Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.06.2015, Az.: 18 LP 10/14

Arbeitszeitbetrug; außerordentliche Kündigung; Beleidigung; Kündigungsgrund; Personalrat; Verschwiegenheitspflichtverletzung; Vertrauensverlust; Zustimmung; Zustimmungsersetzungsverfahen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.06.2015
Aktenzeichen
18 LP 10/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 45307
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 23.09.2014 - AZ: 9 A 2501/14

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der dem Personalrat mitgeteilte Sachverhalt ist in einem Zustimmungsersetzungsverfahren sowohl hinsichtlich der maßgeblichen Tatsachen als auch ihrer Wertung als Kündigungsgrund maßgeblich. Der Austausch des Kündigungsgrundes im gerichtlichen Verfahren ist unzulässig.

Eine außerordentliche Kündigung wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die Verpflichtung, die geleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, erfordert regelmäßig eine vorherige Abmahnung.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 9. Kammer (Fachkammer für Personalvertretungssachen des Landes) - vom 23. September 2014 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu der außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2.

Der 1953 geborene Beteiligte zu 2. ist seit 1977 bei dem ...verband (Xxxx) beschäftigt. Er ist Mitglied des Personalrates und war mehrere Jahre dessen Vorsitzender.

Der Antragsteller gab dem Beteiligten zu 2. unter dem 11. Juli 2014 Gelegenheit zur Stellungnahme wegen Fehlzeiten ohne Betätigung der Arbeitszeiterfassungsanlage. Der Antragsteller warf dem Beteiligten zu 2. vor, am 18. Juni 2014, um 11:30 Uhr, am 3. Juli 2014, von 8:38 Uhr bis 8:54 Uhr, am 7. Juli 2014 um 9:17 Uhr und am 8. Juli 2014 von 8:55 Uhr bis 9:03 Uhr Gebäude und Gelände des Xxxx verlassen zu haben, ohne zuvor die Zeiterfassung zu betätigen. Der Beteiligte zu 2. bestätigte bei einem daraufhin geführten Gespräch gegenüber dem Antragteller, das Dienstgebäude zu den o.g. Zeiten verlassen zu haben. Er gab zur Begründung an, dass er - soweit er sich erinnern könne - an den einzelnen Tagen einen Schlüssel für einen Büroschrank, sein Diensthandy bzw. Tabletten in seinem Pkw vergessen habe. In einem Fall sei er von einem Mieter angesprochen worden. Nur so könne er sich die Abwesenheit von 16 Minuten erklären. Er sei vergesslich und es täte ihm leid. Auf Nachfrage erklärte der Beteiligte zu 2. weiter, dass es schon öfter passiert sein könne, dass er ohne Ausstempeln das Gebäude und Gelände des Xxxx verlassen habe.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2014 beantragte der Antragsteller die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu der außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. wegen der „schwerwiegenden Pflichtverletzung im Rahmen der Nichterfassung von Unterbrechungszeiten“. Der Beteiligte zu 2. habe mehrfach nachweislich in den zuvor genannten Fällen gegen die Dienstvereinbarung über die Gestaltung der Arbeitszeit verstoßen. Der Beteiligte zu 1. verweigerte unter dem 17. Juli 2014 die Zustimmung und warf die Frage auf, warum das Verhalten des Beteiligten zu 2. nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu einer formellen Ermahnung oder Abmahnung geführt habe. Eine Kündigung sei eine unverhältnismäßige Reaktion.

Am 21. Juli 2014 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht den Antrag gestellt, die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. zu ersetzen. Den Antragsschriftsatz haben der Verfahrensbevollmächtigte, der kaufmännische Geschäftsführer und der technische Geschäftsführer des Xxxx unterzeichnet.

Bereits am 11. Juli 2014 war dem Antragsteller mit den Worten „wie besprochen“ von einer Mitarbeiterin, Frau F., eine E-Mail des Beteiligten zu 2. vom 12. Juni 2014, 7:34 Uhr, übermittelt worden. In dieser E-Mail äußert sich der Beteiligte zu 2., der seine Ausführungen mit den Worten „Hi, ich der Nörgler!“ einleitet, kritisch über die Zustände im Betrieb, bemängelt mangelhafte Durchsetzungskraft und fehlendes Rückgrat der Geschäftsführer, rügt - wenn auch in Form einer Frage - die Beauftragung externer Wirtschaftsprüfer und die Beschäftigung einer „Horde“ von Controllern. Er schließt die E-Mail mit den Worten:

„Zu meinem Glück ist die Zeit für mich überschaubar, die noch in dieser ‚Bude‘ verbringen muss. Um so schlimmer für die Kollegen, die Ihr Berufsleben noch vor sich haben.

So langsam macht sich bei mir etwas breit, was ich lieber nicht näher beschreiben möchte.

So, Ich denken jetzt lieber über die nächste Moped-Tour nach, das bekommt mir deutlich besser!“

Mit Schreiben vom 14. Juli 2014 hörte der Antragsteller den Beteiligten zu 2. zu diesem Sachverhalt und möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen an. In einem Gespräch am 17. Juli 2014 erklärte der Beteiligte zu 2., es täte ihm leid, dass aus dieser E-Mail die falschen Schlüsse gezogen würden. Er bedauere, dass sich der Antragsteller angegriffen fühle. Er habe in der E-Mail lediglich das „Gemurmel“ der Kollegen im Haus dargestellt. Nur seine Kollegin habe diese E-Mail erhalten. Mit „Bude“ habe er sein Büro gemeint und nicht seinen Arbeitgeber.

Im Rahmen einer Untersuchung des dienstlichen E-Mail-Verkehrs des Beteiligten zu 2. erlangte der Antragsteller Kenntnis von einer weiteren E-Mail des Beteiligten zu 2. vom 14. Oktober 2013 an einen Kollegen, mit der ein Presseartikel über Auseinandersetzungen einer Gemeinde mit dem Xxxx übersandt worden war. In dem Artikel waren Zeilen markiert worden, in denen sich sehr kritisch über den Xxxx geäußert wird. Eine Anhörung des Beteiligten zu 2. zu diesem Sachverhalt erfolgte nicht.

