Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 16.08.2022, Az.: 1 A 4065/20

Ausschreibung; Erforderlichkeitsprinzip; Grundstücksanschluss; Kostenerstattung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
16.08.2022
Aktenzeichen
1 A 4065/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59643
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es stellt in Anbetracht der Verpflichtung der Gemeinde, die Abwasseranlage und die Grundstücksanschlüsse in einem technisch einwandfreien Zustand zu halten, keinen Verstoß gegen das abgabenrechtliche Erforderlichkeitsprinzip dar, wenn eine Gemeinde die nachträgliche Herstellung von Anschlusskanälen gemeinsam mit nachträglichen Veränderungen am bestehenden Kanalnetz sowie Reparaturarbeiten ausschreibt.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem sie zur Erstattung von Kosten für die Herstellung von Anschlüssen an die Schmutz- und Regenwasserkanalisation aufgefordert wurden.

Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks G. (Gemarkung H., Flur 17, Flurstück 8/239). Anlässlich des Bauvorhabens für das Wohnhaus baten die Kläger am 5. Juni 2019 um die Herstellung neuer Grundstücksanschlüsse einschließlich Kontrollschacht. Unter dem 6. Juni 2019 erteilte die Beklagte der I. Straßenbaugesellschaft mbh unter Bezugnahme auf einen abgeschlossenen "Hausmeistervertrag" den Auftrag zur Herstellung je eines Grundstücksanschlusses einschließlich Kontrollschacht für Schmutzwasser und Regenwasser. Mit dem "Hausmeistervertrag" ist eine Rahmenvereinbarung zwischen der Beklagten und der I. Straßenbaugesellschaft mbh vom 4. Juni 2019 zur Herstellung von Kanalhausanschlüssen sowie die Durchführung kleinerer Kanalbaumaßnahmen (Kanalnetzerweiterungen) und Kanalreparaturen gemeint.

Die Arbeiten (nachträgliche Herstellung von Regen- und Schmutzwasserhausanschlüssen an Hauptkanälen und Reparaturarbeiten sowie Kanalverlängerungen der öffentlichen Entwässerungsanlagen) waren zuvor öffentlich ausgeschrieben worden. In der Ausschreibungsbekanntmachung wird in der Leistungsbeschreibung ausgeführt, dass es um einen Zeitvertrag für die nachträgliche Herstellung von Regen- und Schmutzwasserhausanschlüssen an Hauptkanälen und Reparaturarbeiten sowie Kanalverlängerungen der öffentlichen Entwässerungsanlagen der Beklagten vom 1. Juni 2019 bis 31. Mai 2020 gehe. Der Auftragnehmer sei verpflichtet, bei unabsehbaren Reparaturen auch an Sonn- und Feiertagen umgehend mit den Arbeiten zu beginnen; bei Unfallgefahr habe er innerhalb von zwei Stunden die Schadstelle abzusichern und die Reparaturarbeiten einzuleiten. Neue herzustellende Hausanschlüsse seien innerhalb von zwei Wochen nach Auftragserteilung auszuführen. Es sei aufgrund der Notfallreparaturen ein eingetragener Firmensitz im Umkreis von 50 km um A-Stadt zwingend erforderlich. Erfahrungsgemäß würden sich jährlich ca. 70 Hausanschlüsse, ca. 30 Reparaturarbeiten mit Unfallgefahr und ca. 30 Reparaturarbeiten und Kanalnetzerweiterungen ergeben. Die Bieter hatten ein vorbereitetes Leistungsverzeichnis auszufüllen, in denen anfallende Arbeiten mit geschätzten Mengenangaben und Einheitspreisen anzugeben waren. In den Vorbemerkungen heißt es u. a., dass die Mengenansätze der einzelnen Positionen nur geschätzt werden könnten und Über- und Unterschreitungen der Ansätze nicht zu Erhöhungen bzw. zu Reduzierungen einzelner Einheitspreise berechtigen würden. Jede Baumaßnahme werde einzeln abgerechnet. Reparaturarbeiten würden so weit wie möglich nach den Positionen des Leistungsverzeichnisses abgerechnet. Stundenlohnarbeiten dürften nur auf Anordnung der Beklagten durchgeführt werden.

