Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.07.1999, Az.: XIV 347/93

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
15.07.1999
Aktenzeichen
XIV 347/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 34564
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0715.XIV347.93.0A

In dem Rechtsstreit

wegen Einkommensteuer 1986 -; 1991

hat der XIV. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 15. Juli 1999, an der mitgewirkt haben:

Vorsitzender Richter . am Finanzgericht .

Richter am Finanzgericht .

Richter am Finanzgericht .

ehrenamtlicher Richter . Kaufmann

ehrenamtliche Richterin . Einzelhandelskauffrau

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Einkommensteuerbescheide 1986 -; 1991 werden dahin angeändert, daß die Einkommensteuer 1986 auf 14.482,00 DM, die Einkommensteuer 1987 auf 12.041,00 DM, die Einkommensteuer 1988 auf 12.063,00 DM, die Einkommensteuer 1989 auf 9.090,00 DM, die Einkommensteuer 1990 auf 8.107,00 DM und die Einkommensteuer 1991 auf 13.924,00 DM herabgesetzt wird.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kläger tragen die Kosten.

    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten darum, ob Zuwendungen von einer ausländischen Stiftung steuerpflichtig sind.

2

Die am .07.1923 geborene und am .07.1998 verstorbene Rechtsvorgängerin der Kläger erhielt seit 1957 Geldzuwendungen aus der "H -Stiftung" mit Sitz in Vaduz/Liechtenstein. Die Zuwendungen beliefen sich in den Jahren 1982 bis 1984 auf 17.000,00 DM jährlich und ab 1985 auf 20.000,00 DM jährlich. Die H -Stiftung war im Jahr 1956 von der Mutter der R mit einem Stiftungskapital i.H.v. 400.000,00 sfr gegründet worden. R hatte die jährlichen Geldzuwendungen aus der Stiftung bis einschließlich 1985 als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG in ihren Einkommensteuererklärungen erfaßt. Ab dem Streitjahr 1986 erfaßte das beklagte Finanzamt (FA) die Zahlungen in Höhe von 20.000,00 DM jährlich als andere wiederkehrende Bezüge.

3

Dagegen legte die Rechtsvorgängerin der Kläger Einspruch ein. In dem parallel geführten Vorverfahren betreffend Vermögensteuer auf den 01.01.1984 legte die Rechtsvorgängerin der Kläger die Statuten der Stiftung vor. § 7 der von der Klägerin am .02.1987 dem FA vorgelegten Statuten hat folgende Fassung:

4

"Stiftungsbegünstigung:

5

Stiftungsbegünstigt sind die beiden Töchter der Stifterin

6

Frau F, geb., ()

7

und Frau R, geb., .

8

Der Umfang der Stiftungsbegünstigung wird widerruflich oder unwiderruflich vom Stiftungsrat in einfacher schriftlicher Urkunde oder in einem Beistatut, das der amtlichen Beglaubigung nicht bedarf, festgesetzt. Die Begünstigten sind berechtigt zu Gunsten ihrer Nachkommen auf ihre Ansprüche gegenüber der Stiftung zu verzichten.

9

Beim Tod eines der Stiftungsbegünstigten treten dessen Nachkommen in seine Rechtsstellung ein. Die Begünstigten können durch letztwillige Verfügung jedoch bestimmen, daß die Nachkommen als Begünstigte auszuscheiden haben. In diesem Fall wird die Stiftung zu Gunsten der Nachkommen der anderen begünstigten Tochter aufrecht erhalten.

10

Die Hälfte der im Zeitpunkt des Ausscheidens des einen begünstigten Stammes vorhandenen Vermögens ist den ausscheidenden Nachkommen auszuschütten. In diesem Fall wird also das Stiftungsvermögen durch den Stiftungsrat zur Hälfte liquidiert.

11

Verfügt auch die überlebende begünstigte Tochter durch letztwillige Verfügung, daß ihre Nachkommen nicht mehr begünstigt sein sollen, so ist die Stiftung als solche nach dem Ableben der zweitverstorbenen Begünstigten vollständig zu liquidieren."

