Landgericht Oldenburg
Urt. v. 29.10.2004, Az.: 13 O 1195/04

Anspruch eine Fußballverbandes auf Zahlung anteiliger Ausbildungsentschädigungen für Fussballspieler; Zweck einer vorherigen Anrufung einer Vereins- oder verbandsinternen Gerichtsbarkeit; Erforderlichkeit einer Inhaltskontrolle von Verbandsvorschriften; Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit; Pflicht zur Zahlung einer Ausbildungsentschädigung für den einen Amateur erstmalig als Nicht-Amateur ohne Lizenz unter Vertrag nehmenden Verein; Voraussetzungen der Ausübung des Berufs als Fußballspieler; Zweck des Systems der Ausbildungsentschädigung für Fußballspieler; Verstoß gegen das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
29.10.2004
Aktenzeichen
13 O 1195/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 38926
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2004:1029.13O1195.04.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Oldenburg - 10.05.2005 - AZ: 9 U 94/04

Fundstelle

  • SpuRt 2005, 72-74 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Zahlung von Ausbildungsentschädigung

Prozessführer

...

Die 13. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg hat
auf die mündliche Verhandlung vom 17.09.2004
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...
den Richter am Landgericht ... und ...
die Richterin ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger, die Kosten der Streitverkündung trägt der Streiverkündete selbst.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Parteien sind Mitglieder des Niedersächsischen Fußballverbandes e.V. (NFV), der wiederum Mitglied des Deutschen Fußballbundes e.V. (DFB) ist. Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung anteiliger, vom NFV festgesetzter Ausbildungsentschädigungen für die Spieler .... Insoweit wird Bezug genommen auf die als Anlage zur Klageschrift zur Akte gereichten Berechnungen des NFV (Bl. 3 ff d.A.).

2

Die Spieler haben zunächst beim Kläger als Amateure Fußball gespielt und durch den Wechsel zum Beklagten den Status von Nicht-Amateuren ohne Lizenz erlangt. Insoweit wird Bezug genommen auf die dem Schriftsatz des Beklagten vom 11.05.2004 beigefügten Verträge (Bl. 74 ff d.A.).

3

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte sei gemäß § 7 b NFV-Spielordnung (NFV-SpO) zur Zahlung der verlangten Ausbildungsentschädigung verpflichtet.

4

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 7.697.66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz seit dem 11.02.2004 zu zahlen.

5

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Der Beklagte ist der Auffassung, die Vorschriften der NFV-SpO seien nichtig, weil sie mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 12 GG, nicht vereinbar seien.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Klage ist unbegründet.

8

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere fehlt es nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

9

Zwar ist vor der Anrufung der staatlichen Gerichte grundsätzlich die Vereins- oder verbandsinterne Gerichtsbarkeit auszuschöpfen (BGHZ 47, 172, 174; 49, 396, 398). Hier ist es dem Kläger aber nicht zumutbar, ihn auf die verbandsinterne Gerichtsbarkeit zu verweisen (vgl. BGHZ 47, 172, 174). Der Vorrang der Vereins- oder verbandsinternen Gerichtsbarkeit soll verhindern, dass die staatlichen Gerichte unnötig angerufen werden und dass sie in die Selbstverwaltung des Vereins oder Verbandes eingreifen, solange noch keine abschließende Entscheidung der Organe zustande gekommen ist (BGHZ 13, 6, 16). Diese Gesichtspunkte greifen hier nicht durch. Die Parteien streiten über die Vereinbarkeit von Verbandsvorschriften mit dem Grundgesetz. Diese Entscheidung kann in einer für die Parteien verbindlichen Weise letztlich nur durch die staatlichen Gerichte entschieden werden, die im Anschluss an ein verbandsinternes Verfahren ohnehin angerufen werden würden.

10

Auch bietet das verbandsinterne Verfahren kein schnelleres und billigeres Mittel des Rechtsschutzes, das vergleichbar sicher und wirkungsvoll wie ein Verfahren vor den staatlichen Gerichten ist und mit dem in vergleichbarer Weise die erforderlichen Rechtsschutzziele erreichen können (vgl. BGH NJW 1994, 1351, 1352 [BGH 24.02.1994 - IX ZR 120/93]). Das Verbandssportgericht könnte zwar auch durch Urteil (§ 26 Abs. 1 Rechts- und Verfahrensordnung), gegen das die Berufung und Revision zulässig sind (§ 17 Rechts- und Verfahrensordnung), entscheiden. Die Vollstreckungsmöglichkeiten sind jedoch nicht vergleichbar. Während das Urteil eines staatlichen Gerichts bis zum Eintritt der Vollstreckungsverjährung nach 30 Jahren (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB) vollstreckt werden kann, entfällt die Wirkung des Urteils des Verbandssportgerichts, wenn die nach § 33 Abs. 4 Rechts- und Verfahrensordnung möglichen Sanktionen ergriffen worden sind, ohne dass das Mitglied seinen Verpflichtungen nachgekommen ist.