Vier Unternehmen gaben zum Submissionstermin am 24. April 2019 ein Angebot ab. Die I. Straßenbaugesellschaft mbh gab mit 367.914,80 EUR das günstigste Angebot ab. Die Angebote der drei weiteren Unternehmen aus A-Stadt, J. und K. lagen mit 418.334,18 EUR, 447.410,24 EUR und 722.833,97 EUR darüber. Die Beklagte bewertete das Angebot der I. Straßenbaugesellschaft mbh unter wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten als das beste. Das Unternehmen sei anerkannt fachkundig, leistungsstark und von der Firmenkapazität her ohne weiteres in der Lage, die ausgeschriebenen Baumaßnahmen auszuführen. Das Unternehmen war schon zuvor von der Beklagten mit entsprechenden Arbeiten beauftragt.

Die Grundstücksanschlüsse für Schmutz- und Niederschlagswasser zum klägerischen Grundstück wurden von der I. Straßenbaugesellschaft mbh hergestellt. Die Kläger hatten dasselbe Unternehmen mit der Herstellung der Entwässerungsanlagen zwischen Haus und Übergabeschächten beauftragt. Nach Herstellung der Grundstücksanschlüsse erstellte die I. Straßenbaugesellschaft mbh unter dem 2. Dezember 2019 eine Rechnung für den Schmutzwasserhausanschluss i. H. v. 9.966,44 EUR und eine Rechnung für den Niederschlagswasserhausanschluss i. H. v. 2.983,97 EUR. Die Beklagte hörte die Kläger mit Schreiben vom 16. April 2020 zur beabsichtigten Festsetzung eines Kostenerstattungsbetrages i. H. v. 12.950,41 EUR an. Anschließend fand ein Ortstermin statt, in dem nochmals ein Messungen vorgenommen wurden. Mit Schreiben vom 30. April 2020 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass in Anbetracht dessen die Rechnungen nicht zu beanstanden seien. In einem weiteren E-Mail-Verkehr bat der Kläger um Vorlage weiterer Unterlagen. Am 24. Juni 2020 wies er darauf hin, dass der Preis für die Verlegung von Kanalgrundrohren nach der Rechnung das Dreifache des Preises betrage, der Privaten angeboten werde. Aufgrund fehlender Tragfähigkeit des Gehweges habe für die Durchführung von Bauarbeiten eine Stahlplatte ausgelegt werden müssen, wofür Kosten in Höhe von 892,50 EUR angefallen seien. Die I. Straßenbaugesellschaft mbh habe bituminöses Material auf dem Grundstück zurückgelassen; zudem hätten nach dem Abzug der Firma Asbestplatten auf dem Grundstück gelegen.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2020 setzte die Beklagte einen Kostenerstattungsbetrag von insgesamt 12.950,41 EUR fest. Nach der Abgabensatzung für die Abwasserbeseitigung seien die Aufwendungen in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten.

