Anwaltsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 22.10.2018, Az.: AGH 16/18 (II 14/14)

Bibliographie

Gericht
AGH Niedersachsen
Datum
22.10.2018
Aktenzeichen
AGH 16/18 (II 14/14)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74563
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der im Jahr ... geborene Kläger wurde 1993 zur Anwaltschaft zugelassen und übt seitdem seine Berufstätigkeit im Bezirk der Beklagten aus.

Nachdem der Beklagten eine Vielzahl von Vollstreckungsversuchen gegen den Kläger bekannt geworden war, hörte diese den Kläger mit Schreiben vom 29.01.2018 und 15.02.2018 zu dem beabsichtigten Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls an. Daraufhin legitimierten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Beklagten und baten um eine Fristverlängerung zur Stellungnahme bis zum 05.03.2018. Innerhalb dieser von der Beklagten stillschweigend verlängerten Frist erfolgte jedoch keine Stellungnahme durch den Kläger.

Die Beklagte widerrief mit Bescheid vom 15.03.2018, dem Kläger zugestellt am 19.03.2018, die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft, weil dieser in Vermögensverfall geraten sei (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die Beklagte stützt den Widerrufsbescheid auf 14 Eintragungen des Klägers in dem vom Zentralen Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis (§ 882b Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und zahlreiche weitere gegen den Kläger geführte Vollstreckungsverfahren. Dazu führt die Beklagte im Widerrufsbescheid folgendes aus:

1.

Zwangsvollstreckung der ... GmbH aus einem Urteil des Landgerichts ... vom 28.10.2014 und Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts ... vom 28.11.2014 und 08.05.2014 (DR II 1341/14). Die Forderung belief sich zum 19.01.2018 auf 12.418,20 €. Das AG ... hat in diesem Verfahren am 12.01.2018 einen Haftbefehl gegen den Kläger erlassen.

2.

Zwangsvollstreckung der ... ... aus einem Vollstreckungsauftrag vom 29.09.2016 (DR II 974/16). Die Forderung belief sich zum 19.01.2018 auf 2.581,54 €.

3.

Zwangsvollstreckung der ... V.V.a.G. aus Vollstreckungsbescheiden des AG ... vom 30.11.2015 und 01.09.2016 (DR II 1144 / 16). Die Forderung belief sich zum 19.01.2018 auf 921,15 €.

4.

Zwangsvollstreckung der ... ... ... GmbH und Co. KG aus einem Vollstreckungsbescheid des AG ... vom 25.08.2016 (DR II 351/17). Die Forderung belief sich zum 19.01.2018 auf 1.881,32 €. Das AG ... hat in diesem Verfahren am 11.01.2018 einen Haftbefehl gegen den Kläger erlassen.

5.

Zwangsvollstreckung des ... ... ... ... ... ... aufgrund eines Vollstreckungsauftrags vom 06.04.2017 (DR II 363/17). Die Forderung belief sich zum 19.01.2018 auf 1.984,31 €. Das AG ... hat in diesem Verfahren am 11.01.2018 einen Haftbefehl gegen den Kläger erlassen.

6.

Zwangsvollstreckung der ... ... ... GmbH aus einem Vollstreckungsbescheid des AG ... vom 18.04.2017 (DR II 1014/ 7). Die Forderung betrug zum 19.01.2018 2.165,91 €.

7.

Zwangsvollstreckung der Frau ... ... aus einem Vollstreckungsbescheid des AG ... vom 15.08.2017 (DR II 873/17). Die Forderung betrug zum 19.01.2018 595,42 €. Das AG ... hat in diesem Verfahren gegen den Kläger am 11.01.2018 einen Haftbefehl erlassen.

8.

Zwangsvollstreckung der Frau ... ... aus einem vor dem OLG Celle am 29.08.2017 geschlossenen Vergleich (DR II 943/17). Die Forderung betrug zum 19.01.2018 4.445,12 €.

9.

Zwangsvollstreckung der ... Versicherungs-AG aus einem Vollstreckungsbescheid des AG ... vom 23.08.2017 (DR II 970/17) über eine Forderung i.H.v. 547,57 €, Stand 19.01.2018.

10.

Zwangsvollstreckung des Herrn ... ... aus einem Vollstreckungsbescheid des AG ... vom 25.10.2017 (DR II 1030/17) über eine Forderung i.H.v. 982,14 €, Stand 19.01.2018. Das AG ... hat in diesem Verfahren gegen den Kläger am 09.01.2018 einen Haftbefehl erlassen.

11.

Zwangsvollstreckung der ... ... aufgrund eines Vollstreckungsauftrags vom 22.11.2017 (DR II 1041/17). Die Forderung betrug zum 19.01.2018 1.097,40 €. Das AG ... hat in diesem Verfahren gegen den Kläger am 09.01.2018 einen Haftbefehl erlassen.

