Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.04.2017, Az.: 9 LC 31/16

Abfallbeseitigungsgebühren; Duldungsbescheid; Duldungspflicht; Erschließungsbeitrag; Grundsteuer; Grundstückseigentümer; Haftung; öffentliche Last; steuerliche Nebenleistung; Rangklasse; Ratenzahlung; Steuer; Stundungszinsen; Verwaltungskosten; Vorausleistungen; Zwangsversteigerung; Zwangsvollstreckung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.04.2017
Aktenzeichen
9 LC 31/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54223
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 13.01.2016 - AZ: 1 A 176/15

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Eigentümer eines Grundstücks hat nach § 77 Abs. 2 Satz 1 AO die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz wegen Stundungszinsen für Grundsteuern, für Erschließungsbeiträge und für Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag nicht zu dulden.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichter der 1. Kammer - vom 13. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Duldungsbescheid wegen Stundungszinsen.

Sie ist Eigentümerin der drei Buchgrundstücke

Flurstück 106/1, Flur 4, Gemarkung F.

Flurstücke 106/2 und 138/63, Flur 4, Gemarkung F.

Flurstück 62/7, Flur 4, Gemarkung F..

Die Beklagte zog den Voreigentümer der Grundstücke, Herrn G. H., zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag und zu Erschließungsbeiträgen heran. Für die jeweiligen Forderungen gewährte sie ihm Ratenzahlungen, ebenso für Grundsteuern und Abfallbeseitigungsgebühren für bestimmte Jahre sowie für Verwaltungskosten für einen Widerspruchsbescheid. Die Klägerin erwarb in den Jahren 2006/07 die Grundstücke von Herrn G. H.. Die letzte Rate der gestundeten Forderungen wurde am 28. Februar 2014 entrichtet.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. Juli 2014 setzte die Beklagte gegenüber Herrn G. H. Stundungszinsen in Höhe von 15.443,- EUR für die Ratenzahlungen in den Jahren 2003 bis 2014 fest. Der Betrag setzt sich zusammen aus Zinsen in Höhe von

64,- EUR für Verwaltungskosten für den Widerspruchsbescheid,

10,- EUR für Abfallbeseitigungsgebühren für das 4. Quartal 2003,

647,- EUR für Grundsteuerrückstände der Jahre 2000 bis 2003,

12.465,- EUR für Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag,

2.257,- EUR für Erschließungsbeiträge.

Mit Duldungsbescheid vom 24. Juni 2015 verpflichtete die Beklagte die Klägerin wegen der Stundungszinsen in Höhe von 15.443,- EUR zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das Flurstück 106/1 in Höhe von 3.946,36 EUR, in die Flurstücke 106/2 und 138/63 in Höhe von 5.466,31 EUR und in das Flurstück 62/7 in Höhe von 6.030,33 EUR. Zur Begründung führte sie aus, dass Herr G. H. die Stundungszinsen nicht gezahlt habe. Ein Vollstreckungsverfahren sei erfolglos geblieben. Die Klägerin sei als Grundstückseigentümerin gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d) NKAG in Verbindung mit § 77 Abs. 2 AO verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz wegen rückständiger Beträge, die als öffentliche Lasten auf dem Grundstück ruhten, zu dulden. Sinn und Zweck des Tatbestands der Duldung bestünden darin, die Inanspruchnahme eines Dritten zu ermöglichen, wenn Zahlungen vom persönlich Zahlungspflichtigen nicht zu erlangen seien. Das Interesse der Klägerin an der Nichtinanspruchnahme sei daher geringer als das öffentliche Interesse an der Realisierung der Einnahmen.

Die Klägerin hat am 28. Juli 2015 gegen den Duldungsbescheid Klage erhoben.

Die Beklagte hat am 25. August 2015 wegen der Stundungszinsforderungen beim Amtsgericht I. die Anordnung der Zwangsversteigerung in die drei Grundstücke der Klägerin mit der Maßgabe beantragt, dass ihre Ansprüche der Rangklasse 3 nach § 10 ZVG zugeordnet werden. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 abgelehnt. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Landgericht J. diesen Beschluss mit Beschluss vom 30. Dezember 2015 (5 T 731/15 u. a.) aufgehoben und dem Amtsgericht die Anordnung der Zwangsversteigerung in die Grundstücke der Klägerin übertragen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zinsen aus einer öffentlichen Last gewährten wie diese ein Recht auf Befriedigung in der Rangklasse 3. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG genössen Zinsen dieses Vorrecht für die laufenden Beträge und Rückstände aus den letzten beiden Jahren. Da die Zinsansprüche der Beklagten infolge der Bekanntgabe des Festsetzungsbescheids vom 29. Juli 2014 erstmals Anfang September 2014 fällig geworden seien, liege der Fälligkeitszeitpunkt innerhalb der letzten beiden Jahre. Das Amtsgericht I. hat das Zwangsversteigerungsverfahren auf Antrag der Beklagten mit Blick auf die anhängige Klage gegen den Vollstreckungstitel - den Duldungsbescheid - einstweilen eingestellt.