Die Kläger haben am 27. Juli 2020 Klage erhoben. Durch die Ausschreibung des Hausmeistervertrages neben der Herstellung der Schmutz- und Regenwasseranschlüsse sei es zu erheblich höheren Kosten als in den Nachbargemeinden gekommen. So wäre in L. bei der gegebenen Grundstücksgröße nur der hälftige Preis zu entrichten gewesen. Der qua Vergabeverfahren festgelegte Preis für eine Rohrverlegung entspreche dem Dreifachen des Preises, der Privaten angeboten würde. Aus der Art der Ausschreibung habe sich eine unwirtschaftliche Vergabe zu Lasten der Bürger ergeben. Durch die Verknüpfung von Tiefbauarbeiten mit Hausmeister- bzw. Notfalltätigkeiten sei gegen Haushalts- und Vergaberecht verstoßen worden, die den Klägern auferlegten Kosten seien nicht ordnungsgemäß veranlasst worden. Zwar entscheide der öffentliche Auftraggeber, was zu beschaffen sei, dies finde aber in drittschützenden vergaberechtlichen Vorschriften seine Grenzen. Es sei hier ein Gesamtlos vergeben worden, was mit Blick auf die Herstellung von Hausanschlüssen zu einer signifikanten Verteuerung der Leistung geführt habe, weil der Wettbewerb eingeschränkt worden sei. Für das Leistungssegment "Kanalreparaturen" bestehe das Erfordernis, entweder bereits ortsansässig zu sein, es zu werden oder dieses Leistungssegment über Subunternehmer zu bedienen. Wegen des Notfalldienstes seien Bewerber mit gewissen Anfahrtszeiten ausgeschlossen worden. Es seien Leistungen mitausgeschrieben und verknüpft worden, die für die im hohen Maße planbare Anschlussherstellung (als attraktives Gewerk) nicht erforderlich gewesen wären, sondern die Unterhaltung bzw. Reparatur einer hergestellten Leitung (unattraktives Gewerk) beträfen. Die zusammenhängende Vergabe sei weder wirtschaftlich noch technisch geboten gewesen. Unternehmen richteten sich regelmäßig auf ein Leistungsprofil der Herstellung ein und hielten keine weitergehenden Instandhaltungsleistungen vor. Es habe nur ein Unternehmen gegeben, welches die "artfremde" Leistung "Hausmeisterei" vorhalte, nämlich die letztlich beauftragte Bieterin. Alle anderen hätten die Zusatzleistung zukaufen oder intern neu organisieren müssen, woraus sich die höheren Angebotspreise ergeben hätten.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2020 über die Erhebung von Kosten gemäß § 11 und 12 der Abgabensatzung für die Abwasserbeseitigung in der Stadt A-Stadt vom 23. November 1994 betreffend das Grundstück G. (Gemarkung H., Flur 17, Flurstück 8/239) aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Kostenerstattungspflicht der Kläger sei gegeben. Die Behauptung der Kläger, dass die Herstellungskosten in den Nachbargemeinden geringer seien, sei nicht korrekt. Vielmehr seien die Anschlusskosten aufgrund der schlechteren Bodenverhältnisse wesentlich kostenintensiver. Zudem sei aufgrund unterschiedlicher satzungsrechtlicher Regelungen keine Vergleichbarkeit gegeben. Die Kläger würden verkennen, dass der Aufwand bei öffentlichen Aufträgen allein schon wegen der nötigen Dokumentationen höher sei. Es handele sich bei den zu erstattenden Kosten um erforderliche Fremdleistungen, denn die Erforderlichkeit sei bei einem ordnungsgemäßen Vergabeverfahren anzunehmen. Ein solches habe stattgefunden. Die I. Straßenbaugesellschaft mbh habe das günstigste und somit auch wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Die Bauleistungen für die Hausanschlüsse der Kläger seien aus der Rahmenvereinbarung abgerufen worden. Die dadurch entstandenen Kosten beruhten auf der entsprechenden Marktsituation und trügen dem Grundsatz der Erforderlichkeit Rechnung. Selbst das Fehlen eines Vergabeverfahrens würde aber die Gebührenfähigkeit der Fremdleistungen nicht hindern. Eine gesonderte Vergabe jedes einzelnen Hausanschlusses wäre nicht wirtschaftlich und verhältnismäßig. Die im Leistungsverzeichnis aufgeführten Leistungspositionen, für die Einheitspreise hätten angeboten werden müssen, würden sowohl bei der Herstellung eines Hausanschlusses als auch für die Reparatur des Kanalnetzes benötigt. Dass eine Mischkalkulation vorgenommen worden wäre, sei nicht erkennbar. Die benötigten Leistungspositionen würden jeweils individuell abgerufen und unterschieden sich je nach örtlichen Gegebenheiten und individuellen Erfordernissen von Hausanschluss zu Hausanschluss. Es sei unerheblich, ob es sich um die Herstellung eines Hausanschlusses oder die Reparatur des bestehenden Kanalnetzes handele. Das vergaberechtliche Missbrauchsverbot sei beachtet worden. Gegen das Gebot der losweisen Vergabe sei nicht verstoßen worden. Dieses aus der Mittelstandsfreundlichkeit des deutschen Vergaberechts resultierende Gebot diene der Förderung des Mittelstandes, sodass sich die Kläger auf eine Nichteinhaltung des Grundsatzes nicht berufen könnten. Niemand gehe davon aus, dass das Gebot der Losvergabe zu günstigeren Angebotspreisen führe. Es liege aber auch kein Verstoß vor, da es sich nicht um unterschiedliche Leistungen aus unterschiedlichen Fachgebieten bzw. Gewerbezweigen handele, sondern um Bauleistungen, die typischerweise durch Tiefbauunternehmen erbracht würden. Entscheidender Kostenfaktor für die Anfahrtszeiten sei nicht deren Planbarkeit, sondern die hiermit verbundenen Lohnkosten. Eine Position Notdienste enthalte das Leistungsverzeichnis überhaupt nicht; bei diesbezüglichen Stundenlohnarbeiten bestünde auch kein Kalkulationsrisiko. Eine unzulässige Bündelung von Leistungen liege nicht vor. Die Frage, ob Elemente einer zusammengefassten Vergabe einzelne Fachlose darstellten, beantworte sich danach, ob für die Einzelelemente eigene Märkte bestünden. Dies sei hier nicht der Fall, da sich vier mittelständische Unternehmen ohne Bildung einer Bietergemeinschaft oder Einbindung von Nachunternehmern an dem Vergabeverfahren beteiligt hätten. Eine Aufteilung auf planbare noch nicht planbaren Leistungen lasse sich aus dem Gebot der Losvergabe nicht ableiten. Was ein öffentlicher Auftraggeber beschaffe, sei von seinem Leistungsbestimmungsrecht gedeckt. Ein Verstoß gegen das Vergaberecht führe zudem nicht zwangsläufig auch zu einer Rechtswidrigkeit des Kostenbescheides. Wenn der Gesetzgeber eine drittschützende Wirkung des Vergaberechts gewollt hätte, hätte er diese im Kommunalabgabenrecht verankern müssen, was in Niedersachsen aber – anders als in Schleswig-Holstein – nicht geschehen sei. Eine Missachtung von Vergabevorschriften sei jedenfalls unbeachtlich, wenn auszuschließen sei, dass auch bei Einhaltung der Vorschriften Leistungen nicht kostengünstiger hätten erbracht werden können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die nach dem Übertragungsbeschluss der Kammer vom 30. Juni 2022 der Einzelrichter entscheidet (§ 6 Abs. 1 VwGO), hat keinen Erfolg.

