Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.08.2011, Az.: 11 LA 108/11

Auflagen für eine Versammlung zur Verhinderung der Bildung eines "Schwarzen Blocks" und Übergriffen von "Rebel Clowns" auf Polizeibeamte

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.08.2011
Aktenzeichen
11 LA 108/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 22511
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:0819.11LA108.11.0A

Fundstellen

  • DVBl 2011, 1303-1305
  • DÖV 2011, 900
  • NdsVBl 2012, 163-165
  • Polizei 2011, 329

Amtlicher Leitsatz

Auflagen, mit denen die Bildung eines "Schwarzen Blockes" und Übergriffe von "Rebel Clowns" auf Polizeibeamte verhindert werden sollen, sind zulässig.

Entscheidungsgründe

1

Die Klägerin wendet sich im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage gegen versammlungsrechtliche Auflagen i.S.d.§ 15 Abs. 1 VersG, die ihr als Anmelderin mehrerer, vor Ort gegen das am Abend des 7. August 2010 im Stadtpark von Hannover veranstaltete Sommerbiwak 2010 gerichteter Kundgebungen von der Beklagten als Versammlungsbehörde erteilt worden waren.

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Die im Zulassungsverfahren noch streitigen zwei Auflagen lauten:

"Der/Die Versammlungsleiter(-in) hat dafür zu sorgen, dass dunkel gekleidete Teilnehmer der versammlungsrechtlichen Aktion nicht in Blockform nebeneinander gehen".

Pantomimisch-spielerische Aktionen kostümierter Personen (insbes. sog. "Clownsarmy") haben einen Abstand von mindestens 2 Metern zu den eingesetzten Polizeikräften einzuhalten."

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage u.a. gegen die zuvor bezeichneten Auflagen als unbegründet abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass nach der zutreffenden Gefahrenprognose der Beklagten und den Äußerungen der Klägerin im Kooperationsgespräch vom 28. Juli 2010 die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden habe, dass sich innerhalb der von der Klägerin angemeldeten Kundgebungen ein sog. "Schwarzer Block" bilde. Zu dessen Verhinderung sei die erstgenannte Auflage hinreichend bestimmt gewesen. Andernfalls wäre es zu einer Gefahr für die öffentliche Ordnung i.S.d. § 15 VersG durch ein aggressives, die Bürger einschüchterndes Verhalten der Versammlungsteilnehmer gekommen. Zur Vermeidung von Provokationen gegenüber Polizeikräften durch sog. Rebel Clowns sei auch die weitere zuvor genannte Auflage erforderlich sowie im Übrigen verhältnismäßig gewesen.

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Die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nicht.

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Wie der Senat bereits in dem zwischen den Beteiligten vorangegangenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit Beschluss vom 6. August 2010 (- 11 ME 306/10 -) ausgeführt hat, soll mit der ersten hier noch streitigen Auflage der Auftritt eines sog. "Schwarzen Blocks" verhindert werden. Die Auflage dient dabei nicht (vorrangig) der Durchsetzung des ohnehin schon aus § 3 VersG folgenden Uniformverbots, sondern - wie die Beklagte auf Seite 18 ihres Bescheides unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deutlich gemacht hat - der verfassungsrechtlich zulässigen Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Ordnung (i.S.d. § 15 VersG) infolge der Art und Weise der Durchführung einer Versammlung durch ein aggressives, die Bürger einschüchterndes Verhalten der Versammlungsteilnehmer, durch das ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft erzeugt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 -, NVwZ 2008, 671 ff.), wie es für das Auftreten des sog. "Schwarzen Blocks" charakteristisch ist (vgl. schon Senatsbeschl. v. 11.9.2009 - 11 ME 447/09 -). Dies gilt unabhängig davon, ob diese potentielle Gewaltbereitschaft von Rechtsextremisten oder anderen Demonstrationsteilnehmern gezeigt wird; auf die Ausführungen auf Seite 17 des angegriffenen Bescheides wird zur näheren Begründung Bezug genommen. Damit geht der Einwand der Klägerin fehl, die Bildung eines "Schwarzen Blocks" könne nach§ 15 Abs. 1 VersG (i.V.m. § 3 Abs. 1 VersG) nur dann unterbunden werden, wenn das einheitliche Auftreten uniformähnlich ausgestaltet sei oder gerade militärische Kampfkraft zum Ausdruck bringe. Ausreichend ist vielmehr, wenn von dem für einen "Schwarzen Block" charakteristischen einheitlichen und aggressiven Auftreten in dunkler Kleidung eine auf Einschüchterung gerichtete Gewaltdemonstration ausgeht, durch die nicht nur Solidarität innerhalb der Gruppe signalisiert, sondern gegenüber Außenstehenden, insbesondere auch dem politischen Gegner sowie Polizeikräften, gezielt der Eindruck erweckt wird, die Blockteilnehmer seien gewillt und in der Lage, ihre Vorstellungen auch gewaltsam durchzusetzen (vgl. nunmehr auch § 3 Abs. 3 Alt. 3 NVersG), wobei die Menge der Blockteilnehmer diesem Drohpotential besonderes Gewicht verleiht und die Einheitlichkeit der Kleidung zugleich die Identifikation einzelner Gewalttäter gezielt erschwert.