Mit ihrer Klage gegen den Duldungsbescheid hat die Klägerin geltend gemacht, dass eine Zwangsversteigerung für die Beklagte wegen einer zwischenzeitlich eingetragenen, vorrangigen Grundschuld zugunsten einer Bank aussichtslos sei. Die Beklagte nutze eine formale Rechtsposition aus. Die zwischen ihr und der Beklagten geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung betreffe nur die Hauptforderung. Der Beklagten sei keine Verzinsung angeboten worden. Daher sei die Geltendmachung von Stundungszinsen im Wege eines Duldungsbescheids rechtsmissbräuchlich.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2015 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert, die Ratenzahlung sei nicht mit der Klägerin vereinbart worden, sondern Herrn G. H. gewährt worden. Die Frage der Bevorrechtigung in einer Zwangsversteigerung sei für das vorliegende Verfahren unerheblich.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 13. Januar 2016 stattgegeben. Es hat den angefochtenen Duldungsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach §§ 1 Abs. 2, 191 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AO könne derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet sei, die Vollstreckung zu dulden, durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 AO habe der Eigentümer wegen einer Steuer, die als öffentliche Last auf dem Grundbesitz ruhe, die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz zu dulden. Zwar ruhe gemäß § 12 GrStG die Grundsteuer als öffentliche Last auf dem Grundstück. Jedoch erfasse die Vorschrift nicht auch Zinsen für die Stundung der Grundsteuer. Sie stelle nach dem Wortlaut auf die „Grundsteuer“ ab. Stundungszinsen beruhten zudem nicht auf dem Grundsteuergesetz, sondern auf §§ 234 Abs. 1 Satz 1 AO, 238 Abs. 1 Satz 1 AO. Eine Vorschrift, die anordne, dass auch Stundungszinsen im Allgemeinen oder speziell im Fall der Grundsteuer als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhten, sei weder im Grundsteuergesetz noch in der Abgabenordnung enthalten. Eine solche Anordnung lasse sich auch nicht aus der Akzessorietät der Stundungszinsen zur Hauptforderung ableiten. Denn eine derartige Belastung des Grundstücks erfordere wegen des im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen Vorbehalts des Gesetzes eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Daran ändere nichts, dass § 77 Abs. 2 Satz 1 AO – im Gegensatz zu § 191 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AO – gemäß § 1 Abs. 3 AO auf steuerliche Nebenleistungen sinngemäß anwendbar sei. § 77 Abs. 2 Satz 1 AO regele lediglich die Duldungspflicht hinsichtlich öffentlicher Lasten, nicht aber, ob eine Forderung überhaupt als öffentliche Last auf einem Grundstück ruhe. Entsprechendes gelte, soweit der streitgegenständliche Duldungsbescheid Stundungszinsen für einen Erschließungsbeitrag bzw. für eine Vorausleistung auf diesen betreffe. Rechtsgrundlage seien insoweit §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) NKAG in Verbindung mit § 191 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b), Abs. 5 Nr. 2 NKAG in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Satz 1 AO. Zwar ruhe der Erschließungsbeitrag nach § 134 Abs. 2 Satz 1 BauGB als öffentliche Last auf dem Grundstück. Davon würden auch Vorausleistungen nach § 133 Abs. 3 BauGB erfasst, weil diese „vorgezogene“ Erschließungsbeiträge seien. Jedoch fehle auch hier eine Vorschrift, die das Ruhen von Stundungszinsen, die ihre Rechtsgrundlage in §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b), Abs. 5 Nr. 2 NKAG in Verbindung mit § 234 Abs. 1 Satz 1 AO fänden, als öffentliche Last auf dem Grundstück anordne. Hinsichtlich der Stundungszinsen für die Abfallbeseitigungsgebühren und für die Kosten für den Widerspruchsbescheid sei der Duldungsbescheid auch deshalb rechtswidrig, weil weder das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz noch sonst eine Vorschrift anordneten, dass die betreffenden Hauptforderungen als öffentliche Lasten auf dem Grundstück ruhten.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob Stundungszinsen, wenn die gestundete Hauptforderung als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht, ebenfalls als öffentliche Lasten darauf ruhen.