12

Wegen des vollständigen Inhalts der Statuten wird auf Bl. 7 bis 11 der Einspruchsheftung Vermögensteuer verwiesen. Rückfragen des FA im Einspruchsverfahren gegen den Vermögensteuerbescheid nach der Höhe des Stiftungsvermögens, der Höhe und der Verteilung der Einnahmen sowie danach, ob die Stiftung bei einem bundesdeutschen Finanzamt geführt werde, beantwortete der Prozeßbevollmächtigte der Rechtsvorgängerin der Kläger mit dem Hinweis, daß er die Stiftung nicht vertrete. Der in Vaduz ansässige Vertreter des Stiftungsrates beantwortete die Fragen ebenfalls nicht und verwies auf § 13 der Statuten, wonach es untersagt sei, "überhaupt alle tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse der Stiftung" Außenstehenden, insbesondere einer ausländischen Behörde zur Kenntnis zu bringen. Gleichwohl verwies er auf § 7 der Statuten, die er wie folgt wiedergab: "Der Stiftungsrat hat die Befugnis, die Begünstigten, die Voraussetzung für eine solche Begünstigung sowie deren Inhalt zu bestimmen und diese wiederum zu entziehen und zwar nach freiem Ermessen.

13

Dem Begünstigten steht kein Rechtsanspruch auf Auflösung der Stiftung, auf einzelne Stücke des Stiftungsvermögens oder dessen Teilung oder auf Ausrichtung von Erträgen und Vermögensteilen der Stiftung, somit insbesondere auch kein Klagerecht gegenüber der Stiftung zu."

14

Den Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre begründete der Prozeßbevollmächtigte damit, daß der Zweck der Stiftung in der Verwaltung von Kapitalvermögen bestehe. Die Erträge aus diesem Vermögen könnten somit nicht gemäß § 22 Nr. 1 EStG den wiederkehrenden Leistungen zugerechnet werden. Vielmehr seien sie zwingend den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen. Die Erträge aus dem Stiftungsvermögen seien ausschließlich der Stiftung selbst zuzurechnen (§ 1 Abs. 1 Ziffer 5 KStG); hinsichtlich dieser Erträge bestehe bei der Rechtsvorgängerin der Kläger selbst keine Steuerpflicht. Auf das klagabweisende Urteil vom 13.10.1992 in der Vermögensteuersache (Az.:) könne sich das FA nicht berufen, da der Begriff der wiederkehrenden Bezüge im Einkommensteuerrecht anders als im Vermögensteuerrecht auszulegen sei. Nach deutschem Einkommensteuerrecht sei eine zweifache Besteuerung derselben Einnahmen nicht möglich.

15

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Heranziehung der Rechtsvorgängerin der Kläger zur Einkommensteuer werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gewinn der Familienstiftung zuzurechnen und gegebenenfalls dort bereits versteuert worden sei. Denn im deutschen Steuerrecht gebe es kein allgemeines Verbot einer Doppelbesteuerung. Da zudem mit Liechtenstein kein Doppelbesteuerungsabkommen bestehe, seien diese Einkünfte im Rahmen des Welteinkommensprinzips der unbeschränkt Steuerpflichtigen bei ihrem Einkommen mit zu berücksichtigen. Bei den Zuwendungen der Stiftung handele es sich um wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG, da diese der Rechtsvorgängerin der Kläger seit Jahren fortlaufend jährlich gezahlt worden seien und anzunehmen sei, daß dies auch in Zukunft so bleiben werde. Es sei unerheblich, welcher Einkunftsart die Erträge der Stiftung selbst zuzurechnen seien. Eine eventuelle Erfassung der Erträge der Stiftung als Einnahmen aus Kapitalvermögen müsse daher nicht bei der Rechtsvorgängerin der Kläger zu Einnahmen im Sinne des § 20 EStG führen. Selbst wenn keine wiederkehrenden Bezüge vorliegen sollten, hätte eine Zurechnung des Einkommens der Familienstiftung im Rahmen des § 15 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) zu erfolgen, wobei in diesem Fall, in dem die Einkünfte der Stiftung als inländisch fingiert würden, der Charakter der Einkünfte (z.B. Kapitalvermögen) auch den Bezugsberechtigten treffe. Eine Beteiligung am Vermögen der Stiftung sei für die Anwendung des § 15 AStG nicht notwendig.

16

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Kläger als Rechtsnachfolger der R dren bisheriges Begehren weiterverfolgen. Ergänzend tragen sie folgendes vor: Aufgrund des BFH-Urteils vom 05.11.1992 I R 39/92 (a.a.O.) seien Ausschüttungen einer Stiftung den Begünstigten ausschließlich gemäß § 15 Abs. 1 AStG zuzurechnen. Bereits aus diesem Grund stellten die Ausschüttungen keine sonstigen Einkünfte gemäß § 22 EStG dar, so daß die angegriffenen Einkommensteuerbescheide unrechtmäßig ergangen seien. Darüber hinaus sage das BFH-Urteil ferner aus, daß eine Zurechnung gemäß § 15 Abs. 1 AStG unabdingbar einer gesonderten Feststellung bedürfe, die im Streitfall jedoch nicht erfolgt sei. Diese könne auch durch das Gericht nicht nachgeholt werden.

