Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.07.1999, Az.: VI 337/97

Unzulässigkeit von Rückstellungen wegen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, wenn durch Vorlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens der zu erwartende Lohnbetrag für die Krankheitszeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig angegeben wird

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
27.07.1999
Aktenzeichen
VI 337/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 18020
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0727.VI337.97.0A

Fundstellen

  • DStRE 2000, 705-707 (Volltext mit amtl. LS)
  • NWB 2000, 1055-1056

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Zulässigkeit der Bildung einer Rückstellung wegen Lohn- und Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall streitig.

2

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand vorwiegend der Handel mit elektrischen und elektronischen Geräten, insbesondere im Bereich der Messtechnik ist. Die Gesellschaft stellte Ende 1991 ihre aktive Geschäftstätigkeit ein. Am 22. November 1993 wurde die Auflösung der Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen. Der auch in den Streitjahren alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer ... V... ist zum alleinvertretungsberechtigten Liquidator bestellt. In dem Wirtschaftsjahr 1990 beschäftigte die Klägerin neben zwei Geschäftsführern vierzehn Angestellte, im Folgejahr lediglich dreizehn Angestellte.

3

In der Bilanz zum 31.12.1990 bildete die Klägerin eine Rückstellung für Lohn- und Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle in Höhe von 42.200,00 DM. Auf Grund einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, die Rückstellung sei unzulässiger Weise gebildet worden und löste diese gewinnerhöhend auf.

4

Neben weiteren hier nicht streitigen Änderungen berücksichtigte der Beklagte die Gewinnerhöhung im geänderten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheid 1990 vom 09.03.1994 in der Fassung des weiteren Änderungsbescheides vom 20.04.1994. Den Einspruch wies der Beklagte durch Bescheid vom 14. April 1997 als unbegründet zurück.

5

Mit ihrer hiergegen gerichtete Klage begehrt die Klägerin die Anerkennung der Rückstellung für Lohn- und Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle in Höhe von 42.200,00 DM. Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus, nach dem Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung bestehe ein Bilanzierungsverbot für Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften. Eine Passivierung sei erstzulässig, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehung entweder durch Erfüllungsrückstände oder Vorleistungen gestört sei oder wenn der Wert der künftigen Verpflichtung den Wert der künftigen Gegenleistung übersteige. Daher sei zunächst zu untersuchen, ob sich vertragliche Leistungen gegenüber stünden. Auf einer zweiten Stufe müsse schließlich geprüft werden, ob die Leistung und Gegenleistung ausgeglichen seien. Zwar bestehe eine Ausgeglichenheitsvermutung. Diese sei jedoch nach der Rechtsprechung des BFH widerlegbar.

6

Die Durchbrechung des Synallagmas im Falle der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle bestehe darin, dass - dem Urlaubsanspruch vergleichbar - eine Entgeltzahlung durch den Arbeitgeber erfolge, ohne dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung zu erbringen habe. Diese Durchbrechung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung führe jedoch noch nicht per se zum Erfüllungsrückstand des Arbeitgebers. Deshalb sei eserforderlich, den Lohnfortzahlungsanspruch in die Gegenüberstellung und die Gleichwertigkeitsvermutung mit einzubeziehen, was eine Qualifizierung als Teil der Aufwendungen des Arbeitgebers voraussetze. Hieraus ergebe sich, dass eine Rückstellung für Lohn-/Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle grundsätzlich zulässig sei, sofern die Unausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung bejaht werde. Diese Unausgeglichenheit könne durch Wahrscheinlichkeitsberechnung bzw. versicherungsmathematische Berechnung belegt werden. Eine derartige Prognose und Wahrscheinlichkeitsrechnung sei nach der Rechtsprechung des BFH ein zulässiges Mittel, den Erfüllungsrückstand zu belegen und damit die Gleichwertigkeitsvermutung zu widerlegen. Ein entsprechendes versicherungsmathematisches Gutachten liege für die Klägerin vor.

7

Ferner sei darauf hinzuweisen, dass eine Parallele zwischen der Rückstellung für Lohn- und Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse bestehe. Gerade beimsogenannten Blockmodell werde deutlich, dass Vorleistungen des Arbeitnehmers in jungen Jahren durch Freistellungs- oder Abwesenheitsphasen in älteren Jahren ausgeglichen würden. Es bestünden Erfüllungsrückstände, auch wenn das gesamte Arbeitsverhältnis oder Altersteilzeitarbeitsverhältnis als ausgeglichen betrachtet werden sollte.

8

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheid 1990 vom 9. März 1994 in der Fassung vom 20. April 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. April 1997 dahingehend zu ändern, dass bei der Ermittlung des Steuerbilanzgewinns zusätzlich eine Rückstellung in Höhe von 42.200,00 DM berücksichtigt wird und die Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermeßbetrag für 1990 entsprechend festgesetzt wird.

