Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.06.2004, Az.: 8 LA 46/04

Flüchtling; Genfer Konvention; Verwirkung; Widerruf

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.06.2004
Aktenzeichen
8 LA 46/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50430
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 20.10.2003 - AZ: 10 A 2491/03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Widerrufsbefugnis nach § 73 Abs. 1 AsylVfG kann verwirkt werden.

2. Zu der Frage, ob sich aus Art. 1 C (5) Satz 1 GFK für den Widerruf der Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG bezüglich ethnischer Albanern aus dem Kosovo über § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG hinausgehende Anforderungen ergeben.

Gründe

1

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil die Voraussetzungen für die Zulassung wegen des von dem Kläger geltend gemachten Berufungszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) nicht gegeben sind.

2

Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (vgl. GK-AsylVfG, § 78 Rn. 88 ff., m. w. N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, § 78 AsylVfG Rn. 140 m. w. N.). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt, wenn eine derartige Frage bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren sowohl entscheidungserheblich als auch klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte und - im Falle einer Tatsachenfrage - welche neueren Erkenntnismittel eine anderslautende Entscheidung nahe legen (vgl. GK-AsylVfG, § 78, Rn. 591 ff., m. w. N.).

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Nach diesen Grundsätzen kann die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der unter Ziffer 1 der Antragsschrift aufgeworfenen Frage zugelassen werden, ob "die unter I. dargestellte Rechtsprechung zum Tatbestandsmerkmal "unverzüglich" in § 73 AsylVfG gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Satz 1 GG verstößt". Der Kläger entnimmt einen solchen Verstoß sinngemäß dem von ihm in Bezug genommenen Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart v. 7. Januar 2003 - 5 K 1126/01 -. Danach verletze ein nicht im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG unverzüglich erfolgter Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG den betreffenden Ausländer in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Mit dieser Bezugnahme wird jedoch schon nicht substantiiert dargetan, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil und von der im Zulassungsantrag im Übrigen selbst angeführten abweichenden "herrschenden Meinung in der Rechtsprechung" zu beantworten sein soll. Im Übrigen ist die aufgeworfene Frage auch zu verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Die nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit wird in dem hier maßgebenden Bereich der Voraussetzungen für den Erfolg einer Anfechtungsklage verfassungskonform durch § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO begrenzt. Danach setzt die verwaltungsgerichtliche Aufhebung eines angefochtenen Verwaltungsakts voraus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Die verletzte Rechtsvorschrift muss mit anderen Worten dem Kläger gegenüber Schutzfunktion haben (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 113, Rn. 11). Die Verpflichtung, den Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG unverzüglich auszusprechen, besteht jedoch ausschließlich im öffentlichen Interesse und hat gegenüber dem Betroffenen keine Schutzfunktion. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden (u.a. Beschl. v. 27.6.1997 - 9 B 280/97 - NVwZ-RR 1997, 741). Diese Rechtsauffassung vertritt auch der beschließende Senat (vgl. zuletzt Beschl. v. 24.5.2004 - 8 LA 120/04 - m. w. N.). Sind somit mangels eines subjektiv-rechtlichen Einschlags der genannten Bestimmung die Voraussetzungen für den Erfolg einer Anfechtungsklage nach § 113 Abs. 1 VwGO nicht gegeben, so verstößt eine darauf beruhende Klageabweisung nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG.