17

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1986 bis 1991 dahin zu ändern, daß die vom FA angesetzten wiederkehrenden Bezüge in Höhe von jährlich 20.000,00 DM nicht angesetzt werden und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

18

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

19

Es verweist auf die klagabweisenden Urteile in der Vermögensteuersache vom 13.10.1992 (Az.:) und vom .03.1996 (Az.:), in denen das Finanzgericht die Erfassung der jährlichen Bezüge als wiederkehrende Leistungen bei der Vermögensteuer nicht beanstandet habe. Aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen BFH-Urteils vom 05.11.1992 (a.a.O.) sei jedoch eine Erfassung der streitigen Zuwendungen von der Stiftung als sonstige Einkünfte gemäß § 22 EStG nicht möglich. Vielmehr sei das Einkommen der Stiftung zu ermitteln und aufgrund des Ablebens des Stifters den entsprechenden bezugsberechtigten Personen zuzurechnen. Lt. Statut der Stiftung seien die Rechtsvorgängerin der Kläger und deren Schwester Stiftungsbegünstigte gewesen. Entgegen der Auffassung der Kläger sei das Einkommen nicht ausschließlich dem Stifter zuzurechnen. Da dieser bereits verstorben sei, greife § 15 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative AStG ein, wonach das Einkommen ansonsten den unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, die bezugsberechtigt sind, entsprechend ihrem Anteil zuzurechnen sei. Trotz Vorhandenseins verschiedener Versionen von Statuten der Stiftung stehe außer Frage, daß die Rechtsvorgängerin der Kläger -; neben ihrer Schwester -; bezugsberechtigt gewesen sei. Wegen der vom FA neu vorgenommenen Ermittlung des Einkommens wird auf Bl 23 FG-Akte verwiesen.

20

Der Berichterstatter hat dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger mit Verfügung vom .06.1999 Gelegenheit gegeben, eine Einkommensermittlung der Familienstiftung für die Streitjahre nach Maßgabe der vom BFH in seinem Urteil vom 02.02.1994 aufgestellten Grundsätze vorzulegen. Im übrigen wurde dem Prozeßbevollmächtigten aufgegeben, dem Gericht mitzuteilen, wer in den Streitjahren neben der R weitere Zahlungen in welcher Höhe von der Stiftung aufgrund einer entsprechenden Bezugsberechtigung erhalten hat.

21

Der Prozeßbevollmächtigte hat daraufhin dem Gericht mitgeteilt, daß die Stiftung keinerlei Auskunft erteile. Da es sich bei R auch nicht um ein Gründungsmitglied der Stiftung gehandelt habe, bestehe demgemäß keine besondere Auskunftspflicht. Die Kläger seien nicht in der Lage, Angaben über die vom FA geschätzten Besteuerungsgrundlagen oder über gezahlte ausländische Steuern zu machen. Der Prozeßbevollmächtigte hält jedoch sowohl die Höhe der vom FA vorgenommenen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen als auch dessen Annahme, bei den Einnahmen der Stiftung handele es sich um solche aus Kapitalvermögen, für vertretbar. Auch gegen die Annahme des FA, die Schwester der R sei weitere Bezugsberechtigte der Familienstiftung, erhebt der Prozeßbevollmächtigte keine Bedenken. Er bleibt jedoch bei seiner Auffassung, daß die angefochtenen Änderungsbescheide mangels Durchführung einer gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen rechtswidrig seien.

22

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Gründe

23

Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die vom beklagten FA in den angefochtenen Änderungsbescheiden vorgenommene Hinzuschätzung der Einkünfte in Höhe von jeweils 20.000,00 DM pro Streitjahr ist insoweit zu korrigieren, als das der Rechtsvorgängerin der Kläger gemäß § 20 EStG zuzurechnende Einkommen jeweils um den Werbungskostenpauschbetrag, den Sparer-Freibetrag sowie um den Sonderausgaben-Pauschbetrag herabzusetzen ist. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

24

1) Nach § 15 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) wird unter anderem das Einkommen einer Familienstiftung, die Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs des AStG hat, dem Stifter, wenn er unbeschränkt steuerpflichtig ist, sonst den unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, die bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind, entsprechend ihrem Anteil zugerechnet. Familienstiftungen sind Stiftungen, bei denen der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind (§ 15 Abs. 2 AStG).