Die Beklagte macht zur Begründung der von ihr eingelegten Berufung geltend: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei teilweise rechtsfehlerhaft, nämlich soweit das Verwaltungsgericht den Duldungsbescheid wegen der Stundungszinsen für die Grundsteuern, die Erschließungsbeiträge und die Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag aufgehoben habe. Zwar ordneten die Vorschriften des öffentlichen Rechts nicht ausdrücklich an, dass solche Stundungszinsen als öffentliche Lasten auf den Grundstücken ruhten. Jedoch seien auch in anderen Fällen – etwa der Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag – öffentliche Lasten ohne ausdrückliche Nennung im Gesetz anerkannt. Aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG, der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und den Kommentierungen dieser Vorschrift ergebe sich, dass Nebenleistungen einer festgesetzten Steuer das rechtliche Schicksal der öffentlichen Last teilten. Dies folge auch aus ihrer Akzessorietät zur öffentlichen Last. Wenn es der Wille des Bundesgesetzgebers sei, Nebenforderungen von öffentlichen Lasten ohne deren Erwähnung in den gesetzlichen Vorschriften über öffentliche Lasten eine bevorzugte Befriedigung zu gewähren, müsse wegen der Einheit der Rechtsordnung auch ein Duldungsbescheid erlassen werden können. Insoweit bestehe in den Vorschriften des öffentlichen Rechts eine Gesetzeslücke, die im Wege der Auslegung zu schließen sei. Andernfalls werde die öffentliche Hand in nicht hinnehmbarer Weise gegenüber privaten Gläubigern benachteiligt. Hätte sie vor der Tilgung der Hauptforderungen auf der Grundlage der Grundsteuer-, Erschließungsbeitrags- und Vorausleistungsbescheide die Zwangsvollstreckung betrieben, wären die bis dahin entstandenen Stundungszinsen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG bevorzugt befriedigt worden, obwohl sie in den Bescheiden nicht erwähnt würden. Da die Hauptforderungen erloschen seien, habe sie keinen vollstreckbaren Titel mehr. Da eine öffentliche Last ein öffentlich-rechtliches Grundpfandrecht sei, das kraft Gesetzes mit einer Verzinsung ausgestattet sei, müsse die vollstreckende Behörde mittels Duldungsbescheid auch die Stundungszinsen gegenüber dem Grundstückseigentümer geltend machen können. Dies müsse jedenfalls gelten, wenn die Hauptforderung – wie hier – erloschen sei. Andernfalls wäre eine Durchsetzung des Zinsanspruchs gegenüber dem Eigentümer nicht mehr möglich, obwohl § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG die Stundungszinsen in der Zwangsvollstreckung in die bevorzugte Rangklasse 3 der öffentlichen Last einordne. Die Möglichkeit der Durchsetzung der Stundungszinsen mittels Duldungsbescheid hinge von der Zufälligkeit ab, ob die Hauptforderung noch mit 1,- EUR valutiere oder nicht. Würde sie noch valutieren und bestünde damit eine öffentliche Last, könnte die Beklagte einen Duldungsbescheid erlassen und hierauf gestützt die Zwangsvollstreckung einleiten, in der auch die Stundungszinsen geltend gemacht und (unter Umständen bevorzugt) befriedigt werden könnten.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin die Aufhebung des Bescheids vom 24. Juni 2015 hinsichtlich der darin verfügten Duldung der Zwangsvollstreckung in die Grundstücke Flurstück 106/1, Flurstücke 106/2 und 138/63 und Flurstück 62/7, jeweils Flur 4, Gemarkung F., wegen der mit Bescheid vom 29. Juli 2014 gegenüber Herrn G. H. festgesetzten Stundungszinsen auf die Grundsteuerrückstände der Jahre 2000 bis 2003, die Erschließungsbeiträge und die Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag begehrt.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Klägerin zu Recht stattgegeben, soweit sie sich gegen die verfügte Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der Stundungszinsen für die Grundsteuern (647,- EUR), für die Erschließungsbeiträge (2.257,- EUR) und für die Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag (12.465,- EUR) – insgesamt wegen Stundungszinsen in Höhe von 15.369,- EUR – richtet. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Duldungsbescheid der Beklagten vom 24. Juni 2015 insoweit rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.