Der Antragteller beantragte mit einem auf den „18.06.2014“ datierten Schreiben, welches der Beteiligte zu 1. am 21. Juli 2014 entgegennahm, erneut die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu der außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. und nahm zur Begründung auf die o.g. E-Mails Bezug. Der Beteiligte zu 2. habe seine Verschwiegenheitspflicht verletzt, seinen Arbeitgeber beleidigt sowie die Position der Geschäftsführung und seiner direkten Führungskraft untergraben. Dieses Verhalten rechtfertige jedenfalls unter Berücksichtigung des Sachverhaltes gemäß der Personalratsvorlage vom 16. Juli 2014 die außerordentliche Kündigung.

Der Beteiligte zu 1. verweigerte unter dem 23. Juli 2014 erneut seine Zustimmung. Eine Führungskraft müsse immer mit Kritik rechnen. Sofern sich ein Mitarbeiter im Ton vergreife, sollte die Führungskraft dies offen thematisieren und den Mitarbeiter zunächst auf sein Fehlverhalten aufmerksam machen. Eine außerordentliche Kündigung stelle eine unverhältnismäßige Reaktion darf. Der Beteiligte zu 2. habe davon ausgehen dürfen, dass seine E-Mail Dritten nicht zur Kenntnis gebracht werde. Der Anhang zu der E-Mail vom 14. Oktober 2013 müsse bei neutraler Betrachtung nicht notwendigerweise als Herabsetzung des Antragstellers verstanden werden. Es sei ebenso denkbar, dass der Beteiligte zu 2. lediglich habe deutlich machen wollen, wie in der Öffentlichkeit mit dem Antragsteller umgegangen werde.

Mit einem lediglich von seinem Verfahrensbevollmächtigten unterzeichneten Schriftsatz vom 24. Juli 2014 hat der Antragsteller in dem bereits bei dem Verwaltungsgericht anhängigen Beschlussverfahren den Antrag gestellt, auch die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu der außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. auf Grund der Anhörung vom „18.07.2014“ zu ersetzen. Er hat diesen Antrag als „Konkretisierung“ seines Antrags vom 21. Juli 2014 bezeichnet.

Der Antragsteller hat zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Indem der Beteiligte zu 2. das Dienstgebäude und das Dienstgelände verlassen habe, ohne zuvor das Zeiterfassungssystem zu nutzen, habe er einen Arbeitszeitbetrug begangen. Die wiederholte Begehung und die Erklärungen des Beteiligten zu 2. hierzu ließen den Schluss zu, dass er vorsätzlich gehandelt habe. Eine Verhaltensänderung sei auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten. Mit seiner E-Mail vom 12. Juni 2014 habe der Beteiligte zu 2. seine Verschwiegenheitspflicht in erheblicher Weise verletzt. Er arbeite als Mitarbeiter des Risikomanagements eng und vertrauensvoll mit der Geschäftsführung zusammen. In dieser Funktion erfahre er bereits frühzeitig und umfassend strategische Zielrichtungen und interne Angelegenheiten. Er habe die Geschäftsführung insgesamt, aber auch seine direkte Führungskraft verletzt und beleidigt. Er habe seinem Vorgesetzten Fehlverhalten, Verschwendung und Unfähigkeit vorgeworfen. Seine Äußerungen seien deutlich und unmissverständlich. Auch mit der Bezeichnung seiner Arbeitsstelle als „Bude“ habe er sich abfällig über seinen Arbeitgeber geäußert. Aus der Selbstbezeichnung als „Nörgler“ ergebe sich deutlich, dass er die Aussagen für sich habe tätigen wollen. Sein Verhalten verstoße gegen den Verhaltenskodex des Xxxx. In dem der E-Mail vom 14. Oktober 2013 angehängten Artikel habe der Beteiligte zu 2. Textpassagen markiert und sich so zu eigen gemacht, in denen er - der Antragsteller - als selbstherrlich und rechthaberisch tituliert sei. Der Beteiligte zu 2. habe daher nicht nur im Einzelfall unsachliche und verleumderische Kritik an seinem unmittelbaren Vorgesetzten geäußert. Dass die E-Mail vom 12. Juni 2014 möglicherweise auch einen privaten Inhalt habe, führe zu keiner anderen Bewertung. Die E-Mail beinhalte nahezu ausschließlich Beschwerden und verleumderische Behauptungen. Die private Nutzung von E-Mails sei auch nicht gestattet. Der Beteiligte zu 2. habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Inhalt der E-Mail vertraulich behandelt würde. In der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass der Beteiligte zu 2. seit 1977 bei dem Xxxx beschäftigt sei. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für den Antragsteller dennoch unzumutbar. Der Beteiligte zu 2. habe das in ihn gesetzte Vertrauen so schwerwiegend verletzt, dass eine Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses nicht möglich sei. Eine Abmahnung sei entbehrlich, weil eine Verhaltensänderung in Zukunft nicht zu erwarten sei. Sowohl der Sachverhalt, der der Anhörung vom 16. Juli 2014 zu Grunde gelegen habe als auch der Sachverhalt, der der Anhörung vom 18. Juli 2014 zu Grunde gelegen habe, rechtfertigten jeweils für sich, erst Recht zusammengenommen eine außerordentliche Kündigung.

Der Antragsteller hat beantragt,

die mit Schreiben des Beteiligten zu 1. vom 17. Juli 2014 verweigerte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. zu ersetzen

sowie

die mit Schreiben des Beteiligten zu 1. vom 23. Juli 2014 verweigerte Zu-stimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. zu ersetzen.

Der Beteilige zu 1. hat auf seine ablehnenden Schreiben vom 17. Juni 2014 und 23. Juli 2014 verwiesen.