11

II.

Die Klage ist im Ergebnis aber unbegründet, weil § 7 b NFV-SpO gemäß §§ 138, 242 BGB insoweit nichtig ist, als eine Pflicht zur Zahlung einer Ausbildungsentschädigung für den Fall begründet wird, dass ein Amateur vor Vollendung des 23. Lebensjahres als Nicht-Amateur ohne Lizenz unter Vertrag genommen wird.

12

Als Verbandsvorschrift unterliegt § 7 b NFV-SpO der richterlichen Inhaltskontrolle gemäß §§ 138, 242 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine Inhaltskontrolle von Verbandsvorschriften zumindest dann zulässig und erforderlich, wenn es sich um einen Verein oder Verband mit überragenderMachtstellung im sozialen oder wirtschaftlichen Bereich handelt (BGHZ 105, 306, 316 ff; 128, 93, 101). Der NFV als einer der Landesverbände des DFB nimmt eine solche Monopolstellung ein, weil allein unter dem Dach des DFB die Teilnahme am organisierten (Profi-)Fußballsport möglich ist (vgl. BGH NJW 1999, 3552 [BGH 27.09.1999 - II ZR 305/98]).

13

Dieser Inhaltskontrolle gemäß §§ 138, 242 BGB hält § 7 b NFV-SpO im genannten Umfang nicht stand, weil die Berufsfreiheit der betroffenen Amateure unzulässig einschränkt wird, und die Vorschrift daher gegen Art. 12 GG verstößt.

14

Das in Art. 12 GG gewährleistete Grundrecht der Berufsfreiheit gibt dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit als Beruf zu ergreifen und zur Grundlage der Lebensführung zu machen (BVerfGE 7, 377, 397 [BVerfG 11.06.1958 - 1 BvR 596/56]; Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Auflage, Art. 12, Rdnr. 8).

15

Das Grundrecht der Berufsfreiheit kann gemäß Art. 12 Abs. 1 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden. Die Regelungen können auch durch Satzung getroffen werden (BVerfGE 33, 125, 155 [BVerfG 25.04.1972 - 1 BvL 14/71]), wenn dafür eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vorliegt (BVerfGE 98, 106, 117). Fehlt es - wie hier - an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, genügen Satzungen den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG nur, wenn sie innerhalb bestimmter Grenzen von einer mit Autonomie begabten Körperschaft erlassen werden (BVerfGE 33, 125, 155 [BVerfG 25.04.1972 - 1 BvL 14/71]). Diese Grenzen, die sich aus den geltenden Rechtsnormen ergeben, sind hier überschritten.

16

Das Grundrecht der Berufsfreiheit wird durch die Regelung des § 7 b NFV-SpO, der eine Pflicht zur Zahlung einer Ausbildungsentschädigung für den Verein, der einen Amateur erstmalig als Nicht-Amateur ohne Lizenz unter Vertrag nimmt, begründet, in unzulässiger Weise eingeschränkt. Diese Regelung beschränkt die Möglichkeit von Amateuren, den Beruf des Fußballspielers zu wählen und auszuüben. Sie wirkt dabei wie eine objektive Berufswahlbeschränkung, weil sie an objektive Kriterien anknüpft, die weder mit den Eigenschaften des Betroffenen in Zusammenhang stehen, noch von ihm beeinflusst werden können (BVerfGE 7, 377, 406 ff [BVerfG 11.06.1958 - 1 BvR 596/56]).