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Schon mangels Entscheidungserheblichkeit kommt der unter Ziffer 2 formulierten Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der Kläger wirft die Frage auf, „ob die unter I. und II. dargestellte Rechtsprechung zu den Tatbestandsmerkmalen "unverzüglich" und des Beginns der Jahresfrist nach §§ 48 f. VwVfG, deren Laufen in das freie Belieben der Behörde gestellt wird, gegen das Grundrecht der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG verstößt, indem der Flüchtling hinsichtlich des Widerrufs seiner Anerkennung der zeitlich uneingeschränkten Disposition der Behörde unterliegt und damit zum Objekt behördlichen Handelns wird.“ Diese Frage ist schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil sie von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nach Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen verpflichtet, unverzüglich ein Widerrufsverfahren einzuleiten. Auch wenn der Betroffene sich bei einer verspäteten Einleitung eines solchen Widerrufsverfahrens hierauf nicht berufen kann, so besteht doch keine zeitlich uneingeschränkte Dispositionsbefugnis der Behörde. Unabhängig von der Frage, ob die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beim Widerruf der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ergänzend berücksichtigt werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.5.2003 - 1 C 15/02 - DVBl. 2003, 1280 m. w. N.), unterliegt diese Widerrufsbefugnis zudem der Verwirkung. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass grundsätzlich auch die Befugnis zur Aufhebung eines rechtswidrigen oder rechtswidrig gewordenen Verwaltungsakts verwirkt werden kann (vgl. Urt. v. 20.12.1999 - 7 C 42/98 - BVerwGE 110, 226 ff., Beschl. v. 28.9.1994 - 11 C 3/93 - NVwZ 1995, 703, 706, und Urt. v. 8.6.1989 - 5 C 38/86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 31 jeweils m. w. N.). Für die Verwirkung der Widerrufsbefugnis nach § 73 AsylVfG gilt dies grundsätzlich ebenso; ob hiervon in den Fällen des § 51 Abs. 3 AuslG eine Ausnahme zu machen ist, kann hier mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen. Auf eine solche Verwirkung der Widerrufsbefugnis kann sich der Betroffene berufen. Auch deshalb unterliegt er nicht „der zeitlich uneingeschränkten Dispositionsbefugnis der Behörde“. Schließlich ist der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht „zum Objekt behördlichen Handelns geworden“. Vielmehr sind ihm mit Anhörungsschreiben vom 13. Mai 2002 sogar ausdrücklich Möglichkeiten aufgezeigt worden, wie er durch sein eigenes Verhalten das eingeleitete Widerrufsverfahren abwenden könne.

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Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich ferner nicht aus der unter Ziffer 3 formulierten Frage, „ob die Verwirkung des Widerrufsrechts dann anzunehmen ist, wenn jedenfalls ein Mehrfaches der Frist des § 48 VwVfG seit Behördenkenntnis verstreicht, ohne dass diese ein Widerrufsverfahren einleitet.“ Die Frage ist nicht klärungsbedürftig, sondern kann ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens verneint werden. Die Verwirkung setzt neben dem bloßen Zeitablauf zusätzlich das Eintreten von Umständen voraus, aus denen der die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kennende Begünstigte berechtigterweise den Schluss ziehen darf, der Verwaltungsakt werde nicht mehr aufgehoben, obwohl die Behörde dessen Aufhebbarkeit erkannt hat. Ferner muss der Begünstigte tatsächlich darauf vertraut haben, dass die Aufhebungsbefugnis nicht mehr ausgeübt wird, und dieses Vertrauen in einer Weise betätigt haben, dass ihm mit der sodann gleichwohl erfolgten Aufhebung ein unzumutbarer Nachteil entstünde (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.1999, a.a.O.). Die bloße, ggf. auch mehrjährige Untätigkeit der Beklagten führt daher grundsätzlich nicht zur Verwirkung ihres Widerrufsrechts nach § 73 AsylVfG.

