Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 17.05.2017, Az.: L 2/12 R 314/12

Versicherungspflicht in der Krankenversicherung aufgrund abhängiger Beschäftigung während der Tätigkeit

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
17.05.2017
Aktenzeichen
L 2/12 R 314/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 16466
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Bremen - 16.07.2012 - AZ: S 14 R 152/10

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 16. Juli 2012 unter entsprechender Teilabweisung der Klage aufgehoben, soweit festgestellt worden ist, dass der Beigeladene zu 1. während seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeugführer für die Klägerin vom 1. November 2008 bis zum 31. August 2009 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterlag. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird die Beklagte verpflichtet, ihren Antrag vom 11. Dezember 2008 auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu bescheiden. Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen. Die Kosten aus beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1. während einer von diesem im Zeitraum November 2008 bis August 2009 für die Klägerin ausgeübten beruflichen Tätigkeit.

Die Klägerin befasst sich insbesondere mit der Vermietung von Kraftfahrzeugen. Am 1. November 2008 schloss sie mit dem Beigeladenen zu 1. einen "Dienstvertrag über die Rahmenbedingungen einer Tätigkeit auf freiberuflicher/selbständiger Basis", wonach der Beigeladene zu 1. im Aufgabengebiet "Zustellungen, Abholungen, Überführungen, Shuttle, Pick-up und Fahrzeugpflegen" im Rahmen eines "selbständigen freien Mitarbeitsverhältnisses" eingesetzt werden sollte.

§ 6 des Vertrages sah vor, dass der Beigeladene zu 1. für Fahrtätigkeiten eine Kilometerpauschale erhalten sollte, die nach 15 sog. "Geschwindigkeitsstufen" bemessen wurde, welche "aus den zu fahrenden Streckenabschnitten" jeweils "berechnet" werden sollte. Beispielsweise bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 25 kmh sollte die Pauschale 0,24 EUR je km (entsprechend einem Stundensatz von 6 EUR bei konstanter Einhaltung dieser Geschwindigkeit) und bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 75 kmh 0,08 EUR je km (entsprechend ebenfalls einem Stundensatz von 6 EUR) ausmachen.

Für Verspätung aufgrund außerplanmäßiger Ereignisse etwa in Form von Verkehrsstauungen und widrigen Witterungsverhältnissen war bei Überschreitung einer "Karenzzeit von 30 Minuten" eine gesonderte Vergütung mit einem Stundensatz von 6 EUR vorgesehen.

Für die Außenreinigung eines Fahrzeugs waren eine Pauschvergütung von 0,80 EUR und für eine Innenreinigung in Höhe von 1,20 EUR vereinbart.

Entsprechend diesen Vereinbarungen hat der Beigeladene zu 1. in den folgenden Monaten eine Vielzahl von Fahrten und Dienstleistungen für die Klägerin erbracht (vgl. wegen der Einzelheiten die von der Klägerin vorgelegten Anlage K 12). Die genauen Termine und insbesondere die genauen Zeiten und Orte für die Abholung bzw. Zustellung der Fahrzeuge vereinbarte die Dispositionsabteilung der Klägerin - im Regelfall wöchentlich im Voraus - jeweils gesondert mit dem Beigeladenen zu 1.

Für die Leistungen des Beigeladenen zu 1. wurden im Haus der Klägerin monatlich sog. "Einkauf-Rechnungen" erstellt. Diese beliefen sich - jeweils ohne Umsatzsteuer - auf folgende Monatsgesamtbeträge (vgl. wegen der Einzelheiten die Anlage K 10):

Monat Entgelt in EUR (ohne USt.)
Nov 08 1.035,51
Dez 08 818,84
Jan 09 1.262,90
Feb 09 1.094,58
Mrz 08880,90
Apr 08 1.174,73
Mai 09915,95
Jun 09 1.273,21
Jul 09 1.015,79
Aug 09711,87
Summe: 10.184,28

Mit Wirkung zum 29. August 2009 wurde der Dienstvertrag im beiderseitigen Einvernehmen mit Vertrag vom 27. August 2009 aufgehoben.

Am 13. März 2009 hatte die Klägerin einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gestellt. Mit Bescheid vom 30. September 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. April 2010 traf die Beklagte die Feststellung, dass der Beigeladene zu 1. seine Tätigkeit für die Klägerin als "Kraftfahrzeugführer" seit November 2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Der Beigeladene zu 1. habe lediglich seine eigene Arbeitskraft eingesetzt. Er sei funktionsgerecht dienend in eine fremde Arbeitsorganisation eingebunden gewesen und habe keinen maßgeblichen eigenen Kapitaleinsatz tätigen müssen.

