Anwaltsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 23.04.2018, Az.: AGH 26/16 (II 16/18)

Bibliographie

Gericht
AGH Niedersachsen
Datum
23.04.2018
Aktenzeichen
AGH 26/16 (II 16/18)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74558
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 30.06.2016 den Kläger für seine Tätigkeit bei der ... GmbH nach Maßgabe seines Zulassungsantrages vom 13.01.2016 – Eingang bei der Beklagten am 29.02.2016 – als Syndikusanwalt zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

5. Der Streitwert wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) bei der Beklagten.

1. Der am ........... geborene Kläger ist seit dem 01. August 1996 als, wie es im Arbeitsvertrag vom 05.07./11.07.1996 heißt, „Sachbearbeiter“ in der Abteilung „Haftpflicht-Schaden Betrieb/Bau“ bei der ... Versicherung, jetzt bei der ... ... GmbH, Hannover, tätig. Im Februar 2005 beantragte er bei der Beklagten seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. In der Erläuterung zu Ziff. 5 des Fragebogens zum Zulassungsantrag heißt es wörtlich:

Ich bin seit August 1996 in der ... als angestellter juristischer Fachberater tätig ... Ich bearbeite im Rahmen der Eintrittspflicht Haftpflichtansprüche, die gegen die Mitglieder der ... auf dem Gebiet des Architekten-, Bauträger-, Produkt- und Vertragsrechts erhoben werden.

Am 16. Februar 2005 wurde der Kläger zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht ... und zugleich bei dem Landgericht ... zugelassen.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2005 befreite die ... ... den Kläger für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei der ... ... ... von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die Befreiung erfolgte gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F.. Die von dem Kläger seinerzeit ausgeübte Tätigkeit bei der ... Versicherung wurde als eine für einen Rechtsanwalt typische anwaltliche Beschäftigung anerkannt.

Mit Schreiben vom 3. August 2016 verzichtete der Kläger der Beklagten gegenüber auf seine Zulassung als Rechtsanwalt; die Zulassung wurde daraufhin gemäß § 14 II Nr. 4 BRAO bestandskräftig widerrufen.

Am 11. Oktober 2007 schrieb die ... intern eine Stelle, als, wie es heißt, Fachberater, aus. Aufgabengebiet sollte die „qualtitäts- und kundenorientierte, schnelle, unbürokratische und kostengünstige Schadenbearbeitung“ sein. In der Stellenbeschreibung folgte dann eine genauere Umschreibung des Aufgabengebietes. Es wurden persönliche und soziale Kompetenzen als Voraussetzung für die Stellenbesetzung genannt. An fachlichen Kompetenzen wurde die „Ausbildung zum Versicherungskaufmann ...“ oder ein „abgeschlossenes Jura-Studium“ als Voraussetzung genannt. Diese Stelle erhielt der Kläger und übt sie bis heute bei der ... Versicherung aus; allerdings fungiert nunmehr ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der ... formal als Arbeitgeber.

Am 13.01.2016 beantragte der Kläger seine Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) bei der Beklagten. In der Tätigkeitsbeschreibung gibt er an, er sei bei seinem Arbeitgeber in der Funktion als „Syndikusanwalt – Fachberater Haftpflicht“ tätig. In der beigefügten Tätigkeitsbeschreibung vom 11. Februar 2016 wird die Arbeit des Klägers näher beschrieben (Bl. 53 ff. der Personalakte), u. a. wird darauf hingewiesen, dass Rechtsrat weiteren involvierten Personen, wie Anspruchstellern, Rechtsanwälten, Versicherungsvermittlern, Sozialversicherungsträgern und anderen Versicherungsunternehmen erteilt werde, Ziel von Verhandlungen sei es regelmäßig, u. a. „das Fehlen einer Anspruchsberechtigung zu verdeutlichen“. Die Tätigkeit des Klägers sei anwaltlich geprägt, er übe diese fachlich unabhängig und eigenverantwortlich aus.