Der Beteiligte zu 2. hat beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Er hat geltend gemacht: Die heimliche und ohne konkreten Anlass erfolgte Überwachung seiner Person verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht. Sein Verhalten stehe nicht im Widerspruch zu der Dienstvereinbarung über die Gestaltung der Arbeitszeit, wie sie in der Praxis gelebt werde. Das Verlassen eines Gebäudes zum Zwecke des Aufsuchens eines anderen Gebäudes werde nicht als Unterbrechung der Arbeitszeit gewertet. Er habe das Gebäude jeweils verlassen, um seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Der Schriftsatz des Antragstellers vom 24. Juli 2014 stelle keine Konkretisierung, sondern einen neuen Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 1. dar, den beide Geschäftsführer des Xxxx hätten unterschreiben müssen. Seine Kollegin hätte seine E-Mail vom 12. Juni 2014 nicht weiterleiten dürfen. Der Inhalt der E-Mail überschreite auch nicht die Grenzen der zulässigen Kritik, die auch spitz formuliert sein dürfe. Eine Abmahnung hätte jedenfalls ausgereicht, um einen Wiederholungsfall auszuschließen.

Das Verwaltungsgericht hat die Anträge des Antragstellers mit Beschluss vom 23. September 2014 abgelehnt. Eine außerordentliche Kündigung sei unverhältnismäßig. Ein eindringlicher Hinweis auf die Pflicht, sich auch bei kurzzeitiger Abwesenheit vom Betriebsgelände aus der Zeiterfassung abzumelden, aber auch eine arbeitsrechtlich relevante Abmahnung wären die angemessenen Reaktionen auf das Fehlverhalten des Beteiligten zu 2. gewesen. Die Verstöße des Beteiligten zu 2. gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, seien in dem festgestellten Umfang nicht besonders gravierend, aber auch keine Bagatellen. Der Beteiligte zu 2. habe das Betriebsgelände verlassen, damit er seine Arbeit habe erledigen und seine Aufgaben als Personalratsmitglied habe ausüben können. Er habe sein Handy, Medikamente oder einen notwendigen Schlüssel aus dem Privatwagen geholt. Der Wagen habe in einer Garage gestanden, die sich nicht auf dem Betriebsgelände befinde, aber dem Xxxx gehöre. Den Stellplatz habe der Beteiligte zu 2. privat gemietet. Ein Bezug zur Aufgabenerfüllung sei aber dadurch gegeben, dass dort auch ein Dienstfahrzeug des Xxxx abgestellt gewesen sei. Die Entfernung vom Büro des Beteiligten zu 2. zu seinem Wagen sei nicht oder nur geringfügig größer wie die Entfernungen zwischen Büros und Parkplätzen auf dem ausgedehnten Betriebsgelände des Xxxx. Der Beteiligte zu 2. habe allenfalls knapp 100 Meter auf öffentlicher Straße zurückzulegen gehabt. Allerdings übe der Beteiligte zu 2. eine herausgehobene Tätigkeit aus. Er sei direkt der Geschäftsführung zugeordnet und habe insoweit auch einer Vorbildfunktion gerecht zu werden. Im Betrieb sei bekannt, dass Beschäftigte das Gelände nicht ohne Abmeldung in der Zeiterfassung verlassen dürften. So wie die Personalratsvorsitzende als Vertreterin des Beteiligten zu 1. in der mündlichen Anhörung erklärt habe, werde diese Regelung auch befolgt, wenn es um eindeutig dienstfremde Tätigkeiten, wie etwa das Besorgen von Pausenverpflegung, gehe. Ob und wieweit das auch gelte, wenn Beschäftigte die auf dem Betriebsgelände abgestellten PKW aufsuchten, habe nicht verlässlich ermittelt werden können. Maßgeblich für den Beteiligten zu 2. falle seine lange Zugehörigkeit zum Betrieb ins Gewicht. Dass es während dieser Zeit zu Pflichtverstößen oder Vertrauensverletzungen gekommen sei, die Anlass hätten sein können, das Beschäftigungsverhältnis in Frage zu stellen, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Während seiner Betriebszugehörigkeit habe er sich für die Belange der Beschäftigten eingesetzt. Er sei seit vielen Jahren Mitglied des Personalrats und sei dessen Vorsitzender gewesen.

Die Verstöße gegen die Zeiterfassung stellten auch zusammen mit der kritischen E-Mail vom 12. Juni 2014 an die Kollegin keinen ausreichenden Kündigungsgrund dar. Die scharfe Kritik und Unmutsäußerung erreiche noch nicht die Grenze der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Zwar könne eine außerordentliche Kündigung bei grober Beleidigung gerechtfertigt sein. Davon sei jedoch die Kritik am Arbeitgeber und an Vorgesetzten abzugrenzen. Wenn kritische Äußerungen des Arbeitnehmers über den Arbeitgeber vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt seien, verletzten sie keine arbeitsvertraglichen Pflichten. Auch sei zu berücksichtigen, dass die als Beleidigung empfundene Meinungsäußerung in vertraulicher Kommunikation zwischen Arbeitskollegen erfolgt sei. Derartige Äußerungen unterfielen dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die abfällige Kritik sei nicht für die betriebliche Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Der Beteiligte zu 2. habe sich nur gegenüber der Kollegin geäußert und habe sicherlich nicht gewollt, dass die E-Mail mit seiner Unzufriedenheit und seiner Einschätzung der Lage weitergegeben werde. Sie sei dem Arbeitgeber nur durch gezielte Indiskretion bekannt geworden.

Gegen den ihm am 1. Oktober 2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 24. Oktober 2014 Beschwerde eingelegt.

