Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 01.08.2022, Az.: 17 A 505/21

Mitbestimmung; Arbeitszeit; Mitbestimmung; Generalklausel; Mitbestimmung bei Nichtausgleich von Minusstunden von Schichtdienstleistenden (Personalvertretungsrecht)

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
01.08.2022
Aktenzeichen
17 A 505/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 57647
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2022:0801.17A505.21.00

Fundstelle

  • öAT 2023, 109

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Dem Personalrat einer Justizvollzugsanstalt steht ein Mitbestimmungsrecht bei der Entscheidung über den Umgang mit angefallenen Minusstunden auf zunächst eingefrorenen Stundenkonten von Schichtdienstleistenden zu, die Resultat eines Corona-Notfalldienstplans waren, der einen Arbeitseinsatz nicht im Umfang der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zuließ. In einer solchen Situation einer zunächst unvollständig gebliebenen Arbeitszeitregelung ergibt sich ein Mitbestimmungsrecht jedenfalls aus § 64 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 NPersVG.

  2. 2.

    Ein Mitbestimmungsverfahren entfällt nicht etwa mangels einer eigenen Maßnahme der Dienststellenleitung, wenn die übergeordnete Dienststelle bereits außerhalb des Mitbestimmungsverfahrens um Stellungnahme gebeten wurde und sich anschließend in einem bestimmten Sinne positioniert hat.

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Antrag zurückgenommen worden ist.

Es wird festgestellt, dass dem Antragsteller bei der Entscheidung, dass die in der Zeit der Geltung der Notfalldienstpläne zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Justizvollzugsanstalt A-Stadt (23. März 2020 bis 31. Mai 2020) angefallenen Minusstunden von Beschäftigten im Schichtdienst nicht ausgeglichen werden, ein Mitbestimmungsrecht zusteht.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der bei der Justizvollzugsanstalt (JVA) A-Stadt gebildete örtliche Personalrat, begehrt nach teilweiser Antragsrücknahme nur noch die Feststellung, dass ihm bei der Entscheidung über den Nichtausgleich von Minusstunden von Schichtdienstleistenden ein Mitbestimmungsrecht zusteht.

Aufgrund der Corona-Pandemie ordnete die Beteiligte am 20. März 2020 für die Zeit ab 23. März 2020 bis auf weiteres einen Notfallplan (Anlassregelung) zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der JVA A-Stadt an. Durch den Notfallplan wurde für bestimmte Funktions- und Verwaltungsbereiche ein wöchentlicher Wechsel zwischen Anwesenheit und Homeoffice geregelt, soweit der Arbeitsplatz hierfür geeignet war. Andernfalls sollten gesonderte Regelungen für die Anrechnung von Dienstzeit getroffen werden. Urlaub und Mehrzeitausgleich sollten abgewickelt werden. Für alle Schichtdienstleistenden wurde in Anlehnung an die Wochenendregelung der Hauptanstalt eine 12 Stunden-Regelung getroffen. Hierzu heißt es in der Regelung: "Die Schichten dauern von 07:00 bis 19:00 Uhr und 19:00 bis 07:00 Uhr. Der Einschluss der Gefangenen erfolgt ab 18:30 Uhr. Grundsätzlich gilt, dass an drei Tagen 12 Stunden Dienst geleistet wird, anschließend folgen dienstfreie Tage. Die Einzelheiten entnehmen Sie Ihrem Dienstplan. Um hierdurch entstehende Nachteile zu einem späteren Zeitpunkt ausgleichen zu können, wird Ihr jeweiliges Stundenkonto zum 23.03.2020 07:00 Uhr "eingefroren". Sobald eine Rückkehr zum normalen Schichtbetrieb möglich ist, erfolgt ein Abgleich und eine Entscheidung über die weitere Verfahrensweise." Die Schichtdienstleistenden wurden für den Schichtdienst in drei Dienstgruppen eingeteilt und hatten im Anschluss an die drei Tage Dienst jeweils sechs Tage dienstfrei.

Am 8. Mai 2020 wurde der Notfallplan (Anlassregelung) aktualisiert und hinsichtlich der Funktions- und Verwaltungsbereiche dahingehend modifiziert, dass vorhandene Mehrarbeitsstunden in der Phase der Abwesenheit vorrangig vollständig abgebaut werden sollten und erst danach wieder im Homeoffice (HAB-Dienst= Heimarbeit Bereitschaft-Dienst) mit Stundenanrechnung gearbeitet werden sollte. Von dieser vorrangigen Pflicht zum Abbau von Mehrarbeitsstunden konnte nur aus zwingenden dienstlichen Gründen abgewichen werden. Für die Schichtdienstleistenden wurde die bisherige Regelung beibehalten. Der Notfallplan wurde auf den 31. Mai 2020 befristet. Am 1. Juni 2020 wurde der normale Dienstbetrieb (Anwesenheit aller Mitarbeiter in Gleitzeit und Tagesdienst; 3-Schichtsystem bzw. 12 Stunden-Schichten am Wochenende) wiederaufgenommen.