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Für den Erlass der genannten Auflage lagen auch den Anforderungen des § 15 Abs. 1 VersG genügende Anhaltspunkte vor. Diese Norm sieht mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit Einschränkungen gegenüber Versammlungen nur für den Fall vor, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist (BVerfG, Beschl. v. 12.5.2010 - 1 BvR 2636/04 -, [...], Rn. 17, auch zum Folgenden). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde bei dem Erlass von Auflagen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus. Für die Gefahrenprognose können Ereignisse im Zusammenhang mit früheren Versammlungen als Indizien herangezogen werden, soweit sie bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zu der geplanten Versammlung aufweisen.

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Entgegen des Vorbringens der Klägerin sind weder gleichgelagerte Aufzüge in der Vergangenheit, d.h. vor dem August 2010, "friedlich" geblieben noch hat sich die Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht vorliegend zur Begründung der Auflagen lediglich auf allgemeine Verdachtsmomente beschränkt. Vielmehr hat die Beklagte auf den Seiten 5 bis 8 ihres Bescheides ausführlich dargelegt, dass es in der Vergangenheit nicht nur in Niedersachsen allgemein bei vergleichbaren, gegen die Bundeswehr gerichteten Veranstaltungen zu unfriedlichen Störaktionen gekommen ist, sondern insbesondere auch bei den jährlich wiederkehrenden Protesten gegen das Sommerbiwak in Hannover. Zutreffend ist dabei die zunehmende Militanz der Aktionen herausgestellt worden, die im Vorjahr 2009 u.a. einen versuchten Brandanschlag auf einen Pavillon am Veranstaltungsort des Sommerbiwaks umfassten, der im Internet als "leider gescheitert" bewertet wurde, und ausdrücklich Aufrufe zum "Angriff" auf das Sommerbiwak 2010 einschlossen. Wie der Senat bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren in seinem Beschluss vom 6. August 2010 ausgeführt hat, bestanden deshalb sehr deutliche Anzeichen dafür, dass zumindest von einer militanten Minderheit der Teilnehmer an den von der Klägerin angemeldeten Versammlungen auf die Störung und Verhinderung des Sommerbiwaks gerichtete, auch strafbare Handlungen geplant waren. Deutlich unterstrichen wurde diese Einschätzung durch weitere Straftaten im Vorfeld des Sommerbiwaks 2010, nämlich einen am 22. Juni 2010 erfolgten, diesmal vollendeten Brandanschlag auf einen Pavillon am Veranstaltungsort sowie zwei Anschläge vom 4/5. August 2010 auf eine Polizeiwache sowie ein SPD Büro in Stadtteilen von Hannover, zu denen sich neben weiteren Anschlägen (vgl. http://de.indymedia.org/2010/08/287428.shtml) jeweils Gegner des Sommerbiwaks bekannt haben (vgl. Hannoversche Allgemeine Zeitung v. 6.8.2010). Auch wenn die organisatorischen bzw. personellen Verbindungen zwischen der Klägerin und denjenigen, auf deren von der Beklagten im Bescheid zitierten Internetseiten sich die angeführten Aufrufe befinden und von denen die Anschläge ausgingen, nicht näher aufgeklärt sind, so ist von der Klägerin als Anmelderin doch jedenfalls zu erwarten, dass sie sich öffentlich von dieser ihr bekannten Gewaltausübung distanziert und sich entsprechend verhält (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.9.2009 - 1 BvR 2147/09 -, NJW 2010, 141 ff.; Senatsbeschl. v. 27.4.2009 - 11 ME 225/09 -, NdsVBl 2009, 229 ff., jeweils m.w.N.). Hieran mangelt es aber. Die Klägerin hat sich vielmehr darauf beschränkt, ihre eigene Gewaltfreiheit zu betonen. Das reicht nicht aus. Gleiches gilt für ihre Haltung gegenüber dem auf Grund der zuvor bezeichneten Indizien konkret zu befürchtenden Auftreten eines "Schwarzen Blocks". Hierauf angesprochen erklärte die Klägerin im Kooperationsgespräch lediglich, es sei ihr nicht bekannt, ob ein "Schwarzer Block" komme, es könne aber auch nicht ausgeschlossen werden. Tatsächlich erschien dann nach der bereits zuvor zitierten Darstellung im Internet (http://de.indymedia.org/2010/08/287428.shtml) eine Vielzahl von Versammlungsteilnehmern in schwarzer Kleidung, ohne allerdings - wie offenbar nach ihrer Kritik an der "bekloppten Schwarzenblockauflage" beabsichtigt - einen Block zu bilden. Durch die tatsächliche Entwicklung ist damit die Gefahrprognose der Beklagten insoweit bestätigt worden.