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Ebenso wenig ergibt sich aus der unter Ziffer 4 formulierten Frage eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Dabei wird nämlich vorausgesetzt, dass die Behörde "ohne Korrektiv durch die Rechtsinstitute von Verjährung und Verwirkung den Beginn eines Widerrufsverfahrens nach Belieben bestimmen kann, und dass dem Flüchtling nicht durch die üblichen Instrumente der Aufenthaltsverfestigung oder der Einbürgerung die Möglichkeit bleibt, einen dauerhaften Aufenthalt zu erreichen." Diese Voraussetzungen treffen jedoch nicht zu, so dass die aufgeworfene Frage, ob unter diesen Voraussetzungen „ein Verstoß gegen das Grundrecht der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG“ gegeben wäre, nicht entscheidungserheblich ist. Wie dargelegt, kann die Beklagte den Beginn des Widerrufsverfahrens nicht nach Belieben bestimmen. Außerdem unterliegt ihre Widerrufsbefugnis nach § 73 AsylVfG jedenfalls grundsätzlich der Verwirkung. Im Übrigen steht dem Flüchtling die Möglichkeit offen, einen dauerhaften Aufenthalt zu erreichen. Nach § 70 Abs. 1 AsylVfG ist dem Ausländer eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen, wenn das Bundesamt oder ein Gericht unanfechtbar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt hat und die Abschiebung des Ausländers aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht nur vorübergehend unmöglich ist. Da die Abschiebung eines Flüchtlings in den Verfolgerstaat rechtlich unmöglich ist und es regelmäßig an einem aufnahmebereiten oder -verpflichteten Drittstaat fehlt, erhält der Begünstigte regelmäßig eine Aufenthaltsbefugnis gemäß § 70 AsylVfG. Gemäß § 35 AuslG kann dem Ausländer, der seit acht Jahren eine Aufenthaltsbefugnis besitzt, zudem eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Auch diese Art der Aufenthaltsgenehmigung kann zwar im Falle eines gemäß § 73 AsylVfG erfolgten Widerrufs nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG widerrufen werden. Der Ausländerbehörde steht insoweit Ermessen zu. Im Rahmen ihres Ermessens muss sie jedoch sämtliche Umstände des Einzelfalls, und damit auch die schutzwürdigen Belange des Ausländers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland, in den Blick nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.2.2003 - 1 C 13/02 - NVwZ 2003, 1275 ff.). Überwiegen die schutzwürdigen Belange des Ausländers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere im Hinblick auf die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthaltes und seine schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche und sonstige Bindung an das Bundesgebiet, kann auch bei einem Widerruf nach § 73 AsylVfG eine Aufenthaltsgenehmigung nicht ermessensfehlerfrei nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG widerrufen werden, der Ausländer also einen "dauerhaften Aufenthalt" erreichen. Außerdem ist den als Flüchtlinge anerkannten Betroffenen nicht die Möglichkeit verschlossen, nach § 8 StAG bzw. § 85 AuslG unter den gleichen Bedingungen wie andere Ausländer eingebürgert zu werden und so einen "dauerhaften Aufenthalt" zu erreichen. § 87 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 6 AuslG sowie Ziffer 8.1.3.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht v. 13. Dezember 2000 (BAnz. 2001, 1418) privilegieren Flüchtlinge i.S.d. § 51 Abs. 1 AuslG insoweit sogar gegenüber anderen Ausländern. Eine Aussetzung des Einbürgerungsverfahrens im Hinblick auf ein laufendes Widerrufsverfahren nach § 73 AsylVfG kommt daher nur in Betracht, soweit in Anknüpfung an die fortbestehende Anerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG erleichterte Einbürgerungsvoraussetzungen gelten (vgl. VGH München, Beschl. v. 14.10.2003 - 5 C 03.2024 -).