9

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung verweist er im wesentlichen auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Für die Rückstellungsbildung sei am Bilanzstichtag zunächst zu prüfen, ob ein Erfüllungsrückstand bestehe, welcher wirtschaftlich dem alten Jahr zuzurechnen sei, tatsächlich aber erst im folgenden Jahr erfüllt werden müsse. Denn eine Rückstellung solle bewirken, dass der Gewinn periodengerecht ermittelt werde. Es wäre daher systemwidrig, eine Rückstellung für eventuell in der Zukunft eintretende Ereignisse zu bilden. Hierin sei der Unterschied zur Rückstellung wegen Urlaubsverpflichtungen zu sehen. Anders als bei der tagemäßig feststehenden Urlaubsverpflichtung gäbe es kein "Krankheitskontingent", das in das nächste Jahr vorgetragen werden könne. Krankheit gehöre wirtschaftlich in das Jahr, in welchem sie auftrete. Demzufolge entstehe auch kein Erfüllungsrückstand. Dies gelte ebenso für die Argumentation der Klägerin, dass ein Erfüllungsrückstand aufgrund zunehmender Krankheitstage bei fortgeschrittenem Alter entstünde. Es komme jedoch auch keine Rückstellung wegen drohender Verlustein Betracht. Hierfür bedürfte es der Feststellung, dass die Leistung des Arbeitgebers mit der Gegenleistung des Arbeitnehmers im Ungleichgewicht stehe. Eine Störung des Gleichgewichts könne nur eintreten, sofern konkrete Unebenheiten nachgewiesen würden. Eine dauerhafte Krankheit wäre in diesem Bereich zu berücksichtigen. Die Erstellung eines versicherungsmathematischen Gutachtens reiche nicht aus. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, Sozialleistungen zu erbringen, sei integraler Bestandteil der gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und werde auch bei der Entlohnung beachtet. Dies gelte im übrigen auch für die möglicherweise zunehmende Krankheitsanfälligkeit im Alter. Diese auf allgemeinen Wahrscheinlichkeitserwägungen beruhende höhere Krankheitsanfälligkeit werde bei der Bemessung des Arbeitslohns älterer Arbeitnehmer hinreichend berücksichtigt, so dass nicht von einer Unausgeglichenheit ausgegangen werden könne.

11

Die Argumentation der Klägerin zu den Alterteilzeitmodellen sei nicht übertragbar. Im Rahmen der Alterteilzeit erbringe der Arbeitnehmer in früheren Jahren eine Arbeitsleistung, deren Entlohnung noch nicht in vollem Umfang erfolge. Hierauf basiere das Modell. Dieses im Modell angelegte Ungleichgewicht werde durch die Rückstellung ausgeglichen. Im Krankheitsfall entstehe jedoch wie bereits ausgeführt kein Erfüllungsrückstand.

Gründe

12

Die Klage ist nicht begründet.

13

Das Finanzamt (FA) ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht berechtigt war, in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1990 eine Rückstellung wegen der Verpflichtung zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle auszuweisen. Die Rückstellung des Streitjahres (42.200,00 DM) ist deshalb in der Schlussbilanz des Streitjahres zu Recht erfolgswirksam aufgelöst worden.Nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, die nach § 5des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) von der Klägerin zu beachten sind, besteht für Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften grundsätzlich ein Bilanzierungsverbot. Hiervon werden auch Dauerschuldverhältnisse, wie Miet-, Pacht- und Arbeitsverträge erfasst (vgl. Fumi, Steuerrechtliche Rückstellungen für Dauerschuldverhältnisse, 1991, S. 68; Kessler, Rückstellungen und Dauerschuldverhältnisse, 1992, S. 200 ff.; Urteil des BFH vom 25. Februar 1986 VIII R 377/83, BFHE 146, 146, BStBl. II 1986, 465, m.w.N.; a.A. Biener in FS Döllerer, S. 45 ff.; einschränkend Weber-Grellet, DStR 1996, 896, 907). Eine Passivierung der Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften ist erst dann zulässig und geboten (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB), wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen entweder durch Erfüllungsrückstände oder Vorleistungen gestört ist oder wenn der Wert der künftigen Verpflichtung den Wert der künftigenGegenleistung übersteigt (Urteil des BFH vom 19. Juli 1983 VIII R 160/79, BFHE 139, 244, BStBl. II 1984, 56; Clemm/Nonnenmachern in Beck'scher Bilanzkommentar, § 249 Anm. 81). Es kommt darauf an, dass am jeweiligen Bilanzstichtag sich für künftige Zeiträume ein Verpflichtungsüberschuss ergibt (vgl. Groh, BB 1988, 27, 28; Döllerer, DStR 1988, 67, 68; Kupsch, DB 1989, 53, 75 f.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

14

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie sich zum 31. Dezember 1990 wegen ihrer Verpflichtung zur Lohnfortzahlung für das abgelaufene Kalenderjahr in Erfüllungsrückstand befindet, sondern die Rückstellungsbildung allein wegen der künftigen Lohnfortzahlungsverpflichtungen wegen krankheitsbedingter Abwesenheit ihrer Arbeitnehmer gebildet.