Dies gilt zunächst hinsichtlich der gegenüber der Klägerin verfügten Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der mit Bescheid vom 29. Juli 2014 gegenüber Herrn G. H. festgesetzten Stundungszinsen für die Grundsteuern.

Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AO kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden. Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 AO hat „wegen einer Steuer, die als öffentliche Last auf Grundbesitz ruht“, der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz zu dulden. Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 2 Nrn. 4 und 2 AO auch für Realsteuern, soweit ihre Verwaltung den Gemeinden übertragen wurde. Hierzu zählt auch die Grundsteuer (vgl. § 3 Abs. 2 AO, § 1 Abs. 1 GrStG).

Für die gegenüber Herrn G. H. gemäß §§ 1 Abs. 2 Nr. 5, 234 Abs. 1 Satz 1 AO festgesetzten Stundungszinsen für die Grundsteuern besteht keine materielle Duldungspflicht der Klägerin im Sinne des § 77 Abs. 2 Satz 1 AO.

Zwar ruht nach § 12 GrStG die Grundsteuer als öffentliche Last auf dem Steuergegenstand, d. h. gemäß § 2 Nr. 2 GrStG auf den Grundstücken (vgl. auch BVerwG, Urteile v. 13.2.1987 – 8 C 25.85 – juris Rn. 18; v. 15.6.2016 – 9 C 19.15 – juris Rn. 13; BGH, EuGH-Vorlage v. 12.3.2015 – V ZB 41/14 – juris Rn. 9).

Stundungszinsen auf Grundsteuern sind aber selbst keine Steuern im Sinne des § 77 Abs. 2 Satz 1 AO. Vielmehr handelt es sich gemäß §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 3 Abs. 4 AO um steuerliche Nebenleistungen.

Die Formulierung „wegen einer Steuer“ in § 77 Abs. 2 Satz 1 AO ist auch nicht dahingehend zu verstehen, dass die Zwangsvollstreckung auch wegen der steuerlichen Nebenleistungen einer auf einem Grundstück als öffentliche Last ruhenden Steuer zu dulden wäre (vgl. Boeker, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: Dez. 2016, § 77 AO Rn. 21; Jatzke, in: Beermann/Gosch, AO/FGO, Stand: Jan. 2006, § 77 AO Rn. 10; Rüsken, in: Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 77 Rn. 11; Schwarz, in: Schwarz/Pahlke, AO/FGO, Stand: Aug. 2010, § 77 Rn. 12 und 32; Steenbock, KStZ 1977, 209 (2010); so auch zu einem auf § 77 Abs. 2 Satz 1 AO gestützten Duldungsbescheid wegen eines Straßenausbaubeitrags: OVG NW, Beschluss v. 31.3.1998 – 15 B 354/98 – juris Rn. 5 f. und Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: Sep. 2016; § 8 Rn. 184; ebenso zur Duldungspflicht nach § 77 Abs. 1 AO: Intemann, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 77 Rn. 5 und 11; Loose, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Stand: Aug. 2016, § 77 Rn. 8). Vielmehr stellt der Wortlaut des § 77 Abs. 2 Satz 1 AO auf die „Steuer“ ab (Jatzke, in: Beermann/Gosch, a.a.O., § 77 AO Rn. 10; Schwarz, in: Schwarz/Pahlke, a.a.O., § 77 Rn. 32). Unabhängig davon besteht hier eine materielle Duldungspflicht der Klägerin „wegen“ Grundsteuern, die auf ihren Grundstücken als öffentliche Last ruhen, im Hinblick auf die mit den Grundsteuern zusammenhängenden Stundungszinsen auch deshalb nicht, weil im Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheids bereits sämtliche Grundsteuerforderungen der Beklagten für die Grundstücke der Klägerin getilgt waren. Bei Erlass des Duldungsbescheids ruhten keine Grundsteuern als öffentliche Lasten mehr auf den Grundstücken der Klägerin.