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Unter Ziffer 5 wirft der Kläger die Frage auf, ob „es gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG verstößt, wenn durch ein Widerrufsverfahren nach § 73 AsylVfG die nach §§ 2, 3 erworbene Rechtsstellung nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge beendet wird, ohne dass die in dem Abkommen unter Art. 1 C aufgeführten materiellen Voraussetzungen vorliegen bzw. ohne dass deren Vorliegen durch die Beklagte oder das Gericht geprüft worden sind.“ Der Zulassungsantrag legt jedoch nicht hinreichend dar, dass dieser Fragestellung grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Rechtsschutz, den Art. 19 Abs. 4 GG dem Einzelnen im Hinblick auf die Wahrung oder die Durchsetzung seiner subjektiven öffentlichen Rechte gewährt, verlangt eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Die Gewährleistung schließt einen möglichst lückenlosen gerichtlichen Schutz gegen eine Verletzung der Individualrechtssphäre durch Eingriffe der öffentlichen Gewalt ein. Zur Effektivität des Rechtsschutzes gehört es, dass das Gericht das Rechtsschutzbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüfen kann und genügend Entscheidungsbefugnisse besitzt, um drohende Rechtsverletzungen abzuwenden oder erfolgte Rechtsverletzungen zu beheben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 122 f.). Eine fallübergreifend klärungsbedürftige Frage von allgemeiner Bedeutung würde sich daher nur dann ergeben, wenn dargelegt worden wäre, dass die Voraussetzungen für die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des vorliegend allein in Betracht kommenden Art. 1 C (5) der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht mit den Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 AsylVfG übereinstimmen, Art. 1 C (5) GFK abschließend die hier maßgebenden Widerrufsvoraussetzungen bestimmt, für den Betroffenen auch im Übrigen keine Möglichkeit besteht, das Vorliegen der entscheidungserheblich von § 73 Abs. 1 AsylVfG abweichenden Voraussetzungen des Art. 1 C (5) GFK verwaltungsgerichtlich überprüfen zu lassen und daher eine gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßende Lücke im verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzsystem gegeben ist. Entsprechende Ausführungen enthält der Berufungszulassungsantrag jedoch nicht. Vielmehr wird gerade geltend gemacht, dass § 73 AsylVfG so ausgelegt werden müsse, dass hiervon die Kriterien des Art. 1 C (5) und (6) GFK mitumfasst werden. Ob im Einzelfall die ggf. gebotene Prüfung des Art. 1 C (5) GFK unterlassen worden ist, stellt ebenfalls keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG dar.

8

Schließlich ist die Berufung auch nicht zur Beantwortung der unter Ziffer 6 gestellten Frage zuzulassen, „ob die Voraussetzungen des § 73 AsylVfG verfassungskonform so auszulegen sind, dass die Voraussetzungen in Artikel 1 C GFK geprüft und deren Vorliegen bejaht werden müssen.“ Es fehlt an der hinreichenden Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Dazu muss die entscheidungserhebliche Frage nämlich konkret bezeichnet werden. Hieran mangelt es jedoch. Da vorliegend die materiellen Voraussetzungen für den Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG streitig und diese Voraussetzungen in § 73 Abs. 1 AsylVfG geregelt sind, kommt es auf die Auslegung der übrigen Absätze dieser Bestimmung nicht an. Ebenso wenig kann es auf die in der Frage aufgeworfene Übereinstimmung des § 73 (Abs. 1) AsylVfG mit Art. 1 C GFK insgesamt ankommen. Streitig kann im Hinblick auf die vorliegend eingetretene Veränderung im Heimatstaat des Klägers mit serbisch-montenegrinischer Staatsangehörigkeit allein die Auslegung von Art. 1 C (5) GFK sein. Unklar bleibt zudem, aus welcher Verfassungsnorm abzuleiten sein soll, dass das Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 1 C (5) GFK im Rahmen der Prüfung des § 73 Abs. 1 AsylVfG zu erfolgen hat. Im Übrigen wird auch die Entscheidungserheblichkeit der Fragestellung nicht hinreichend herausgearbeitet. Dafür wäre erforderlich, dass sich die Voraussetzungen für die Beendigung des Schutzes nach der Genfer Flüchtlingskonvention gemäß Art. 1 C (5) GFK maßgebend von den in § 73 Abs.1 AsylVfG geregelten Voraussetzungen unterscheiden und dass es auf diese Differenz vorliegend ankommt. Beides wird jedoch nicht hinreichend deutlich. Der Kläger sieht die entscheidende Abweichung offenbar darin, dass der Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bereits dann materiell gerechtfertigt sei, wenn dem Betroffenen nachträglich eine "innerstaatliche Fluchtalternative" zur Verfügung stehe, dies aber nach Art. 1 C (5) Satz 1 GFK noch nicht zur Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention führe. Ein entsprechendes Problem stelle sich bei § 73 Abs. 1 Ziffer 2 (gemeint ist offenbar Satz 3) AsylVfG und Art. 1 C (5) Satz 2 GFK. Damit wird aber schon nicht dargelegt, dass die Vorschriften des Art. 1 C (5 und 6) GFK überhaupt eine abschließende Regelung über den Widerruf oder die Rücknahme des Flüchtlingsstatus enthalten (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 4.12.2003 - 8 A 3766/03 - EZAR 214 Nr. 16 sowie VGH Mannheim, Beschl. v. 16.3.2004 - 6 S 219/04 -). Ebenso wenig wird dargelegt, warum es zur Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nicht ausreichen soll, wenn der Betroffene an seinen Herkunftsort wieder zurückkehren kann und dort deshalb nicht mehr mit Verfolgung rechnen muss, weil die dortige Staatsgewalt nicht mehr von den Organen seines Heimatstaats, sondern - wie gegenwärtig und auf absehbare Zeit im Kosovo - von einer internationalen Verwaltung ausgeübt wird und von dieser ersichtlich keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgeht. Dies ist auch nicht „offenkundig“. Vielmehr hat der VGH Mannheim mit Beschluss v. 16.3.2004 - 6 S 219/04 - ausgeführt, dass die grundlegende Änderung der Verhältnisse im Kosovo für ethnische Albaner auch zu einem „Wegfall der Umstände“ für ihre Schutzgewährung i.S.d. Art. 1 C (5) Satz 1 GFK geführt hat (vgl. ergänzend BVerwG, Beschl. v. 4.7.2001 - 1 B 189/01 - , Buchholz 402.240 § 51 AuslG Nr. 47). Zu dieser speziellen Fragestellung nehmen im Übrigen die UNCHR-Richtlinien zum internationalen Schutz vom 10. Februar 2003 “ Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 C (5) und (6) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge “, (NVwZ-Beilage 2003, 57, Nr. 17) nicht ausdrücklich Stellung. Ferner käme es auf eine etwaige Abweichung zwischen § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG und Art. 1 C (5) Satz 1 GFK bei Vorliegen nur einer „innerstaatlichen Fluchtalternative“ hinsichtlich der hier maßgebenden Verhältnisse von ethnischen Albanern aus dem Kosovo mit serbisch-montenegrinischer Staatsangehörigkeit nur an, wenn die Voraussetzungen für die Beendigung der Schutzgewährung nicht auch hinsichtlich des übrigen Staatsgebiets von Serbien und Montenegro außerhalb des Kosovos gegeben wären (so aber etwa VGH Mannheim, Beschl. v. 16.3.2004 - 6 S 219/04 - m. w. N.). Auch dies wäre daher näher darzulegen gewesen.