8

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch die hinreichende Bestimmtheit der Auflage bejaht, § 1 Abs. 1 NVwVfG,§ 37 Abs. 1 VwVfG. Dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG wird die Behörde gerecht, wenn der Adressat einer Verfügung erkennen kann, was von ihm gefordert wird und entsprechend sein Verhalten danach einrichten kann (vgl. zum Folgenden zuletzt Senatsbeschl. v. 28.7.2011 - 11 LA 101/11 -, [...], Rn. 16, m.w.N.). Daher darf der Verwaltungsakt nicht unterschiedlichen subjektiven Bewertungen zugänglich sein. Die Konkretisierung dessen, was ge- und verboten ist, muss sich aus der Verfügung selbst ergeben und darf nicht der Vollstreckung überlassen bleiben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Nichtbeachtung des Verwaltungsaktes bußgeld- oder strafbewehrt ist. Hieran gemessen ist die umstrittene Auflage noch hinreichend bestimmt.

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Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass die beiden ausdrücklich in der Auflage genannten Tatbestandsmerkmale "dunkel gekleidet" sowie "in Blockform nebeneinander" für sich genommen nicht eindeutig sind. Das Regelungsziel der Auflage erschließt sich aber hinreichend deutlich bei einer Zusammenschau beider Merkmale und aus der Begründung des Bescheides, wonach dadurch - wie dargelegt - die Bildung eines "Schwarzen Blocks" verhindert werden soll. Eine über die bereits im Wortlaut der Auflage genannten Merkmale sowie die sich ergänzend aus der Begründung ergebenden, weiter eingrenzenden Merkmale der Einheitlichkeit der verbotenen dunklen Bekleidung, die sich nicht erkennbar als Trauerkleidung - insoweit ist für einen weiteren Aufzug am selben Tag bewusst keine entsprechende Auflage erlassen worden - oder als Berufsbekleidung darstellt, hinausgehende Konkretisierung ist praktisch ausgeschlossen und auch rechtlich nicht geboten. Der Gedanke, das Merkmal der untersagten einheitlich dunklen Kleidung durch eine Bezugnahme auf eine geläufige Farbskala (etwa RAL) bzw. durch die Benennung des Prozentsatzes des danach jeweils zumindest gebotenen helleren Teils der Bekleidung einer Person und das Merkmal der Blockform durch die Angabe der pro (3 oder 5) Quadratmeter höchstens zulässigen Versammlungsteilnehmer näher zu umschreiben, führte nicht weiter. Entsprechende Vorgaben blieben theoretisch, da bei einem - wie hier - sich (überwiegend) bewegenden Aufzug weder die Zahl der Teilnehmer pro Quadratmeter tatsächlich exakt kontrolliert noch eine Farbskala für Kleidung geläufig und überprüfbar ist. Zudem ist eine solche Konkretisierung letztlich auch nicht geboten, da auch so das Gewollte für die Beteiligten noch hinreichend deutlich wird. Wer eine helle Hose oder Jacke trägt, hält sich an die Auflage; das Tragen heller (Halb-)Schuhe reicht hingegen nicht aus. Beim Tragen einer "Blue Jeans" kommt es auf ihre jeweilige Farbe und ggf. ergänzend auf den vorhandenen oder fehlenden Kontrast zur Farbe der Hosen der anderen Teilnehmer an. Ebenso ergibt sich schon aus dem Begriff des Blockes, dass allein das Nebeneinandergehen in Reihen oder das Hintereinandergehen in Zügen durch die Auflage nicht untersagt worden sind, sondern dass für eine Blockbildung deutlich mehr als zwei Personen ohne oder mit nur geringem Abstand in nicht zwingend mathematisch exakt quadratischer Form, aber doch zumindest sowohl hinter- als auch nebeneinander erforderlich sind. Diese Form der verbotenen Fortbewegung ist für die Versammlungsteilnehmer schon wegen der - teilweise, aber nicht zwingend durch ein Unterhaken noch verstärkten - besonderen Nähe und Vielzahl der Beteiligten auch erkennbar.

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Die mit der Auflage verbundene Belastung für Versammlungsteilnehmer ist sehr geringfügig und angesichts des hochrangigen Zieles, nämlich so die Friedlichkeit der Versammlung sicherzustellen, auch verhältnismäßig. Die an der Teilnahme Interessierten konnten sich auf die Auflage u.a. durch Veröffentlichungen im Internet (vgl. etwa http.//antimilitarismus.blogsport.de/2010/08/06/ovg-bestätigt-verbot-des-schwarzen-blockes-) rechtzeitig schon bei der Kleidungswahl einstellen oder - soweit sie ungeachtet dessen in ausschließlich dunkler Kleidung erschienen - durch Einreihung deutlich heller gekleideter Personen oder das Gehen außerhalb eines Blockes ihr inhaltliches Anliegen verwirklichen. Die Auflage bewirkte damit für keinen Teilnehmer ein faktisches Versammlungsverbot.

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Ebenso wenig greifen die Rügen der Klägerin gegen die vom Verwaltungsgericht bestätigte Rechtmäßigkeit der zweiten Auflage durch.

