Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.05.2013, Az.: 4 K 1/12
Zahlungen einer Personengesellschaft für die Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben an eine Schwesterkapitalgesellschaft als Sonderbetriebseinnahmen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 22.05.2013
- Aktenzeichen
- 4 K 1/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 44631
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2013:0522.4K1.12.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 4 EStG
- § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG
Fundstellen
- DStR 2014, 6
- DStRE 2014, 969-970
- DStZ 2013, 882
- EFG 2013, 1855-1856
Amtlicher Leitsatz
Zahlungen einer Personengesellschaft, die für die Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben an eine Schwesterkapitalgesellschaft geleistet werden und einem Gesellschafter der Personengesellschaft zugutekommen, sind bei diesem als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen.
Tatbestand
Streitig ist der Betriebsausgabenabzug von Zahlungen an eine spanische Kapitalgesellschaft.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der in den Streitjahren 2006 und 2007 Herr P zu 98 Prozent und seine Ehefrau zu 2 Prozent beteiligt waren. Der Gegenstand des Unternehmens war die Durchführung von Workshops und Tagungen.
Die Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren auch Gesellschafter der O, einer Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer SL mit Sitz in Spanien. Nach dem Inhalt der von der O abgegebenen Steuererklärungen hielten sie jeweils 50 Prozent der Anteile. Der Gesellschafter P war zugleich alleiniger Geschäftsführer der O. Für diese Tätigkeit bezog er in den Streitjahren Vergütungen in Höhe von 100.000 EUR (2006) bzw. 60.000 EUR (2007). Weitere Arbeitnehmer beschäftigte die O in den Streitjahren nicht.
Bereits im Jahr 2002 hatte die Klägerin, deren Gesellschafter damals noch zu jeweils 50 Prozent P und V waren, mit der O einen Rahmenvertrag abgeschlossen, in dem sich die O verpflichtet hatte, für die Klägerin Workshops und Tagungen zu konzipieren, insbesondere Trainerleitfäden und Moderationsabläufe zu erstellen und die Teilnehmerunterlagen vollständig auszuarbeiten. Pro Konzeptionsauftrag sollten pauschal 2 "Manntage" à 500 EUR netto vergütet werden. Daneben sollte die Klägerin 12,5 Prozent des jeweils fakturierten Tagessatzes pro durchgeführter Maßnahme als Lizenzgebühr entrichten.
Nach einer 2005 vereinbarten "Ergänzung 1" übernahm die O neben den konzeptionellen Aufgaben auch die kompletten Backoffice-Arbeiten für die Klägerin und hatte hierfür Anspruch auf eine "Aufwandspauschale" von 20 Prozent der Nettoumsätze.
Nach einer weiteren ab 2006 gültigen "Ergänzung 2" übernahm die O für die Klägerin in Deutschland auch die Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells. Die der O zustehenden Vergütungen wurden wie folgt festgesetzt:
- pro Konzeptauftrag pauschal 2 "Manntage" à 800 EUR,
- 12,5 Prozent des jeweils fakturierten Tagessatzes pro durchgeführter Maßnahme als Lizenzgebühr,
- als Akquisitionsprämie für Neukunden und Neuprojekte 8 Prozent des Jahresumsatzes mit diesen Kunden,
- für die Übernahme der Backoffice-Arbeiten eine "Aufwandspauschale" von 12,5 Prozent der Nettoumsätze.
In den Gewinnermittlungen für die Streitjahre zog die Klägerin Zahlungen an die O in Höhe von 450.000 EUR (2006) bzw. 75.000 EUR (2007) als Betriebsausgaben ab. Im Streitjahr 2006 erbrachte die O ausschließlich Leistungen an die Klägerin. Im Streitjahr 2007 erbrachte sie neben Leistungen an die Klägerin auch Leistungen an ein weiteres Unternehmen, die allesamt in den Monaten Oktober bis Dezember 2007 ausgeführt wurden.
Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat die Prüferin die Ansicht, dass die Zahlungen an die O teilweise nicht als Betriebsausgaben abziehbar seien.