Der Kläger wird nach Gehaltstarif entlohnt, mittlerweile nach Tarifgruppe VI mit Zuschlägen.

In einer weiteren Organisationsbeschreibung vom 12. April 2016 (Bl. 86 ff. der Personalakte) hebt der Arbeitgeber die herausgehobene Stellung des Klägers in seiner juristischen Tätigkeit für das Unternehmen hervor, unter detaillierter Zuordnung nach den Merkmalen des § 46 Abs. 3 Nr. 1 – 4 BRAO. Der Kläger habe eine Alleinentscheidungsbefugnis bis zu einer Zahlungsverpflichtung von 25.000,00 € pro Zahlungsverfügung.

Im Rahmen des Zulassungsverfahrens als Syndikusrechtsanwalt ergaben sich bei der Beklagten Zweifel an der Erfüllung der Voraussetzungen des § 46 a BRAO. Die Beklagte gewährte daher dem Kläger rechtliches Gehör und beteiligte an dem Anhörungsverfahren auch die Beigeladene. Diese erklärte, sie stimme einer Zulassung des Klägers als Syndikusrechtsanwalt nicht zu.

Mit Bescheid vom 30.06.2016 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) ab. Der Bescheid wurde dem Kläger am 02.07.2016 zugestellt. Hiergegen erhob der Kläger am 29. Juli 2016 beim Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof eingehend Klage.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Voraussetzungen für seine Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) gemäß §§ 46, 46 a BRAO seien erfüllt. Dies betreffe insbesondere die Anforderungen gemäß § 46 a Abs. 1 Nr. 3, 46 Abs. 2 – 5 BRAO. Er übe eine anwaltliche Tätigkeit als Angestellter für seinen Arbeitgeber aus. Diese Tätigkeit erfülle er fachlich unabhängig und eigenverantwortlich. Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses sei er, was die anwaltliche Tätigkeit betreffe, keinerlei Weisungen seines Arbeitgebers unterworfen. Er prüfe Rechtsfragen, erteile Rechtsrat, gestalte Rechtsverhältnisse, führe Verhandlungen und nehme teil an der Verwirklichung von Rechten. Er habe auch die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten. Seine Anstellung sei durch diese Tätigkeiten geprägt. Andere Tätigkeiten, die er als Angestellter wahrnehmen müsse, seien zeitlich untergeordneter Natur, der Anteil nicht anwaltlicher Tätigkeiten des Klägers liege bei ca. 15 %. Funktionsbeschreibungen existieren, so der Kläger, bei seinem Arbeitgeber nicht.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 30.06.2016 den Kläger für seine Tätigkeit bei der ... ... GmbH nach Maßgabe seines Zulassungsantrages vom 13.01.2016 – Eingang bei der Beklagten am 29.02.2016 - als Syndikusrechtsanwalt zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt ihren Ablehnungsbescheid vom 30.06.2016. Sie vertritt die Auffassung, der Kläger sei als Sachbearbeiter in einer Versicherung zwar auch juristisch tätig, indes sei diese Tätigkeit nicht als anwaltliche Tätigkeit anzusehen, da der Kläger als Schadenssachbearbeiter nicht fachlich unabhängig und eigenverantwortlich seine Tätigkeit ausübe und das Arbeitsverhältnis zudem nicht durch anwaltliche Tätigkeit geprägt sei. Der Kläger sei an Weisungen gebunden, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschlössen. Vertraglich wie tatsächlich sei die Berufsausübung nicht fachlich unabhängig.

Die durch Beschluss vom 22.05.2017 beigeladene ... ... ... hat sich in dem Verfahren nicht geäußert.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten verwiesen auf den schriftlichen Vortrag der Parteien sowie die Erklärungen zu Protokoll der mündlichen Verhandlung.