17

Die Ausübung des Berufs als Fußballspieler setzt einen entsprechenden Vertrag des Spielers mit einem in den Landesverbänden des DFB organisierten Verein voraus, weil nur dort organisierter, mithin bezahlter Fußball gespielt wird. Der Abschluss eines solchen Vertrages ist für den Verein aber aufgrund der getroffenen Regelung immer auch mit der Pflicht zur Zahlung einer Ausbildungsentschädigung verbunden. Es istsomit nicht ausreichend, dass der Spieler, der das Fußballspiel zu seinem Beruf machen will, den Verein durch seine spielerische und persönliche Qualifikation überzeugt. Es ist auch erforderlich, dass der Verein willens und wirtschaftlich in der Lage ist, die anfallende Ausbildungsentschädigung zu bezahlen (vgl. BGH NJW 1999, 3552, 3553 [BGH 27.09.1999 - II ZR 305/98]). Die Höhe der Ausbildungsentschädigung, die bis zu 17.500 EUR (1.000,- EUR × 5 Jahre × Faktor 3,5) betragen kann, ist auch geeignet, einen interessierten Verein vom Abschluss des Vertrages abzuhalten. Das ergibt sich bereits aus einem Vergleich der Höhe der Ausbildungsentschädigung mit dem an den Spieler zu zahlenden Gehalt anhand der streitgegenständlichen Verträge. So beträgt die Höhe der Ausbildungsentschädigung mindestens 50 % des Jahresgehalts eines Spielers ... in einem Fall liegt sie sogar höher als das Jahresgehalt .... Diese Zahlungsverpflichtung hält die Vereine vom Abschluss von Verträgen insbesondere auch deshalb ab, weil die Vereine im Einzelfall die Möglichkeit haben, Amateure als Nicht-Amateure ohne Lizenz unter Vertrag zu nehmen, ohne dafür eine Ausbildungsentschädigung zahlen zu müssen. Dies trifft auf diejenigen Spieler zu, die die letzten fünf Jahre als Amateur bei dem Verein gespielt haben, bei dem sie auch als Nicht-Amateure ohne Lizenz unter Vertrag genommen werden, und nicht zuvor drei Jahre ununterbrochen bei einem Verein im Bereich des DFB spielberechtigt waren (§ 7 b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 NFV-SpO).

18

Der Eingriff in die Berufsfreiheit wird entgegen der Auffassung des Klägers und des Streithelfers nicht dadurch beseitigt, dass die Wirksamkeit des Vertrages zwischen Spieler und Verein gemäß § 7 b Abs. 1 Satz 2 NFV-SpO nicht von einer bestimmten Höhe der Ausbildungsentschädigung abhängig gemacht werden darf. Für die Entscheidung des Vereins, überhaupt einen Vertrag mit einem Amateur abzuschließen, ist die rechtliche Verknüpfung zwischen der Wirksamkeit des Vertrages mit der Höhe der Ausbildungsentschädigung unerheblich. Für den Verein ist von alleiniger Bedeutung, ob und in welcher Höhe er Verbindlichkeiten eingeht, wenn er einen Amateur als Nicht-Amatuer ohne Lizenz unter Vertrag nimmt (vgl. EuGH NJW 1996, 505, 510 [EuGH 15.12.1995 - C-415/93]).

19

Der Eingriff in die Berufsfreiheit, der wie hier einer objektiven Zulassungsschranke gleich kommt, ist nur gerechtfertigt, wenn er zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlich schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut geeignet und erforderlich und zudem verhältnismäßig ist (BVerfG 7,377, 409; 84, 133, 148; Jarass/Pieroth, a.a.O., Rdnr. 35). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

20

Das System der Ausbildungsentschädigung soll einen finanziellen Interessenausgleich zwischen den einzelnen Vereinen schaffen und somit zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit insbesondere kleinerer Vereine beitragen. Damit soll einer bestmöglichen Jugendförderung Rechnung getragen werden, auch weil durch das System der Ausbildungsentschädigung die Vereine motiviert werden, in die Ausbildung junger Spieler zu investieren, weil sich diese Investition später auch dann auszahlen wird, wenn die Spieler bei einem anderen Verein als Nicht-Amateur ohne Lizenz tätig werden.

21

Es kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Funktionsfähigkeit der Massensportart Fußball um ein überragendes Gemeinschaftsgut handelt. Das gewählte System der Ausbildungsentschädigung ist jedenfalls nicht geeignet diesem Ziel Rechnung zu tragen und rechtfertigt daher den Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit der einzelnen Amateure nicht.