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Sie soll durch den vorgeschriebenen Mindestabstand von zwei Metern verhindern, dass sog. "Rebel Clowns" im Rahmen ihrer Aktionen, mit denen sie nach ihrem Selbstverständnis Polizeibeamte karikieren, körperlich auf diese Polizeibeamte übergreifen, diese mit Flüssigkeiten bespritzen - wie in der Vergangenheit nach dem bereits von der Beklagten im Bescheid (S. 18) in Bezug genommenen Wikipediaartikel zur sog. "Clownsarmy" geschehen -, mit Hilfe von Staubwedeln oder gar Toilettenbürsten "abstauben" bzw. "putzen" oder ihnen sonst unangemessen zu nahe kommen. Darin läge ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit i.S.d. § 15 Abs. 1 VersG. Diese schützt nämlich auch das Persönlichkeitsrecht anderer. Es schließt die Befugnis ein, vorbehaltlich gesetzlich vorgeschriebener Duldungspflichten selbst darüber zu entscheiden, wer sich einem unter Durchbrechung des ungeschriebenen, aber gesellschaftlich im Bundesgebiet anerkannten Gebots, einem fremden Menschen nicht zu nahe zu kommen, weniger als etwa zwei Meter nähern darf, von wem man körperlich berührt oder gar durch Flüssigkeiten bespritzt wird (vgl. bereits den den Beteiligten bekannten Senatsbeschl. v. 28. August 2009 - 11 ME 429/09 -). Dieses Recht steht grundsätzlich auch (Polizei-)Beamten im dienstlichen Einsatz zu und wird ungeachtet funktioneller Begrenzungen des Grundrechtsschutzes von Beamten aus dienstlichen Gründen nicht - wie die Klägerin geltend macht - von ihrer Amtswalterfunktion verdrängt (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.3.2006 - 2 C 3/05 -, BVerwGE 125, 85, Rn. 15 ff.). Weder die sinngemäß oder ausdrücklich von der Klägerin in Anspruch genommene Versammlungs- noch die Kunst- oder Meinungsfreiheit beinhalten das Recht, seine Kritik einzeln oder kollektiv, ausdrücklich oder in schauspielerischer Form in der Weise zum Ausdruck zu bringen, dass der Kritisierte bzw. Karikierte gegen seinen Willen körperlich zum Objekt gemacht wird. Die durch die Auflage untersagten Tätigkeiten der "Rebel Clowns" sind damit entgegen der Ansicht der Klägerin nicht mehr grundrechtlich geschützt; soweit man dies hinsichtlich des Näherungsverbots anders beurteilte, überwöge dann im Rahmen der gebotenen Abwägung jedenfalls der Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Polizeibeamten. Denn den "Rebel Clowns" bleibt es unbenommen, ihre