Allerdings sind nach § 1 Abs. 3 Satz 1 AO, der gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 AO für die Grundsteuer entsprechend gilt, auf steuerliche Nebenleistungen die Vorschriften der Abgabenordnung (vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union) sinngemäß anwendbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ungeachtet der in § 3 AO enthaltenen Unterscheidungen steuerliche Nebenleistungen stets Steuern gleichzustellen wären (vgl. Rüsken, in: Klein, a.a.O., § 77 Rn. 11 speziell zur Reichweite der materiellen Duldungspflicht nach § 77 Abs. 2 Satz AO). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gilt der Grundsatz, dass steuerliche Nebenleistungen ebenso wie die Steuer selbst zu behandeln sind, jedenfalls nicht für Stundungszinsen als bloßes Entgelt für das Hinausschieben der Fälligkeit eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis (vgl. BFH, Urteil v. 8.12.1992 – IX R 96/92 – juris Rn. 12). Wäre § 1 Abs. 3 Satz 1 AO so zu verstehen, dass eine in der Abgabenordnung enthaltene Vorschrift zu Steuern ohne Weiteres auch für steuerliche Nebenleistungen gilt, hätte es im Übrigen der ausdrücklichen Regelungen etwa in §§ 69 Satz 2 und 71 AO über die Haftung für Säumniszuschläge bzw. für Zinsen nicht bedurft.

Selbst wenn § 77 Abs. 2 Satz 1 AO dem Grunde nach auf steuerliche Nebenleistungen anwendbar wäre und dementsprechend der in § 77 Abs. 2 Satz 1 AO verwendete Begriff der „Steuer“ im vorliegenden Fall durch den der Stundungszinsen ersetzt würde, hätte dies keine materielle Duldungspflicht wegen der Stundungszinsen für die Grundsteuern zur Folge. Denn dies würde voraussetzen, dass die gemäß §§ 1 Abs. 2 Nr. 5, 234 Abs. 1 Satz 1 AO festgesetzten Zinsen für die Stundung der Grundsteuern selbst als öffentliche Last auf den Grundstücken ruhen. Dies ist nicht der Fall:

Der Begriff der „öffentlichen Last“ ist gesetzlich nicht definiert. Es besteht aber Einigkeit darüber, dass eine öffentliche Last eine Abgabenverpflichtung ist, die auf öffentlichem Recht beruht, durch wiederkehrende oder einmalige Geldleistung zu erfüllen ist und nicht nur die persönliche Haftung des Schuldners, sondern auch die dingliche Haftung des Grundstücks voraussetzt (BGH, EuGH-Vorlage v. 12.3.2015, a.a.O., Rn. 9). Danach sind öffentliche Lasten als dingliche Verwertungsrechte anzusehen; funktionell entsprechen sie einem Grundpfandrecht (vgl. BGH, Beschluss v. 8.12.2016 – V ZB 41/14 – juris Rn. 8). Zwar wird in der Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten, dass eine öffentliche Last nicht unbedingt auch als solche bezeichnet sein muss, sondern dass es im Einzelfall genügen kann, wenn sich diese Eigenschaft aus der rechtlichen Ausgestaltung der Zahlungspflicht und aus ihrer Beziehung zum Grundstück ergibt (siehe die Nachweise in BGH, Urteil v. 22.5.1981 – V ZR 69/80 – juris Rn. 11). Aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit muss aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, für eine „öffentliche Last“ aus der betreffenden gesetzlichen Regelung eindeutig hervorgehen, dass die Abgabenverpflichtung auf dem Grundstück lastet und dass mithin nicht nur eine persönliche Haftung des Abgabenschuldners, sondern auch die dingliche Haftung des Grundstücks besteht (BGH, Urteile v. 22.5.1981, a.a.O., Rn. 11; v. 30.6.1988 – IX ZR 141/87 –  juris Rn. 5; v. 19.11.2009 – IX ZR 24/09 –  juris Rn. 7; Beschluss v. 11.3.2010 – V ZB 175/09 – juris Rn. 6). Hierüber entscheidet das für die konkret in Rede stehende Abgabe maßgebende öffentliche Bundes- oder Landesrecht (BGH, Urteil v. 9.2.2006 –  IX ZR 151/04 –  juris Rn. 15). Zweifel in dieser Hinsicht schließen eine Berücksichtigung der Zahlungspflicht als öffentliche Last aus (BGH, Urteile v. 22.5.1981, a.a.O., Rn. 11; v. 30.6.1988, a.a.O., Rn. 5; Böttcher, in: Böttcher, ZVG, 6. Aufl. 2016, § 10 Rn. 23; Stöber, in: Stöber, ZVG, 21. Aufl. 2016, § 10 Rn. 6).