Mit der am 4. Mai 2010 erhobenen Klage hat die Klägerin insbesondere geltend gemacht, dass der Beigeladene zu 1. keinen Weisungen unterlegen habe. Er habe die Aufträge der Klägerin nicht höchstpersönlich wahrnehmen müssen und auch Aufträge anderer Firmen übernehmen dürfen. Der Beigeladene zu 1. habe keine Arbeitstage, sondern lediglich die Erfüllung von Aufträgen geschuldet. Es habe keine Planungssicherheit hinsichtlich des Umfangs der in den jeweils nachfolgenden Wochen und Monaten zu erwartenden Aufträge bestanden. Soweit § 9 des "Dienstvertrages" auf die Überlassung einer "Fahrerausstattung" Bezug nehme, habe bezüglich der damit angesprochenen Dienstbekleidung nur ein Recht, aber keine Pflicht bestanden, diese bei den Aufträgen auch zu tragen.

Das Fehlen eines substantiellen Kapitaleinsatzes liege in der Natur der Sache. Jedenfalls habe der Beigeladene zu 1. die Kosten der Gewerbeanmeldung persönlich getragen. Soweit die Klägerin für vergleichbare Tätigkeiten auch angestellte Mitarbeiter einsetze, hätten diese nicht das Recht, einzelne Aufträge abzulehnen, wie dies dem Beigeladenen zu 1. in § 5 des "Dienstvertrages" zugestanden worden sei.

Mit Urteil vom 16. Juli 2012, der Beklagten zugestellt am 16. November 2012, hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. während seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeugführer für die Klägerin vom 1. November 2008 bis zum 31. August 2009 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe.

In den Gründen hat das Sozialgericht insbesondere ausgeführt, dass ganz wesentlich gegen die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spreche, dass dem Beigeladenen zu 1. vertraglich die Möglichkeit zur Ablehnung einzelner Aufträge eingeräumt worden sei. Dies spreche für eine selbständige Tätigkeit, auch wenn von Seiten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt worden sei, dass Dienstleister, die häufiger von diesem Ablehnungsrecht Gebrauch machen würden, damit rechnen müssten, seltener angefragt zu werden.

Mit der am 14. Dezember 2012 eingelegten Berufung macht die Beklagte insbesondere geltend, dass auch abhängig Beschäftigten das Recht eingeräumt werden könne, einzelne Aufträge abzulehnen. Sie beruft sich insbesondere auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 17. Januar 2012 - L 11 R 1138/10 -.

Das Urteil des BSG vom 11. März 2009, demzufolge § 7a SGB 4 nicht zur Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung ermächtige (- B 12 R 11/07 R -, BSGE 103, 17 [BSG 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R]), sei ihr bekannt. Sie könne aber nicht darüber befinden, ob die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin Versicherungspflichten begründet habe; mangels hinreichender Aufklärbarkeit des Sachverhalts seien ihr diesbezüglich "die Hände gebunden".

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 16. Juli 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

im Wege der Anschlussberufung die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. während seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum 1. November 2008 bis 31. August 2009 nicht als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe,

weiter hilfsweise

die Beklagte im Wege der Untätigkeitsklage zur Bescheidung des Antrages über das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen einer durch die abhängige Beschäftigung ausgelösten Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zu entscheiden.

Der Beigeladene zu 1. und die des Weiteren beigeladenen Sozialversicherungsträger stellen keine Anträge.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie führt aus, dass in ihrem Unternehmen die Arbeit jeweils wöchentlich im Voraus geplant werde. Insbesondere für erforderliche Kfz-Überführungsfahrten würde sie zunächst ihre abhängig beschäftigten Mitarbeiter einsetzen. Mit diesen Kapazitäten nicht abzudeckende Fahrten würden den auf "freiberuflicher Basis" tätigen Mitarbeitern - wie auch im streitbetroffenen Zeitraum dem Beigeladenen zu 1. - angeboten. Soweit der Beigeladene zu 1. entsprechende Aufträge übernommen habe, habe er keinem Weisungsrecht unterlegen. Natürlich habe sie aber den Abholort und den Zielort der Fahrzeugüberführung sowie auch den einzuhaltenden Zeitpunkt der Fahrzeugablieferung vorgegeben.