22

Die sportliche Entwicklung junger Amateurspieler ist ebenso wenig wie ihre berufliche Orientierung vorhersehbar. Zahlungen erhält ein Verein, der in der Jugendarbeit tätig ist, nur dann, wenn sich unter seinen Mitgliedern ein Spieler befindet, der vor Vollendung seines 23. Lebensjahres als Nicht-Amateur ohne Lizenz unter Vertrag genommen wird und innerhalb der letzten fünf Jahre in diesem Verein gespielt hat oder erstmalig in diesem Verein im Bereich des DFB drei Jahre lang ohne Unterbrechung spielberechtigt war. Die Zahlungen haben daher einen Eventualitäts- und Zufallscharakter (BGH NJW 1999, 3552, 3553 [BGH 27.09.1999 - II ZR 305/98]). Der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes liegt zwar eine anders lautende Regelung des NFV zugrunde, wonach ohne Rücksicht auf die Spielklasse des abgebenden Vereins eine pauschale Ausbildungsentschädigung in Höhe von 25.000 DM zu zahlen war. Durch die nunmehr streitgegenständliche Regelung ist der Eventualitäts- und Zufallscharakter aber nicht beseitigt worden. Zwar sind von der Entschädigungssumme vorab 10 % an den Verein zu zahlen, für den der Spieler erstmals im Bereich des DFB für drei Jahre ununterbrochen spielberechtigt war, und der Rest der Entschädigungssumme wird auf die Vereine, in denen der Amateur in den letzten 5 Jahren spielberechtigt war (§ 7 b Abs. 3 Satz 2 NFV-SpO), zeitanteilig verteilt, wodurch eine gewisse Verteilung der Mittel gewährleistet wird. Jedoch ist dadurch der Eventualitäts- und Zufallscharakter nurabgemildert worden. Das wirtschaftliche Risiko von Investitionen in die Jugendarbeit ist für die dort engagierten Vereine nach wie vor kaum kalkulierbar, weil sie nicht mit Sicherheit mit Zahlungen in einer bestimmten Höhe rechnen können, die sie zur Steigerung ihres Engagements in der Jugendarbeit bewegen könnten. Es erhalten nach wie vor nur diejenigen Vereine anteilige Ausbildungsentschädigung, die entsprechende Talente hervorbringen, die dann als Nicht-Amateure ohne Lizenz unter Vertrag genommen werden.

23

Nach wie vor trägt die Regelung des § 7 b NFV-SpO auch nicht dem vom Bundesgerichtshof beanstandeten Gesichtspunkt der Pauschalität (BGH NJW 1999, 3552, 3553 [BGH 27.09.1999 - II ZR 305/98]) Rechnung. Zwar wird die zu zahlende Ausbildungssumme nunmehr gemäß § 7 b Abs. 2 NFV-SpO anhand einer vorgenommenen Bewertung des abgebenden und des aufnehmenden Vereins ermittelt. Jedoch führt auch dieses Bewertungssystem nicht zu einer Berücksichtigung der konkreten Ausbildung, die dem Spieler zuteil geworden ist. Es ist dem Kläger und Streithelfer zuzugeben, dass die allgemeine Qualität der Ausbildung infolge größerer Finanzkraft des jeweiligen Vereins und die Gewinne, die ein Verein durch die Verpflichtung eines Spielers erzielen kann, in der Regel relativ zu der Spielklasse steigen. Die Klassifizierung der beteiligten Vereine, die Grundlage der Berechnung der Ausbildungsentschädigung ist, knüpft aber an die Spielklasse der ersten Herren- bzw. Frauenmannschaft des beteiligten Vereins an (§ 7 b Abs. 2 Satz 1 NFV-SpO). Ohne Berücksichtigung bleibt dagegen, in welcher Spielklasse der als Nicht-Amateur ohne Lizenz unter Vertrag genommene Amateur tatsächlich vom abgebenden Verein eingesetzt wurde und/oder vom aufnehmenden Verein eingesetzt werden soll. Weil aber schon die Trainingszeiten je nach Spielklasse variieren, bleiben danach zum einen der zeitliche Umfang der Ausbildung und zum anderen die Qualität des Trainers, die je nach Spielklasse der trainierten Mannschaft verschieden ist, als wertbildende Faktoren der Ausbildung völlig außer Betracht.

24

Darüberhinaus ist auch fraglich, ob zur Erhaltung und Förderung der Jugendarbeit im Fußballsport eine Pflicht zur Zahlung einer Ausbildungsentschädigung für den Fall, dass Amateure vor Vollendung ihres 23. Lebensjahres erstmalig als Nicht-Amateure ohne Lizenz unter Vertrag genommen werden, überhaupt erforderlich ist. Amateure zahlen als Mitglieder eines Vereins Mitgliedsbeiträge und finanzieren ihre, ihnen als Amateur zuteil werdende Ausbildung somit durch die Beiträge selbst. Es besteht daher kein zwingender Grund, die bereits bezahlte Ausbildung erneut durch den aufnehmendenVerein vergüten zu lassen. Dass die konkret einem Amateur, der als Nicht-Amateur ohne Lizenz unter Vertrag genommen werden soll, zuteil gewordene Ausbildung durch die von ihm gezahlten Beiträge vermutlich nicht finanziert worden sein dürfte, steht dem nicht entgegen, weil dies typisch für die im Breitensport tätigen Sportvereine ist. Die Gesamtheit der Mitglieder zahlt die sportliche Ausbildung aller, unabhängig davon, in welchem konkreten Umfang der einzelne von dem Angebot des Sportvereins Gebrauch macht. Zudem haben die Vereine, die die Ausbildung des Amateurs durchgeführt haben, die Möglichkeit, den Amateur frühzeitig vertraglich an den Verein zu binden, um so den Nutzen aus der von ihnen getätigten Ausbildung selbst zu ziehen.