Bei den Vorgesprächen zur Anordnung der Notfallpläne vom 20. März 2020 und vom 8. Mai 2020 wurde der Antragsteller zwar eingebunden, jedoch nicht förmlich beteiligt. Mit E-Mail vom 4. Mai 2020, die auch an den Vorsitzenden des Antragstellers gerichtet war, nahm die Beteiligte Bezug auf einen Erlass des Niedersächsischen Justizministeriums vom 27. April 2020, wonach bei der Dienstplangestaltung darauf geachtet werden solle, keine unnötigen Überstunden aufzubauen. Ausdrücklich heißt es dort: "...Der Dienst "Heimarbeit" in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt ist nicht zwingend einzusetzen und sollte nur genutzt werden, wenn Bedienstete bereits zu viele Minusstunden haben oder sich in Minusstunden begeben würden, wenn sie aktuell nicht zum Dienst in der Justizvollzugsanstalt eingesetzt werden...". Die Beteiligte gab den Inhalt des Erlasses in der E-Mail vom 4. Mai 2020 dergestalt wieder, dass Mehrarbeitsstunden abzubauen seien, aber niemand Minusstunden aufbauen solle. Daher gelte, dass nach Abbau der Mehrarbeitsstunden entstehende Minusstunden "aufgefüllt" würden. Dies gelte natürlich auch für die Schichtdienstleistenden. Wer allerdings mit Beginn der Notdienstregelung mit Minusstunden begonnen habe, behalte diese oder müsse sie aktiv nacharbeiten. Abschließend wurde um Rückmeldung zu zwei Varianten von Notfalldienstplänen gebeten, die der E-Mail beigefügt waren.

Nach Rückkehr in den normalen Dienstbetrieb informierte die Beteiligte mit E-Mail an die Beschäftigten vom 7. August 2020 über die abschließende Entscheidung im Umgang mit der Stundenentwicklung aufgrund des Notfalldienstplans. Vorausgegangen waren intensive Diskussionen unter Beteiligung des Antragstellers. Die Beteiligte stellte fest, dass in den Funktionsgruppen und bei den Schichtdienstleistenden Mehrarbeitsstunden in erheblichem Umfang abgebaut wurden und im Bereich des Schichtdienstes darüber hinaus aufgrund des veränderten Schichtplanes bei vielen Kollegen sog. Minusstunden entstanden sind. Aus ihrer Sicht habe der am 1. Juni 2020 gebuchte Stundenstand Bestand, weil weder der Abbau der Mehrarbeitsstunden in der Zeit der Notfallregelung noch die entstandenen Minusstunden einen Nachteil darstellten, der auszugleichen wäre. Wer Mehrarbeitsstunden abgebaut habe oder nicht im Dienstplan eingeteilt gewesen sei, habe dienstfrei gehabt. Er habe sich also nicht für einen bestimmten Zeitraum dienstfähig und erreichbar halten müssen. Da im Rahmen der Diskussion keine Einigung habe erzielt werden können, sei das Justizministerium um Entscheidung gebeten worden, welches mit Erlass vom 30. Juli 2020 zur Anrechnung von Stunden während der Heimarbeit und der dienstfreien Zeit die von ihr vertretene Auffassung bestätigt habe, dass eine Anrechnung der Sollarbeitszeit während der dienstfreien Zeit nicht erfolgen könne, weil keine dienstliche Tätigkeit ausgeübt worden sei.

Mit Schreiben vom 11. August 2020 forderte der Antragsteller die Beteiligte auf, die Anordnung der Dienstbefreiung für Gruppen von Beschäftigten bzw. die entsprechende Änderung der Schichtpläne zurückzunehmen und das Mitbestimmungsverfahren nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 bzw. - falls die Dienststelle sich auf die Kurzfristigkeit und Unvorhersehbarkeit der zu treffenden Regelungen berufen sollte - Nr. 2 NPersVG nachzuholen. Nachdem die Beteiligte entgegnet hatte, dass eine Rücknahme der beanstandeten Anordnung und die Durchführung eines auf § 66 NPersVG gestützten Mitbestimmungsverfahrens nach Außerkrafttreten der Notfallregelung nicht mehr möglich sei, forderte der Antragsteller die Beteiligte unter dem 12. Oktober 2020 zur Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens gemäß § 64 NPersVG zum Umgang mit den während des Notdienstplanes angefallenen Minusstunden auf.

