Anwaltsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 24.09.2018, Az.: AGH 25/17 (II 21/5)
Bibliographie
- Gericht
- AGH Niedersachsen
- Datum
- 24.09.2018
- Aktenzeichen
- AGH 25/17 (II 21/5)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74561
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der 1972 geborene Kläger ist seit 2005 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 15.09.2017, dem Kläger zugestellt am 16.09.2017, hat die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO widerrufen. Zur Begründung verweist sie darauf, dass der Kläger in das vom zentralen Vollstreckungsgericht gemäß § 882b Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu führende Verzeichnis eingetragen sei. Der Kläger habe am 30.08.2017 vor dem Obergerichtsvollzieher ... (Az. DR II-Nr. 1035/16) beim Amtsgericht ... zum Aktenzeichen 9 M 269/17 die Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO abgegeben. Der Eintragung liegt eine Forderung der Oberfinanzdirektion ... -... Az. 4401002512749 - zugrunde, wobei ein Haftbefehl des Amtsgerichts ... zum Aktenzeichen 9 M 269/17 vom 30.03.2017 der Abgabe der Vermögensauskunft vorausgegangen sei.
Gegen den Widerrufsbescheid der Beklagten hat der Kläger am 12.10.2017, beim Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof eingegangen am 16. Oktober 2017, Klage erhoben. Zur Begründung verweist er darauf, dass kein Vermögensverfall bestehe und er sich nur in Auseinandersetzung mit einem Gläubiger befinde. Ohne Nachweise vorzulegen, führt er aus, dass die Angelegenheit in absehbarer Zeit geordnet sein werde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15.09.2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich zur Begründung in vollem Umfange auf den angefochtenen Bescheid.
Der Senat hat eine aktuelle Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis betreffend den Kläger eingeholt, die unter dem 14.09.2018 erteilt wurde. Danach bestehen die unter dem Aktenzeichen DR II 1035/16 des Obergerichtsvollziehers ... bisher veranlassten Eintragungen vom 16.02.2017 und 30.08.2017 fort, ferner besteht eine weitere – bisher nicht berücksichtigte – ebenfalls von dem Obergerichtsvollzieher ... unter dem Aktenzeichen DR II 622/17 veranlasste Eintragung vom 30.08.2017.
Die Personalakten des Klägers haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II.
Die fristgerecht erhobene Anfechtungsklage ist zulässig, erweist sich in der Sache jedoch nicht als begründet. Die Beklagte hat die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls zu Recht gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO widerrufen.
1.
Die Zulassung des Rechtsanwaltes zur Rechtsanwaltschaft ist gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen sind die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen (st.Rspr. BGH BRAK-Mitt. 2006, 86). Der Vermögensverfall wird kraft Gesetzes unter anderem dann vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom zentralen Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis gemäß § 882b ZPO eingetragen ist, wobei für den Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufes auf den Zeitpunkt der Widerrufsverfügung abzustellen ist und später eingetretene Entwicklungen der Beurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten bleiben (vgl. BGHZ 190, 187). So liegt der Fall hier. Der Kläger war im Zeitpunkt des Widerrufes nach Abgabe der Vermögensauskunft in das gemäß § 882b ZPO zu führende Verzeichnis eingetragen. Auf die Gründe kommt es eben so wenig an, wie darauf, dass nach der Behauptung des Klägers nur ein Gläubiger vorhanden sei. Aufgrund der Eintragungen bestand im Zeitpunkt des Widerrufes die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls. Aufgrund der aktuell noch bestehenden Eintragungen des Klägers in das Schuldnerverzeichnis wirkt diese Vermutung fort.
2.
Dem Rechtsanwalt obliegt die Darlegungs- und Beweislast die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen (BGH NJW 1991, 2083 [BGH 25.03.1991 - AnwZ B 80/90]). Er muss ein vollständiges und detailliertes Vermögensverzeichnis über alle Aktiva und Passiva vorlegen und ggfs. unter Vorlage eines nachvollziehbaren bzw. realistischen Tilgungsplans dartun, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt geordnet sind (BGH AnwZ (Brfg) 9/16). Der Vortrag des Klägers dazu ist ohne jede Substanz. Die Behauptung, dass die Angelegenheit in absehbarer Zeit geordnet sein werde, reicht nicht aus und wird durch nichts belegt. Zudem bleiben nachträgliche Entwicklungen der Beurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten. Der Vortrag ist nicht geeignet, um die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, zumal auch nichts dafür ersichtlich ist, dass der Kläger seine Einzelkanzlei aufgegeben hat, sodass auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet wären (vgl. BGH, Beschl. v. 17.03.2016 – AnwZ (Brfg) 6/16).
Nach alledem lagen im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung die Voraussetzungen des Vermögensverfalls vor, sodass die Beklagte die Zulassung des Klägers zu Recht widerrufen hat.
3.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 112c Abs. 1 BRAO, 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 112c Abs. 1 BRAO, 167 Abs. 1 und 2 VwGO, 708, 711 ZPO.
4.
Gründe zur Zulassung der Berufung gemäß den §§ 112c Abs. 1, 112e BRAO i.V.m. §§ 124 Abs. 2, 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind nicht ersichtlich.
5.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.