Die zulässige Klage ist nicht begründet, denn der angefochtene Kostenerstattungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der mit dem angefochtenen Bescheid geforderten Kostenerstattung ist § 8 NKAG i. V. m. § 11 der Abgabensatzung für die Abwasserbeseitigung – ABAS – der Beklagten. Nach § 8 Satz 1 NKAG können die Gemeinden bestimmen, dass ihnen die Aufwendungen für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung eines Grundstücksanschlusses an Versorgungsleitungen und Abwasseranlagen in der tatsächlich entstandenen Höhe oder nach Einheitssätzen erstattet werden. Von dieser durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeit hat die Beklagte Gebrauch gemacht, indem sie eine entsprechende Regelung in § 11 ABAS aufgenommen hat. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Aufwendungen für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung oder Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung der Grundstücksanschlüsse an die zentralen öffentlichen Abwasserleitungen (Anschlussleitung einschließlich Revisionsschacht) der Stadt in der tatsächlichen Höhe zu erstatten sind. Nach § 10 Abs. 1 der Abwasserbeseitigungssatzung – ABS – der Beklagten muss jedes Grundstück einen eigenen, unmittelbaren Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage haben, dessen Lage und lichte Weite nebst Revisionsschacht die Beklagte bestimmt. Die Anschlusskanäle für die Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung gehören nicht zur jeweiligen öffentlichen zentralen Abwasseranlage, da diese jeweils nach § 2 Abs. 5 ABS mit dem Straßenkanal vor dem zu entwässernden Grundstück endet.