Die Personalakte des Klägers lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß §§ 112 c Abs. 1 BRAO, 42 Abs. 1, 2. Alt. 2 VwGO zulässig. Die Versagung einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ist mit der Verpflichtungsklage anzugreifen. Ein Vorverfahren findet nicht statt (§ 80 Abs. 1 und 4 NJG).

Der Kläger ist auch klagebefugt. Durch die Ablehnung seiner Zulassung als Syndikusrechtsanwalt kann er in seinen Rechten verletzt sein.

Die Verpflichtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30.06.2016 ist fristgerecht eingereicht worden.

III.

1. Die Klage ist begründet. Der Kläger ist durch die Entscheidung der Beklagten in seinen Rechten verletzt. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für eine Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) gemäß §§ 46, 46 a BRAO mit der Folge, dass die Beklagte zu verpflichten ist, ihn als Syndikusrechtsanwalt zuzulassen.

2. Die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen gemäß §§ 4, 7 BRAO sind erfüllt.

3. Die Tätigkeit des Klägers bei seinem Arbeitgeber entspricht den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO. Sie ist durch die Merkmale des § 46 Abs. 3 und 4 BRAO geprägt und wird darüber hinaus zur Überzeugung des Senats vertraglich und tatsächlich fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausgeübt.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass auch Schadenssachbearbeiter bei Versicherungen als Syndikusrechtsanwälte angesehen werden können. Dieser Auffassung entsprechend hat insbesondere der AGH Nordrhein-Westfalen in verschiedenen Entscheidungen festgestellt, dass auch für sog. Schadenssachbearbeiter bei Versicherern und Rückdeckungsverbänden eine entsprechende Zulassung in Betracht kommt, da komplexe Sachverhaltsaufklärung nicht durch die Anwendung von standardisierten Regelwerken zu ersetzen sei, sie erfordere eine individuelle Geistesleistung. Allerdings (vgl. AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.10.2016 zu dem AZ 1 AGH 34/16; AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.10.2016 zu dem AZ 1 AGH 33/16; AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16.12.2016 zu dem AZ 1 AGH 56/16), so der AGH Nordrhein-Westfalen, sei allein das Absolvieren der erfolgreichen Ausbildung zum Volljuristen mit erfolgreicher Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung nicht ausreichend. Gerade bei einer Weisungsgebundenheit müsse aufgrund der Regelungen des Anstellungsvertrages die fachlich unabhängige, weisungsfreie Tätigkeit nicht nur arbeitsvertraglich, sondern auch tatsächlich gewährleistet sein.

Im Arbeitsvertrag des Klägers ist von einer Tätigkeit als Sachbearbeiter die Rede, die Arbeitgeberbescheinigung vom 28.09.2004 (Bl. 10 der Personalakte) bezeichnet den Kläger als Fachberater. Im Zuge der internen Stellenausschreibung (Bl. 160 der Gerichtsakte) wurde als Einstellungsvoraussetzung eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann oder ein abgeschlossenes Jurastudium genannt. Diese Bezeichnungen sprechen, oberflächlich betrachtet, dafür, dass eine anwaltliche Tätigkeit vom Arbeitgeber nicht erwartet und dementsprechend auch nicht geleistet wird. Allerdings hat der Kläger vorprozessual und auch im Klageverfahren zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass er, jedenfalls in seinem derzeitigen Aufgabengebiet, syndikusanwaltliche Tätigkeiten entfaltet. Hierfür spricht bereits der Bescheid der ... ... vom 23.12.2005 zur Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F. (Bl. 88 ff. der Personalakte). In einem entsprechenden Widerspruchsschreiben vom 14.10.2005 gegen den Ausgangsbescheid, durch den die Befreiung von der Versicherungspflicht des Klägers zunächst versagt worden war, hatte der Kläger ausgeführt, er sei rechtsberatend, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend und rechtsvermittelnd tätig (Bl. 94 ff. der Personalakte). Der Kläger beschreibt im Einzelnen genau, welche Aufgaben er für seinen Arbeitgeber erledigt. Zwar sind die seinerzeit gültigen Vorschriften des SGB VI nicht identisch mit den Regelungen des § 46 BRAO, weisen allerdings eine Vielzahl von Übereinstimmungen bei den Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht bzw. als Zulassung zum Syndikusrechtsanwalt auf. Von daher ist der damaligen Rechtsauffassung der ... ... zwar vielleicht keine indizielle Wirkung für die heute zu beantwortende Frage, ob der Kläger als Syndikusrechtsanwalt zuzulassen ist, beizumessen. Allerdings ist nicht nachzuvollziehen, weshalb die damalige Entscheidung heute, bei unverändertem Tätigkeitsprofil des Klägers, anders ausfallen soll. Im Übrigen hat die Beklagte in diesem Zusammenhang auch nicht substantiiert und nachvollziehbar dazu vorgetragen, weshalb die damals angenommenen Voraussetzungen für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt heute nicht mehr gültig sein sollen. Im Verwaltungsverfahren hat sich auch die Beigeladene hierzu nicht geäußert.