25

Die Regelung des § 7 b NFV-SpO dient daher eher wirtschaftlichen Interessen der Vereine und nicht in erster Linie ideellen Zielen der Gemeinschaft, soweit sie eine Pflicht zur Zahlung einer Ausbildungsentschädigung für den Fall vorsieht, dass ein Amateur erstmalig als Nicht-Amateur ohne Lizenz unter Vertrag genommen wird.

26

Dem Kläger stehen auch keine Grundrechte zu, die aufgrund des Ausgleichs im Wege der praktischen Konkordanz (BVerfGE 93, 1, 21 [BVerfG 16.05.1995 - 1 BvR 1087/91]) den Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Spieler rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 73, 301, 315 [BVerfG 01.07.1986 - 1 BvL 26/83]).

27

Das Grundrecht des Klägers auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) ist nicht tangiert. Zwar umfaßt der Schutz des Grundrechts die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren der Willensbildung und die Führung der Geschäfte sowie das Entstehen und Bestehen (BVerfGE 13, 174, 175 [BVerfG 18.10.1961 - 1 BvR 730/57]; 30, 227, 271; 50, 290, 353; 80, 244, 252; 84, 372, 378). Der verfolgte Vereinszweck erhält durch Art. 9 Abs. 1 GG aber keinen weitereichenderen Schutz als ein individuell verfolgter Zweck (BVerfGE 50, 290, 353; 54, 237, 251). Privatrechtliche Beziehungen eines Vereins zu Privatrechtssubjekten sind daher nicht anders zu beurteilen als entsprechende Beziehungen unter natürlichen Personen (BVerfG NJW 1996, 1203 [BVerfG 12.10.1995 - 1 BvR 1938/93]).

28

Auch das Grundrecht des Klägers auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ist hier nicht betroffen. Zwar ist der Verein als juristische Person des Privatrechts gemäß Art. 19 Abs. 3 GG Träger des Grundrechts der Berufsfreiheit. Geschützt ist der Geschäftsbetrieb eines Vereins aber nur dann, wenn dessen Führung zu den satzungsgemäßen Zwecken gehört (BVerfGE 97, 228, 253 [BVerfG 17.02.1998 - 1 BvF 1/91]). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil es sich bei dem Kläger um einen Idealverein handelt (vgl.BGH NJW 1999, 3552, 3553 [BGH 27.09.1999 - II ZR 305/98]; MüKo-Reuter, 3. Auflage, §§ 21, 22, Rdnr. 36 a), der ein Gewerbe nicht als Hauptzweck betreiben kann (MüKo-Reuter, a.a.O.).

29

Auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Kläger die Ausbildung von Spielern vornimmt, ist das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG nicht tangiert. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Kläger um den Träger einer Ausbildungsstätte handelt, weil Träger des Grundrechts immer der Auszubildende und nicht der Träger der Ausbildungsstätte ist (Jarass-Pieroth, a.a.O., Rdnr. 57).

30

Auch Art. 2 GG greift nicht zugunsten des Klägers. Soweit ein besonderer Lebensbereich - wie hier die Berufsfreiheit - durch ein spezielles Grundrecht geschützt ist, ist eine Rechtfertigung des Eingriffs in das speziell geschützte Grundrecht durch Art. 2 GG ausgeschlossen. Die speziell geschützten Grundrechte enthalten Regelungen, in welchem Umfang Eingriffe gerechtfertigt sind, die nicht durch eine Berufung auf Art. 2 Abs. 1 GG unterlaufen werden sollen (BVerfGE 6, 32, 37 [BVerfG 16.01.1957 - 1 BvR 253/56]; 67, 157, 171).

31

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der DFB und damit auch der NFV als dessen Landesverband gegenüber der FIFA hinsichtlich der Entschädigungsregelung einem Umsetzungszwang unterliegen. Die FIFA ist eine privatrechliche Organisation, deren Regelungen nationales Recht nicht aufzuheben vermögen.

32

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.