25

Es handelt sich bei der "." um eine Stiftung, die ihren Sitz in Liechtenstein, und damit außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hat. Ausweislich des § 7 der Statuten waren die Rechtsvorgängerin der Kläger und deren Schwester als Töchter der Stifterin die alleinigen Bezugsberechtigten der Stiftung. Da auch R unbeschränkt steuerpflichtig war, sind alle in § 15 Abs. 1 und 2 AStG genannten Zurechnungsvoraussetzungen erfüllt.

26

2) Die vorrangige Rechtsfolge des § 15 Abs. 1 AStG besteht in der Zurechnung u.a. des Einkommens der Familienstiftung gegenüber dem Stifter bzw. -; wie im Streitfall -; gegenüber den Bezugsberechtigten.

27

a) Allerdings setzt die Zurechnung des Einkommens einer Familienstiftung gegenüber den Bezugsberechtigten voraus, daß die Familienstiftung ein entsprechendes Einkommen im steuerlichen Sinne erzielt. Unter Einkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 AStG ist dasjenige zu verstehen, das sich bei unterstellter unbeschränkter Steuerpflicht der Familienstiftung ergeben würde. Dies entspricht der Überlegung, daß das Einkommen der Familienstiftung dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter oder Bezugsberechtigten zuzurechnen ist. Es wird also nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht besteuert. Damit setzt es sich aus den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG und den in § 2 Abs. 3 und 4 EStG genannten Abzugsbeträgen zusammen. Das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel wird dadurch erreicht, daß das gemäß § 15 Abs. 1 AStG zuzurechnende Einkommen den um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen verminderten Gesamtbetrag der Einkünfte des Bezugsberechtigten erhöht. Im Ergebnis bedeutet dies, daß das Einkommen der ausländischen Familienstiftung getrennt von dem Einkommen des Bezugsberechtigten zu ermitteln ist, dem es zuzurechnen ist. Werbungskostenpauschbeträge, Sparer-Freibeträge und Sonderausgaben sind bei der Einkommensermittlung sowohl des Bezugsberechtigten als auch der ausländischen Familienstiftung anzusetzen, wenn und soweit die gesetzlichen Voraussetzungen dafür jeweils von den genannten Personen erfüllt werden (vgl. BFH-Urteil vom 05.11.1992 I R 39/92, BStBl. II 1993, 388, 391).

28

b) Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide entsprechen diesen Grundsätzen nicht. Das Finanzamt hat nicht das Einkommen der Stiftung ermittelt und sodann der Rechtsvorgängerin der Kläger im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung zugerechnet, sondern lediglich die Ausschüttungen der Stiftung als wiederkehrende Leistungen erfaßt. Dies ist nicht möglich, denn die Anwendung des § 22 Nr. 1 EStG wird durch die Vorschrift des § 15 Abs. 1 AStG verdrängt (BFH-Urteil vom 02.02.1994 I R 66/92, BStBl. II 1994, 727, 731).

29

3) Das der Rechtsvorgängerin der Kläger zuzurechnende Einkommen der Stiftung ist gemäß § 162 Abgabenordnung (AO) zu schätzen.

30

a) Die Kläger haben trotz entsprechender Aufforderung durch den Berichterstatter keine Angaben zum Einkommen der Familienstiftung gemacht, obwohl sie hierzu gemäß § 17 Abs. 1 AStG i.V.m. § 90 Abs. 2 AO verpflichtet gewesen wären. Das Gericht ist daher gemäß § 162 Abs. 2 i.V.m. § 96 Abs. 1 FGO zu einer eigenen Schätzung befugt.

31

b) Aufgrund der Angaben der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Einspruchsverfahren ist davon auszugehen, daß der Zweck der Stiftung in der Verwaltung von Kapitalvermögen besteht. Dies rechtfertigt die Annahme, daß die Stiftung Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 EStG erzielt. Die Höhe der jährlichen Einnahmen aus Kapitalvermögen der Stiftung kann in Höhe der jährlichen Ausschüttungen an die Bezugsberechtigten bemessen werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte, daß die Stiftung höhere Einnahmen erwirtschaftet hat. In Anbetracht der Tatsache, daß R in der Vergangenheit stets wiederkehrende Ausschüttungen in Höhe von 20.000,00 DM von der Stiftung erhalten hat und des weiteren Umstands, daß ihre Schwester nach den Statuten der Stiftung zu gleichen Teilen bezugsberechtigt war, ist die Annahme, daß R auch in den Streitjahren Ausschüttungen in gleicher Höhe bezogen hat, naheliegend und vertretbar. Es begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken, wenn der Senat zugunsten der Familienstiftung unterstellt, sie habe die von ihr erzielten Erträge jährlich in voller Höhe an die Bezugsberechtigten ausgeschüttet.