Die Unterscheidung zwischen den in § 8 Satz 1 NKAG genannten Maßnahmen (Herstellung, Erneuerung, Veränderung, Beseitigung, Unterhaltung) ist regelmäßig nur dann von Relevanz, wenn es die Gemeinde unterlässt, eine Erstattungspflicht für alle Maßnahmen in ihrem Satzungsrecht vorzusehen, weil beispielsweise die bloße Unterhaltung über Benutzungsgebühren refinanziert werden soll (vgl. Unkel, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2022, a. a. o., § 10 Rn. 25). Allen in § 8 Satz 1 NKAG und § 11 ABAS genannten Maßnahmen hinsichtlich der Grundstücksanschlüsse ist gemein, dass sie einen Ersatzanspruch nur rechtfertigen können, wenn sie selbst rechtmäßig sind. Art und Umfang der Maßnahme werden indessen durch die Gemeinde nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung und Abwägung der Belange der Gemeinde und des betroffenen Grundstückseigentümers bestimmt. Das Ermessen der Gemeinde wird wiederum durch die Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit begrenzt, was bedeutet, dass die Gemeinde ihre Tätigkeit auf betriebsnotwendige Maßnahmen zu beschränken hat (vgl. Unkel, a. a. O. § 10 Rn. 26 ff.). Eines Sonderinteresses bzw. eines Sondervorteils des Grundstückseigentümers an der konkreten Maßnahme, wie er nach dem nordrhein-westfälischen Landesrecht für notwendig erachtet wird (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 23.03.2018 - 15 A 990/17 -, juris Rn. 11), bedarf es bei § 8 Satz 4 NKAG i. V. m. § 6 Abs. 1 NKAG nach Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts allerdings nicht (Nds. OVG, Beschl. v. 04.02.2021 - 9 LA 6/20 -, V. n. b.). Aus der gesetzlichen Verpflichtung, Abwasser so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird (§ 55 Abs. 1 Satz 1 WHG), folgt, dass die Gemeinde die Abwasseranlage und die Grundstücksanschlüsse in einem technisch einwandfreien Zustand zu halten hat, um eine Störung der Ortsentwässerung zu vermeiden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 13.10.2000 - 9 L 1629/00 -, juris Rn. 5 f.; VG Arnsberg, Urt. v. 19.11.2004 - 13 K 2429/03 -, juris Rn. 32).

Zu den der Kommune entstehenden Aufwendungen i. S. v. § 8 Abs. 1 Satz 1 NKAG und den darauf basierenden satzungsrechtlichen Regelungen gehören insbesondere die Kosten, die durch die Beauftragung Dritter für die konkrete Umsetzung einer Maßnahme entstehen. Nach welchen Regeln die Beauftragung Dritter vorzunehmen ist, ist nicht im Kommunalabgabenrecht geregelt. Soweit aus anderen Rechtsvorschriften Ausschreibungspflichten resultieren, ist in der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts bereits geklärt, dass der Verstoß gegen die grundsätzlich bestehende Ausschreibungsverpflichtung nicht – gewissermaßen automatisch – zur Rechtswidrigkeit einer Abgabenforderung oder eines Erstattungsanspruches führt, weil es insoweit nicht auf die formale Einhaltung von Vorschriften ankomme, sondern auf die Wahrung des abgabenrechtlichen Erforderlichkeitsprinzips. Deshalb bleibt eine Auftragserteilung ohne vorherige öffentliche Ausschreibung für sich genommen folgenlos; allerdings muss die auftragserteilende Kommune nachweisen, dass die zugrunde gelegten Preise sich noch im Rahmen dessen bewegen, was das kostenbezogene Erforderlichkeitsprinzip voraussetzt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 02.03.2004 - 9 LA 28/04 -, juris Rn. 3). Kostenersatz kann auch nicht für solche Maßnahmen verlangt werden, die ohne triftigen Grund besonders aufwendig sind, obwohl eine kostengünstigere Maßnahme in Betracht gekommen wäre. Allerdings hat die Kommune bei der Beurteilung der Angemessenheit des Aufwandes einen weiten Ermessensspielraum, dessen Grenze erst bei einem sachlich nicht mehr vertretbaren Mitteleinsatz überschritten ist (vgl. Unkel, a. a. O., § 10 Rn. 41, VG Lüneburg, Urt. v. 21.03.2022 - 3 A 174/18 -, juris Rn. 35).

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist der festgesetzte Kostenerstattungsbetrag weder dem Grunde nach noch in der Höhe zu beanstanden.