Die Beteiligte lehnte die Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens mit Schreiben vom 10. Dezember 2020 erneut ab. Bereits bei den Notfalldienstplänen selbst habe es sich nicht um einen mitbestimmungspflichtigen Vorgang gehandelt. Daraus folge, dass die nach den allgemeinen Regeln erfolgende Stundenverbuchung ebenfalls nicht Gegenstand der Mitbestimmung sei. Im Übrigen sei es - wie zuvor bereits ausgeführt - nicht möglich, Dienstpläne vergangener Zeiträume, die keine Gültigkeit mehr hätten, zum Gegenstand der Mitbestimmung zu machen. Darüber hinaus stehe § 64 Abs. 2 Nr. 2 NPersVG einem separaten Mitbestimmungsverfahren über die Frage des Ausgleichs der während der Notdienstpläne angefallenen Minusstunden entgegen. Mit dem Erlass vom 30. Juli 2020 habe das Niedersächsische Justizministerium erläutert, dass eine Anrechnung der Sollarbeitszeit während der dienstfreien Zeit nicht erfolgen könne. Damit liege bereits keine Maßnahme, Handlung oder Entscheidung vor, durch die die Dienststelle eine Regelung getroffen habe. Eine Anrechnung von Dienstzeiten ohne tatsächlich geleisteten Dienst sei haushalts- und besoldungsrechtlich unzulässig.

Am 1. Februar 2021 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Er ist der Auffassung, dass das Mitbestimmungsverfahren noch durchgeführt werden könne, weil die nach dem "Einfrieren" des Stundenstands am 23. März 2020 während der Notfalldienstpläne entstandenen Minusstunden den Stundenkonten der betroffenen Beschäftigten jederzeit gutgeschrieben werden könnten. Die Entscheidung über einen Ausgleich der entstandenen Minusstunden unterliege seiner Mitbestimmung. Dabei könne dahinstehen, ob die Festsetzung der Notfalldienstpläne gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1a) NPersVG mitbestimmungspflichtig gewesen sei oder ein Ausnahmefall vorgelegen habe. Jedenfalls wäre der Antragsteller gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG an der Festlegung der Grundsätze für die Dienstplangestaltung bzw. der Gestaltung der unvorhersehbaren Arbeitszeitregelungen im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 1 NPersVG zu beteiligen gewesen. Er habe das Unterbleiben eines förmlichen Beteiligungsverfahrens hingenommen, weil ihm von der Anstaltsleitung versichert worden sei, dass den Beschäftigten im Schichtdienst durch die Gestaltung der Notfalldienstpläne keine Nachteile entstehen würden. Dies sei durch das Einfrieren der Stundenkonten zum 23. März 2020 bekräftigt worden. Die Gestaltung der Notfalldienstpläne habe gegen den vertraglichen bzw. beamtenrechtlichen Anspruch auf Beschäftigung verstoßen, so dass sich die Beteiligte im Annahmeverzug befunden habe. Die Dienstplangestaltung hätte allenfalls zum Abbau von Mehrarbeitsstunden, nicht aber zum Anfall von Minusstunden führen dürfen. Sofern keine Mehrarbeitsstunden mehr vorgelegen hätten, hätten die Beschäftigten Anspruch darauf, dass ihnen ihre Sollarbeitszeit gutgeschrieben werde, und zwar unabhängig davon, in welchem Umfang die Arbeitsleistung tatsächlich abgerufen worden sei. Auf diese Verfahrensweise habe der Antragsteller sich nach den Beteuerungen der Beteiligten verlassen. Sonst hätte er auf einem Beteiligungsverfahren bestanden und die Zustimmung verweigert. Die Entscheidung, die während des Notfalldienstplans angefallenen Minusstunden nicht auszugleichen, stelle eine Maßnahme im Sinne von § 64 NPersVG dar. Sie betreffe die Gruppe von Beschäftigten, die aufgrund des Notfalldienstplans Minusstunden aufgebaut hätten, nicht nur geringfügig. Denn sie seien gezwungen, die angefallenen Minusstunden nachzuarbeiten, um ihr Arbeitszeitkonto wieder auszugleichen. Dies stelle einen Nachteil dar, denn es gehe zu Lasten der Freizeit und verkürze die Erholungszeit. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass die Beschäftigten die Zeit an den dienstfreien Tagen während des Notfalldienstplans privat hätten nutzen können. Dagegen sprächen die Erlassregelungen. Dass die Beteiligte von der Möglichkeit, für die Beschäftigten im Schichtdienst "Heimarbeit" zu buchen, keinen Gebrauch gemacht habe, könne sich nicht zu deren Nachteil auswirken. Bei der Notfalldienstplangestaltung sei die Frage, wie mit anfallenden Minusstunden umgegangen werde, ausdrücklich ausgeklammert worden. Bei der Entscheidung, wie sich die Minusstunden auf die "eingefrorenen" Stundenkonten auswirken, handele sich nicht um eine in den §§ 65 bis 67 NPersVG benannte Maßnahme. Sie habe aber ähnliches Gewicht, weil die Mitbestimmung bei der Dienstplangestaltung u.a. dazu diene, die Benachteiligung einzelner Gruppen von Beschäftigten zu verhindern. Von dem Umstand, dass Tage, an denen kein Dienst in der Anstalt geleistet worden sei, nicht als "Heimarbeit", sondern als dienstfrei gebucht worden seien, seien vordringlich Beschäftigte im Schichtdienst betroffen. Bei dem hierdurch erzwungenen Aufbau von Minusstunden handele es sich um eine Benachteiligung dieser Beschäftigtengruppe. Alle anderen Justizvollzugsanstalten in Niedersachsen mit ähnlichen Sonderdienstplänen hätten die Entstehung von Minusstunden zu verhindern gewusst.