Der Antragsteller macht geltend: Die Verstöße des Beteiligten zu 2. gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, begründeten einen erheblichen Vertrauensverlust. Der Beteiligte zu 2. habe die Verstöße innerhalb kurzer Zeit begangen. Seine Einlassungen rechtfertigten die Schlussfolgerung einer hohen Dunkelziffer vergleichbarer Verstöße. Die Schutzbehauptungen des Beteiligten zu 2., er habe geglaubt, er müsse für Wege zu seinem Auto und zurück sich nicht ausstempeln, sei nicht glaubhaft. Er habe das erkennbar umfriedete Betriebsgelände verlassen. Im Intranet sei an die Zutrittsregelungen und die Zeiterfassung erinnert worden. Sein Verhalten stelle einen vorsätzlichen und planmäßigen Arbeitszeitbetrug dar. Es handele sich nicht um die einzige Verfehlung des Beteiligten zu 2. Er sei zudem in einer hervorgehobenen Stellung beschäftigt worden. Der Beteiligte zu 2. könne sich auch nicht glaubhaft darauf zurückziehen, er habe die Reichweite der maßgeblichen Dienstvereinbarung nicht gekannt. Er habe die Dienstvereinbarung als Vorsitzender des Beteiligten zu 1. selbst ausgehandelt. Eine betriebliche Übung, wonach die Arbeitszeiterfassung nicht zu betätigen sei, solange lediglich das Dienstgebäude, nicht aber das Grundstück des Xxxx verlassen werde, bestehe nicht. Gerade die Selbstverständlichkeit, mit der der Beteiligte zu 2. weiterhin die Auffassung vertrete, gegen ihn laufe ein unfaire Kampagne, wohingegen er gegenüber seinem Dienstherrn Arbeitszeitbetrug begehe, mache deutlich, dass er sich nicht darüber bewusst sei, sich überhaupt falsch verhalten zu haben. Er zeige keinerlei Reue. Sein Verhalten nach der Pflichtverletzung wirke sich zu seinen Lasten aus. Insoweit sei dann allerdings auch nicht mehr das Mittel der Abmahnung erfolgsversprechend. Die Ausführungen des Beteiligten zu 2., er habe jeweils sein Handy, Medikamente oder einen notwendigen Schlüssel geholt, seien nicht plausibel. Die Gegenstände seien für seine Arbeit und seine Tätigkeit als Personalratsmitglied auch nicht notwendig gewesen. Es werde bestritten, dass sich die Gegenstände an den jeweiligen Tagen im Privatwagen und in der von dem Beteiligten zu 2. angemieteten Privatgarage befunden hätten. Angesichts der Distanz zwischen dem Xxxx und der Privatwohnung des Beteiligten zu 2. von lediglich 250 m sei nicht plausibel, weshalb sich etwa die Medikamente in seinem Privatfahrzeug befunden haben sollten. Der vorliegende Fall sei nicht mit der Situation vergleichbar, in der andere Beschäftigte ihr auf dem Betriebsgelände des Xxxx abgestelltes Fahrzeug aufsuchten. Im Übrigen werde die Regelung zur Zeiterfassung von den Beschäftigten des Xxxx entsprechend umgesetzt. Es sei zwischen den Beteiligten der Anhörung unstreitig gewesen, dass bereits beim Verlassen des jeweiligen Dienstgebäudes das Zeiterfassungssystem genutzt werden müsse, wenn dienstfremde Tätigkeiten, z.B. Pausen oder Aufsuchen der Kantine, unmittelbar nachfolgten.

Auch hinsichtlich der E-Mail vom 12. Juni 2014 halte der Beschluss des Verwaltungsgerichts einer Überprüfung nicht stand. Der Beteiligte zu 2. habe sich abfällig über die Zustände im Betrieb geäußert und der Geschäftsführung, mithin seinem unmittelbar Vorgesetzten mangelhafte Durchsetzungskraft und Rückgrat vorgeworfen. Der Beteiligte zu 2. sei als Mitarbeiter im Bereich Risikomanagement gerade mit der Dienststellenleitung dafür zuständig gewesen, die Situation und die Zustände beim Xxxx zu reformieren und grundlegend zu überarbeiten. Die E-Mail stelle gerade deshalb einen erheblichen Vertrauensverstoß gegenüber dem Geschäftsführer dar, weil der Beteiligte zu 2. im direkten Gespräch mit dem Dienststellenleiter ein scheinbar sehr kooperatives Verhalten an den Tag gelegt, zugleich aber an mindestens eine ebenfalls mit denselben Themen befasste Kollegin derart abfällige E-Mails verschickt habe. Die Kollegin sei durch das Verhalten des Beteiligten zu 2. in eine untragbare Situation versetzt worden. Sie habe dem Beteiligten zu 2. ausdrücklich mitgeteilt, dass sie E-Mails an sie künftig nicht mehr unter den Schutz der vertraulichen Kommunikation stellen könne. Dennoch habe der Beteiligte zu 2. die E-Mail vom 12. Juni 2014 verfasst.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 19. März 2015 macht der Antragsteller hierzu geltend, es gehe nicht darum, den Beteiligten zu 2. in seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zu beschneiden. Die Ausführungen in der E-Mail vom 12. Juni 2014 seien nicht geeignet, sein - des Antragstellers - Ehrgefühl zu verletzen. Der E-Mail seien aber zwei andere Tatsachen zu entnehmen. Zum einen dokumentiere die E-Mail eine „innere Kündigung“. Zum anderen dokumentiere der Beteiligte zu 2. mit der Ankündigung, jetzt lieber über eine Moped-Tour nachzudenken, sein Verhältnis zu der von ihm für seinen Arbeitgeber aufzuwendenden Arbeitszeit. Er kündige an, sich nicht seiner Arbeit, sondern der Planung seiner Freizeitgestaltung zuwenden zu wollen.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 9. Kammer - vom 23. September 2014 zu ändern und die mit Schreiben des Beteiligten zu 1. vom 17. Juli 2014 verweigerte Zustimmung sowie die mit Schreiben des Beteiligten zu 1. vom 23. Juli 2014 verweigerte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. zu ersetzen,

hilfsweise,

Schriftsatznachlass zu gewähren, um zu der Frage der formellen Seite des zweiten Kündigungsbegehrens Stellung zu nehmen.

Der Beteiligte zu 1. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er nimmt in der Sache erneut auf seine ablehnenden Schreiben, mit denen er die Zustimmung zu der außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. verweigert hat, Bezug.

