Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 05.04.2001, Az.: 2 W 8/01

Anforderungen an die Durchführung eines Insolvenzverfahrens; Voraussetzungen für das Vorliegen von Insolvenzgründen; Anforderungen an einen Schuldenbereinigungsplan

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
05.04.2001
Aktenzeichen
2 W 8/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 29341
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2001:0405.2W8.01.0A

Fundstellen

  • DZWIR 2001, 338-342
  • EWiR 2001, 735
  • InVo 2001, 238-241
  • KTS 2002, 290
  • NJW-RR 2002, 196-199 (Volltext mit amtl. LS)
  • NZI 2001, 34
  • NZI 2001, 314-317
  • WM 2002, 1610-1614 (Volltext mit amtl. LS)
  • WuB 2003, 107-109
  • ZInsO 2001, 414-418 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Dem Schuldner kann die Erteilung der Restschuldbefreiung im Hinblick auf § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO auch dann versagt werden, wenn die Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat nicht in einem konkreten Zusammenhang mit dem aktuellen Insolvenzverfahren steht, in dem der Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt worden ist.

  2. 2.

    Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO kann von jedem beteiligten Gläubiger unabhängig von einer konkreten Benachteiligung durch das strafbare Verhalten des Schuldners gestellt werden.

  3. 3.

    Rechtskräftige Verurteilungen des Schuldners wegen einer Insolvenzstraftat nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind nur innerhalb der Tilgungsfristen der §§ 45 ff. BZRG zu berücksichtigen.

  4. 4.

    Im Falle einer Gesamtstrafenbildung darf hinsichtlich des Zeitraumes, innerhalb dessen eine Verurteilung der Erteilung der Restschuldbefreiung des Schuldners entgegen steht, nur die Tilgungsfrist bezüglich der Einzelstrafe herangezogen werden, die im Hinblick auf einen der Tatbestände der §§ 283 bis 283 c StGB verhängt worden ist; auf die Höhe der Gesamtstrafe kommt es demgegenüber nicht an.

Entscheidungsgründe

1

I.

In dem auf Antrag des Schuldners betriebenen Verbraucherinsolvenzverfahren hat das Insolvenzgericht nach Scheitern des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens das vereinfachte Insolvenzverfahren mit Beschl. v. 19.8.1999 wieder aufgenommen und den Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners zum Treuhänder bestellt. Nachdem der Treuhänder mit Schreiben v. 3.2.2000 dem Insolvenzgericht angezeigt hatte, dass das Verfahren einzustellen sei, weil die Masse zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nicht ausreiche, hat das Insolvenzgericht mit Schreiben v. 26.4.2000 den Gläubigern mitgeteilt, dass eine ausreichende Insolvenzmasse zur Erfüllung der Masseverbindlichkeiten (§ 208 InsO) nicht vorhanden sei und der Treuhänder deshalb die Einstellung des Verfahrens nach § 211 InsO beantragt habe. Vor der Aufhebung des Verfahrens sei deshalb im Hinblick auf einen vom Schuldner schon im Eröffnungsantrag gestellten Restschuldbefreiungsantrag über die Frage zu entscheiden, ob Versagungsgründe vorlägen, die der Erteilung einer Restschuldbefreiung schon jetzt entgegenstehen könnten. Den Gläubigern werde deshalb Gelegenheit gegeben, binnen einer Frist von zwei Wochen Gründe glaubhaft zu machen, aufgrund derer die Erteilung einer Restschuldbefreiung schon vor Eintritt in die Wohlverhaltensphase ausgeschlossen sein könne und entsprechende Versagungsanträge zu stellen. Zugleich hat das Insolvenzgericht die Veröffentlichung der Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Treuhänder verfügt.

2

Mit Schriftsatz v. 11.5.2000 hat daraufhin ein am Verfahren beteiligter Insolvenzgläubiger, nämlich der Praxisnachfolger des Rechtsanwalts, der den Schuldner 1992 in einem Strafverfahren wegen Bankrotts verteidigt hatte, beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung wegen der rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Bankrottdelikts im Jahre 1992 zu versagen. Gegen den Schuldner ist nach dem Gläubiger vorgelegten Strafurteil v. 3.8.1992 eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verhängt worden, bei der u.a. eine Verurteilung des Schuldners wegen einer Verletzung der Buchführungspflicht zu 40 Tagessätzen und eine Verurteilung des Schuldners wegen fehlender Bilanzen zu 60 Tagessätzen einbezogen worden sind. In dieser Verurteilung ist des Weiteren ein früheres Urteil des AG Celle berücksichtigt worden, in dem der Schuldner wegen Betruges in drei Fällen und wegen versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt worden war.

3

1.

Mit Beschl. v. 27.7.2000 hat das AG dem Schuldner die Restschuldbefreiung im Hinblick auf § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO versagt, weil er in dem Urteil des Schöffengerichts Celle v. 3.8.1992 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten mit Bewährung verurteilt worden sei. Gegen diesen Beschluss hat sich der Schuldner zunächst mit seiner Beschwerde v. 23.8.2000 gewandt, die das LG mit Beschl. v. 27.9.2000 zurückgewiesen hat.

4

Nachdem der Senat das Verfahren auf die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschl. des LG v. 27.9.2000 das Verfahren zunächst wegen der fehlenden Sachverhaltsdarstellung in dem landgerichtlichen Beschwerdebeschluss mit Beschl. v. 8.11.2000 (2 W 112/99) zurückverwiesen hatte, hat das LG mit Beschl. v. 22.12.2000 die Beschwerde des Schuldners erneut zurückgewiesen und dazu ausgeführt, dass jede Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat zu berücksichtigen sei, solange sie nicht aus dem Bundeszentralregister getilgt sei. Die Vorschrift des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO sei nicht dahingehend auszulegen, dass die Straftat, wegen derer der Schuldner verurteilt worden sei, im Zusammenhang mit dem laufenden Insolvenzverfahren stehen müsse. Auf § 175 Nr. 3 KO könne insoweit nicht zurückgegriffen werden; der Gesetzgeber habe trotz Kenntnis der Problematik des § 175 Nr. 3 KO i.d.F. des Wortlauts des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO keine entsprechenden Einschränkungen einfließen lassen, sodass eine Beschränkung auf Insolvenzstraftaten im Zusammenhang mit dem laufenden Insolvenzverfahren auch nicht in Betracht komme. Der Schuldner könne sich auf eine entsprechende Handhabung auch einstellen, er wisse, wann die Tilgung der Verurteilung im Bundeszentralregister erfolge.

5

2.

Gegen diese, seinem Verfahrensbevollmächtigten am 3.1.2001 zugestellte Entscheidung, wendet sich die am 16.1.2001 eingegangene sofortige weitere Beschwerde des Schuldners, mit der er geltend macht, dass die sofortige weitere Beschwerde zuzulassen sei, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des materiellen Rechts, nämlich der unzutreffenden Auslegung des § 290 InsO beruhe und die Zulassung weiterhin zur Rechtsfortbildung erforderlich sei. § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO sei nämlich so auszulegen, dass die Verurteilung wegen einer Straftat nach §§ 283 - 283c StGB nur dann zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führe, wenn das Verhalten des Schuldners kausal für die Benachteiligung der Gläubiger in dem konkreten Insolvenzverfahren geworden sei. Die Berücksichtigung einer Straftat nach den §§ 283 - 283c StGB, die in keinem Zusammenhang zu dem konkreten Insolvenzverfahren stehe, belaste den Schuldner in verfassungswidriger Art und Weise und verstoße gegen den Grundsatz der Resozialisierung des Schuldners. Ihm werde die Möglichkeit genommen, während der Tilgungsfrist des § 51 BZRG einen wirtschaftlichen Neuanfang zu machen und eine neue Lebensperspektive zu gewinnen. Unter Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens sei deshalb nicht nur auf das Verwertungsverbot des § 51 BZRG zu stellen, sondern allein darauf, ob die Straftat im Zusammenhang mit dem laufenden Insolvenzverfahren gestanden habe.

6

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zuzulassen. Der Schuldner hat mit seinem Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels eine Gesetzesverletzung ausgeführt, deren Nachprüfung zur Sicherung einer inhaltlichen Rechtsprechung erforderlich ist (zu den Zulassungsvoraussetzungen der sofortigen weiteren Beschwerde nach § 7 Abs. 1 InsO - und nicht nach § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO analog, wie der Schuldner fälschlich meint - s. Prütting in: Kübler/Prütting InsO, 8. Lfg. 11/00, § 7 Rn. 11.) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Schuldner die Restschuldbefreiung schon vor Eintritt in das förmliche Restschuldbefreiungsverfahren zu versagen ist, weil er einen der Versagungsgründe nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO verwirklicht hat, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren bislang nicht abschließend geklärt. Zwar hat der Senat in der in diesem Verfahren bereits ergangenen Aufhebungsentscheidung v. 8.11.2000 (2 W 112/00, veröffentlicht in ZInsO 2000, 667 = NZI 2001, 155 = Nds. Rpfl. 2001, 86) bereits ausgeführt, dass einiges dafür sprechen könnte, dass bei der Berücksichtigung früherer Verurteilungen des Schuldners wegen einer Insolvenzstraftat die Tilgungsfristen des BZRG zu berücksichtigen sind und dass keine uneingeschränkte Berücksichtigung jeder Verurteilung wegen einer Straftat aus dem Katalog der §§ 283 - 283c StGB unabhängig von der Tilgung der Verurteilung im Bundeszentralregister in Betracht kommt. Ob letztlich allein der Ablauf der Tilgungsfrist entscheidend ist, oder aber auch der Bezug zum konkreten Insolvenzverfahren zu berücksichtigen ist, hat der Senat in dem Beschluss mangels Entscheidungserheblichkeit jedoch zunächst offen gelassen. Nachdem nunmehr das LG in verfahrensrechtlich einwandfreier Art und Weise über die Frage entschieden hat, bis zu welchem Zeitpunkt Verurteilungen wegen einer Insolvenzstraftat zu berücksichtigen sind, ist der Senat gehalten, die sofortige weitere Beschwerde zuzulassen. Es handelt sich um eine Frage von grundlegender Bedeutung, deren höchstrichterliche Klärung bislang noch aussteht. Der Beschwerdeführer hat auch eine Gesetzesverletzung durch das LG geltend gemacht, in dem er ausgeführt hat, das LG habe verkannt, dass § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO verfassungskonform dahingehend auszulegen sei, dass nur solche Verurteilungen berücksichtigt werden könnten, die einen Bezug zu dem konkreten Insolvenzverfahren hätten. Dass es sich um eine Frage von allgemeiner Bedeutung handelt, die über das einzelne Insolvenzverfahren hinaus geht, ergibt sich i.Ü. auch aus der Tatsache, dass die Rechtsfrage, bis zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Voraussetzungen frühere Verurteilungen wegen einer Insolvenzstraftat zu berücksichtigen sind, im Schrifttum unterschiedlich gesehen wird (s. zu den verschiedenen Auffassungen, Senat, Beschl. v. 8.11.2000 - 2 W112/00, ZInsO 2000, 667, 668)[OLG Celle 08.11.2000 - 2 W 112/00]. Bestehen im Schrifttum bzgl. einer Frage der Auslegung der InsO unterschiedliche Auffassungen, die ernsthaft vertreten werden, so gibt auch dies Veranlassung, bei einer im Rechtsbeschwerdeverfahren noch nicht geklärten Frage die sofortige weitere Beschwerde zuzulassen, um zu einer Klärung der Rechtsfrage zu kommen (s. dazu Pape, NJW 2001, 23, 24 f.).

7

III.

Die sofortige weitere Beschwerde ist auch begründet. Der Beschwerdeführer ist durch die Entscheidung des LG in seinen Rechten verletzt. Entgegen der Auffassung des LG steht die Verurteilung aus dem Jahre 1992 der Erteilung der Restschuldbefreiung in dem 1999 eingeleiteten Verbraucherinsolvenzverfahren nicht entgegen.

8

1.

Zwar ist die Verurteilung des Schuldners nach § 46 Abs. 1 Nr. 2b BZRG noch nicht zu tilgen gewesen, weil es sich um eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten und weniger als einem Jahr handelt. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an, weil diese Freiheitsstrafe nur durch eine Gesamtstrafenbildung zustande gekommen ist, bei der in die Freiheitsstrafe auch die Verurteilung wegen mehrerer Betrugsdelikte mit einbezogen worden ist. Bei der gebotenen isolierten Betrachtung Verurteilung wegen Straftaten nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 und 7 StGB hätte die Tilgungsfrist des § 46 Abs. 1 Nr. 1a StGB angewendet werden müssen, die von einer Tilgung nach fünf Jahren ausgeht. Diese Frist wäre auch dann zugrunde zu legen, wenn man von einer Gesamtstrafenbildung allein wegen der Delikte nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7 StGB ausgehen wollte, die hier ebenfalls nicht zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen geführt hätte.

9

2.

Allein auf die Tilgungsfrist der Verurteilung nach §§ 283 - 283c StGB kommt es an, weil nach dem Willen des Gesetzgebers für die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur die rechtkräftige Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat, nicht jedoch die rechtskräftige Verurteilung wegen anderer Straftaten maßgeblich ist. Ob dabei im Fall mehrer Verurteilungen aus dem Bereich der Insolvenzdelikte auch die Einzeltaten maßgeblich sind oder insoweit eine (fiktive) Gesamtstrafe zu bilden ist, lässt der Senat im Hinblick auf die Ausführungen unter III.1. offen.

10

a)

Entgegen der Auffassung des Schuldners ist allerdings nicht davon auszugehen, dass ein konkreter Zusammenhang zwischen der Insolvenzstraftat und dem Insolvenzverfahren, in dem der Schuldner die Restschuldbefreiung beantragt hat, gegeben sein muss. Das LG ist insofern zutreffend davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine entsprechende Beschränkung in das Gesetz nicht aufgenommen hat. Zwar trifft der Hinweis zu, nach § 175 Nr. 3 KO sei eine Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat nur dann zu berücksichtigen gewesen, wenn sie sich auf das konkrete Konkursverfahren bezogen oder zumindest im Zusammenhang mit diesem Verfahren gestanden habe (s. Hess, KO, 6. Aufl., § 175 Rn. 14; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 175 Rn. 5). Auch ist es richtig, dass im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die Insolvenzstraftat müsse sich auf das konkrete Insolvenzverfahren beziehen, damit sie bei der Versagung der Restschuldbefreiung berücksichtigt werden könne (s. Ahrens, in: Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 290 Rn. 10 ff. und ders., in: Kohte/Ahrens/Grote, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenzverfahren, § 290 Rn. 7 ff.; Landfermann, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 290 Rn. 3 f.). Dieser Auffassung kann aber im Hinblick auf die sehr weit gehaltene Fassung des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht gefolgt werden. Dem Gesetzgeber war bekannt, dass im Fall des § 175 Nr. 3 KO nur die Verurteilung wegen eines Bankrottdelikt zur Unzulässigkeit des Zwangsvergleichs führen sollte, wenn diese Verurteilung im Zusammenhang mit dem konkreten Konkursverfahren stand. Trotz dieser Kenntnis hat der Gesetzgeber § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht dahingehend eingeschränkt, dass es sich um eine Insolvenzstraftat handeln muss, die einen Bezug zu dem konkreten Insolvenzverfahren hat. Ausreichend ist vielmehr nach dem Gesetzeswortlaut jede rechtskräftige Verurteilung wegen einer Straftat nach den §§ 283 - 283c StGB.

11

Aus der Begründung der Vorschrift (abgedruckt bei Kübler/Prütting, Das neue Insolvenzrecht, RWS Dokumentation 18, 2. Aufl., S. 545 f.) ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber auf einen konkreten Zusammenhang zwischen der Verurteilung und dem Insolvenzverfahren herstellen wollte. Die früheren Parallelvorschriften aus der KO und der VerglO sind zwar genannt, ohne dass jedoch eine solche Einschränkung in der Begründung übernommen worden ist. Vielmehr weist die Begründung lediglich darauf hin, dass das Insolvenzgericht von der Pflicht entlastet werden solle, sich mit den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat zu befassen. Wenn aber der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass allein die Rechtskraft der Verurteilung und das Vorliegen eines Tatbestandes der §§ 283 - 283c StGB ausreichen sollen, um zu einem Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu kommen - Verurteilungen wegen anderer Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren stehen, reichen nach allgemeiner Auffassung nicht aus, um einen Versagungstatbestand nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu begründen (vgl. etwa Ahrens, in: Kohte/Ahrens/Grote, a.a.O., § 290 Rn. 11; Krug/Haarmeyer, in: Smid, InsO, § 290 Rn. 11; Römermann, in: Nehrlich/Römermann, InsO, § 290 Rn. 35 f.; Wenzel, in: Kübler/Prütting, InsO, § 290 Rn. 9) -, spricht wenig dafür, dem Insolvenzgericht gleichwohl die Pflicht aufzuerlegen, einen unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang zwischen der Verurteilung wegen der Insolvenzstraftat und dem laufenden Insolvenzverfahren, in dem die Restschuldbefreiung beantragt wird, festzustellen. Ein solches Verlangen würde bedeuten, dass das Insolvenzgericht doch wieder gehalten ist, sich inhaltlich mit der strafrichterlichen Verurteilung auseinander zu setzen und diese auf einen entsprechenden Zusammenhang zu überprüfen. Wenn der Gesetzgeber eine solche Überprüfung gewollt hätte, hätte nichts näher gelegen, als eine entsprechende Regelung in das Gesetz aufzunehmen. Der Hinweis, das Insolvenzgericht solle von der Pflicht zur inhaltlichen Überprüfung der Verurteilung befreit sein, spricht deshalb dafür, diese fehlende Überprüfungspflicht auch im Hinblick auf den Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren anzunehmen.

12

Ein Zusammenhang zwischen dem konkreten Insolvenzverfahren und der Verurteilung im Strafverfahren kann deshalb nach Auffassung des Senats nicht verlangt werden, wie es auch nicht darauf ankommt, dass der antragstellende Gläubiger durch die Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat konkret geschädigt ist, sondern vielmehr jeder Gläubiger den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO geltend machen kann.

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b)

Nicht gefolgt werden kann auch der Auffassung von Wenzel (in: Kübler/Prütting, InsO, 5. Lfg. 11/99, § 290 Rn. 8 ff.), der meint, für die Berücksichtigung einer strafrechtlichen Verurteilung nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO bestehe gar keine zeitliche Beschränkung; derjenige, der sich eine der genannten Straftaten habe zuschulden kommen lassen, habe seine Rücksichtslosigkeit gegenüber den Interessen seiner Gläubiger in einem derartigen Ausmaß offenbart, dass er die nur für einen redlichen Schuldner geschaffene Restschuldbefreiungsmöglichkeit niemals für sich in Anspruch nehmen könne. Von einem derartig weitreichenden Ausschluss der Restschuldbefreiung im Hinblick auf eine Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat bzw. eines früheren Bankrottdelikts kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil gerade im Rahmen des § 290 InsO der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist. Dieser Grundsatz gebietet es, zumindest irgendeine zeitliche Sperre einzuführen, die frühere Verurteilungen wirkungslos macht, da anderenfalls Schuldnern selbst Jahrzehnte zurückliegende Verurteilungen zum Nachteil gereichen können, obwohl sie sich von ihren früheren Verhaltensweisen völlig gelöst haben und nur aufgrund unglücklicher Lebensumstände in eine Situation geraten sind, in der sie auf die Erteilung einer Restschuldbefreiung angewiesen sind.

14

Zwar ist nach § 1 Satz 2 InsO auch die Redlichkeit des Schuldners eine Voraussetzung für die Erteilung der Restschuldbefreiung. Diese abstrakte Bestimmung kann deshalb auch als Beleg dafür genommen werden, dass es nicht gegen die Intentionen des Gesetzgebers verstößt, im Rahmen des § 290 Abs. 1 InsO auch solche Verurteilungen zu berücksichtigen, bei denen ein konkreter Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren nicht sofort ins Auge springt. Eine vollständige Loslösung von dem strafrechtlichen Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ist jedoch im Hinblick auf die dem Schuldner einzuräumende Chance, sich zu ändern und zu bessern, nicht adäquat. Auch wenn Wenzel (in: Kübler/Prütting, a.a.O., § 290 Rn. 8a) nach dem zuvor Ausgeführten zuzugeben ist, dass ein konkreter Bezug zu dem laufenden Insolvenzverfahren nicht festgestellt werden muss, kommt eine Versagung der Restschuldbefreiung wegen einer früheren Verurteilung nach den § 283 - 283c StGB ohne Rücksicht auf die Tilgungsfristen gleichwohl nicht in Betracht.

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c)

Der Senat sieht vielmehr die Tilgungsvorschriften der §§ 45 ff. BZRG als geeignete Kriterien an, um die Grenzen zu bestimmen, innerhalb derer eine Verurteilung des Schuldners noch zu berücksichtigen ist (ähnlich im Schrifttum auch Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, S. 121 f.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 2. Aufl., Rn. 26, 19; Hess, InsO, § 290 Rn. 27; Hoffmann, Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung, S. 14; Römermann, in: Nehrlich/Römermann, InsO, § 290 Rn. 33 f.). Die Tilgungsvorschriften des BZRG sind grds. geeignet, die zeitlichen Grenzen zu bestimmen, innerhalb derer strafrechtliche Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat zu berücksichtigen sind. Mit einer entsprechenden zeitlichen Beschränkung wird einerseits dem auch in § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO verankerten Grundsatz Rechnung getragen, dass nur dem redlichen Schuldner die Restschuldbefreiung bewilligt werden soll. Andererseits verhindert die Heranziehung dieser Vorschriften den völlig konturenlosen und zeitlich unbegrenzten Ausschluss derjenigen Schuldner vom Restschuldbefreiungsverfahren, die wegen einer Insolvenzstraftat verurteilt worden sind. Mit ihrer Heranziehung können sich auch solche Schuldner, gegen die eine entsprechende Verurteilung vorliegt, darauf einrichten, dass sie ab einem bestimmten Zeitpunkt einen Eigenantrag mit der Aussicht auf Restschuldbefreiung stellen können, ohne dass ihnen ihre frühere Verurteilung zum Nachteil gereicht. Diese exakte zeitliche Fixierung, die nicht gegeben wäre, wenn man einen konkreten Zusammenhang zwischen der Straftat und dem betroffenen Insolvenzverfahren verlangt, weil in diesem Fall immer die Frage vom Gericht zu entscheiden wäre, ob ein solcher Zusammenhang gegeben ist oder nicht, erscheint dem Senat aus Gründen der Rechtsklarheit geboten. Sie berücksichtigt einerseits, dass dem Schuldner durch einen zeitlich befristeten Ausschluss von der Möglichkeit der Restschuldbefreiung vor Augen geführt wird, dass er mit der Begehung eines Deliktes der §§ 283 ff. InsO derart schwerwiegend gegen die Interessen der Gläubiger verstoßen hat, dass er zunächst keine Restschuldbefreiung in Anspruch nehmen kann. Andererseits wird vermieden, dass etwa Auslegungsstreitigkeiten um die Frage entstehen, ob es für einen Zusammenhang zwischen der Restschuldbefreiung und der Straftat, wegen derer der Schuldner verurteilt ist, bereits ausreicht, dass in dem Verfahren, in dem die Verurteilung erfolgt ist, Verbindlichkeiten begründet worden sind, die der Schuldner jetzt zum Gegenstand des Restschuldbefreiungsverfahrens macht.

16

Der Senat ist jedoch im Hinblick auf die einschneidenden Wirkungen, welche die Versagung der Restschuldbefreiung wegen jeder in Betracht kommenden Insolvenzstraftat ggf. auch ohne konkreten Bezug zum aktuellen Insolvenzverfahren hat, der Auffassung, dass nicht allein das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG entscheidend sein kann, sondern vielmehr die Tilgungsfristen des § 46 Abs. 1 BZRG maßgeblich sind. Bei der alleinigen Berücksichtigung des Verwertungsverbotes des § 51 BZRG würden - wie im vorliegenden Fall - auch Verurteilungen wegen anderer Straftaten als der §§ 283 - 283c StGB zu berücksichtigen sein, sofern diese im Rahmen einer Gesamtstrafenbildung in die Verurteilung eingeflossen sind und aufgrund der Gesamtstrafenbildung eine längere Tilgungsfrist eintritt, als die Tilgungsfrist, die sich allein aufgrund der Verurteilung wegen eines Insolvenzdeliktes ergibt. Mittelbar würden bei einer solchen Betrachtungsweise doch wieder Verurteilungen wegen anderer Straftaten berücksichtigt werden. Diese anderen Straftaten müssten nicht einmal gegen das Vermögen gerichtet sein, sondern könnten auch aus ganz anderen Bereichen stammen; entscheidend wäre nur, dass sie zu einer Gesamtstrafenbildung geführt haben, die zu eine längere Tilgungsfrist ausgelöst hat, als sie bei dem reinen Insolvenzdelikt in Ansatz zu bringen gewesen wäre. Eine solche Betrachtungsweise erscheint dem Senat im Hinblick auf die Tatsache, dass nach dem eindeutigen Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur Verurteilungen wegen Insolvenzdelikten zur Versagung der Restschuldbefreiung führen sollen, nicht angebracht. Entscheidend muss vielmehr sein, welche Tilgungsfrist bzgl. des Teils der Verurteilung bei einer Gesamtstrafenbildung hypothetisch in Ansatz zu bringen ist, der auf die Insolvenzstraftat entfällt. Nur während dieser Frist steht die Verurteilung der Erteilung der Restschuldbefreiung entgegen und kann in Verfahren nach den §§ 289, 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO mit Aussicht auf Erfolg von einem Gläubiger geltend gemacht werden.