Der Antragsteller, der ursprünglich neben der gerichtlichen Feststellung, dass die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung unterlassen worden ist, außerdem die Verpflichtung der Beteiligten begehrt hatte, das unterlassene Beteiligungsverfahren nachzuholen, beantragt nach Rücknahme des Verpflichtungsantrages im Anhörungstermin nur noch,

festzustellen, dass ihm bei der Entscheidung, dass die in der Zeit der Geltung der Notfalldienstpläne zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Justizvollzugsanstalt A-Stadt (23. März 2020 bis 31. Mai 2020) angefallenen Minusstunden von Beschäftigten im Schichtdienst nicht ausgeglichen werden, ein Mitbestimmungsrecht zusteht.

Die Beteiligte beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Auffassung, dass ein förmliches Beteiligungsverfahren weder für die Aufstellung des Notfalldienstplanes noch für die anschließende Entscheidung darüber, wie mit den angefallenen Minusstunden umzugehen sei, erforderlich gewesen sei. Die Anordnung des Notfalldienstplans sei gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1a) 2. Halbsatz NPersVG von der Mitbestimmung ausgenommen gewesen. Diese Bestimmung habe Vorrang vor den allgemeinen Mitbestimmungsregelungen in § 64 Abs. 1 und 2 NPersVG. Vorliegend handele es sich nicht etwa um eine Maßnahme "ähnlichen Gewichts" i.S.v. § 64 NPersVG, sondern um dieselbe Maßnahme. Ein Fall des § 66 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG habe nicht vorgelegen. Denn die Notfalldienstpläne für die erste Phase der Corona-Pandemie seien von vornherein nur auf eine kurze, befristete Zeit und nicht auf Dauer angelegt gewesen. Es habe sich auch nicht um Grundsätze der Dienstplanung gehandelt, sondern lediglich um die Festlegung der Dauer, sowie von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Da es sich bei der Frage, wie mit der Stundenentwicklung nach der Rückkehr in den normalen Dienstbetrieb umgegangen werden solle, um die logische Folge der tatsächlich aufgrund des Notfalldienstplanes geleisteten Arbeitszeit im Verhältnis zur Soll-Arbeitszeit handele, sei auch diese nicht mitbestimmungspflichtig gewesen. Außerhalb der festgelegten Dienstzeiten, hätten die betroffenen Schichtdienstleistenden Freizeit gehabt. Durch die Erlasse des Niedersächsischen Justizministeriums sei auch nicht etwa die Verpflichtung der Behördenleitungen formuliert worden, "Heimarbeit" im Falle des Entstehens von Minusstunden einzurichten. Die Erlasse hätten lediglich eine zusätzliche Option im Umgang mit der Arbeitszeit der Bediensteten bieten sollen. Mit Erlass vom 7. April 2020 werde ausdrücklich darauf hingewiesen, "dass der Dienst Heimarbeit nicht zwingend eingeführt werden muss, wenn dieser in der jeweiligen Justizvollzugseinrichtung aufgrund anderer Dienstplangestaltung nicht benötigt wird.". So sei die Situation für die schichtdienstleistenden Mitarbeiter in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt in der JVA A-Stadt gewesen, weshalb diese ausdrücklich nicht in "Heimarbeit" bzw. in "Bereitschaft" versetzt worden seien, sondern dienstfrei bekommen hätten. Diese Unterscheidung sei von den an den Diskussionen beteiligten Vertretern des Antragstellers auch gebilligt worden. Da nicht klar gewesen sei, wie lange der Notfalldienstplan würde aufrechterhalten werden müssen, sei das Einfrieren der Stundenkonten zum 23. März 2020 festgelegt worden. Eine Zusage, dass Minusstunden nach Rückkehr in den normalen Dienstbetrieb ausgeglichen werden sollten, sei auch in der E-Mail vom 4. Mai 2020 nicht getroffen worden. Dabei habe es sich nur um eine Diskussionsvariante gehandelt, welche keinen Vertrauensschutz begründe. Da ihr nach Prüfung der Rechtslage durch das Niedersächsische Justizministerium mit Erlass vom 30. Juli 2020 ("keine Anrechnung von Sollarbeitszeit, wenn Mitarbeiter dienstfrei hatten") kein eigener Entscheidungsspielraum zustehe, komme die Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens ohnehin nicht in Betracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beteiligten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

II.

Der Antragsteller hat den Verpflichtungsantrag auf Nachholung des Beteiligungsverfahrens im Anhörungstermin zurückgenommen. Das Verfahren ist daher insoweit gemäß § 83 Abs. 2 NPersVG i.V.m. § 81 Abs. 2 ArbGG einzustellen.

Der noch verbliebene Feststellungsantrag hat Erfolg.