Aktionen unter Einhaltung des vorgeschriebenen Abstandes und damit noch in deutlicher Sicht- und Hörweise der Polizeibeamten durchzuführen. Dass sich die beim Sommerbiwak 2010 geplanten Aktionen der "Rebel Clowns" nicht in dem zuvor bezeichneten Rahmen hätten bewegen sollen, insbesondere ohnehin nicht vorgesehen gewesen wäre, Polizeibeamte dabei zu berühren, trägt die Klägerin nicht vor; sie verweist vielmehr selbst auf das "vielzitierte Putzen eines Rangabzeichens mit einer unbenutzten Klobrille".

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Eine mildere, aber gleich wirksame Maßnahme stand nicht zur Verfügung. Das von der Klägerin für allemal ausreichend erachtete Verbot, Polizeibeamte bei den Darstellungen zu berühren, wäre weniger wirksam gewesen. Dann hätten die "Rebels Clowns" weiterhin den Nahbereich der von ihn karikierten Polizeibeamten betreten können sowie sich ihnen bessere Möglichkeiten eröffnet, die Polizeibeamten zu bespritzen.

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Schließlich ist dem Verwaltungsgericht auch in der Annahme zu folgen, dass die Auflage nicht zu einem faktischen Ausschluss der "Rebel Clowns" führt, sondern das allein verfügte Abstandsgebot nur einen "geringen Eingriff" bedeutet. Die Befürchtung der Klägerin, die Polizeibeamten könnten durch eine Annäherung an die "Rebel Clowns" deren Tätigkeit faktisch zum Erliegen bringen, erscheint unbegründet. Es ist schon fraglich, ob sich die Auflage nicht auf das Gebot an "Rebel Clowns" beschränkt, sich bei ihren Aktivitäten den Polizeibeamten zu nähern, oder weitergehend auch beinhaltet, sich jeweils mindestens zwei Meter zu entfernen, wenn sich Polizeibeamte nähern. Jedenfalls fehlt es an konkreten Anhaltspunkten für die Annahme, Polizeibeamte würden sich wiederkehrend zielgerichtet oder anderweitig im Rahmen ihrer Dienstausübung "Rebel Clowns" während ihrer Aktionen nähern. Die Beklagte hat vielmehr in der Antragserwiderung unwidersprochen vorgetragen, dass eine gleiche Auflage bei einer Schüler- und Studentendemonstration schauspielerische Aktionen von geschminkten bzw. kostümierten Personen unberührt gelassen habe. Im Übrigen scheint die Annahme auch fernliegend, dass sich Polizeibeamte ohne Not bewusst in die Nähe der "Rebel Clowns" und damit in eine Situation begeben, in der sie mit ihnen unerwünschten Berührungen und Provokationen rechnen müssen.