15

Von der Entstehung eines Verpflichtungsüberschusses kann bei Arbeitsverträgen nicht allein deshalb ausgegangen werden, weil der Arbeitgeber im Krankheitsffalle verpflichtet ist, das vereinbarte Gehalt für den Zeitraum der gesetzlichen Fortzahlungsverpflichtung weiterzuzahlen (Urteil des BFH vom 07.06.1988 VIII R 296/82, BFHE 153, 407, BStBl. II 1988, 886; FG Baden-Württemberg, EFG 1994, 869; FG Köln, EFG 1997, 10; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 18. Aufl. § 5 Rz. 550, Stichwort: Lohnfortzahlung; a.A. Bode, DB 1990, 333; Höfer, BB 1992, 1753; Lauth, StKongRep 1993, 379, 392; für den Fall der bereits eingetretenen Erkrankung des Arbeitnehmers Hauser/Hagenau, DB 1990, 440). Auch für Arbeitsverträge gilt die Vermutung der Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung (Urteil des BFH vom 26. Juni 1980 IV R 35/74, BFHE 130, 533, BStBl. II 1980, 506). Dem vereinbarten Lohn einschließlich sämtlicher Nebenleistungen stehen regelmäßig gleichwertige Ansprüche des Arbeitgebers gegenüber. Zum Kreis der in die Gleichwertigkeitsvermutung einzustellenden Aufwendungen gehören alle Leistungen, die aufgewendet werden müssen, um die Gegenleistung der anderen Partei zu erhalten, demnach auch Gehaltsaufwendungen des Arbeitgebers für (künftige) Krankheitstage (Urteil des BFH vom 25. September 1956 I 122/56 U, BFHE 63, 354, BStBl. III 1956, 333).

16

Der Arbeitgeber ist gegenüber seinen Angestellten verpflichtet, im Fall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bis zu sechs Wochen das Gehalt fortzuzahlen, höchstens jedoch bis zum Ende des Dienstverhältnisses (§ 616 Abs. 2 BGB). Zwar durchbricht diese Regelung die synallagmatische Verknüpfung der beiderseitigen Leistungsverpflichtungen des Dienstvertrages (§ 323 BGB; vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 58. Aufl., 1999, § 616 Rz. 3). Damit wird jedoch die Einbeziehung des Entgeltfortzahlungsanspruchs in die Gleichwertigkeitsvermutung nicht ausgeschlossen (Urteil des BFH vom 07.06.1988 VIII R 296/82, BFHE 153, 407, BStBl. II 1988, 886). Denn auch diese Verpflichtung des Arbeitgebers ist Teil der Aufwendungen, die ertätigt, um die Arbeitsleistung zu erhalten.