Die Klägerin beruft sich insbesondere auch auf das Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07.

Der Senat, auf den die Zuständigkeit für das vorliegende Verfahren zum 1. Januar 2017 übergegangen ist, hat die Beteiligten insbesondere darauf hingewiesen, dass es bislang bereits an einer Verwaltungsentscheidung zu der maßgeblichen Frage fehle, ob und in welcher Hinsicht die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin Sozialversicherungspflichten begründet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur teilweise Erfolg. Auch die Klägerin vermag mit ihrer Anschlussberufung nur teilweise durchzudringen.

1. Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide festgestellt. Diese ergibt sich bereits aus der Unzulässigkeit einer isolierten Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.

Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) ist auch im Rahmen von § 7a SGB IV nicht ermächtigt, Verwaltungsakte allein zum (Nicht-)Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. § 7a SGB IV knüpft historisch und sachlich an die Regelungen in § 7 SGB IV an und teilt auf der Ebene des Verwaltungsverfahrensrechts die Begrenzungen, die sich aus dessen materiell-rechtlicher Bedeutung ergeben. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV beschränkt sich seit jeher "vor die Klammer gezogen" auf eine nähere Erläuterung des in allen Zweigen der Sozialversicherung relevanten Tatbestandsmerkmals der Beschäftigung bzw. seines Gegenstücks, der selbstständigen Tätigkeit als Element von Rechtsverhältnissen und verlautbart nicht selbst bereits eine vollständige (Teil-)Regelung.

Ob bei Vorliegen einer Beschäftigung im Einzelfall tatsächlich Versicherungspflicht/-freiheit im Rahmen der Beschäftigtenversicherung besteht, ergibt sich demnach jeweils erst in der Zusammenschau der Normen über die Versicherungspflicht in den einzelnen Versicherungszweigen und der spezialgesetzlichen Regelungen über die Versicherungsfreiheit und Befreiung von der Versicherung. Als bloßes Tatbestandselement ist das (Nicht-)Vorliegen einer Beschäftigung im Einzelfall einer isolierten Bestätigung durch einen - feststellenden - Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X) grundsätzlich nicht zugänglich. Dies entspricht zunächst der gesetzlichen Umschreibung des Gegenstandes entsprechender Verfahren der Einzugsstellen (§ 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV) und der Träger der Rentenversicherung als Prüfstellen (§ 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV), die ausdrücklich jeweils nur zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter, nicht aber des Vorliegens einer Beschäftigung ermächtigt sind (BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R -, BSGE 103, 17 mwN).

In Übereinstimmung hiermit eröffnet auch § 7a SGB IV als Regelung im Rahmen der Beschäftigtenversicherung neben diesen Verfahrensarten und in Konkurrenz hierzu den Weg nur zu einer unselbstständigen Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung aus Anlass und im Zusammenhang der umfassenden Prüfung der Voraussetzungen von Versicherungspflicht/-freiheit. Wortlaut, Sinn und Zweck, systematische Stellung und Entstehungsgeschichte der Norm geben demgegenüber keinen Anhalt dafür, dass mit § 7a SGB IV ein besonderes Verfahren zur bloßen Elementen-Feststellung einer abhängigen Beschäftigung eröffnet werden sollte (BSG, aaO).

Die Beklagte selbst hat auf die vorstehend erläuterte höchstrichterliche Rechtsprechung in ihrem Schriftsatz vom 14. Juni 2012 Bezug genommen und damit im Ergebnis die Rechtswidrigkeit ihres Bescheides eingeräumt. Weshalb sie sich - zumal als an das Gesetz gebundene Sozialleistungsträgerin (Art. 20 Abs. 3 GG) - gleichwohl gegen die Aufhebung des - sich auf die insolierte Feststellung des Vorliegens einer Beschäftigung beschränkenden und damit diese Vorgaben gerade missachtenden - angefochtenen Bescheides wendet, erschließt sich schon im Ausgangspunkt nicht.

2. Erfolgreich greift die Berufung hingegen die vom Sozialgericht getroffene Feststellung an, wonach der Beigeladene zu 1. während seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeugführer für die Klägerin vom 1. November 2008 bis zum 31. August 2009 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Diesen Feststellungsantrag der Klägerin hätte das Sozialgericht richtigerweise abweisen müssen, weil die Klage insoweit bereits unzulässig war. Ihr stand die Subsidiarität der Feststellungsklage entgegen.