Viele Workshops seien mehrfach mit unterschiedlichen Teilnehmern durchgeführt worden, so dass nicht jedes Mal ein vollständig neues Konzept habe erarbeitet werden müssen. Bei mehrfach durchgeführten Veranstaltungen könnten daher nur einmal die Pauschale für die Konzepterstellung und die Kosten für eine allgemeine Überarbeitung der Konzepte anerkannt werden. Soweit Seminare und Workshops tatsächlich nicht stattgefunden hätten, könne die O nach den getroffenen Vereinbarungen keine Lizenzgebühr beanspruchen. Der Ansatz der Backoffice-Pauschale sei nicht gerechtfertigt, weil der Sohn des Gesellschafters P im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses Büroarbeiten in den Räumen der Klägerin durchgeführt habe. In Spanien sei kein Angestellter der O dauerhaft anwesend gewesen, der die für die tägliche Büroorganisation notwendigen Arbeiten zeitgerecht hätte erbringen können.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und Gewerbesteuermessebetrag 2006 und 2007 gemäß den Prüfungsfeststellungen. Die hiergegen eingelegten Einsprüche wurden als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage macht die Klägerin geltend, dass die Zahlungen an die O in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar seien. Die zugrunde liegenden Leistungen seien tatsächlich erbracht und von der O in Spanien versteuert worden. Wegen der in beiden Ländern ähnlich hohen Steuersätze habe es keinen Grund gegeben, Gewinne von Deutschland nach Spanien zu verlagern.
Zu den einzelnen Beanstandungen der Prüferin tragen die Kläger vor: Wegen der unterschiedlichen Teilnehmer habe jeder Workshop individuell vorbereitet werden müssen. Deshalb seien allen dafür gestellten Rechnungen entsprechende Leistungen vorangegangen. Jeder vorgesehene Workshop habe unabhängig von der späteren tatsächlichen Durchführung vorbereitet werden müssen. Diese Leistungen hätten von ihr - der Klägerin - vergütet werden müssen, da sie das mit dem Ausfall einer Veranstaltung verbundene Risiko nicht auf die O habe abwälzen können. Die Backoffice-Pauschale sei zu Recht abgerechnet worden, weil der Sohn des P im Rahmen seines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses nicht alle Büroarbeiten habe verrichten können. Die Geschäftspartner hätten erwartet, dass ihnen rund um die Uhr ein Ansprechpartner zur Verfügung stehe. Diese Arbeiten seien zum größten Teil von Spanien aus erledigt worden. Die Pauschalen seien geringer als die Aufwendungen gewesen, die bei Einstellung eigener Arbeitskräfte angefallen wären.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2006 und 2007 sowie der Gewerbesteuermessbescheide 2006 und 2007 und der dazu ergangenen Einspruchsbescheide die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie die Gewerbesteuermessbeträge auf die Beträge herabzusetzen, die sich ergeben, wenn die Zahlungen an die O in Höhe von 450.000 EUR (2006) bzw. 75.000 EUR (2007) als Betriebsausgaben abgezogen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegenden Beurteilung fest und führt aus: Die Behauptung, die O habe sämtliche Zahlungen in Spanien versteuert, sei nach Auskunft des Bundeszentralamts für Steuern unzutreffend. Im Übrigen komme es für den Betriebsausgabenabzug nicht auf die steuerliche Behandlung der Zahlungen durch den Empfänger an.