17

Gründe, die eine Widerlegung der Gleichwertigkeitsvermutung für die Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen rechtfertigen könnten, sind von der Klägerin im Klageverfahren nicht vorgetragen worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ein künftig eintretendes Ungleichgewicht nicht durch Erstellungeines krankenversicherungsmathematisches Gutachten belegbar. Im Gegensatz zur Berechnung von Pensionsrückstellungen, bei denen der Wert der Verpflichtung feststeht und lediglich die Dauer aufgrund der statistischen Lebenserwartung zu ermitteln ist, lässt sich der Wert der Arbeitsleistung nicht annähernd genau bestimmen (vgl. eingehend Urteil des BFH vom 25.02.1986, VIII R 377/83, BFHE 146, 146, BStBl. II 1986, 465). Aus den im vorgenannten Urteil aufgeführten Gründen fehlt es im allgemeinen an der rechtlichen Möglichkeit, den Anspruch des Arbeitgebers auf die Leistungen des Arbeitnehmers ebenso wie der korrespondierenden Leistung des Arbeitgebers einen niedrigeren Wert beizulegen, als der vereinbarte Lohn oder das vereinbarte Gehalt samt Nebeleistungen beträgt (vgl. Urteil des BFH vom 25. September 1956 I R 122/56 U, BFHE 63, 354, BStBl. II 1956, 333). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Bedingungen von Arbeitsverträgen als üblich anzusehen sind, wofür insbesondere die Übereinstimmung mit einem Tarifvertrag spricht. In diesen Fällen müssen Leistungen und Gegenleistungen als ausgewogen angesehen werden. Dies gilt insbesondere auch für Areitnehmer, die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters krankheitsanfälliger sind als jüngere Beschäftigte. Denn ihre abnehmende körperliche Leistungsfähigkeit wird durch die Entwicklung anderer Fähigkeiten ausgeglichen, nämlich die Eigenschaften, die Arbeitnehmer vornehmlich mit zunehmendem Alter entwickeln: Zuverlässigkeit und Sorgfalt bei der Ausführung von Planvorgaben und im Umgang mit Werkstoffen, Geräten und den Arbeitskollegen; genauere Beachtung der Sicherheitsvorschriften; Verantwortungsgefühl für die Betriebsabläufe im engeren und weiteren Unternehmensbereich; betriebsspezifische Kenntnisse und Erfahrungen, die durch längere Unternehmenszugehörigkeit erworben werden. Demzufolge kann allein aus der Möglichkeit einer Berechenbarkeit der statistischen Krankheitshäufigkeit nicht die Gleichwertigkeitsvermutung widerlegt werden, da die künftige Verpflichtung auch im Fall der Entgeltfortzahlungspflicht infolge Krankheits unabhängig vom Alter des jeweiligen Arbeitnehmers Teil der vom Arbeitgeber aufzuwendenden Leistung ist, um die Gegenleistung zu erlangen.Anders verhält es sich lediglich bei Arbeitsverhältnissen, die den Betrieb in einem ungewöhnlichen Maße belasten, weil der Arbeitnehmer keinen oder keinen nennenswerten Erfolgsbeitrag mehr erbringt. Solche Ausnahmefälle wird man annehmen können, wenn ein Arbeitnehmer mangels betrieblicher Beschäftigungsmöglichkeiten völlig freigestellt oder trotz Arbeitsunfähigkeit aus moralischen Gründen (z.B. im Hinblick auf frühere Verdienste) weiterbeschäftigt wird (Urteil des BFH vom 25.02.1986, VIII R 377/83, BFHE 146, 146, BStBl. II 1986, 465). Derartige Fälle sind nach dem Vortrag der Klägerin aber nicht Grundlage der Rückstellungsbildung gewesen.

18

Der Hinweis der Klägerin auf eine sich fortentwickelnde Rechtsprechung im Bereich der Urlaubsrückstellungen vermag ihre Rechtsauffassung nicht zu stützen. Anders als bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ensteht eine Rückstellungsverpflichtung wegen rückständiger Urlaubsansprüche nicht aufgrund eines Ungleichgewichts künftiger Verpflichtungen, sondern als Schuldrückstellung durch einen im Bilanzstichtag eingetretenen Erfüllungsrückstand. Der Arbeitgeber befindet sich mit seiner Leistungsverpflichtung durch die Nichtinanspruchnahme des dem Arbeitnehmer vertraglich zustehenden Urlaubs bereits am Bilanzstichtag im Erfüllungsrückstand, so dass hierin ein Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung begründet ist (Urteil des BFH vom 10.03.1993, I R 70/91, BFHE 170, 433, BStBl. II 1993, 446). Dementsprechend bestimmt sich die Höhe der Rückstellung nach dem Urlaubsentgelt, das der Arbeitgeber hätte aufwenden müssen, wenn er seine Zahlungsverpflichtung bereits am Bilanzstichtag erfüllt hätte (Urteil des BFH vom 8. Juli 1992, XI R 50/89, BFHE 168, 329, BStBl. II 1992, 910). Hieran hat der BFH auch in späteren Entscheidungen festgehalten (vgl. z. B. Urteil des BFH vom 06.12.1995, I R 14/95, BFHE 180, 256, BStBl. II 1996, 406). Für die Rückstellungsbildung künftiger Zeiträume infolge eines Verpflichtungsüberschusses lässt sich hieraus nichts entnehmen.

19

Aus denselben Gründen ist der Hinweis der Klägerin auf das sog. Blockmodell bei Altersteilzeitarbeitsverhältnissen nicht überzeugend. Bei dem sog. Blockmodell wird vereinbart, dass diewährend der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses abzuleistende Arbeitszeit durch Vorleistung des Arbeitnehmers in der Beschäftigungsphase durch entsprechende Arbeitsfreistellungen in der sich anschließenden Freistellungsphase ausgeglichen werden (vgl. Oser/Doleczik, DBB 1997, 2185; Höfer, DStR 1998, 1; Förschle/Naumann, DB 1999, 157). Die entstehenden Erfüllungsrückstände des Arbeitgebers sind Verbindlichkeiten aus einem teilweise bereits abgewickelten Dauerschuldverhältnis und als solche zu passivieren (Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 18. Aufl., § 5 Rz. 550, Stichwort: Arbeitszeit). Über die Bewertung der Arbeitsleistung als solche oder die Entstehung eines künftigen Ungleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung lässt sich dem nichts entnehmen. Die Unausgeglichenheit der Leistung ist im sog. Blockmodell bereits vertraglich angelegt.

20

Demzufolge war die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.