Die Vorgehensweise der Beklagten verstößt zunächst nicht etwa deshalb gegen ihr eigenes Satzungsrecht, weil § 11 ABAS keine Erstattung nach Einheitssätzen vorsieht, mit dem mit der Durchführung beauftragten Unternehmen als Rahmenvereinbarung aber ein Einheitspreisvertrag abgeschlossen wurde. Die Ermittlung der Kosten nach den durch die konkrete Maßnahme an dem einzelnen Anschluss entstandenen Aufwendungen im Verhältnis zwischen Grundstückseigentümer und Gemeinde steht einer solchen vertraglichen Ausgestaltung im Verhältnis zwischen Gemeinde und Unternehmen nicht entgegen. Unzulässig wäre es lediglich, wenn zwischen Gemeinde und Unternehmen eine Pauschale pro Anschluss vereinbart ist und diese Pauschale im Rahmen des Erstattungsanspruchs ohne weitere Differenzierung "1:1" an alle Grundstückseigentümer weitergegeben wird, obwohl die Satzung eine Kostenerstattung nach der tatsächlich entstandenen Höhe vorsieht (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 08.07.1998 - 5 UE 3146/97 -, juris Rn. 24 f.). Eine solche Ausgestaltung liegt hier nicht vor. Schon die im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Einheitspreise stellen keine Pauschale pro Anschluss dar, sondern sehen hinsichtlich der typischerweise anfallenden Leistungspositionen eine abgestufte Differenzierung nach den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort vor. Dass dadurch ein etwas gröberes Raster entstehen mag, ist nach Auffassung des Einzelrichters unbedenklich und bedeutet nicht etwa, dass die Beklagte in der Satzung zwar eine Erstattung nach den konkreten Aufwendungen vorsieht, bei Lichte betrachtet aber tatsächlich doch nach Einheitssätzen abrechnet. Für eine Abrechnung nach Einheitssätzen wäre es zudem erforderlich, dass unmittelbar in der Satzung Sätze pro laufendem Meter Anschlussleitung festgelegt werden (vgl. Unkel, a. a. O., § 10 Rn. 38).

Die Beklagte hat sich ohne Verstoß gegen das skizzierte abgabenrechtliche Erforderlichkeitsprinzip dafür entscheiden können, im Vergabeverfahren die Leistungserbringung für die nachträgliche Herstellung von Grundstücksanschlüssen, Kanalverlängerungen und Reparaturen miteinander zu verknüpfen und diese Leistungen mit den in der Ausschreibung festgelegten Bedingungen "aus einer Hand" anzufordern. Dies gilt selbst dann, wenn dadurch infolge einer "kalkulatorischen Quersubventionierung" bei den Bietern höhere Einheitspreise für die bei einem Grundstücksanschluss regelmäßig zum Tragen kommenden einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zustande gekommen sein sollten, als es bei einer "entbündelten" Vergabe der Fall gewesen wäre. Dass es dazu gekommen sein kann, hält der Einzelrichter für nicht fernliegend. Zwar bildet keine einzige Position des Leistungsverzeichnisses etwa die bei der Ausschreibung geforderte Notdiensteinsatzbereitschaft explizit ab. Die bietenden Unternehmen werden allerdings im Rahmen ihrer betriebswirtschaftlichen Überlegungen "eingepreist" haben, dass es zu entsprechenden Notfalleinsätzen – etwa mit der Folge von Sonn- und Feiertagszuschlägen oder Zuschlägen außerhalb der regulären Arbeitszeiten für die eingesetzten Mitarbeiter – kommen kann. Dass insoweit keinerlei Kalkulationsrisiko bestanden haben soll, weil es dabei um Stundenlohnarbeiten gehe, erschließt sich dem Einzelrichter nicht. In der Vorbemerkung des Leistungsverzeichnisses ist nicht die Rede davon, dass kurzfristig durchzuführende Arbeiten stets als Stundenlohnarbeiten abgerechnet werden können. Stundenlohnarbeiten dürfen vielmehr nur ausnahmsweise auf Anordnung der Beklagten durchgeführt werden; die Anforderung, bei Bedarf innerhalb von zwei Stunden eine Schadensstelle abzusichern und die Reparaturarbeiten einzuleiten, besteht als grundlegende Voraussetzung unabhängig davon. In welcher Höhe die gebündelte Vergabe zu höheren Einheitspreisen in den Angeboten geführt hat, lässt sich nach Einschätzung des Einzelrichters nicht nachvollziehen; insbesondere sind insoweit die mündlichen Aussagen gegenüber den Klägern zu den voraussichtlich für die Neuherstellung entstehenden Kosten aussagekräftig.