§ 12 GrStG ist nicht zu entnehmen, dass die gemäß §§ 1 Abs. 2 Nr. 5, 234 Abs. 1 Satz 1 AO festgesetzten Zinsen für die Stundung der Grundsteuern als öffentliche Lasten auf dem betreffenden Grundstück ruhen (so auch Sievers, Rpfleger 2006, 522 (523); ebenso zu Säumniszuschlägen: LG Erfurt, Urteil v. 22.5.2008 – 1 S 12/08 – juris Rn. 9). Nach dem Wortlaut des § 12 GrStG ist der Umfang der öffentlichen Last eindeutig auf die „Grundsteuer“ beschränkt; steuerliche Nebenleistungen werden nicht erwähnt. Demgegenüber ordnen beispielsweise §§ 1118, 1191 BGB ausdrücklich eine dingliche Grundstückshaftung für Zinsen an, nämlich dass ein Grundstück kraft einer Hypothek auch für die gesetzlichen Zinsen der Forderung haftet bzw. eine Belastung mit einer Grundschuld auch in der Weise erfolgen kann, dass Zinsen von der Geldsumme sowie andere Nebenleistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind. Auch aus der Begründung zu § 12 GrStG des Entwurfs eines Zweiten Steuerreformgesetzes ergibt sich nicht, dass Zinsen für die Stundung der Grundsteuer als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen. Sie lautet: „Die dingliche Haftung des Grundbesitzes für die Grundsteuer wird beibehalten. Sie kann gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks geltend gemacht werden. Im einzelnen vgl. dazu § 77 Abs. 2 des Entwurfs der Abgabenordnung 1974. Die dingliche Haftung bedeutet eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung; denn bei einer Stundung oder Aussetzung der Vollziehung kann auf eine Prüfung der Gefährdung des Anspruchs und damit auf Sicherheitsleistungen verzichtet werden. Schließlich sind die Steueransprüche bei einer Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung durch den bevorzugten Befriedigungsrang und beim Konkurs und Vergleich durch das Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Grundbesitz weitgehend abgesichert“ (vgl. BT-Drucks. VI/3418, S. 82). Obwohl der Gesetzgeber die Konstellation der Stundung von Grundsteuern gesehen hat und die Gesetzesbegründung hierauf eingeht, ist nur von einer dinglichen Haftung des Grundbesitzes „für die Grundsteuer“ die Rede. In der Gesetzesbegründung wird auch nur auf die weitgehende Absicherung der „Steuer“-Ansprüche u. a. in der Zwangsversteigerung Bezug genommen.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich auch aus der Abgabenordnung nicht, dass gemäß §§ 1 Abs. 2 Nr. 5, 234 Abs. 1 Satz 1 AO festgesetzte Stundungszinsen für Steuern als öffentliche Lasten auf dem Grundstück ruhen.

Eine andere Sichtweise ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit Blick auf die in Zwangsversteigerungsverfahren geltende Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ZVG geboten. Danach gewähren in der Rangklasse 3 ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück „die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren.“ Nach dieser Vorschrift wird zwar den Zinsen als Nebenleistungen einer öffentlichen Last wie dieser unter den genannten Voraussetzungen ein Recht auf vorrangige Befriedigung in der Rangklasse 3 gewährt. Dies hat der Bundesgerichtshof in den von der Beklagten zitierten Entscheidungen für Säumniszuschläge explizit festgestellt (BGH, Urteil v. 19.11.2009, a.a.O., Leitsatz; Beschluss v. 11.3.2010, a.a.O., Rn. 8 ff.; siehe auch BGH, Urteil v. 9.2.2006, a.a.O., Rn.15). Dementsprechend erstreckt sich das Vorrecht für Grundsteuern nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZVG auf Stundungszinsen für Grundsteuern. Nicht aber erstreckt sich die öffentliche Last, die Voraussetzung für die materielle Duldungspflicht nach § 77 Abs. 2 Satz 1 AO ist, auf die Stundungszinsen. Denn wie bereits ausgeführt wurde, ist eine öffentliche Last eine Abgabenverpflichtung, die auf öffentlichem Recht beruht, durch wiederkehrende oder einmalige Geldleistung zu erfüllen ist und nicht nur die persönliche Haftung des Schuldners, sondern auch die dingliche Haftung des Grundstücks voraussetzt. Ob eine Abgabenverpflichtung ihre Grundlage im öffentlichen Recht hat und dinglicher Natur ist, kann sich nicht aus dem Zwangsvollstreckungsrecht ergeben (Steenbock, KStZ 1977, 209). Die Entstehung der öffentlichen Last richtet sich nach öffentlichem Recht, ihr weiteres Schicksal bzw. ihre weitere Behandlung nach Privatrecht (Böttcher, a.a.O., § 10 Rn. 23 und 28; Stöber, a.a.O., § 10 Rn. 6; Troll/Eisele, GrStG, 11. Aufl. 2014, § 12 Rn. 2). Aus der privatrechtlichen Behandlung kann – auch wenn es der Klägerin wegen § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ZVG rechtspolitisch sinnvoll erscheinen mag, die öffentliche Lasten und den materiellen Duldungsanspruch nach § 77 Abs. 2 Satz 1 AO auf abgabenrechtliche Nebenleistungen zu erweitern – kein Rückschluss auf den sich allein nach dem öffentlichen Recht bestimmenden Umfang der öffentlichen Last gezogen werden.