Der Beteiligte zu 2. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er macht geltend: Nach dem gemeinsamen Verständnis der (ursprünglichen) Parteien der Dienstvereinbarung über die Gestaltung der Arbeitszeit habe eine Verpflichtung, Unterbrechungszeiten zu erfassen, nur bestanden, wenn das Grundstück des Xxxx verlassen werde. Diesem Verständnis entsprechend sei die Dienstvereinbarung auch gelebt worden. Die von ihm angemietete Garage befinde sich auf dem Betriebsgelände. Eine Abmahnung hätte ausgereicht, um auf sein Fehlverhalten zu reagieren und eine Wiederholung zu vermeiden. Schon der Umstand, dass er bis zu der Anhörung davon ausgegangen sei, sich im Hinblick auf die Zeiterfassung vertragskonform verhalten zu haben, spreche dafür, dass er sein Verhalten zukünftig den nunmehr geänderten Vorgaben entsprechend anpassen und Unterbrechungszeiten buchen werde. So habe er sich auch bei seiner Anhörung eingelassen. Es spreche einiges dafür, dass der eigentliche Grund für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung nicht in dem ihm vorgeworfenen Verhalten zu suchen sei.

Wie sich aus der Wortwahl und seinen Formulierungen ergebe, habe er in seiner E Mail vom 12. Juni 2014 nur den „Flurfunk“ widerspiegeln wollen. Auch wenn die E-Mail sicherlich kritischen Inhalts sei, seien die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Beleidigungsdelikts nicht erfüllt. Er habe sich in aller Form bei der Geschäftsführung entschuldigt und betont, dass er niemanden persönlich habe angreifen wollen. Er habe mit der Kollegin F. im Hinblick auf die betrieblichen Vorgänge einen offenen Austausch gepflegt und zu keinem Zeitpunkt Anlass gehabt, an der Vertraulichkeit des gesprochenen oder geschriebenen Wortes zu zweifeln. Jedenfalls hätte er zunächst abgemahnt werden müssen. Darüber hinaus hätte die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe, erfolgen können. Aus den bisher vorliegenden Angaben des Xxxx ergebe sich nicht, ob die Frist eingehalten worden sei. Davon unabhängig begegne es durchgreifenden Bedenken, dass sich das Verwaltungsgericht mit dieser Fragestellung überhaupt auseinandergesetzt habe, obwohl sie Gegenstand eines neuen Zustimmungsverfahrens hätte sein müssen. Der zweite Antrag sei nicht wirksam gestellt worden, weil er - anders als der erste Antrag - nicht von beiden Geschäftsführern und dem Verfahrensbevollmächtigten unterzeichnet worden sei. In Anlehnung an die Rechtsprechung zu Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG oder § 58 Abs. 4 NPersVG berechtige eine Generalvollmacht nicht zur Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen, die zum Gegenstand der Anhörung gemacht worden sind.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge des Antragstellers auf Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu der außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. zu Recht abgelehnt.

Während bei einem "regulären" Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung mitbestimmungspflichtig (§ 75 Abs. 2 Nr. 9 NPersVG) und eine außerordentliche Kündigung benehmenspflichtig (§ 75 Abs. 1 Nr. 3 NPersVG) jeweils mit der Folge der Unwirksamkeit bei etwaig nicht erfolgter Beteiligung des Personalrats ist (§ 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG bzw. § 76 Abs. 2 Satz 2 NPersVG), ist bei einem Personalratsmitglied eine ordentliche Kündigung von vornherein ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 KSchG und deklaratorische Verweisung in § 41 Abs. 2 Satz 2 NPersVG) und für eine außerordentliche Kündigung die (vorherige) Zustimmung des Personalrats erforderlich (§ 41 Abs. 4 Satz 1 NPersVG). Stimmt der Personalrat nicht zu, kann das Verwaltungsgericht die Zustimmung auf Antrag des Dienststellenleiters ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist (§ 41 Abs. 4 Satz 2 NPersVG). Nur bei Vorliegen der Zustimmung des Personalrats oder deren gerichtlicher Ersetzung ist die außerordentliche Kündigung eines Personalratsmitglieds zulässig (§ 15 Abs. 2 Satz 1 KSchG) bzw. wirksam (§ 41 Abs. 4 Satz 4 NPersVG). Der gerichtliche Prüfungsmaßstab im Zustimmungsersetzungsverfahren beschränkt sich nicht etwa auf die Frage, ob der Personalrat bei der Verweigerung einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum überschritten hat, sondern es ist in einem gleichsam vorweggenommenen Kündigungsschutzverfahren unter Heranziehung der in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze die Rechtsentscheidung zu treffen, ob im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB berechtigt wäre (vgl. Dembowski/Ladwig/Sellmann: Personalvertretung Niedersachsen, Loseblatt, Stand: Nov. 2014, § 41 Rdnr. 97; Bieler/Müller-Fritzsche: Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz, 16. Aufl., § 41 Rdnr. 30).

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das Gesetz kennt keine "absoluten" Kündigungsgründe, vielmehr ist jeder Sachverhalt einer Einzelbeurteilung zu unterziehen. Die erforderliche Überprüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB erfüllt, ist zweistufig vorzunehmen. Auf der ersten Stufe ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund "an sich", d. h. typischerweise geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es auf der zweiten Stufe der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Kündigenden unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG, Urt. v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - ("Emmely"), juris Rn. 16 m.w.N.; Beschl. d. Sen. v. 09.11.2011 - 18 LP 2/11 -).

Für diese Bewertung ist der dem Personalrat mitgeteilte Sachverhalt sowohl hinsichtlich der maßgeblichen Tatsachen als auch ihrer Wertung als Kündigungsgrund maßgeblich. Der Zustimmungsantrag an den Personalrat hat insoweit eine den Streitgegenstand begrenzende Wirkung (Dembowski/Ladwig/Sellmann, a.a.O., § 41 Rn. 84 m.w.N.). Gemessen daran rechtfertigen der unter dem 16. Juli 2014 und der unter „18.06.2015“ dem Personalrat mitgeteilte Sachverhalt weder für sich genommen noch in der Gesamtschau eine außerordentliche Kündigung des Beteiligten zu 2.