Auch im sozialgerichtlichen Verfahren ist ausgehend von der entsprechend anzuwendenden Regelung des § 43 Abs. 2 VwGO die grundsätzliche Subsidiarität einer Feststellungsklage gegenüber einer Verpflichtungsklage zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002 - B 10 LW 6/00 R -, BSGE 90, 215; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2011 - B 6 KA 29/10 R -, BSGE 110, 20). Feststellungsklagen dürfen mithin nicht auf eine Feststellung ausgerichtet sein, die auch durch einen Verwaltungsakt geregelt wurde oder geregelt werden kann (BSG, Urteil vom 25. Januar 2012 - B 14 AS 65/11 R -, BSGE 110, 75).

Im vorliegenden Zusammenhang sollte es aber gerade Inhalt der von der Beklagten nach § 7a SGB IV zu erlassenden Entscheidung sein, ob und ggfs. zu welchen Zweigen der Sozialversicherung eine in Anbetracht kommende Tätigkeit als abhängige Beschäftigung eine Versicherungspflicht auslöst. Die Entscheidungskompetenz der DRV Bund als "Clearing-Stelle" über das (Nicht-)Vorliegen einer Beschäftigung ist gerade im Zusammenhang der Beurteilung der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung und hierauf begrenzt eröffnet. Gegenstand der nach § 7a SGB IV zu treffenden Feststellung ist gerade das Vorliegen oder Fehlen einer (durch eine abhängige Beschäftigung ausgelösten) Versicherungspflicht (BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R -, BSGE 103, 17).

Soweit die Beklagte diesen Verpflichtungen zur Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer durch die von ihr angenommene abhängige Beschäftigung begründeten Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. im Rahmen seiner zur Überprüfung gestellten Tätigkeit für die Klägerin bislang - rechtswidrig - nicht nachgekommen ist, kann die Klägerin, insoweit ihren Bescheidungsanspruch vermittels einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG durchsetzen.

Die Prozessordnung eröffnet ihr aber nicht die Möglichkeit, statt einer Entscheidung der dafür zuständigen Verwaltung im Wege einer Feststellungsklage sogleich eine Entscheidung des Gerichts über diese Frage herbeizuführen. Es wird als unzulässig angesehen, das gesetzlich zwingend vorgeschriebene Verwaltungsverfahren vor der zuständigen Stelle durch eine unmittelbare Feststellungsklage zu umgehen (BSG, Urteil vom 26. Mai 2004 - B 12 AL 4/03 R -, SozR 4-2500 § 5 Nr 2). Das gesetzlich vorgeschriebene Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht ist nicht nur eine Formalie. Vielmehr sollen durch Anhörungs- und Beteiligungsrechte sowie Ermittlungspflichten des Versicherungsträgers die Rechte und Pflichten der Versicherten in einer formalisierten und damit nachvollziehbaren Entscheidungsfindung festgestellt und damit letztlich die Rechtsstaatlichkeit des Verwaltungshandelns gewährleistet werden (BSG, Urteil vom 26. Mai 2004 - B 12 AL 4/03 R -, SozR 4-2500 § 5 Nr 2).

3. Soweit die Klägerin mit ihrer Anschlussberufung die Verpflichtung der Beklagten begehrt, festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. während seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum 1. November 2008 bis 31. August 2009 nicht als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe, ist die Klage unzulässig. Es fehlt bereits an einer Ausgangsentscheidung der Beklagten als der dafür nach § 7a SGB IV zuständigen Verwaltungsbehörde; erst recht ist bezüglich des Bestehens bzw. Fehlens entsprechender Versicherungspflichten bislang nicht das nach § 78 SGG erforderliche Vorverfahren durchgeführt werden.

Die Klägerin hat bei der Beklagten einen "Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status" mit dem Datum vom 11. Dezember 2008 (Eingang bei der Beklagten am 13. März 2009) gestellt. Dieser Antrag war nach Wortlaut und Zielrichtung darauf gerichtet, dass die Beklagte - in Ausübung der ihr diesbezüglich mit § 7a SGB IV eingeräumten Zuständigkeit - darüber entscheiden sollte, ob und in welcher Hinsicht die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin der Sozialversicherungspflicht unterlag.

Dieser Antrag ist bis heute hinsichtlich der begehrten und maßgeblichen Feststellung über das Vorliegen oder Fehlen einer Sozialversicherungspflicht unbeschieden geblieben. Die Beklagte schweigt sich weiterhin darüber aus, ob und in welcher Hinsicht im Einzelnen aus ihrer Sicht eine solche Sozialversicherungspflicht durch die (inzwischen viele Jahre zurückliegende) Tätigkeit begründet worden war.