Da die O im Streitjahr 2006 ausschließlich für die Klägerin tätig gewesen sei, habe die Tätigkeit, die der Gesellschafter P für diese erbracht habe, ausschließlich in der Erbringung von Geschäftsführungsleistungen für die Klägerin bestanden. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Februar 2006 VIII R 40/03 (BStBl. II 2008, 182) seien die von der Klägerin an die O geleisteten Zahlungen bei diesem daher in voller Höhe als Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu erfassen. Zwar habe der BFH in dieser Entscheidung wie auch in den Urteilen vom 6. Juli 1999 VIII R 46/94 (BStBl. II 1999, 720), vom 10. Juli 2002 I R 71/01 (BStBl. II 2003, 191) und vom 7. Dezember 2004 VIII R 58/02 (BStBl. II 2005, 390) nur über Fälle zu entscheiden gehabt, in denen die an die zwischengeschaltete GmbH gezahlten Vergütungen in voller Höhe an den Gesellschafter weitergeleitet worden seien. In dem Urteil in BStBl. II 1999, 720 habe der BFH jedoch ausgeführt, dass die Einschaltung der GmbH in den Leistungsaustausch zwischen dem Kommanditisten und der Kommanditgesellschaft schon deshalb unbeachtlich sei, weil dieser als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und der leistungserbringenden GmbH beide Unternehmen beherrscht habe, er die geschuldete Leistung in eigener Person erbracht habe und ihm der wirtschaftliche Erfolg des Rechtsgeschäfts zugutegekommen sei. Damit sei auch im vorliegenden Fall die Erfassung der formal von der O erzielten Einkünfte aus der Erbringung von Dienstleistungen an die Klägerin bei den Einkünften im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG des Gesellschafters P gerechtfertigt, weil dieser rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen sei, die unternehmerischen Entscheidungen der O und der Klägerin zu bestimmen, er die geschuldeten Leistungen in eigener Person erbracht habe und ihm bzw. seiner Ehefrau deren wirtschaftlicher Erfolg zugutegekommen sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt (Schriftsatz der Klägerin vom 8. März 2012 - Blatt 12 Band I der Gerichtsakte - und Schriftsatz des FA vom 12. April 2012 - Blatt 42 Band I der Gerichtsakte -).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Die von der Klägerin an die O geleisteten Zahlungen sind nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Zahlungen an nahe Angehörige sind allerdings nur dann als Betriebsausgaben abziehbar, wenn sie auf rechtswirksam im Voraus getroffenen Vereinbarungen beruhen, die inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen, und sie entsprechend den getroffenen Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt werden (Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 32. Auflage 2013, § 4 Randnummer 520 "Angehörige/Angehörigenverträge" m.w.N.). Für den Abzug von Leistungen einer (Personen- oder Kapital-) Gesellschaft an eine andere kann nichts anderes gelten, wenn an beiden Gesellschaften ein und dieselben Personen derart beteiligt sind, dass der zwischen fremden Geschäftspartnern bestehende Interessengegensatz aufgehoben oder eingeschränkt ist. Diese Voraussetzung ist im Verhältnis zwischen der Klägerin und der O erfüllt, weil die Gesellschafter der Klägerin zugleich an der O beteiligt waren und in den Streitjahren zusammen jedenfalls die Mehrheit der Anteile gehalten haben.
a) Hiernach hat die Prüferin den Teil der Lizenzgebühren, die auf nicht durchgeführte Veranstaltungen entfallen, zu Recht nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Denn nach den in der Ergänzung 2 getroffenen Vereinbarungen bemaß sich die der O zustehende Lizenzgebühr nach dem jeweils fakturierten Tagessatz pro "durchgeführter" Maßnahme. Dass der Anspruch auf den Tagessatz selbst nicht von der Durchführung der Maßnahme abhängig war, ist für den Anspruch auf die Lizenzgebühr unerheblich.
b) Auch die Vergütungen für die Erstellung der Konzepte sind nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Die Prüferin ist zu Recht davon ausgegangen, dass für Workshops mit ein und demselben Thema, die mit unterschiedlichen Teilnehmern durchgeführt wurden, nicht jedes Mal ein völlig neues Konzept erarbeitet werden musste, so dass die der Klägerin von der O insoweit in Rechnung gestellten Beträge überhöht waren und von einem fremden Dritten nicht in voller Höhe gezahlt worden wären. Die Auffassung der Prüferin, dass bei mehrfach durchgeführten Veranstaltungen stets nur einmal die Pauschale für die Konzepterstellung und die Kosten für eine allgemeine Überarbeitung anerkannt werden könnten, verkennt allerdings, dass sich je nach Art des Teilnehmerkreises unterschiedliche Anforderungen an Inhalt und Durchführung der Maßnahme ergeben konnten, die unter Umständen auch eine wiederholte Anpassung des Konzepts erforderlich machen konnten. Allerdings erscheint es bei Workshops, die mehr als fünfmal mit demselben Thema angeboten wurden, unglaubhaft, dass für die die darüber hinausgehende Zahl von Veranstaltungen noch zusätzlicher Überarbeitungsaufwand angefallen ist. Hiernach sind die von der O in Rechnung gestellten Leistungen in folgendem Umfang unangemessen und nicht zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen: (wird ausgeführt).