1.

Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Dies gilt für einen vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Nicht anders zu bewerten ist es, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die geleistete Arbeitszeit mit Hilfe des Arbeitsplatzrechners in einer elektronischen Zeiterfassung zu dokumentieren, und er hierbei vorsätzlich falsche Angaben macht. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit der Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit auf die Arbeitnehmer und täuscht ein Arbeitnehmer auf die beschriebene Weise wissentlich und vorsätzlich über die geleistete Arbeitszeit, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine ihm gegenüber dem Arbeitgeber aus § 241 Abs. 2 BGB treffende Pflicht zur Rücksichtnahme (vgl. BAG, Urt. v. 09.06.2011 - 2 AZR 381/10 -, juris; Urt. v. 24.11.2005 - 2 AZR 39/05 -, NJW 2006, 1545; jew. m.w.N.).

Danach kommt eine außerordentliche Kündigung des Beteiligten zu 2. überhaupt nur in Betracht, wenn er vorsätzlich gegen seine Verpflichtung, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, verstoßen hätte. Das Verwaltungsgericht ist bei dieser Frage offenbar zu keinen eindeutigen Ergebnissen gekommen. Es hat zwar einerseits angenommen, dass der Beteiligte zu 2. vorsätzlich gehandelt habe. Es hat aber andererseits seiner Bewertung zugrunde gelegt, dass dem Beteiligten zu 2. nicht widerlegt werden könne, dass er seinerzeit geglaubt habe, er müsse für die von ihm eingeräumten Gänge zu seinem Auto und zurück nicht stempeln, was in der Sache gegen einen auch nur bedingten Vorsatz zu sprechen scheint. Letztlich kann ein bedingt vorsätzliches Verhalten des Beteiligten zu 2. aber unterstellt werden und bedarf daher keiner weiteren Aufklärung durch den Senat, weil jedenfalls auf der zweite Stufe der Prüfung eine außerordentliche Kündigung des Beteiligten zu 2. ausscheiden muss.

Der Antragsteller hätte den Beteiligten zu 2. auch im Falle eines bedingt vorsätzlichen Verhaltens zunächst abmahnen müssen. Eine außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung erfordert, wenn diese - wie hier - auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers beruht, grundsätzlich eine Abmahnung, da davon auszugehen ist, dass schon die Androhung von Folgen für das Arbeitsverhältnis das künftige Verhalten des Beschäftigten positiv beeinflusst. Von einer Abmahnung kann nur bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen abgesehen werden oder wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten ist. Selbst wenn dem Beschäftigten die Verbotswidrigkeit seines Verhaltens hinreichend klar gewesen ist, er aber Grund zu der Annahme haben durfte, der Arbeitgeber würde dieses nicht als ein so erhebliches Fehlverhalten werten, dass dadurch der Bestand des Arbeitsverhältnisses auf dem Spiel stünde, ist eine Abmahnung nicht ohne Weiteres entbehrlich (so zu Eigentums- und Vermögensdelikte: BAG, Urt. v. 23.09.2009 - 2 AZR 103/08 -, NZA 2009, 1198 [BAG 23.06.2009 - 2 AZR 103/08], juris Rn. 33). So liegt der Fall auch hier.

Die dem Beteiligten zu 2. in dem Schreiben vom 16. Juli 2014 zur Last gelegten Verstöße gegen die Verpflichtung, die abgeleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, wiegen schon aufgrund des geringen zeitlichen Umfangs nicht besonders schwer. Es handelt sich zwar um wiederholte, in der Sache aber nur kurzfristige Abwesenheiten. Von besonderer Bedeutung ist zudem, dass die von dem Beteiligten zu 2. angegebenen Gründe für seine Abwesenheiten einen Zusammenhang mit den ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben erkennen lassen. Auch war sein Vorgehen - soweit ersichtlich - nicht auf Heimlichkeit angelegt, um einen in Wahrheit anderen (privaten) Grund für seine Abwesenheiten zu verschleiern. Nach den eigenen, ihm aber auch nicht zu widerlegenden Angaben hat der Beteiligte zu 2. jeweils Gegenstände aus seinem Pkw geholt, die er für seine dienstliche Tätigkeit bzw. für den Erhalt seiner Arbeitsfähigkeit benötigte. Sein PKW befand sich zwar auf einem privat von dem Xxxx gemieteten Stellplatz und der Beteiligte zu 2. musste das Betriebsgelände verlassen, um zu seinem Fahrzeug zu gelangen. Die Entfernung seines Stellplatzes von seinem Arbeitsplatz war jedoch nicht größer als zu einer Vielzahl von Stellplätzen auf dem weitläufigen Betriebsgelände des Xxxx. Ferner befand sich in der Garage auch ein Dienstfahrzeug des Xxxx. Das beanstandete Vorgehen des Beteiligten zu 2. weist daher zumindest Parallelen zu Situationen auf, in denen Beschäftigte während der Arbeitszeit ihre auf dem Betriebsgelände abgestellten Privatfahrzeuge aufsuchen. Ob in diesen Fällen eine Verpflichtung zur Dokumentation von Abwesenheiten besteht, hat das Verwaltungsgericht nicht verlässlich ermitteln können. Die einschlägigen Vorschriften der Dienstvereinbarung regeln diese Frage jedenfalls nicht ausdrücklich. Aber selbst wenn der Beteiligte zu 2. aufgrund einer entsprechenden Praxis im Betrieb, seiner Tätigkeit im Personalrat oder auch des Umstandes, dass er das Betriebsgelände verlassen musste, um zu seinem Fahrzeug zu gelangen, die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens erkannt hat oder hätte erkennen müssen, wäre sein Fehlverhalten unter diesen Umständen nicht so schwerwiegend, dass für ihn erkennbar auch ohne eine Abmahnung der Bestand seines Arbeitsverhältnisses sogleich vom Antragsteller zur Disposition gestellt werden würde.