12.

Zwangsvollstreckung der ... GmbH aus einem Vollstreckungsbescheid des AG ... vom 20.07.2017 über 1.193,44 €, Stand 19.01.2018. (DR II 760/17). Das AG ... hat in diesem Verfahren am 11.01.2018 einen Haftbefehl gegen den Kläger erlassen.

13.

Zwangsvollstreckung der ... ... GmbH & Co. KG aus einem Urteil des Landgericht ... vom 06.07.2016 und einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts ... vom 02.03.2017 (DR II 1090/17). Die Forderung betrug zum 19.01.2018 70.998,85 €. Das AG ... hat in diesem Verfahren am 26.01.2018 einen Haftbefehl gegen den Kläger erlassen.

14.

Zwangsvollstreckung der ... ... aufgrund eines Vollstreckungsauftrags vom 07.10.2016 über 827,71 €, Stand 19.01.2018 (DR II 992/16). In diesem Verfahren hat das AG ... am 06.02.2018 einen Haftbefehl gegen den Kläger erlassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerrufsbescheid der Beklagten (Bl. 21-35 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Diesen Widerruf seiner anwaltlichen Zulassung greift der Kläger mit seiner am 16.04.2018 vorab per Telefax und am 17.04.2018 im Original bei der gemeinsamen Poststelle des Oberlandesgerichts Celle und des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs eingereichten Klage an. Zur Begründung der Klage führt der Kläger zum einen aus, dass er – unter anderem durch den Verkauf einer Immobilie in ... – versuchen werde, Vereinbarungen mit den Gläubigern zu erzielen. Darüber hinaus schildert er die persönlichen und familiären Hintergründe, die aus seiner Sicht zu seiner schwierigen wirtschaftlichen Situation geführt haben. Des Weiteren teilt der Kläger mit, dass er am 11.04.2018 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 16.04.2018 (Bl. 1-10 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2018, Aktenzeichen P54199, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den angefochtenen Bescheid und weist darüber hinaus darauf hin, dass zum Stichtag 05.06.2018 insgesamt 25 Eintragungen des Klägers im Schuldnerverzeichnis vorliegen. Die Eintragungen 1-14 seien wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft erfolgt und die Eintragungen 15-25, weil die Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen war. Aus dem von der Beklagten als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 06.06.2018 (Blatt 48 - 76 der Gerichtsakte) vorgelegten Auszug aus dem Vollstreckungsportal ergibt sich, dass zusätzlich zu den im Widerrufsbescheid angegebenen Eintragungen zu den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen 1-14 folgende Eintragungen erfolgt sind:

1. ... ... GmbH

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 57 der Gerichtsakte)

2. ... ...

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 61 der Gerichtsakte)

– Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen, Anordnungsdatum, 12.04.2018 (Bl. 69 der Gerichtsakte

3. ... V.V.a.G.

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 53 der Gerichtsakte)

4. ... ... ... GmbH & Co. KG

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 54 der Gerichtsakte)

5. ... ... ... ... ... ...

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 55 der Gerichtsakte)

– Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen, Anordnungsdatum 12.04.2018 (Bl. 67 der Gerichtsakte)

6. ...

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 58 der Gerichtsakte)

7. ... ...

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 52 der Gerichtsakte)

8. ... ...

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 63 der Gerichtsakte)

– Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen, Anordnungsdatum 12.04.2018 (Bl. 86 der Gerichtsakte)

9. ... Versicherungs-AG

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 60 der Gerichtsakte)

10. ... ...

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 59 der Gerichtsakte)

– Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen, Anordnungsdatum 12.04.2018 (Bl. 72 der Gerichtsakte)

11. ... ...

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 62 der Gerichtsakte)

– Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen, Anordnungsdatum 12.04.2018 (Bl. 73 der Gerichtsakte)

12. ...-... GmbH

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 24.01.2018 (Bl. 56 der Gerichtsakte)

13. ... ... GmbH & Co. KG

– Nichtabgabe des Vermögensverzeichnisses, Anordnungsdatum 07.02.2018 (Bl. 64 der Gerichtsakte)

– Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen, Anordnungsdatum 12.04.2018 (Bl. 74 der Gerichtsakte)

14. ... ...

– Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Anordnungsdatum 15.02.2018 (Bl. 65 der Gerichtsakte)

– Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen, Anordnungsdatum 12.04.2018 (Bl. 75 der Gerichtsakte)

Darüber hinaus wurde einmal unter dem Datum 26.03.2018 und in drei weiteren Fällen unter dem Datum 12.04.2018 in der Beklagten bisher nicht bekannten Vollstreckungsangelegenheiten gegen den Kläger im Schuldnerverzeichnis eingetragen, dass die Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen ist.