Er ist zulässig, weil der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung hat. Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 NPersVG geht es um die Klärung von Zuständigkeiten der Personalvertretung. Ein Bedürfnis für eine solche Klärung ist jedenfalls so lange gegeben, wie der tatsächliche Vorgang, der den Streit ausgelöst hat, noch nicht abgeschlossen ist. Das ist auch der Fall, wenn die nach Meinung der Personalvertretung unzulässige Maßnahme von Seiten der Dienststellenleitung zwar bereits getroffen ist, aber noch rückgängig gemacht werden kann (BVerwG, Beschl. v. 23.09.1992 - 6 P 26/90 -, juris Rn. 19). Eine solche Konstellation ist hier gegeben, weil die Stundenkonten der im Schichtdienst Beschäftigten auch nachträglich noch ausgeglichen werden können.

Der Antrag ist auch begründet. Die Beteiligte hat bei der Entscheidung, dass die in der Zeit der Geltung der Notfalldienstpläne zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der JVA A-Stadt (23. März 2020 bis 31. Mai 2020) angefallenen Minusstunden von Beschäftigten im Schichtdienst nicht ausgeglichen werden, das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt.

Der Antragsteller macht eine Verletzung seines Mitbestimmungsrechts gestützt auf die Generalklausel des § 64 Abs. 1 NPersVG geltend, nachdem er sich der Beteiligten gegenüber zuvor vergeblich auf ein auf § 66 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 NPersVG gestütztes Mitbestimmungsrecht berufen hat. Tatsächlich bereitet die Einordnung der Entscheidung über den Nichtausgleich der entstandenen Minusstunden Schwierigkeiten, weil einerseits eine Verknüpfung mit der in den Notfalldienstplänen getroffenen Arbeitszeitregelung besteht, andererseits aber die Entscheidung über die Auswirkungen auf die Stundenkonten seinerzeit aufgeschoben worden ist.

Gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1a) NPersVG unterliegen die Festlegung von Dauer, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen, der Rufbereitschaft und des Bereitschaftsdienstes der Mitbestimmung; ausgenommen bleibt die für die Dienststelle nicht vorhersehbare, aufgrund besonderer Erfordernisse kurzfristig und unregelmäßig festzusetzende tägliche Arbeitszeit für bestimmte Gruppen von Beschäftigten. Gemäß § 66 Nr. 2 NPersVG bestimmt der Personalrat mit bei der Festlegung der Grundsätze für die Aufstellung von Dienstplänen, für die Anordnung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie für unvorhersehbare Arbeitszeitregelungen im Sinne der Nummer 1. Soweit eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, bedarf sie seiner Zustimmung (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 NPersVG).

Dadurch, dass am 20. März 2020 die Lage und die Verteilung der Schichten als Grundlage für die jeweiligen Dienstpläne der Schichtdienstleistenden festgesetzt worden sind und diese Festsetzung am 8. Mai 2020 bis zum 31. Mai 2020 verlängert worden ist, wurde seinerzeit eine Arbeitszeitregelung gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1a) NPersVG getroffen, die allerdings insofern unvollständig geblieben ist, als die geleistete oder nicht geleistete Arbeitszeit nicht wie üblich auf das Stundenkonto durchschlagen konnte. Das wurde durch das "Einfrieren" des Stundenkontos am 23. März 2020 verhindert. Wenngleich die Entscheidung über die Notfalldienstpläne grundsätzlich mitbestimmungspflichtig gewesen wäre, waren angesichts der besonderen Umstände zu Beginn der Corona-Pandemie die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1a) 2. Halbsatz NPersVG erfüllt. Bei Auftreten erster Infektionsfälle im Bundesgebiet und Erklärung des Pandemiefalls am 11. März 2020 (vgl. hierzu Niedersächsisches OVG, Urt. v. 25.11.2021 - 13 KN 62/20 -, juris Rn. 73) mussten zur verwaltungsseitigen Bewältigung der Pandemie fraglos aufgrund der besonderen Erfordernisse auch nicht vorhersehbare Maßnahmen ergriffen werden, die derart eilbedürftig waren, dass ein ordnungsgemäßes Mitbestimmungsverfahren nicht mehr möglich gewesen ist (Nds. OVG, Beschl. v. 23.06.2022 - 18 LP 3/21 -, juris Rn. 86). Um den Dienstbetrieb in der JVA A-Stadt angesichts der Pandemielage aufrechterhalten zu können, mussten unverzüglich organisatorische Regelungen getroffen werden, um die Dienstgruppen zu trennen, dadurch das Erkrankungsrisiko zu senken und zugleich ausreichend Personal zur Verfügung zu haben. Als Folge des "Einfrierens" der Stundenkonten am 23. März 2020 musste nach Rückkehr in den Normalbetrieb eine Entscheidung hinsichtlich der Behandlung von entstandenen Minusstunden getroffen werden, welche sich der Gesetzgeber so nicht vorgestellt hat, weil die Entwicklung des Stundenkontos normalerweise an die geleisteten oder nicht geleisteten Stunden gekoppelt ist. Ausgehend von diesem üblichen Automatismus für das Stundenkonto lässt sich der vorliegend besonders gelagerte Fall aufgrund des logischen Zusammenhangs entweder noch als Annex dem Mitbestimmungstatbestand des § 66 Abs. 1 Nr. 1a) NPersVG zuordnen oder aber - wenn man die nachträgliche Entscheidung über die Stundenverbuchung als nicht mehr unter diese Norm fallend ansieht - der Generalklausel in § 64 Abs. 1 NPersVG. In jedem Falle steht dem Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht zu. Hierzu im Einzelnen:

Gemäß § 64 Abs. 1 NPersVG bestimmt der Personalrat gleichberechtigt mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder auf sie einwirken. Nach Systematik, Zweck und Entstehungsgeschichte handelt es sich bei den § 64 ff. NPersVG um eigenständige Beteiligungstatbestände mit einer zusätzlichen Generalklausel (§ 64 Abs. 1 NPersVG) als Auffangtatbestand (Dembowski/Ladwig/Sellmann, Personalvertretung Niedersachsen, Stand: März 2022, § 64 Rn. 6). Der Generalklausel kommt dabei nicht die Funktion zu, das Nichteingreifen eines bestimmten Mitbestimmungstatbestandes aus den Katalogen der §§ 65 bis 67 NPersVG und § 75 NPersVG wegen Fehlens einer dort genannten spezifischen Voraussetzung zu kompensieren. Sie soll vielmehr ermöglichen, dass vom Gesetzgeber nicht vorhergesehene und daher nicht vertypte Sachverhalte wegen ihrer Rechtsähnlichkeit mit Letzteren in die Mitbestimmung einbezogen werden können (vgl. Dembowski/Ladwig/Sellmann, a.a.O., § 64 Rn. 7). Dementsprechend ist in § 64 Abs. 3 Satz 1 NPersVG geregelt, dass es sich bei den in §§ 65 bis 67 NPersVG benannten einzelnen Maßnahmen um eine beispielhafte Aufzählung handelt, die die Mitbestimmung bei Maßnahmen von ähnlichem Gewicht nicht ausschließt (VG Hannover, Beschl. v. 08.11.2017 - 17 A 1909/16 -, juris Rn. 17). Eine andere Bewertung der Bedeutung der Generalklausel ist auch nicht durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2018 (- 5 P 9.17 -, juris) veranlasst, in welchem das Gericht unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung zu der Erkenntnis gelangt ist, dass das Mitbestimmungsrecht aufgrund der dortigen Generalklausel umfassend ist und durch die beispielhaften Aufzählungen von mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen nicht eingeschränkt wird. Das Bundesverwaltungsgericht begründet seine Auffassung nämlich mit Besonderheiten im bremischen Personalvertretungsgesetz (sog. Unberührtheitsklauseln in § 63 Abs. 2, 65 Abs. 3 und 66 Abs. 3 PersVG HB), welche im niedersächsischen Personalvertretungsrecht keine Entsprechung finden, und lässt ausdrücklich dahinstehen, welche Bedeutung beispielhaften Mitbestimmungskatalogen in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und anderer Länder beizumessen ist (a.a.O, Rn. 13; vgl. Thür.OVG, Beschl. v. 19.05.2021 - 5 PO 617/20 -, juris Rn. 37 zur unterschiedlichen Gesetzeslage).

Wenn man den Mitbestimmungstatbestand gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1a) NPersVG nicht für einschlägig erachtet, handelt es sich bei der getroffenen Entscheidung zur Behandlung der Minusstunden um eine innerdienstliche Maßnahme von "ähnlichem Gewicht" i.S.v. § 64 Abs. 3 Satz 1 NPersVG, bei der das Mitbestimmungsrecht weder durch die Sperrwirkung gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 NPersVG ausgeschlossen noch gemäß § 64 Abs. 4 NPersVG entfallen ist.