Die Beklagte hat lediglich eine andere Frage geprüft und - insoweit aus den dargelegten Gründen unzulässigerweise - im Rahmen des Bescheides vom 30. September 2009 beantwortet, nämlich die Rechtsfrage, ob die Tätigkeit eine abhängige Beschäftigung dargestellt hat. Diese Entscheidung beinhaltete aber schon im Ausgangspunkt nicht die begehrte Entscheidung über das Vorliegen oder Fehlen einer Versicherungspflicht. Dies kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Gesetz auch nicht der Versicherungspflicht unterliegende abhängige Beschäftigungen kennt und im Übrigen, soweit überhaupt aufgrund ihrer eine solche besteht, die Versicherungspflicht sich nicht auf alle, sondern nur auf einzelne Zweige der Sozialversicherung erstrecken kann.

Von Seiten der Beklagten ist im Übrigen auch bereits mit Schriftsatz vom 2. April 2012 eingeräumt worden, dass die Bescheidung des zur Überprüfung gestellten Begehrens auf Feststellung des Vorliegens oder Fehlens einer durch die Tätigkeit des Beigeladenen begründeten Sozialversicherungspflicht unterblieben ist. Es fällt in den Verantwortungsbereich der anwaltlich vertretenen Klägerin, soweit von ihrer Seite nicht spätestens im zeitlichen Zusammenhang mit diesem Schriftsatz um Rechtsschutz gemäß § 88 SGG hinsichtlich der Nichtbescheidung nachgesucht worden ist, was die Beklagte - natürlich rechtswidrigerweise - im Ergebnis dazu bewogen hat, auch in den nachfolgenden Jahren bis zum heutigen Tag von einer entsprechenden gesetzlich vorgeschriebenen Bescheidung abzusehen.

Auch die langjährige Untätigkeit der Beklagten vermag das Fehlen dieser Zulässigkeitsvoraussetzung nicht zu ersetzen (BSG, Urteil vom 29. Mai 1963 - 2 RU 211/61 -, BSGE 19, 164).

4. Erfolgreich begehrt die Klägerin hingegen nunmehr mit ihrer Anschlussberufung die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung ihres bereits 2009 gestellten Antrages auf Feststellung des Bestehens bzw. Fehlens entsprechender Versicherungspflichten im Wege der Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG.

Der vom 11. Dezember 2008 datierende Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1. war nach seinem Wortlaut und seiner Zielrichtung gerade auf eine entsprechende Bescheidung ausgerichtet. Diesem Antrag hat die Beklagte bis heute nicht entsprochen, obwohl natürlich in den inzwischen verstrichenen mehr als acht Jahren weitaus mehr als nur eine angemessene Frist zur inhaltlichen Bescheidung zur Verfügung gestanden hat.

Soweit die Beklagte diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, dass ihr "die Hände gebunden" seien, vermag der Senat diesen letztlich gar keine konkreten Inhalt aufweisenden Vortrag weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht auch nur ansatzweise nachzuvollziehen. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang möglicherweise auf Aufklärungsschwierigkeiten Bezug nehmen will, erschließt schon im Ausgangspunkt nicht, weshalb entsprechende - in vielen Zusammenhängen anzutreffende - Schwierigkeiten einer Bescheidung eines Antrages entgegenstehen sollen. Soweit sich ein tatsächlicher Umstand nicht aufklären lässt, führt dies schon im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu dem Ergebnis, dass die Behörde von einer inhaltlichen Bescheidung eines Antrages absehen darf; sie hat dann vielmehr erforderlichenfalls zu prüfen, welche Regelungen über die Verteilung der sog. materiellen Beweislast anzuwenden sind. Soweit es an einer Mitwirkung eines Leistungsberechtigten mangelt, sind überdies auch die Vorgaben der §§ 60 ff. SGB I zu berücksichtigen.

Im Übrigen erschließt sich anhand des Vortrages der Beklagten nicht einmal, welche konkreten Aufklärungsbemühungen sie beispielsweise in den vergangenen zwei Jahren entfaltet haben will, zu welchen Ergebnissen diese geführt haben sollen und aus welchen Gründen keine weiteren Ermittlungsmöglichkeiten in Betracht gekommen sein sollen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.