Das Verhalten des Beteiligten zu 2. im Anschluss an die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung spricht ebenfalls gegen die Annahme, eine Verhaltensänderung sei auch im Falle einer Abmahnung nicht zu erwarten. Der Beteiligte zu 2. hat entgegen der Behauptung des Antragstellers in dem mit ihm geführten Gespräch durchaus „Reue“ gezeigt und betont, dass es ihm leidtäte. Er hat die Vorwürfe in der Sache zudem weitgehend eingeräumt. Dass er bzw. sein Verfahrensbevollmächtigter im gerichtlichen Verfahren, in dem es um die berufliche Existenz des Beteiligten zu 2. geht, darüber hinaus versucht, auch die rechtliche Wertung, er habe seine arbeitsvertragliche Pflicht zur Dokumentation seiner Abwesenheitszeiten verletzt, in Zweifel zu ziehen, kann ihm nicht ernstlich zum Vorwurf gemacht werden. Die wiederholt vorgetragene Behauptung des Antragstellers, der Beteiligte zu 2. werde sein Verhalten auch in Zukunft keinesfalls ändern, wird durch die dem Personalrat mitgeteilten Tatsachen jedenfalls nicht gestützt und erschöpfen sich letztlich in einer bloßen Vermutung. Gerade in dieser Situation ist eine formelle Abmahnung durch den Arbeitgeber aber unentbehrlich, um dem Arbeitnehmer eine Verhaltensänderung zu ermöglichen.

Ohne Erfolg zieht der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung die Plausibilität der Angaben des Beteiligten zu 2. zu den von ihm angegebenen Gründen für seine Abwesenheiten in Zweifel. Der Umstand, dass sich auch die Privatwohnung des Beteiligten zu 2. in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes befindet, kann für sich genommen seine Einlassungen nicht erschüttern und die Abwesenheiten von wenigen Minuten im Übrigen auch nicht erklären. Weitere Möglichkeiten, den Sachverhalt aufzuklären, vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Antragsteller hat ebenfalls keine Beweise, die die von ihm geäußerten Zweifel belegen könnten, angeboten. Die Nichtwiderlegbarkeit der Angaben des Beteiligten zu 2. wirkt sich zu Lasten des Antragstellers aus (zur Darlegungs- und Beweislast bei Rechtfertigungsgründen: BAG, Urt. v. 19.12.1991 - 2 AZR 367/91 -, juris Rn. 29 ff.; Bay. VGH, Urt. v. 09.03.2015 - 17 P 13.2526 -, juris Rn. 31).

Soweit der Antragsteller in der Beschwerdebegründung argumentiert, die Angaben des Beteiligten zu 2. ließen auf eine hohe Dunkelziffer vergleichbarer Verstöße schließen, erschöpft sich sein Vortrag letztlich in bloßen Spekulationen, die in keiner Weise belegt sind. Sie gehen zudem über den mit Schreiben vom 16. Juli 2014 erhobenen Vorwurf, der allein auf die ausdrücklich dokumentieren Fälle gestützt wird, hinaus und laufen auf eine Verdachtskündigung hinaus. In der Sache bildet - wie gesehen - aber allein der dem Personalrat mitgeteilte Sachverhalt sowohl hinsichtlich der maßgebenden Tatsachen als auch der Wertung als Kündigungsgrund den Streitgegenstand des Ersetzungsverfahrens.

Schließlich lässt der festgestellte Sachverhalt aufgrund der langjährigen Betriebszugehörigkeit des Beteiligten zu 2. nicht erwarten, dass er auch im Falle einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher und in ähnlicher Weise seinen arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen würde.

2.

Der mit Schreiben vom „18.06.2014“ dem Beteiligten zu 1. mitgeteilte Sachverhalt zu der E-Mail des Beteiligten zu 2. vom 12. Juni 2014 rechtfertigt ebenfalls keine außerordentliche Kündigung.

Der Senat lässt ausdrücklich dahinstehen, ob das Nachschieben eines Kündigungsgrundes in einem anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahren in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG (z.B. BVerwG, Beschl. v. 21.02.2011 - 6 P 12.10 -, BVerwGE 139, 29, juris Rn. 39) von einer zuvor erteilten Generalvollmacht ausreichend gedeckt ist oder nicht. Dem Antragsteller musste daher auch kein Schriftsatznachlass zu dieser - während des Beschlussverfahrens bereits wiederholt aufgeworfenen Frage - gewährt werden.

Ferner bedarf es auch keiner Entscheidung, ob das Nachschieben eines weiteren Kündigungsgrundes schon deshalb ausscheiden muss, weil dem Antragsteller der von ihm nachgeschobene Kündigungsgrund im Zeitpunkt des ersten Antrags nach § 108 Abs. 1 Satz 1 BPersVG an den Personalrat bereits bekannt gewesen war (in diesem Sinne OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.09.2009 - OVG 60 PV 18.07 -, juris Rn. 66; BAG, Urt. v. 11.04.1985 -2 AZR 239/84 -, BAGE 49, 39-57, juris Rn. 39). Am 16. Juli 2014, dem Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung der Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu der außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. wegen des angeblichen Arbeitszeitbetrugs, hatte der Antragsteller bereits positive Kenntnis von der E-Mail des Beteiligten zu 2., mit der dieser angeblich seine Verschwiegenheitspflicht verletzt und seinen Vorgesetzten beleidigt haben soll.