Nach der Legaldefinition in § 64 Abs. 2 Satz 1 NPersVG ist eine Maßnahme eine Handlung oder Entscheidung, durch die die Dienststelle in eigener Zuständigkeit eine Regelung trifft, die die Beschäftigten nicht nur geringfügig berührt oder innerdienstliche Verhältnisse nicht nur unwesentlich und nicht nur kurzfristig verändert. Hieran gemessen kommt der Entscheidung, die entstandenen Minusstunden nicht auszugleichen, Regelungscharakter zu. Dem Antragsteller ist darin zu folgen, dass die Entscheidung die Gruppe der Beschäftigten, die aufgrund des Notdienstplanes nicht nur vorhandene Mehrarbeitsstunden abgebaut, sondern Minusstunden aufgebaut hat, nicht nur geringfügig berührt, weil die betroffenen Beschäftigten die angefallenen Minusstunden nacharbeiten müssen. Nach den Angaben des Antragstellers im Anhörungstermin haben sich auf den Stundenkonten der etwa 220 Beschäftigten, die vor der Notfalldienstregelung mit Plusstunden gestartet sind, bis Ende 2020 insgesamt rund 10.000 Minusstunden angesammelt. Es handelt sich bei der endgültigen Verbuchung der Minusstunden entgegen der Auffassung der Beteiligten auch um eine von ihr zu verantwortende Entscheidung. Zwar hat sich der Antragsteller im Zuge der Diskussionen um den Ausgleich der Minusstunden an den Hauptpersonalrat und dieser mit der Bitte um Klärung an das Justizministerium gewandt, was zu dem Erlass vom 30. Juli 2020 geführt hat. Eine informelle Klärung durch das Ministerium würde jedoch den gesetzlich vorgesehenen Weg der Mitbestimmung des Personalrats und ein Verfahren vor der Einigungsstelle umgehen. Eine derartige Mitbestimmung "Light" sieht das NPersVG nicht vor. Im Übrigen wird in dem Erlass vom 30. Juli 2020 rechtlich zutreffend und auf die Situation in der JVA A-Stadt bezogen die mögliche Anrechnung von Stunden während der Heimarbeit und der dienstfreien Zeit lediglich erläutert, weshalb es insoweit gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 NPersVG am Maßnahmecharakter fehlen würde. Entgegen der Auffassung der Beteiligten äußert sich der Erlass nicht zu der spezifischen Frage des Umgangs mit infolge der Notfalldienstpläne aufgetretenen Minusstunden. Dies wird schon deutlich am Eingangssatz, der unter Bezugnahme auf die vorangegangenen Erlasse zur Dienstplangestaltung vom 20. März, 25. März, 1. April und 27. April 2020 vorausstellt, dass die Justizvollzugsanstalten gebeten wurden, keine unnötigen Überstunden aufzubauen, sondern für die Bediensteten bei vorhandenen Überstunden auch dienstfreie Tage einzuplanen. Hierzu verhält sich insbesondere der Erlass vom 27. April 2020, in dem es heißt, dass Bedienstete, die Mehrarbeitsstunden aufgebaut haben, auf "frei" gesetzt werden können, um diese abzubauen. Weiter heißt es aber auch, dass der Dienst "Heimarbeit" in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt genutzt werden sollte, wenn Bedienstete bereits zu viele Minusstunden haben oder sich in Minusstunden begeben würden, weil sie aktuell nicht zum Dienst in der Justizvollzugsanstalt eingesetzt werden. Bezogen auf den Schichtdienst heißt es, dass die Dienstplangestaltung weiterhin die regulären Schichtdienstmodelle mit Früh-, Spät- und Nachdienst enthalten kann sowie Wochenend- und Tagesdienste. Hieraus wird deutlich, dass das Ministerium selbstverständlich davon ausgegangen ist, dass auch angesichts der Coronalage die Dienstpläne für die in der JVA Beschäftigten weiterhin so gestaltet sein würden, dass hierdurch nicht zwangsläufig Minusstunden entstehen. Deshalb gibt auch der Erlass vom 30. Juli 2020 zum Umgang mit entstandenen Minusstunden nichts her.

Bei der von der Beteiligten zu verantwortenden Entscheidung, die Minusstunden nicht auszugleichen, handelt es sich auch nicht lediglich um einen rein normvollziehenden Akt der Rechtsanwendung, wie die Beteiligte geltend macht, indem sie darauf hinweist, dass eine Anrechnung von Dienstzeiten ohne tatsächlich geleisteten Dienst haushalts- und besoldungsrechtlich unzulässig sei. Denn insoweit muss auch in die Betrachtung einbezogen werden, dass allein die Schichteinteilung dafür verantwortlich war, dass bei zahlreichen Beschäftigten Minusstunden angefallen sind. Mögliche Nachteile durch die veränderten Schichten hatte die Beteiligte bei der Anordnung der Notfallpläne ausdrücklich in den Blick genommen und genau aus diesem Grunde verfügt, dass die Stundenkonten der Schichtdienstleistenden zum 23. März 2020 um 07:00 Uhr "eingefroren" wurden, um nach Rückkehr zum normalen Schichtbetrieb einen Abgleich durchzuführen und eine Entscheidung über die weitere Verfahrensweise zu treffen. Noch in ihrer E-Mail vom 4. Mai 2020 hat die Beteiligte sich mit Blick auf den Erlass des Niedersächsischen Justizministeriums vom 27. April 2020 in der Pflicht gesehen, nach Abbau von Mehrarbeitsstunden entstehende Minusstunden "aufzufüllen". Ausdrücklich heißt es insoweit in der E-Mail, dass dies natürlich auch für die Schichtdienstleistenden gelte. Dem Argument der Beteiligten, in der E-Mail seien nur Diskussionsvarianten dargestellt worden, vermag die Kammer nicht zu folgen. Die zur Diskussion gestellten Varianten waren nach dem objektiven Empfängerhorizont die der Mail angehängten Dienstplanentwürfe, nicht aber die Aussage, dass Minusstunden nicht aufgebaut werden sollten. Die von der E-Mail vom 4. Mai 2020 abweichende abschließende Entscheidung mit E-Mail vom 7. August 2020 stellt objektiv betrachtet eine Regelung durch die Dienststelle dar, auch wenn die Beteiligte irrtümlich der Auffassung ist, gar keine Entscheidung getroffen zu haben.