Eine angenommene Kostensteigerung infolge der gebündelten Vergabe von "attraktiven" Anschluss- und Kanalbauarbeiten mit "unattraktiven" Reparaturarbeiten führt gleichwohl nicht zu einem Verstoß gegen das abgabenrechtliche Erforderlichkeitsprinzip. Nach Auffassung des Einzelrichters betrifft diese Verknüpfung bzw. Bündelung noch gar nicht die vergaberechtlichen Bestimmungen als solche (etwa das von den Beteiligten diskutierte Gebot der losweisen Vergabe nach § 9 NTVergG), sondern eine "vergaberechtsfreie" Vorentscheidung darüber, was im Interesse der Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge im Bereich der Abwasserbeseitigung überhaupt beschafft werden soll. Bei dieser Vorentscheidung muss die Beklagte beachten, dass sie nach § 55 Abs. 1 Satz 1 WHG rechtlich verpflichtet ist, die Abwasseranlagen und die Grundstücksanschlüsse fortlaufend in einem technisch einwandfreien Zustand zu halten hat, um eine Störung der Ortsentwässerung zu vermeiden. Auch wenn die Grundstücksanschlusskanäle mit dem Revisionsschächten nach dem Satzungsrecht der Beklagten nicht zu den öffentlichen zentralen öffentlichen Abwasseranlagen für Schmutzwasser einerseits und Niederschlagswasser andererseits gehören, so bilden die Straßenkanäle und die abzweigenden Anschlusskanäle doch eine technische Gesamtanlage, für die die Beklagte die Verantwortung trägt. Muss die Beklagte die Funktionsfähigkeit dieser Gesamtanlage gewährleisten, kann sie nicht dazu gezwungen sein, im Kosteninteresse eines Grundstückseigentümers für einen Grundstücksanschluss die "billigste" Lösung zur ermitteln und auszuwählen. Vielmehr steht es ihr im Rahmen ihres weiten Ermessensspielraums zu, nach der wirtschaftlichsten Lösung für die Aufrechterhaltung der Funktion der Gesamtanlage Ausschau zu halten. Letztlich dient dies dem Interesse der Grundstückseigentümer insgesamt und auch der Kläger. Sollte etwa eine Reparatur am eigenen Grundstücksanschluss, an demjenigen des Nachbarn – von dessen Grundstück vielleicht Abwasser auf das Grundstück der Kläger überzutreten droht – oder am defekten Straßenkanal erforderlich werden, profitieren auch die Kläger von der Entscheidung der Beklagten, planbare und nicht planbare Arbeiten für die Vergabe miteinander zu verknüpfen. Die von den Klägern ins Feld geführte Sichtweise, dass ein neu hergestellter Anschluss wahrscheinlich zunächst einmal lange halte, beschränkt den Blickwinkel auf das unmittelbare Eigeninteresse an der aktuell billigsten Lösung. Die Beklagte hat demgegenüber im Interesse der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Gesamtanlage die gemeinsamen Interessen aller Nutzer in den Blick genommen. Dass dadurch ein unangemessener Aufwand betrieben worden wäre, kann ihr nicht vorgeworfen werden.

Die Wahl von Fremdleistungen "aus einer Hand" erscheint hier gerade auch vor dem Hintergrund gut vertretbar, dass es nicht etwa um die erstmalige komplette Entwicklung eines Neubaugebietes mit Straßen- und Anschlusskanälen geht, sondern lediglich um nachträgliche Veränderungen an einem schon bestehenden Gesamtsystem, sei es durch einzelne Kanalnetzerweiterungen, sei es durch einzelne nachträglich neu herzustellende Grundstücksanschlüsse – wie es bei den Klägern der Fall ist – oder eben durch Reparaturen. Gerade bei solchen nachträglichen partiellen Eingriffen am Gesamtsystem erscheint es nahliegend, nicht für einzelne Maßnahme ein möglichst billiges und womöglich weit entferntes Unternehmen zu wählen, welches dann bei Bedarf nachträgliche Anschlusskanäle als solche herstellt, im Übrigen aber bei dem Erhalt der Funktionsfähigkeit der Gesamtanlage erkennbar nicht leistungsfähig wäre. Die schnelle Einsatzbereitschaft eines ortsnahen Unternehmens kommt aber – unabhängig von der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Gesamtanlage – auch den Grundstückseigentümern zugute, die bei der nachträglichen (Neu-)Herstellung eines Grundstücksanschlusses auf einen raschen Baufortschritt angewiesen sind. Dem dient die explizite Anforderung im Leistungsverzeichnis, dass neu herzustellende "Hausanschlüsse" (gemeint sind Grundstücksanschlüsse) innerhalb von zwei Wochen nach Auftragserteilung auszuführen sind. Das Argument der Kläger, ihnen gehe es gar nicht um die alternative Beauftragung eines möglichst billigen Unternehmens ggf. aus weiter Ferne, sondern lediglich um die Erweiterung des "Wettbewerbsraums", was auch lokale Anbieter zur Abgabe günstigerer Angebote für die Herstellung der Anschlusskanäle gezwungen hätte, überzeugt demgegenüber nicht. Wäre die Beklagte so vorgegangen, hätte sie nicht steuern können, dass Ausschreibungsgewinner letztlich ein lokales Unternehmen ist, welches im Hinblick auf die schnelle Einsatzbereitschaft im Bedarfsfall aber gerade gewünscht war.

