Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.07.1999, Az.: III 357/91
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 07.07.1999
- Aktenzeichen
- III 357/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 34559
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0707.III357.91.0A
Rechtsgrundlagen
- ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 4
- BGB § 333
- BGB § 157
- BGB § 133
Fundstelle
- DStRE 2000, 481-483 (Volltext mit amtl. LS)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Erteilt der aus einer Lebensversicherung Bezugsberechtigte der Versicherung auf einem von ihr erstellten Formular die Anweisung, die Versicherungssumme an einen Dritten auszuzahlen, kann das als Zurückweisung i.S.d. § 333 BGB auszulegen sein.
- 2.
Die Zurückweisung eines Rechts gemäß § 333 BGB ist ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft. Dessen Inhalt muss ggf. durch Auslegung ermittelt werden.
- 3.
Bei der Auslegung einer Erklärung auf einem von der Versicherungsgesellschaft erstellten Formular ist darauf abzustellen, wie der Erklärende das Formular verstehen durfte und musste.
Tatbestand
Gegenstand der Klage ist der Erbschaftsteuerbecheid vom 6. Oktober 1986, bestätigt durch Einspruchsbescheid vom 16. September 1991.Die Klägerin (Kl.) war in einem von Herrn ... (Erblasser) mit der ... AG abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag als Bezugsberechtigte ausgewiesen. Am 17. November 1985 verstarb der Erblasser. Seine Erben waren seine Eltern, ... und ... . Laut Mitteilung der vom 7. Januar 1986 gegenüber dem Beklagten (Bkl.) wurde die Versicherungssumme von 33. 300 DM an den Vater des Erblassers, ... (Zahlungsempfänger), als Bevollmächtigten der Kl. ausgezahlt. Zuvor hatte die Kl. mit Schreiben vom 12. Dezember 1985 gegenüber der .. erklärt, dass die Versicherungsleistung auf das Bankkonto des Vaters des Erblassers überwiesen werden sollte.
Nach einer auf den 12. November 1985 datierten Vereinbarung zwischen der Kl. und den Eltern des Erblassers verpflichteten sich die Eltern nach dem Tode ihres Sohnes die gesamte Wohnungseinrichtung und den Erlös aus dem Verkauf des Pkws ihres Sohnes auf die Kl. zu übertragen sowie die monatliche Miete der Wohnung der Kl. für maximal ein Jahr zu übernehmen. Die Kl. erklärte, dass sie aus freiem Willen die Lebensversicherung des Erblassers bei der ... dessen Eltern überlasse.
Mit dem angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid vom 6. Oktober 1986 setzte der Bkl. wegen des Erwerbs der Kl. aus der Lebensversicherung die Erbschaftsteuer auf ... fest.
Hiergegen wendet sich die Kl. nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren mit der Klage.
Sie trägt vor, in ihrer Erklärung vom 12. Dezember 1985 gegenüber der ... müsse eine Zurückweisung der Lebensversicherung durch sie i.S.v. § 333 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gesehen werden, und zwar mit der Folge, dass die Versicherungssumme in den Nachlass falle. Da sie nicht Erbin sei, liege ein erbschaftsteuerpflichtiger Vorgang nicht vor. Zumindest sei in der Vereinbarung vom 12. November 1985 eine Abtretung an die Eltern des Erblassers zu sehen, sodass es an einer Bereicherung fehle. Der Wert der von den Eltern des Erblassers zugesagten Leistungen belaufe sich auf insgesamt ca. 13. 100 DM (Restratenzahlung für den Pkw ca. 7. 000 DM; Miete 3. 000 DM; Wert der Wohnungseinrichtung ca. 2. 500 DM).
Die Zurückweisung des Versicherungsanspruches durch sie ergäbe sich - bei Würdigung aller Gesamtrückstände - auch aus der Vereinbarung vom 12. November 1985.
Die Kl. beantragt,
den Erbschaftsteuerbescheid vom 6. Oktober 1986 und den Einspruchsbescheid vom 16. September 1991 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Kl. habe ihr Zurückverweisungsrecht gegenüber der Lebensversicherung nicht ausgeübt. Die Erklärung gegenüber der Versicherung vom 12. Dezember 1985 beinhalte nur die Zahlungsanweisung, auf welches Bankkonto und an welche Person die Vericherungssumme habe ausgezahlt werden sollen. Ein Leistungsverzeicht i.S.v. § 333 BGB könne darin nicht gesehen werden. Hiervon sei offensichtlich auch die Versicherungsgesellschaft ausgegangen, wenn sie den Vater des Erblassers als Bevollmächtigten der Kl., nicht aber als Erben oder Miterben bezeichnet habe. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe nur bei erfolgter Zurückweisung die Benennung einer Person als Rechtsberechtigte evtl. nicht als schädlich angesehen. Aus der Vereinbarung von 12. November 1985 könne nichts Abweichendes hergeleitet werden, da diese keine Zurückweisung gegenüber der Versicherung ( § 333 BGB ) enthalte nur gegenüber den Eltern des Erblassers erkläre, dass diesen "aus freiem Willen" die Versicherungssumme gegen bestimmte Gegenleistungen überlassen werden solle.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Steuerakte (Steuernummer ... ) Bezug genommen.