Auch die aktuellen Tätigkeitsbeschreibungen für das Aufgabengebiet des Klägers vom 11.02.2016 (Bl. 53 ff. der Personalakte), die Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 23.02.2016 (Bl. 60 der Personalakte) und die Organisationsbeschreibung des Arbeitgebers vom 11.02.2016 (Bl. 86 ff. der Personalakte) lassen den Schluss zu, dass der Kläger anwaltliche Tätigkeiten ausübt. In seiner Gruppe sind zudem zwei Rechtsanwälte, neben anderen, nicht juristisch ausgebildeten Mitarbeitern, beschäftigt. Dem Kläger wird von seinem Arbeitgeber bestätigt, dass seine Tätigkeit ausschließlich auf komplexe Fallgestaltungen ausgerichtet sei und die Außenvollmacht zur Vertretung seines Arbeitgebers unbeschränkt ist. Er sei, so der Arbeitgeber, an keinerlei Vorgaben, Richtlinien oder Anweisungen gebunden. Der Arbeitgeber bestätigt, dass der Kläger fachlich unabhängig und eigenverantwortlich tätig sei, Rechtsfragen prüft und Rechtsrat erteilt; das sei sowohl vertraglich als auch tatsächlich gewährleistet. Der Kläger konkretisiert dies dadurch, indem er seine Tätigkeit beschreibt und erläutert, dass er bei Versicherungsfällen das Bestehen von Deckungsschutz der Versicherungsnehmer der ... prüft, die Begründetheit von an Versicherungsnehmern herangetragenen Ansprüchen abwägt und ggf., wenn bestimmte Grenzen überschritten sind, die Fälle an die Großschadensregulierung abgibt und im Übrigen berechtigt ist, Schäden auch selbst zu regulieren und Zahlungsanweisungen von bis zu 25.000,00 € zu veranlassen, ohne hier intern Rücksprache halten zu müssen. Der Kläger ist zudem befugt, bei einem Fehlen von Deckungsschutz diesen selbständig, ohne weitere Nachfrage abzulehnen. Er prüfe auch, ob Obliegenheitsverletzungen der Versicherungsnehmer vorliegen, und beantworte die Frage, ob Regress genommen werden könne bzw. müsse. Der Kläger schließt seinen Bekundungen nach auch eigenverantwortlich Vergleiche mit Versicherungsnehmern bzw. deren Anwälten. Er dürfe beispielsweise Vergleiche über 50.000,00 € abschließen, ohne Rücksprache halten zu müssen, wenngleich er sich in derartigen Fällen im Regelfall mit seiner Gruppenleitung abstimme. Ein Regulierungsvorschlag des Klägers sei bislang nie in Frage gestellt worden, seine tarifliche Einstufung bei seinem Arbeitgeber weise auf eine besonders verantwortungsvolle, insbesondere eigenverantwortliche Tätigkeit hin, die von ihm erreichte Tarifgruppe sei ansonsten grundsätzlich nicht erreichbar.

