bzw. die sein Verhalten nach der Verurteilung beschreiben, wären möglicherweise sogar geeignet gewesen, eine gutachterliche Beurteilung zu der Einschätzung zu bringen, dass weitere Taten des Klägers nicht zu erwarten seien, weil er seine Verhältnisse geordnet habe und durch die Verurteilung hinreichend beeindruckt sei. Sie sind jedoch - soweit überhaupt außergerichtlich vorgetragen - nicht geeignet, von vornherein jegliche Zweifel an der Eignung des Klägers zum Schweigen zu bringen, die sich aus den fortgesetzten Taten des Klägers ergeben haben, zumal der Kläger Umstände geltend macht, die eine gewerbsmäßige Begehung nahelegen. Insoweit bleibt es der fachlichen Expertise der Gutachter*innen vorbehalten, die Äußerungen des Klägers - die im Verfahren nur durch seinen Bevollmächtigten mittelbar wiedergegeben werden - auf ihre Glaubhaftigkeit und die Tragfähigkeit seines Sinneswandels zu prüfen.

2. Die Gebührenfestsetzung in dem Bescheid des Beklagten vom 10. September 2021 ist offensichtlich rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Gebührenerhebung beruht auf § 6a Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 2 Satz 1 StVG i. V. m. § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt. Danach werden für Amtshandlungen nach dem StVG und den auf seiner Grundlage ergangenen Rechtsvorschriften unter anderem dann Gebühren erhoben, wenn die Beteiligten zu der Amtshandlung Anlass gegeben haben. Die einzelnen Amtshandlungen sind für Amtshandlungen der Straßenverkehrsbehörden in der bereits angeführten Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr bestimmt. Nach Nr. 206 der Anlage zur GebOSt (Gebührentarif) wird für die Versagung der Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung eine Gebühr von 33,20 bis 256,00 EUR erhoben. Der Tatbestand dieser Gebührenstelle ist erfüllt, denn der Beklagte hat die beantragte Fahrerlaubnis versagt. Da der Kläger die Erteilung der Fahrerlaubnis beantragt hat, hat er Anlass zu der Amtshandlung gegeben und ist der richtige Kostenschuldner.

Eine Heranziehung zu den Kosten setzt sodann voraus, dass die kostenauslösende Amtshandlung selbst rechtmäßig war. Hat die Behörde dagegen die Sache unrichtig behandelt, sind die Kosten zu erlassen (§ 6a Abs. 3 StVG i. V. m. § 14 Abs. 3 VwKostG a. F.). Wie vorstehend ausgeführt, war die Versagung rechtmäßig.

Auch die Höhe der festgesetzten Kosten ist nicht zu beanstanden. Nr. 206 Anlage GebOSt sieht einen Gebührenrahmen von 33,20 EUR bis 256,00 EUR vor. Die hier erhobene Gebühr von 142,37 EUR nebst Auslagen entspricht dem Mittelwert dieses Gebührenrahmens. Einwendungen gegen die Gebührenhöhe hat der Kläger nicht vorgetragen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

IV. Gründe, gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4, § 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Weder weicht das Gericht von der Rechtsprechung der dort genannten Obergerichte ab, noch hat der Rechtsstreit über den konkreten Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung.