Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 18.04.2001, Az.: 10 W 13/00
Berufsbetreuer; Aufwendungsersatz; Kontaktstudium; Fachhochschule; Abschlussprüfung ; Vergütungserhöhung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 18.04.2001
- Aktenzeichen
- 10 W 13/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 21578
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:0418.10W13.00.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1 BVormVG
- § 1836a BGB
Amtlicher Leitsatz
Ein Kontaktstudium an einer Fachhochschule, das der wissenschaftlichen Vertiefung und Ergänzung berufspraktischer Erfahrungen eines Betreuers dient, erfüllt ohne eine erfolgreiche Abschlussprüfung nicht die Voraussetzungen für die Erhöhung der Vergütung eines Berufsbetreuers auf 60 DM gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG.
Tenor:
Dem Beteiligten zu 1 wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde gewährt.
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 5. September 2000 wird zurückgewiesen.
Der weitere Beteiligte zu 1 trägt auch die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Beschwerdewert: bis 500, - DM.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 7. April 2000 hat das Amtsgericht unter Zurückweisung eines weitergehenden Antrages zugunsten der ....... (Beteiligter zu 1) für die Tätigkeit der Vereinsbetreuerin ....... in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. März 2000 in der hier in Rede stehenden Betreuungssache einen Betrag in Höhe von insgesamt 1. 321, 40 DM als Vergütung und Aufwendungsersatz aus der Staatskasse festgesetzt. Dabei hat das Amtsgericht einen Stundensatz in Höhe von 45, - DM für die ausgeübte Tätigkeit zugrunde gelegt.
Hiergegen wendet sich die Gesellschaft, die geltend macht, im Hinblick auf die durch ihre Vereinsbetreuerin in der Zwischenzeit abgeschlossene Ausbildung müsse bei der Vergütung ein Stundensatz in Höhe von 60, - DM zum Tragen kommen. Die darauf gestützte Beschwerde hat das Landgericht Hannover mit Beschluss vom 5. September 2000 ( Bl. 219 d. A. ) unter Zulassung der weiteren Beschwerde zurückgewiesen.
Mit der sofortigen weiteren Beschwerde, für die ihm der Senat Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels gewährt hat, hält der Verein an seinem weitergehenden Vergütungsbegehren fest und ist der Ansicht, das Amtsgericht und ihm folgend das Beschwerdegericht hätten den gesetzlich vorgegebenen Vergütungsrahmen zu seinem Nachteil nicht ausgeschöpft.
II.
Indessen hat das Rechtsmittel in der Sache keinen Erfolg, weil die Vorinstanzen den unstreitigen Sachverhalt vergütungsrechtlich zutreffend gewürdigt haben, wonach dem Führer der weiteren Beschwerde bei der Vergütung der Tätigkeit seiner Vereinsbetreuerin in dieser Betreuungssache nicht mehr als 45, - DM je Stunde zustehen.
Soweit der Beteiligte zu 1 demgegenüber weiterhin auf die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG in der Fassung des hier heranzuziehenden Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1580, 1586) verweist, ist ihm entgegen zu halten, dass die Tätigkeit seiner Mitarbeiterin diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Die angeführte Regelung steht im Gesamtkontext von Bestimmungen der §§ 1 und 2 BVormVG, mit denen der Gesetzgeber die Vergütungen auch für einen Berufsbetreuer, soweit eine Vergütung nach § 1836 a BGB aus der Staatskasse zu gewähren ist, umfassend und abschließend durch Bestimmung von gestaffelten Stundensätzen näher festgelegt hat. Danach besteht zunächst der Grundsatz (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG), dass für die Betreuungstätigkeit von einem Stundensatz in Höhe von 35, - DM auszugehen ist. Allerdings kommt unter den weiteren Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG auch eine höhere Vergütung in Betracht. Diese hängt zum einen davon ab, ob der jeweilige Betreuer tatsächlich besondere Kenntnisse erworben hat, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind. Zum anderen ist für die Höhe des Stundensatzes weiter notwendig, dass der jeweilige Betreuer seine Kenntnisse in einer abgeschlossenen Ausbildung erworben hat. Dieses eher formale Kriterium (vgl. hierzu auch Barth/Wagenitz, Zur Neuordnung der Vergütung in Betreuungssachen, BtPrax 1996, 118, 120 ) wird, soweit ein Vergütungssatz in Höhe von 60, - DM zugebilligt werden soll, gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG nur erfüllt, wenn die Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbar abgeschlossene Ausbildung erworben sind. Dadurch wird verdeutlicht - und zudem durch den Vergleich mit der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG, die einen Stundensatz in Höhe von 45, - DM ermöglicht, unterstrichen - , dass die jeweiligen Fachkenntnisse in einem staatlich reglementierten oder zumindest staatlich anerkannten Verfahren erlangt und mit einer vom Staat oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft abgenommenen oder kontrollierten Prüfung nachgewiesen sein muss (Barth/Wagenitz, a. a. 0. ). Entsprechend verhalten sich auch die bundesrechtlichen Vorgaben (§ 2 BVormVG ) zu Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen von Berufsbetreuern, die im Falle landesrechtlicher Sonderregelungen ebenfalls eine staatliche oder zumindest staatlich kontrollierte Prüfung für einen höheren Stundensatz als den nach der Grundregel des § 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG vorschreiben.
Für die Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG und damit die Zubilligung des hier erstrebten Stundensatzes in Höhe von 60, - DM folgt daraus, dass der Berufsbetreuer seine Fachkenntnisse entweder durch den erfolgreichen Abschluss einer Hochschulausbildung oder durch eine in der Wertigkeit gleichstehende Ausbildung mit formalem Abschluss erlangt haben muss (BayObLG BtPrax 2000, 32, 33). Diese Voraussetzungen haben die Vorinstanzen in der Person der hier betroffenen Berufsbetreuerin zutreffend verneint. Unzweifelhaft hat sie kein Hochschulstudium absolviert. Ihr beruflicher Werdegang lässt auch keine dem in der Wertigkeit gleichstehende Ausbildung mit entsprechendem Prüfungsabschluss erkennen. Die Betreuerin hat sich seinerzeit zur zahnärztlichen Helferin ausbilden lassen und danach in der Zeit vom 8. Oktober 1998 bis zum 20. Januar 2000 an einem Kontaktstudiengang "Betreuerqualifikation" der Fachhochschule ....... ...... teilgenommen. Dieses Kontaktstudium, das sich nach dem vorgelegten Kontaktstudienbrief über drei Semester und insgesamt 348 Unterrichtsstunden erstreckt, "dient der wissenschaftlichen Vertiefung und Ergänzung berufspraktischer Erfahrungen . . . . " (Bl. 199 d. A. ). Eine Abschlussprüfung hat nicht stattgefunden, da, wie die weitere Beschwerde zugesteht, eine solche zur Erlangung des Kontaktstudienbriefes nicht vorgesehen ist. Insgesamt handelt es sich danach eher um eine mit Erfolg durchgeführte Maßnahme beruflicher Qualifizierung und Fortbildung, die weder nach Art und Umfang noch nach ihrer Zielsetzung mit einem Hochschulstudium gleichgesetzt werden kann.
Soweit die weitere Beschwerde dem entgegenhält, die mit dem Kontaktstudium erworbenen Fachkenntnisse für eine berufsmäßige Betreuung gingen weit über das hinaus, was bei "jedem üblichen Hochschulstudium" vermittelt werde, wird nicht hinreichend gewichtet, dass der Hochschulabschluss neben der Sach- und Fachkunde ein zusätzliches Kriterium darstellt, das für die Höhe des Stundensatzes aber nach dem Willen des Gesetzgebers mit heranzuziehen ist, das die Berufsbetreuerin im vorliegenden Fall indessen nicht erfüllt.
Entgegen der Ansicht der weiteren Beschwerde kann dies im Ergebnis auch nicht dazu führen, dass unter Vernachlässigung des Kriteriums eines Hochschulabschlusses oder eines gleichwertigen Abschlusses im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG schon eine auf die Betreuertätigkeit gerichtete berufliche Qualifizierung mit entsprechender Zielsetzung für die Tätigkeit eines Berufsbetreuers den höchst möglichen Stundensatz begründen kann. Für eine im Hinblick auf den klaren Wortlaut und Sinnzusammenhang der Bestimmungen in § 1 BVormVG allenfalls in Betracht kommende analoge Anwendung fehlt es hier an der notwendigen Regelungslücke. Dem steht bereits entgegen, dass der Bundesgesetzgeber in § 2 BVormVG zu Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen von Berufsbetreuern den Bundesländern ausdrücklich eine gesetzgeberische Möglichkeit eröffnet hat, die Stundensätze abweichend von den Regelungen in § 1 BVormVG zu regeln und damit auch für erfolgreiche berufliche Qualifizierungen ohne Hochschulabschluss oder vergleichbaren Abschluss höhere Stundensätze festzulegen. Allein der Umstand, dass der zuständige niedersächsische Landesgesetzgeber von dieser bundesrechtlichen Befugnis keinen Gebrauch gemacht hat, begründet keine Handhabe, dem durch entsprechende Heranziehung von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormG im Sinne der weiteren Beschwerde abzuhelfen.
Die Kostenentscheidung für das nach alledem erfolglose Rechtsmittel beruht auf §§ 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO, 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, § 30 Abs. 2 Satz 2 KostO.