Mit Schreiben vom 04.07.2018 informierte das AG ... die Beklagte über eine weitere Zwangsvollstreckung gegen den Kläger. Die ... ... Versicherungsverein ... aG vollstreckt aus einem Vollstreckungsbescheid des AG ... vom 30.12.2014 eine Forderung in Höhe von insgesamt 248,03 €.

Mit Schreiben vom 10.07.2018 teilte das ... für ... ... der Beklagten mit, dass zum Stand 10.07.2018 der Kläger Einkommenssteuerrückstände i.H.v. 12.417,55 € habe und die Sozietät ... & ... Rückstände aus Lohn– und Umsatzsteuer i.H.v. 5.648,41 €.

Mit Schreiben vom 27.08.2018 informierte das AG ... die Beklagte darüber, dass die ... ... GmbH (vgl. lfd. Nr. 1 der Vollstreckungsliste) eine erneute Zwangsvollstreckungsmaßnahme über insgesamt 12.339,96 € gegen den Kläger eingeleitet hat.

Mit Schreiben vom 02.10.2018 informierte das AG ... die Beklagte darüber, dass am 01.10.2018 ein weiterer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Kläger über 2.444,94 € erlassen wurde, dem eine Forderung der ... ... KG gegen den Kläger aus einem Vollstreckungsbescheid des AG ... vom 17.07.2018 (Geschäftsnummer: 18-8409653-0-0) zugrunde liegt.

Teile der von der Beklagten geführten Personalakte des Klägers ("Korrespondenz und Präsidiumsprotokolle seit 24.10.2014" und "MiZi/MiStra//Steuerrückstände seit 22.10.2014 + Forderungsliste") lagen dem Senat als Ausdruck aus der elektronischen Akte vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

1.

Die Klage ist zulässig.

Die mit Schriftsatz vom 16.04.2018 erhobene Klage gegen den am 19.03.2018 zugestellten Bescheid der Beklagten vom 15.03.2018 ist am 16.04.2018 und somit fristgemäß beim Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof eingegangen.

2.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Nach § 112c Abs. 1 BRAO, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO unterliegt ein belastender Verwaltungsakt der Aufhebung, wenn er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft mit Bescheid vom 15.03.2018 gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO jedoch zu Recht widerrufen. Aus diesen Gründen ist die Klage abzuweisen.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung eines Rechtsanwalts zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist. Von einem Widerruf kann nur abgesehen werden, wenn die Interessen der Rechtssuchenden nicht gefährdet sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind – neben der Eintragung im Schuldnerverzeichnis – insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen sowie der Erlass eines Haftbefehls in einem solchen Verfahren gegen ihn (BGH, Beschluss vom 28.09.2015 – AnwZ (Brfg) 23/15, Rn. 7 mwN. zur ständigen Rechtsprechung, zitiert nach juris). Der Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis nach § 882b ZPO eingetragen ist.

Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens – hier des Widerrufsbescheids vom 15.03.2018 – abzustellen; danach eintretende Entwicklungen bleiben der Beurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (BGH, Beschluss vom 29.06.2011, AnwZ (Brfg) 11/10, Rn. 9 ff.; Beschluss vom 28.09.2015, aaO., beide zitiert nach juris).

Die Beklagte hat zutreffend angenommen, dass im Zeitpunkt des Widerrufs der Zulassung ein Vermögensverfall des Klägers eingetreten war und dass wegen des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtssuchenden gefährdet waren.

a)

Der Kläger war zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung der Beklagten am 15.03.2018 in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis eingetragen, weshalb gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ein Vermögensverfall gesetzlich vermutet wird.

Ein Rechtsanwalt, der im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, muss zur Widerlegung der Vermutung eines Vermögensverfalls ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und dartun, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind (vgl. BGH, Beschluss vom 06.02.2014, AnwZ (Brfg) 83/13, Rn.5, mwN., zitiert nach juris). Dies hat der Kläger nicht ansatzweise getan. Der Kläger hat nicht im Einzelnen seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse dargelegt und auch nicht konkret vorgetragen, auf welche Weise er zukünftig seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen will. Gegen ihn sind vielmehr auch nach Erlass der Widerrufsentscheidung noch weitere Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen worden und er hat am 11.04.2018 die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Auch der Hinweis des Klägers, dass er über eine unbelastete Immobilie in ... (gemeinsam mit seiner Ehefrau) verfüge, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Unabhängig davon, dass dem Sachvortrag des Klägers keine konkreten Angaben zum Wert dieser Immobilie zu entnehmen sind und dass die Veräußerung der Immobilie der Mitwirkung seiner Ehefrau bedürfte, könnte Immobilienvermögen bei der Beurteilung der Frage, ob ein Vermögensverfall vorliegt, nur dann berücksichtigt werden, wenn es dem Betroffenen zum Zeitpunkt des Widerrufs seiner anwaltlichen Zulassung als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung stünde (BGH, Beschluss vom 06.02.2014, aaO. Rn. 6, mwN. zur ständigen Rechtsprechung, zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

b)

Die Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass durch den Vermögensverfall des Klägers die Interessen der Rechtssuchenden gefährdet sind.