Die in der Literatur nur vereinzelt aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG abgeleitete Auffassung, Zinsen im Sinne der §§ 233 ff. AO für Abgabenforderungen, die als öffentliche Lasten auf Grundstücken ruhen, seien wie diese selbst öffentliche Lasten (vgl. Stöber, a.a.O., § 10 Rn. 6.16), findet im Gesetz keine Stütze. Diese Auffassung wird auch nicht durch die von ihr in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs getragen. Zwar hat der Bundesgerichtshof mehrfach ausgeführt, dass § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG den Vorrang der Hauptforderung nach seinem Wortlaut auf Zuschläge aller Art erstrecke; deshalb habe der Gesetzgeber davon absehen können, in den jeweils einschlägigen Bundes- und Landesgesetzen Nebenleistungen wie Zuschläge ausdrücklich als öffentliche Last zu qualifizieren (vgl. BGH, Urteil v. 19.11.2009, a.a.O., Rn. 12; vgl. auch BGH, Beschluss v. 11.3.2010, a.a.O., Rn. 11). Der Bundesgerichtshof hat aber in den betreffenden Entscheidungen im Hinblick auf die von ihm behandelten Säumniszuschläge explizit erläutert, dass diese für sich genommen keine Grundstückslast bedeuten (vgl. BGH, Urteil v. 19.11.2009, a.a.O., Rn. 12; vgl. auch BGH, Beschluss v. 11.3.2010, a.a.O., Rn. 11).

Der von der Klägerin ferner angeführte Umstand, dass die Beklagte eine Zwangsversteigerung in die Grundstücke nicht mehr wegen der rückständigen Hauptforderungen einleiten könne, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme, dass die Stundungszinsen als öffentliche Lasten auf den Grundstücken der Klägerin ruhen. Denn öffentliche Lasten sind in ihrem Bestand unabhängig davon, ob ein Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet worden ist oder nicht (vgl. BGH, Urteil v. 18.2.2010 – IX ZR 101/09 – juris Rn. 6; EuGH-Vorlage v. 12.3.2015, a.a.O., Rn. 9).

Der angefochtene Duldungsbescheid ist auch insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, als darin ihr gegenüber die Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der gegenüber Herrn G. H. festgesetzten Stundungszinsen für Erschließungsbeiträge und für Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag verfügt worden ist.

Zwar ist § 191 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AO über §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) NKAG und ist § 77 Abs. 2 Satz 1 AO über §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d) NKAG auf Erschließungsbeiträge und auf Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag entsprechend anwendbar.

Es besteht aber keine materielle Duldungspflicht der Klägerin im Sinne des § 77 Abs. 2 Satz 1 AO im Hinblick auf eine Zwangsvollstreckung wegen der gegenüber Herrn G. H. gemäß §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b) NKAG in Verbindung mit § 234 Abs. 1 Satz 1 AO festgesetzten Stundungszinsen für Erschließungsbeiträge und für Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag.