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Schließlich sind keine Gründe ersichtlich, warum die materiellen Widerrufsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht in Übereinstimmung mit Art. 1 C (5) GFK ausgelegt werden sollten und es zur Klärung dieser Frage der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Anerkennungsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG dahin auszulegen und anzuwenden sind, dass sie mit dem Flüchtlingsbegriff des Art. 1 A (2) GFK übereinstimmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.1.1992 - 1 C 21/87 - ,BVerwGE 89, 296, 301). Weiterhin ist anerkannt, dass die (nunmehr in § 72 AsylVfG enthaltene) Regelung über das Erlöschen der Rechtsstellung nach § 51 Abs. 1 AuslG den Erlöschensbestimmungen des Art. 1 C (1) - (4) GFK nachgebildet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.12.1991 - 9 C 126/90 - ,BVerwGE 89, 231, 238 f. ). Da die (nunmehr in § 73 Abs. 1 AsylVfG enthaltene) Regelung über den Widerruf des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bewusst „weitgehend den Regelungen in Nummern 5 und 6 des Artikels 1 C des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge entspricht“ (vgl. BT-Drs. 9/875, S. 18 zu § 11 des Gesetzesentwurfes zum AsylVfG a.F.), ist kein Grund ersichtlich, warum insoweit eine abweichende Auslegung erfolgen soll (ebenso VGH Mannheim, Beschl. v. 16.3.2004 - 6 S 219/04 -; vgl. ferner Hailbronner, AuslR, § 73 AsylVfG, Rn. 4; Marx, AsylVfG, 5. Aufl., § 72 Rn. 2 zur Überstimmung von § 73 Abs. 1 AsylVfG und Art. 1 C (5) und (6) GFK).