In der Sache kann die E-Mail des Beteiligten zu 2. vom 12. Juni 2014 dessen außerordentliche Kündigung jedenfalls nicht rechtfertigen. Eine außerordentliche Kündigung kann weder mit Erfolg auf den Vorwurf der Beleidigung noch der Verschwiegenheitspflichtverletzung gestützt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können „grobe“ Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter oder Repräsentanten, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen und eine außerordentliche Kündigung an sich rechtfertigen (BAG, Urt. v. 10.10.2002 - 2 AZR 418.01 -, DB 2003, 1797; Urt. v. 10.12.2009 - 2 AZR 534/08 -, DB 2010, 1128, juris Rn. 17; Bay. VGH, Beschl. v. 22.04.2013 - 17 P 12.1862 -, PersV 2013, 349, juris Rn. 27). Dabei kommt es nicht auf die strafrechtliche Würdigung, sondern darauf an, ob dem Arbeitgeber deswegen nach dem gesamten Sachverhalt die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zugemutet werden kann (BAG, Urt. v. 06.11.2003 - 2 AZR 177/02 -, juris Rn. 42). So liegt der Fall auch hier. Die E-Mail des Beteiligten zu 2. enthält schon keine diffamierenden und ehrverletzenden Äußerungen. Zunächst beschränkt sich der Beteiligte zu 2. auf die Wiedergabe von „Gerüchten“. Er formuliert darüber hinaus zwar mit einer durchaus spitzen Wortwahl seine Kritik an der Geschäftsführung; diese Kritik richtet sich aber erkennbar gegen deren Tätigkeit und nicht gegen die jeweilige Person. In diesem Sinne hat auch die Adressatin der E-Mail den Inhalt verstanden. Sie hat in ihrer Antwort am selben Tag zwar zum Ausdruck gebracht, dass der Beteiligte zu 2. die sachliche Auseinandersetzung verlassen habe. Sie hat die E-Mail im Ergebnis aber als „allgemeine Unmutsäußerung ohne Handlungsaufforderung“ angesehen, weil sie „aufgrund von Spekulationen und Gerüchten“ nicht tätig werden könne. Darüber hinaus hat sich der Beteiligte zu 2. einer persönlichen Ansprache bedient und die E-Mail vom 12. Juni 2014 gerade nicht an einen unbestimmten Personenkreis adressiert. Selbst wenn der Beteiligten zu 2. aufgrund eines vorherigen Hinweises der Kollegin nicht auf die Vertraulichkeit des geschriebenen Wortes hätte vertrauen dürfen, war die E-Mail erkennbar nicht für die (betriebliche) Öffentlichkeit bestimmt. Selbst der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 19. März 2014 ausgeführt, dass die E-Mail vom 12. Juni 2014 „nicht geeignet“ sei, sein Ehrgefühl zu verletzen. Soweit er in der Anhörung auf Nachfrage des Senats erklärt hat, er habe das objektive Vorliegen eines Beleidigungstatbestandes nicht in Frage stellen wollen, bleibt sein Vortrag zumindest widersprüchlich. Im Kern wirft der Antragsteller dem Beteiligten zu 2. offenbar vor, das in ihn gesetzte Vertrauen in besonders schwerwiegender Weise verletzt zu haben. Der Vorwurf der Illoyalität begründet für sich genommen aber bereits keinen hinreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung. Zudem hat der Antragsteller in seinem an den Beteiligten zu 1. gerichteten Zustimmungsantrag diesen Vorwurf auch nicht als maßgeblichen Kündigungsgrund formuliert.

Dass der Beteiligte zu 2. mit der ausschließlich an seine Kollegin adressierten E-Mail vom 12. Juni 2014 seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt haben könnte, erschließt sich dem Senat nicht einmal ansatzweise. Die E-Mail erschöpft sich weitgehend in Andeutungen und kritischen Nachfragen. Konkrete Tatsachen, die der Beteiligte zu 2. in seiner Funktion als Mitarbeiter der Geschäftsführung erfahren haben könnte, werden nicht mitgeteilt. Hinzu kommt, dass die Adressatin der E-Mail nach den Angaben des Antragstellers ohnehin mit denselben Themen befasst war wie der Beteiligte zu 2.

Ausgeschlossen ist der Antragsteller mit seinem Vortrag, die E-Mail des Beteiligten zu 2. vom 12. Juni 2014 dokumentiere eine „innere Kündigung“ und seinen Willen, sich während der Arbeitszeit der Planung seiner privaten Freizeitgestaltung zuwenden zu wollen. Es handelt sich um einen unzulässigen Austausch des Kündigungsgrundes. Es macht einen wesentlichen Unterschied, ob einem Mitarbeiter wegen einer angeblichen Beleidigung und Verschwiegenheitspflichtverletzung oder einer „inneren Kündigung“ bzw. seinem Verhältnis zur Arbeitszeit gekündigt werden soll. Auf die nunmehr geltend gemachten Kündigungsgründe hat sich der Antragsteller in dem für dieses Verfahren maßgeblichen Antrag auf Zustimmung zu der außerordentlichen Kündigung vom „18.06.2014“ nicht berufen.

3.

Schließlich rechtfertigt auch die E-Mail vom 14. Oktober 2013 keine außerordentliche Kündigung. Im Anhang zu dieser E-Mail sind zwar Textpassagen markiert worden, in denen der Antragsteller als selbstherrlich und rechthaberisch bezeichnet wird. Die Behauptung des Antragstellers, der Beteiligte zu 2. habe sich diese Textpassage zu eigen gemacht, erschöpft sich aber in einer bloßen Vermutung. Ob der Beteiligte zu 2. die Textpassagen überhaupt selbst markiert hat, hat der Antragsteller bisher nicht ermittelt. Selbst in diesem Fall wäre auch denkbar, dass der Beteiligte zu 2. die Kritik eines Dritten lediglich hervorheben wollte, ohne sie sich zu eigen zu machen. Unabhängig davon scheidet eine Kündigung wegen dieser E-Mail aus, weil keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass der Beteiligte zu 2. nicht darauf vertrauen durfte, dass seine Äußerungen nicht nach außen getragen und der Betriebsfrieden daher nicht gestört bzw. das Vertrauensverhältnis nicht zerstört werde (vgl. zum Schutz der vertraulichen Kommunikation: BAG, Urt. v. 10.12.2009, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.).

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Verfahren frei von Gebühren und Auslagen des Gerichts und eine Erstattung der Aufwendungen der Beteiligten nicht vorgesehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 83 Abs. 2 NPersVG i.V.m. §§ 92 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 72 Abs. 2 ArbGG).