Gemäß § 134 Abs. 2 BauGB ruht zwar der Erschließungsbeitrag als öffentliche Last auf dem Grundstück (vgl. auch Jatzke, in: Beermann/Gosch, AO/FGO, a.a.O., § 77 AO Rn. 9; Loose, in: Tipke/Kruse, a.a.O., § 77 Rn. 11; Rüsken, in: Klein, a.a.O., § 77 Rn. 2; Schwarz, in: Schwarz/Pahlke, a.a.O., § 77 Rn. 34). Davon werden – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – auch durch einen Vorausleistungsbescheid nach § 133 Abs. 3 BauGB begründete Forderungen erfasst, weil die Vorausleistung ihrem Wesen nach ein „vorgezogener Erschließungsbeitrag“ ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 28.10.1981 – 8 C 8.81 – juris Rn. 12; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 27 Rn. 6; Böttcher, a.a.O., § 10 Rn. 28; Stöber, a.a.O., § 10 Buchst. d)). Die Herrn G. H. gewährte Zahlung in Raten (§ 135 Abs. 2 BauGB), für welche die Gemeinde anerkanntermaßen Zinsen verlangen kann (vgl. BVerwG, Urteil v. 10.9.1971 – IV C 22.70 – juris Rn. 13 ff.), ändert die Rechtsnatur der für den Beitrag als einmalige Leistung bestehenden öffentlichen Last nicht (Stöber, a.a.O., § 10 Buchst. e)).

Stundungszinsen für Erschließungsbeiträge und für Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag sind aber selbst kein „Beitrag“ im Sinne des § 134 Abs. 2 BauGB, sondern Nebenleistungen im Sinne der §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c) NKAG in Verbindung mit § 3 Abs. 4 AO.

Eine materielle Duldungspflicht der Klägerin besteht insoweit auch nicht „wegen“ auf den Grundstücken als öffentliche Lasten ruhender Erschließungsbeiträge bzw. „wegen“ darauf als öffentliche Lasten ruhender Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag. Die Formulierung „wegen“ in § 77 Abs. 2 Satz 1 AO ist – wie bereits ausgeführt wurde – nicht dahingehend zu verstehen, dass die Zwangsvollstreckung auch wegen der Nebenleistungen einer auf einem Grundstück als öffentliche Last ruhenden Abgabe zu dulden wäre. Unabhängig davon besteht eine materielle Duldungspflicht der Klägerin „wegen“ auf ihren Grundstücken als öffentliche Lasten ruhender Erschließungsbeiträge bzw. Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag im Hinblick auf die diesbezüglichen Stundungszinsen auch deshalb nicht, weil im Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheids bereits sämtliche Erschließungsbeitrags- und Vorausleistungsforderungen der Beklagten für die Grundstücke der Klägerin getilgt waren. Bei Erlass des Duldungsbescheids ruhten keine Erschließungsbeiträge oder Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag als öffentliche Lasten mehr auf den Grundstücken der Klägerin.

Allerdings gelten nach § 11 Abs. 4 NKAG die Vorschriften des § 11 Abs. 1 bis 3 NKAG entsprechend für abgabenrechtliche Nebenleistungen einschließlich Zinsen. Es kann dahinstehen, welche Reichweite § 11 Abs. 4 NKAG entfaltet. Selbst wenn danach über § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d) NKAG die Regelung des § 77 Abs. 2 Satz 1 AO dem Grunde nach auf Stundungszinsen für Erschließungsbeiträge und Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag anwendbar wäre und dementsprechend der in § 77 Abs. 2 Satz 1 AO verwendete Begriff der „Steuer“ hier durch den der Stundungszinsen ersetzt würde, hätte dies keine materielle Duldungspflicht wegen der Stundungszinsen zur Folge. Denn dies würde voraussetzen, dass die gemäß §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b) NKAG in Verbindung mit § 234 Abs. 1 Satz 1 AO festgesetzten Stundungszinsen für Erschließungsbeiträge und Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag selbst als öffentliche Last auf den Grundstücken ruhen. Dies ist nicht der Fall. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 134 Abs. 2 BauGB ruht nur der „Beitrag“ als öffentliche Last auf dem Grundstück. Aus der Gesetzesbegründung folgt nichts anderes. In der Begründung zu § 157 des Entwurfs eines Bundesbaugesetzes vom 16. April 1958 heißt es lediglich, dass die Bestimmung des „Erschließungsbeitrags“ als öffentliche Last zur Sicherung des Aufkommens notwendig sei (vgl. BT-Drucks.  336/3, S. 104). In der Begründung zu § 160 des Entwurfs wird ausgeführt, dass die „Erschließungsbeiträge“ öffentliche Lasten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG seien. Stundungszinsen finden keine Erwähnung.

Auch im Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz und in der Abgabenordnung ist nicht geregelt, dass gemäß §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b) NKAG in Verbindung mit § 234 Abs. 1 Satz 1 AO festgesetzte Stundungszinsen für Erschließungsbeiträge und für Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.