32

Da den Klägern im Ergebnis nicht (nur) die Einkünfte der Stiftung, sondern deren Einkommen zuzurechnen ist, sind die Einnahmen aus Kapitalvermögen um den Werbungskostenpauschbetrag gemäß § 9 a Satz 1 Nr. 2 EStG, um den Sparerfreibetrag gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG sowie um den Sonderausgabenpauschbetrag gemäß § 10 c Abs. 1 EStG zu kürzen (vgl. BFH-Urteil vom 05.11.1992 in BStBl. II 1993, 388, 391). Im Ergebnis kann daher der vom FA im Klageverfahren vorgelegten Ermittlung des Stiftungseinkommens im Schriftsatz vom .06.1998 (Anlage des Schriftsatzes) gefolgt werden (Bl. 33 FG-Akte).

33

c) Entgegen der Auffassung des Prozeßbevollmächtigten der Kläger bedurfte es im Streitfall keiner gesonderten Feststellung des Stiftungseinkommens im Sinne von § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO. Nach dieser Vorschrift werden gesondert festgestellt insbesondere die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind.

34

aa) Der Senat ist der Auffassung, daß § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO auf den vorliegenden Fall bereits deshalb nicht anwendbar ist, weil es hier nicht um die gesonderte Feststellung von Einkünften, sondern um die Ermittlung des Einkommens der Familienstiftung geht. Für eine derartige gesonderte Zurechnung des Einkommens fehlt es an einer Rechtsgrundlage (so auch F.W., Urteilsanmerkung in IStR 1993, 124).

35

Soweit der Prozeßbevollmächtigte der Kläger dem BFH-Urteil I R 39/92 entnimmt, daß eine gesonderte Feststellung im vorliegenden Fall erforderlich sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn es heißt unter II 6. auf Seite 391 lediglich, daß das Einkommen der ausländischen Familienstiftung getrennt von dem Einkommen des Stifters (oder des Bezugsberechtigten) zu ermitteln ist. Von einer gesonderten Feststellung ist hingegen an keiner Stelle die Rede.

36

bb) Der Senat fühlt sich in seiner Rechtsauffassung auch durch die Vorschrift des § 18 AStG bestätigt. Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift sieht eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 14 AStG in den Fällen vor, in denen an der ausländischen Gesellschaft mehrere unbeschränkt Steuerpflichtige beteiligt sind. Satz 3 der Vorschrift weist hierzu ausdrücklich auf § 180 AO (mit Ausnahme des Abs. 3) hin. Aus der Existenz der Vorschrift und der Verweisung auf die §§ 7 bis 14 AStG ergibt sich nach Auffassung des Senats im Umkehrschluß, daß der Gesetzgeber für die Anwendung des § 15 AStG keine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vorgesehen hat, wenn mehrere Bezugsberechtigte Ausschüttungen von einer Familienstiftung erhalten.

37

4) Die Ermittlung des zuzurechnenden Einkommens war wie folgt vorzunehmen:

1986

1987

1988

1989

1990

1991

Ausschüttungen an R (bisher wiederkehrende Bezüge)

20.000

20.000

20.000

20.000

20.000

20.000

geschätzte Ausschüttungen an die Schwester der R

20.000

20.000

20.000

20.000

20.000

20.000

Summe

40.000

40.000

40.000

40.000

40.000

40.000

./. WK-Pauschbetrag

100

100

100

100

100

100

./. Sparer-Freibetrag

300

300

300

600

600

600

./. Sonderausgaben-PB

270

270

270

270

108

108

Einkommen der Stiftung

39.330

39.330

39.300

39.030

39.192

39.192

davon dem Einkommen der R zuzurechnen (= 1/2)

19.665

19.665

19.665

19.515

19.596

19.596

38

Die Einkommensteuer war der R war hiernach wie folgt neu zu berechnen:

bisher vom FA vorgenommene Zurechnung

20.000

20.000

20.000

20.000

20.000

20.000

Zurechnung lt. Urteil

19.665

19.665

19.665

19.515

19.596

19.596

Differenz

335

335

335

485

404

404

zu versteuerndes Einkommen neu

49.918

44.463

46.944

45.521

48.114

61.994

festzusetzende Einkommensteuer neu

14.482

12.041

12.063

9.090

8.107

13.924

39

5) Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Den Klägern waren die Kosten ganz aufzuerlegen, weil ihre Klage nur zu einem geringen Teil (2 %) Erfolg hatte.

40

6) Die Revision war wegen grundsetzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).