c) Die für das Jahr 2006 in Rechnung gestellte Backoffice-Pauschale ist in voller Höhe anzuerkennen. Es ist nicht ersichtlich, dass diese mit 12,5 Prozent der Nettoumsätze unangemessen hoch bemessen gewesen ist. Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die O die geschuldeten Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat oder die Klägerin ihrer tatsächlich nicht bedurft hätte. Wie sich aus der geringen Höhe des Personalaufwands ergibt, hat die Klägerin in den Streitjahren über keine Arbeitskräfte verfügt, die in der Lage gewesen wären, die von der O geschuldeten Leistungen zu erbringen. Vorbehaltlich der sich aus den nachstehenden Ausführungen zu 2. ergebenden Konsequenzen ist es rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass diese Leistungen durch den Gesellschafter P nicht in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der Klägerin, sondern in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der O erbracht wurden.
d) Damit sind über die von der Prüferin berücksichtigten Beträge hinaus weitere Betriebsausgaben in Höhe von 200.000 EUR (2006) bzw. 40.000 EUR (2007) zu berücksichtigen.
2. Soweit die Geschäftsführerbezüge, die P von der O erhalten hat, auf Leistungen für die Klägerin entfallen, fallen sie für diesen aber unter die aus seiner Beteiligung an der Klägerin erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
a) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb neben den Gewinnanteilen der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer des Betriebs anzusehen sind, auch die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern erhält. Diese sog. Sondervergütungen mindern zwar auf der ersten Stufe den Gewinn der Gesellschaft und damit auch den dem einzelnen Gesellschaft daran zuzurechnenden Anteil, sind auf der zweiten Stufe dem Gesellschafter, der sie bezogen hat, aber individuell zuzurechnen und erhöhen damit seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zu den Tätigkeitsvergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG gehören nicht nur Entgelte für Leistungen, die der Gesellschafter aufgrund eines von ihm selbst mit der Personengesellschaft abgeschlossenen schuldrechtlichen Vertrags an diese erbringt. Sondervergütungen kommen vielmehr auch dann in Betracht, wenn ein Dritter in den Leistungsaustausch zwischen dem Gesellschafter und der Personengesellschaft eingeschaltet ist. Vergütungen einer Personengesellschaft für Verwaltungs- und Managementleistungen eines Gesellschafters sind deshalb auch dann als dessen Sonderbetriebseinnahmen im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG zu erfassen, wenn der Gesellschafter seine Leistung - wie im vorliegenden Fall - über eine zwischengeschaltete Schwesterkapitalgesellschaft erbringt (BFH-Urteil vom 14. Februar 2006 VIII R 40/03, BStBl. II 2008, 182, m.w.N.). Dies gilt unabhängig davon, ob der Gesellschafter in der Schwesterkapitalgesellschaft eine beherrschende Stellung innehat oder nicht (BFH-Urteil in BStBl. II 2005, 390, unter II. 1. b). Soweit die Schwesterkapitalgesellschaft auch Leistungen an Dritte erbringt, setzt die Qualifikation als Sondervergütung allerdings voraus, dass die Vergütungen, die der Gesellschafter für seine Dienste gegenüber der Personengesellschaft erhält, von denjenigen abgrenzbar sind, die er für Dienste gegenüber Dritten bezieht (BFH-Urteile in BStBl. II 1999, 720, und in BStBl. II 2008, 182). Entgegen der Auffassung des FA können die von der Personengesellschaft an die Schwesterkapitalgesellschaft gezahlten Vergütungen dem Gesellschafter auch nicht stets in voller Höhe, sondern nur insoweit als Sondervergütungen zugerechnet werden, als sie von der Schwesterkapitalgesellschaft an ihn weitergeleitet werden (BFH-Urteil in BStBl. II 2005, 390, unter II. 1. b). Denn § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG bezweckt nur, bestimmte von dem Gesellschafter bezogene Vergütungen in solche aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren, nicht hingegen, ihm Einkünfte zuzurechnen, die nicht er selbst, sondern ein Dritter bezogen hat.