Nach der gesetzlichen Wertung in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im – nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen – Interesse der Rechtssuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden. Hierzu trägt der Rechtsanwalt die Feststellungslast (BGH, Beschluss vom 06.02.2014, aaO., Rn.8, mwN. zur ständigen Rechtsprechung des BGH, zitiert nach juris).

Der Vermögensverfall eines Anwalts lässt befürchten, dass dessen Gläubiger auf Gel-der der Mandanten zugreifen. Ziel der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist es, dieser Gefahr vorzubeugen. Von einem Widerruf der Zulassung eines in Vermögensverfall geratenen Anwalts kann daher nur dann abgesehen werden, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung eine sichere Prognose dahingehend getroffen werden kann, dass sich im zu entscheidenden Einzelfall die typischen Gefahren, die mit dem Vermögensverfall eines Anwalts verbunden sind, nicht realisieren werden (BGH, Beschluss vom 08.02.2010 - AnwZ (B) 67/08, Rn. 9 ff., zitiert nach juris). Diese Prognose kann im vorliegenden Fall nicht angestellt werden.

Der Kläger hat zwar außergerichtlich mit einer E-Mail vom 23.01.2018 gegenüber der Beklagten mitgeteilt, dass er in dem Zeitraum bis zum Verkauf seiner Immobilie in ... gern als Angestellter von Herrn Rechtsanwalt ..., seinem bisherigen Partner in der Zweier-Sozietät ... & ..., arbeiten würde und dass Herr ... seit Februar allein über das Kanzleikonto verfügen dürfe und allein Zugriff auf das Onlinebanking und die EC-Karte habe. In diesem Zusammenhang hat der Kläger auch den Entwurf eines Arbeitsvertrages zwischen ihm und Herrn Rechtsanwalt ... vorgelegt, der in § 2 Einschränkungen hinsichtlich der finanziellen Kompetenzen und Möglichkeiten des Klägers vorsieht. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass er im April 2018 seine Selbständigkeit als Rechtsanwalt aufgegeben habe und seither bei Rechtsanwalt ... als angestellter Rechtsanwalt tätig sei. Die Beklagte wurde über diesen Sachverhalt jedoch noch nicht informiert.

Auch dieser nun mündlich vom Kläger vorgetragene Sachverhalt ist jedoch nicht geeignet, eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden auszuschließen. Abgesehen davon, dass der Kläger nach seiner Darstellung seine selbständige Tätigkeit erst nach dem Zugang der Widerrufsentscheidung im April 2018 aufgeben hat, hat der BGH eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden bei Vorliegen eines Vermögensverfalls nur in den Fällen verneint, in denen der Anwalt seine selbstständige Tätigkeit vollständig und nachhaltig aufgegeben hat, nur noch als Angestellter einer Rechtsanwaltssozietät tätig ist und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die verhinderten, dass er mit Mandantengeldern in Berührung kommt (BGH, Beschluss vom 08.02.2010, aaO., Rn.9; Beschluss vom 05.09.2012 - AnwZ (Brfg) 26/12, Rn. 5; Beschluss vom 04.01.2014 - AnwZ (Brfg) 62/13 Rn. 13, alle zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund hat der BGH ein Anstellungsverhältnis mit einer Einzelkanzlei gerade nicht als ausreichend angesehen, weil in diesem Fall nicht zuverlässig sichergestellt ist, dass die Einhaltung der Vereinbarungen auch während der urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit des Einzelanwalts überwacht wird (BGH, Beschluss vom 08.02.2010, aaO., Rn. 12, mwN. zitiert nach juris). Auch wenn der Kläger den der Beklagten als Entwurf übersandten Arbeitsvertrag mit Rechtsanwalt ... abgeschlossen haben sollte (schriftliche Unterlagen wurden dem Senat dazu nicht vorgelegt), würde dies daher nicht ausreichen, um die positive Prognose anzustellen, dass trotz des Vermögensverfalls des Klägers nicht mit einer Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden zu rechnen ist.

III.

Ein Anlass, die Berufung nach §§ 112 Abs. 1, 112e BRAO, 124 Abs. 2 VwGO zuzulassen, besteht nicht. Weder weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, § 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO. Ein Fall der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 112c Abs. 1 BRAO, 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 112c Abs. 1 BRAO, 167 Abs. 1 und 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Anlaß, dem Kläger auf den Antrag vom 05.11.2018 eine Einlassungsfrist zu gewähren, bestand nicht.

Der Streitwert ist gemäß § 194 Abs. 2 S. 1 BRAO auf 50.000 € festzusetzen.