Diesen Ausführungen lässt sich nachvollziehbar und überzeugend entnehmen, dass der Kläger auch bei der Gestaltung von Rechtsverhältnissen, dem Führen von Verhandlungen und der Verwirklichung von Rechten nach außen verantwortlich tätig ist und diese Tätigkeiten seine Arbeit auch prägen. Nicht anwaltliche Tätigkeitsbereiche gibt der Kläger mit einem Anteil von 15 % an und nennt auch Beispiele, die in diesen Bereich fallen, allerdings, so seine Ausführungen, in nur zeitlich untergeordneter Form.

Zur Überzeugung des Gerichts steht weiter fest, dass der Kläger fachlich unabhängig und weisungsunabhängig arbeitet, wenngleich Einschränkungen in diesem Bereich bestehen, wie sie allerdings auch bei selbständigen Rechtsanwälten in der Verfolgung der Interessen ihrer Mandanten naturgegeben bestehen.

Demgegenüber sind die Einwendungen der Beklagten nicht geeignet, diesen substantiierten Vortrag des Klägers in Frage zu stellen. Wenngleich die Beklagte ihre Zweifel an der anwaltlichen Tätigkeit des Klägers durchaus formuliert, beschäftigt sie sich doch nicht im Einzelnen mit den detaillierten Ausführungen des Klägers zu seinen beruflichen Schwerpunkten. Die pauschale Auffassung, Arbeitsrichtlinien würden den Kläger einschränken, wird nicht untermauert. Welche Richtlinien gemeint sein sollen, wird nicht erwähnt. Die allgemeine Aussage, dem Kläger fehle die Möglichkeit, verschiedene Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen und unabhängig zu bewerten, und sein Einfluss auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen sei beschränkt, ist ohne Substanz, insbesondere wenn man beachtet, dass das Führen von Verhandlungen die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, der Abschluss von Vergleichen in § 46 Abs. 3 BRAO nicht vorausgesetzt wird.

Die Auffassung, der Kläger wäre nicht schöpferisch tätig, ist in dieser Allgemeinheit nicht nachvollziehbar, zumal auch Handeln – Verhandeln – Gestalten auf wirtschaftlicher Ebene für eine anwaltliche Tätigkeit ausreicht und nicht zwingend eine gesteigerte, besonders hohen Ansprüchen gerecht werdende juristische Tätigkeit als Voraussetzung erforderlich ist. Die Auffassung der Beklagten, der Kläger sei letztendlich auf die Entscheidung seiner Vorgesetzten angewiesen, ist nicht tragfähig, zumal der Kläger seine nach außen bestehenden Befugnisse dezidiert darlegt und auch erläutert, dass diese Befugnisse im Innenverhältnis von seinem Arbeitgeber nicht eingeschränkt werden und sind.

Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger eine fachlich unabhängige und eigenverantwortliche, keinen Weisungen unterliegende anwaltliche Tätigkeit für seinen Arbeitgeber ausübt, die seine berufliche Tätigkeit prägt und die sowohl vertraglich als auch tatsächlich gewährleistet ist, womit er insgesamt die Voraussetzungen einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfüllt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 112 c Abs. 1 BRAO, 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 112 c Abs. 1 BRAO, 167 Abs. 1, 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts hat seine rechtliche Grundlage in § 194 Abs. 2 Satz 1 und 2 BRAO; die Bemessung mit dem herabgesetzten Wert von 25.000,00 € beruht darauf, dass der Kläger mit der Klage lediglich die Qualifizierung seiner beruflichen Tätigkeit als Syndikusanwalt anstrebt, nicht die Tätigkeit selbst.

Gründe, die Berufung zuzulassen, sind vorliegend nicht zu erkennen (§ 112 e BRAO, 124 Abs. 2 VwGO.