Die Entscheidung, entstandene Minusstunden nicht auszugleichen, stellt auch eine Maßnahme "von ähnlichem Gewicht" wie die in § 65 bis 67 NPersVG im Einzelnen bezeichneten Maßnahmen dar. Sie bedeutet für die betroffenen Beschäftigten, dass sie die Minusstunden nacharbeiten müssen, um wieder ein ausgeglichenes Stundenkonto zu erhalten. Dies geht zu Lasten ihrer Freizeit und verkürzt die Erholungszeit. Die Situation ist insoweit vergleichbar mit derjenigen einer aktuellen Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden, welche ebenfalls zulasten der Freizeit geht. Zweck des Mitbestimmungsrechts gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 7 NPersVG (Anordnung von vorhersehbarer Mehrarbeit und Überstunden) ist es, die Beschäftigten vor einer physischen und psychischen Überbeanspruchung sowie vor unzumutbaren Freizeitverlusten zu schützen (Dembowski/Ladwig/Sellmann, a.a.O., § 67 Rn. 71). Dieser Zweck greift auch hier. Die Sperrwirkung der Katalogtatbestände gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 NPersVG steht der Annahme einer Maßnahme "von ähnlichem Gewicht" nicht entgegen. Dass der Gesetzgeber die Mitbestimmung im Fall einer durch verminderten Abruf der Dienstverpflichtung entstandenen faktischen nachträglichen Mehrarbeit nicht etwa ausschließen wollte, folgt aus der Überlegung, dass es für einen erzwungenen Aufbau von Minusstunden durch Dienstfreistellung an einer rechtlichen Grundlage fehlt. Dass die betroffenen Beschäftigten durch die Schichteinteilung zusätzliche Freizeit im Rahmen der Dienstfreistellung erhalten haben, ändert nichts an der nachgelagerten Belastung, die mit dem Abarbeiten der Minusstunden verbunden ist. Deshalb ist es vorliegend angezeigt, die Entscheidung über den Nichtausgleich der Minusstunden als Maßnahme "von ähnlichem Gewicht" zu werten. Ein Fall von § 64 Abs. 4 NPersVG, in dem die Mitbestimmung entfällt, liegt ersichtlich nicht vor.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten folgt auch nicht etwa aus dem Umstand, dass der Antragsteller bei der Anordnung der Notfallpläne nicht förmlich beteiligt gewesen ist, dass es keiner Beteiligung hinsichtlich der Entscheidung über den Umgang mit den hieraus entstandenen Minusstunden bedurfte. Die Behandlung der Stundenkonten nach Rückkehr zum normalen Dienstbetrieb sollte durch die Notfallpläne nämlich ausdrücklich noch nicht geregelt werden. Deshalb wurden die Stundenkonten explizit "eingefroren". Vor diesem Hintergrund führt nicht bereits die tatsächliche Verknüpfung der getroffenen Arbeitszeitregelungen mit den hieraus entstehenden Minusstunden dazu, dass es sich bei der Entscheidung darüber, wie diese Minusstunden zu behandeln sind, noch um dieselbe Maßnahme handelt. Aber auch wenn man die Stundenregelung als Annex der Arbeitszeitregelung betrachtet, bei der es sich um eine in zwei Elemente aufgespaltene einheitliche Maßnahme handelt, wäre ein Ausschluss des dann aus § 66 Abs. 1 Nr. 1a) NPersVG folgenden Mitbestimmungsrechts nicht gerechtfertigt. Wie oben ausgeführt wurde, wären die durch die Notfallpläne angeordneten veränderten Arbeitszeitregelungen grundsätzlich gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1a) NPersVG mitbestimmungspflichtig gewesen. Die Mitbestimmungspflicht ist lediglich gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1a) 2. Halbsatz NPersVG entfallen, weil die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie unverzügliche Maßnahmen erforderte. Zwar bedurfte es eines sofortigen Handelns hinsichtlich der Organisation des Dienstbetriebes, nicht jedoch hinsichtlich der Bewertung der Stundenkonten, weshalb diese Entscheidung ohne Weiteres hinausgeschoben werden konnte. Im Zeitpunkt der Rückkehr zum normalen Schichtbetrieb hätte es für einen Ausschluss der Mitbestimmung gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1a) 2. Halbsatz NPersVG keine Rechtfertigung mehr gegeben.

Nach alledem hat der Feststellungsantrag Erfolg mit der Folge, dass das Mitbestimmungsverfahren nachzuholen sein wird.

Einer Kostenentscheidung bedarf es im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht, weil Gerichtskosten nicht erhoben werden und eine gerichtliche Festsetzung der den Verfahrensbeteiligten entstandenen Kosten nicht vorgesehen ist.