Da aus den genannten Gründen bereits die (vergaberechtsfreie) Vorentscheidung der Beklagten, was überhaupt beschafft werden soll, nicht zu beanstanden ist, ergeben sich daraus auch "Zwangspunkte" für das Vergaberecht. Es kann daher nicht überzeugen, aus spezifischen Vergabevorschriften – etwa zum Gebot der getrennten Losvergabe – das Erfordernis einer Trennung von Leistungen einzufordern, die im Interesse der Funktionsfähigkeit der in der Verantwortung der Beklagten stehenden Gesamtanlage – aus guten Gründen – miteinander verknüpft werden sollten. Wenn dadurch für die Herstellung der Anschlusskanäle höhere Kosten entstanden sein sollten, weil bei Vergabe auswärtige Wettbewerber die von der Beklagten aufgestellten Anforderungen nicht erfüllen konnten, haben die Kläger dies hinzunehmen. Die Beklagte war entgegen der Auffassung der Kläger nicht gezwungen, die Kosten aus den Einheitspreisen herauszurechnen, die nach der internen Kalkulation der sich an der Ausschreibung beteiligenden Unternehmen auf das Vorhalten von Notdiensteinsätzen entfallen. Dies wäre der Beklagten auch gar nicht möglich, es sei denn, sie hätte zu Vergleichszwecken die reine Herstellung der Anschlusskanäle ebenfalls ausgeschrieben. Dazu war sie allerdings – wie ausgeführt – gerade nicht verpflichtet. Einer näheren Auseinandersetzung mit den von den Beteiligten diskutierten vergaberechtlichen Bestimmungen – etwa zum Gebot der Losvergabe – bedarf es nicht.

Dass die einzelnen Kostenpositionen der den angegriffenen Bescheiden zugrundeliegenden Rechnungen der I. Straßenbaugesellschaft mbh aus anderen Gründen als der aus Sicht der Kläger unzulässigen Bündelung von Bau- und Reparaturarbeiten fehlerhaft wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Rechnungen erscheinen vielmehr durchaus plausibel. Dass die Kosten "überzogen" wären, weil der private Teil der Grundstücksentwässerungsanlagen je Meter weniger als ein Drittel gekostet habe, als der Anschlusskanal, lässt die Rechnungen nicht fehlerhaft erscheinen. Es geht zum einen um Arbeiten mit anderen Voraussetzungen und Anforderungen; dass möglicherweise aber auch der öffentliche Einkauf von Leistungen teurer ist als der private Einkauf, kann die Beklagte nicht ändern. Sie kann lediglich auf Basis der von ihr zunächst zu definierenden Anforderungen ein Vergabeverfahren durchführen und in diesem dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag erteilen. In Anbetracht dessen vermag auch der pauschale Hinweis auf günstigere Anschlusskanäle bei gleichen Verhältnissen in Nachbargemeinden nichts daran zu ändern, dass die hier angefallenen Kosten rechtlich nicht zu beanstanden sind. Der Einzelrichter sieht sich auch nicht veranlasst, der pauschalen Behauptung – deren Richtigkeit von der Beklagten unter Hinweis auf (noch) schwierigere Bodenverhältnisse in den Nachbarkommunen in Abrede gestellt wird – näher nachzugehen. Soweit der Kläger insbesondere die Situation in M. in den Blick genommen hat, sind die satzungsrechtlichen Regeln überhaupt nicht vergleichbar, denn nach der dort geltenden Abwasserbeseitigungsabgabensatzung werden die Kosten für die Anschlusskanäle von den Abwasserbeiträgen abgedeckt, wobei die Anschlusskanäle als Anschlussleitungen vom Hauptsammler bis zur Grundstücksgrenze definiert sind. Die Darstellung des Klägers zu 1. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung, er habe die mit seiner Situation vergleichbaren Herstellungskosten der Satzung der Nachbarkommune entnehmen können, erschließt sich dem Einzelrichter vor diesem Hintergrund nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.