b) Hiernach sind dem Kläger P die von der O für das Streitjahr 2006 gezahlten Geschäftsführerbezüge von 100.000 EUR in voller Höhe als Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG zuzurechnen, weil die O in diesem Zeitraum ausschließlich gegenüber der Klägerin tätig geworden ist. Die Geschäftsführerbezüge des Jahres 2007 sind für die Zeit bis zum 30. September 2007 als Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG zu behandeln, weil die O bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich gegenüber der Klägerin fakturierte. Bei einer zeitanteiligen Aufteilung der Jahresbezüge von 60.000 EUR entspricht dies einem Betrag von 45.000 EUR.
c) Die Bestimmungen des - auf die Streitjahre anwendbaren - Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 5. Dezember 1966 (DBA-Spanien) stehen der Qualifikation der von dem Gesellschafter P bezogenen Sondervergütungen nicht entgegen. Da dieses Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung enthält, gelten diese Vergütungen für Zwecke des Abkommens ausschließlich als Unternehmensgewinne (§ 50d Abs. 10 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG). Nach Artikel 7 Abs. 1 Satz 1 DBA-Spanien steht das Besteuerungsrecht hinsichtlich der von der Klägerin erzielten Gewinne aber Deutschland zu.
3. Hiernach ist der Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2006 auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb um 200.000 EUR höhere Betriebsausgaben abgezogen und zusätzliche Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 in Höhe von 100.000 EUR angesetzt werden. Denn nach § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes ist der Ermittlung des Gewerbeertrags der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb zugrunde zu legen, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist. Dazu gehören bei einer Personengesellschaft auch die Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Für das Jahr 2007 muss es bei der bisherigen Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags verbleiben, weil die dem bisher zugrunde gelegten Gewinn hinzuzurechnenden Sondervergütungen die zusätzlich abzuziehenden Betriebsausgaben übersteigen und dem Gericht eine Änderung des angefochtenen Bescheids zu Lasten der Klägerin verwehrt ist.
4. Die gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind auf die Beträge festzustellen, die sich unter Berücksichtigung um 200.000 EUR höherer Betriebsausgaben für das Jahr 2006 und um 40.000 EUR höherer Betriebsausgaben für das Jahr 2007 ergeben. Die Berücksichtigung höherer Sondervergütungen ist verfahrensrechtlich ausgeschlossen.
Ist nach den §§ 179, 180 AO eine gesonderte oder eine gesonderte und einheitliche Feststellung durchzuführen, werden die einzelnen Besteuerungsgrundlagen selbst Regelungsgegenstand dieses Steuerverwaltungsakts. Das gilt z.B. für die Feststellung der Höhe des Gesamtgewinns, des laufenden Gewinns, eines Veräußerungsgewinns oder eines Sondergewinns (BFH-Urteil vom 20. Januar 1977 IV R 3/75, BStBl. II 1977, 509). Der Feststellungsbescheid stellt sich demnach als Zusammenfassung einzelner Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen dar, die - soweit sie eine rechtlich selbständige Würdigung enthalten und eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig sind - auch als selbständiger Gegenstand eines Klageverfahrens in Betracht kommen (BFH-Urteil vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BStBl. II 1988, 544). Im Streitfall ist Streitgegenstand allein die Frage, in welcher Höhe die Zahlungen der Klägerin an die O bei der - auf der Ebene der Gesellschaft vorzunehmenden - Ermittlung des Gesamtgewinns als Betriebsausgaben abziehbar sind. Über die Frage, ob und inwieweit die an die O geleisteten Zahlungen bei dem Gesellschafter P als Sondervergütungen anzusetzen sind, ist in den angefochtenen Bescheiden überhaupt nicht entschieden worden. Dies schließt es aus, die Berücksichtigung der höheren Betriebsausgaben ganz oder teilweise durch den Ansatz höherer Sondervergütungen zu kompensieren (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 IX R 20/98, BStBl. II 2002, 796).
5. Hiernach sind die angefochtenen Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag 2006 und die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2006 und 2007 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung in dem sich aus Nr. 3 und Nr. 4 ergebenden Umfang zu ändern (§ 100 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Berechnung des Gewerbesteuermessbetrags und der festzustellenden Besteuerungsgrundlagen kann dem FA übertragen werden (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO). Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Die Kosten sind den Beteiligten im Verhältnis ihres Unterliegens aufzuerlegen (§ 136 Abs. 1 FGO). Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 708 Nr. 10 und § 711 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 151 Abs. 1 und 3 FGO.