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Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Verurteilung des Schuldners wegen der Bankrottdelikte des § 283 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 1 Nr. 7 InsO im Jahre 1992 der Erteilung der Restschuldbefreiung in dem im Jahre 1999 beantragten Insolvenzverfahren nicht mehr entgegen steht, weil diese Verurteilungen bei isolierter Betrachtung gem. § 46 Abs. 1 Nr. 1a BZRG nach fünf Jahren hätten getilgt werden müssen. Es handelte sich bei den Einzelstrafen um Geldstrafen von 40 bzw. 60 Tagessätzen, die Grenze von nicht mehr als 90 Tagessätzen haben beide Verurteilungen - auch bei einer fiktiven Gesamtstrafenbildung - nicht überschritten, sodass bei der nach Auffassung des Senats gebotenen insolierten Betrachtungsweise auch keine Berücksichtigung über die Dauer von fünf Jahren hinaus angebracht ist.

18

Der Senat geht davon aus, dass mit dieser Betrachtungsweise auch der Schwere der strafrechtlichen Verurteilung wegen der Insolvenzstraftat Rechnung getragen wird. Handelt es sich um eine vergleichsweise geringe Geldstrafe, ist eine Berücksichtigung nach Ablauf von fünf Jahren nicht mehr geboten. Handelt es sich um eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe im unteren bis mittleren Bereich, so tritt gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRG eine Sperre für die Dauer von zehn Jahren, beginnend ab Rechtskraft der Verurteilung bis zur Stellung des Insolvenzantrags ein. Erfolgt eine Verurteilung, die derart schwerwiegend ist, dass die Grenzen des § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRGüberschritten werden, so ist auch eine fünfzehnjährige Sperre gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG gerechtfertigt. Um zu verhindern, dass andere Straftatbestände berücksichtigt werden, die mit den §§ 283 - 283c StGB nichts zu tun haben, ist aber stets nur die Verurteilung eines Insolvenzdeliktes zu berücksichtigen; auf eine Gesamtstrafe, in die andere Tatbestände eingeflossen sind, kommt es nicht an.

19

Die sofortige weitere Beschwerde hat deshalb Erfolg, dem Schuldner ist auf seinen Antrag gem. § 291 Abs. 1 InsO anzukündigen, dass er die Restschuldbefreiung erlangt, wenn er sich innerhalb der Wohlverhaltensphase keine Versagungsgründe zuschulden kommen lässt.

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IV.

Der Senat merkt in diesem Zusammenhang vorsorglich an, dass gegen das vom Insolvenzgericht gewählte Verfahren i.Ü. keine Bedenken bestehen. Die schriftliche Anhörung der Gläubiger zu dem Antrag auf Restschuldbefreiung ohne Anberaumung eines Schlusstermins nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Treuhänder ist im Hinblick auf § 312 Abs. 2 InsO als schlüssige Anordnung der schriftlichen Durchführung des Verfahrens anzusehen.

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Das Antragsverfahren nach § 289 Abs. 1 InsO ist allerdings im Fall des Versagungsantrags eines Gläubigers nach § 290 InsO als streitiges Verfahren zu führen, in dem der antragstellende Gläubiger zu beteiligen ist. Dies gilt insbesondere auch für das Beschwerdeverfahren, das entgegen der vom LG geübten Praxis nicht als gegnerloses Verfahren, sondern vielmehr als Streitverfahren zu führen ist. Schließlich sind dem widersprechenden Gläubiger auch die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn sein Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung erfolglos bleibt.