Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 05.06.2007, Az.: L 13 SO 7/06 ER
Übernahme von durch eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes angefallenen Umzugskosten; Wirtschaftliches Risiko eines gänzlichen oder zeitweisen Forderungsausfalls als normales Risiko eines Umzugsunternehmens; Übernahme von Umzugskosten vom Träger der Sozialhilfe bei vorheriger Zustimmung; Eigentumswohnung als einzusetzendes Vermögen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 05.06.2007
- Aktenzeichen
- L 13 SO 7/06 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 33486
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2007:0605.L13SO7.06ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 28.11.2006 - AZ: S 10 SO 140/06 ER
Rechtsgrundlagen
- Art. 19 Abs. 4 GG
- § 22 Abs. 2 SGB II
- § 22 Abs. 3 SGB II
- § 29 Abs. 1 S. 7 u. 8 SGB XII
Fundstelle
- info also 2008, 46 (Kurzinformation)
Redaktioneller Leitsatz
Die Prüfung der Angemessenheit der Wohnungsbeschaffungskosten setzt notwendigerweise mit voraus, dass die neue Unterkunft, in die der Hilfebedürftige einziehen will, konkret benannt wird. Denn nur so können auch die übrigen Fragen, die sich im Zusammenhang mit einem Umzug ergeben, beantwortet werden.
Bei der Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten bei Mietwohnungen im Sinne von § 22 SGB II ist in erster Linie hinsichtlich eines räumlichen Vergleichsmaßstabs auf den Wohnort des Hilfebedürftigen abzustellen. Dabei kann es insbesondere im ländlichen Raum geboten sein, größere Gebiete bzw. Gemeinden als Vergleichsgebiete zusammenzufassen.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 28. November 2006 aufgehoben.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Umzug von H. nach I. 1.100,00 EUR zu gewähren.
Die notwendigen Auslagen der Antragstellerin sind vom Antragsgegner zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Umzugskosten, die aus Anlass des Umzugs der Antragstellerin Ende September 2006 von H. nach I. bei einem Speditionsunternehmen angefallen sind.
Die im September 1934 geborene Antragstellerin bezieht eine kleine Altersrente; ihr wurden vom Versorgungsamt J. ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "aG" und "RF" zuerkannt. Sie erhielt von dem Antragsgegner seit dem 1. Januar 2003 laufende (ergänzende) Hilfe nach dem Grundsicherungsgesetz (Bescheid der Stadt H. vom 1. Januar 2003) und seit dem 1. Januar 2005 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Die Antragstellerin bewohnte seit dem August 1997 eine 3 Zimmer und ca. 70 qm Wohnfläche umfassende Wohnung in der K. in L., für die sie eine Kaltmiete von 322,00 EUR und Nebenkosten (einschließlich Heizung und Warmwasserbereitung) i. H. v. 128,00 EUR monatlich zu zahlen hatte. Allerdings wurden im Bescheid der Stadt H. vom 30. Dezember 2004 betreffend den Leistungszeitraum vom Januar bis einschließlich Juni 2005 nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft, sondern lediglich für die Miete und Nebenkosten 228,00 EUR und für die Heizung 40,00 EUR monatlich anerkannt und als Bedarf in Ansatz gebracht. Dieser Bescheid wurde soweit ersichtlich - ebenso wie die späteren Leistungsbescheide der Stadt H., die - soweit ersichtlich - keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Trägerschaft des Antragsgegners enthalten, bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 17. Mai 2006 und vom 15. Juni 2006 wandte sich die Antragstellerin an die Stadt H. und beantragte allgemein die Gewährung einer Umzugskostenbeihilfe, da sie wegen ihres Gesundheitszustandes eine Wohnung im Erdgeschoss oder in einem Haus mit Fahrstuhl finden müsse; eine konkret in Aussicht stehende Wohnung wurde von ihr nicht genannt, jedoch ein ärztliches Attest eines Orthopäden beigefügt, aus dem vorgeht, dass sie "praktisch keine Treppen mehr steigen" könne. Mit einem weiteren, am 10. August 2006 bei der Stadt H. eingegangenen Schreiben teilte die Antragstellerin mit, dass sie nach umfangreicher Suche nun eine konkrete Wohnung in Aussicht habe, die im Erdgeschoss eines Hauses liege. Bei ihrem letzten Besuch auf dem Sozialamt sei ihr mitgeteilt worden, dass grundsätzlich Kosten für einen Umzug übernommen werden könnten. Deswegen bitte sie um eine schnelle Bearbeitung, um möglichst bald den Mietvertrag für die von ihr als optimal empfundene neue Wohnung unterschreiben zu können. Hinsichtlich der Höhe der Umzugskosten müsse sie noch Angebote einholen. Mit Schreiben vom 10. August 2006 forderte daraufhin die Stadt H. die Antragstellerin lediglich auf, eine Mietbescheinigung hinsichtlich der neuen Wohnung vorzulegen, da Umzugskosten nur dann übernommen werden könnten, wenn diese angemessen seien. Danach hat die Antragstellerin wohl einem Mitarbeiter der Stadt H. mündlich mitgeteilt, ihre vorgesehene neue Wohnung im M. in I. koste monatlich 340,00 EUR Miete, 70,00 EUR Nebenkosten und 60,00 EUR Heizung. Daraufhin wurde von einem Mitarbeiter der Stadt wohl mündlich - ein Vermerk darüber befindet sich nicht in den Akten - mitgeteilt, dass die Unterkunftskosten der neuen Wohnung unangemessen hoch seien, so dass Umzugskosten nicht übernommen werden könnten.
Am 16. August 2006 hat sich die Antragstellerin an das Sozialgericht (SG) Osnabrück mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewandt. Sie hat geltend gemacht: Ihre bisherige Wohnung, die für sie Gesamtkosten i. H. v. 450,00 EUR monatlich verursache, müsse sie deswegen verlassen, weil ihr Vermieter ihr gekündigt und sie sich im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens vor dem Amtsgericht N. vergleichsweise dazu verpflichtet habe, die Wohnung zum 1. Oktober 2006 zu räumen. Hintergrund dieses Verfahrens seien Auseinandersetzungen wegen eines lärmenden Mitmieters, Unklarheiten der Nebenkostenabrechnung und eine von ihr vorgenommene Mietminderung wegen Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung gewesen. Sie habe sich vergeblich um preisgünstigen Wohnraum bemüht, wobei ihre Körperbehinderung bedacht werden müsse. Ihr ursprünglich auch beim SG angebrachtes Begehren, den Antragsgegner zur Übernahme der Unterkunftskosten der neuen Wohnung zu verpflichten, nahm die Antragstellerin später im Verlaufe des Verfahrens zurück. Unter dem 8. September 2006 unterzeichnete sie einen Mietvertrag für die neue, 74 qm große Wohnung in I. und zog Ende September 2006 in die neue Wohnung um. Zuvor hatte sie beim SG einen Kostenvoranschlag der Firma O. vom 15. August 2006 vorgelegt, der einschließlich Mehrwertsteuer für den Umzug einen Betrag von 988,90 EUR vorsah. Später legte sie eine Rechnung der Firma P. über den durchgeführten Umzug i. H. v. 1.446,87 EUR vor.
Der Antragsgegner ist dem Begehren der Antragstellerin entgegengetreten und hat geltend gemacht, die tatsächlichen Angebote über den zur Verfügung stehenden Wohnraum im Bereich des Landkreises Q. würden von ihm regelmäßig erfasst und ausgewertet. Danach seien für den Bereich der Stadt H. für eine Person Unterkunftskosten (einschließlich der Nebenkosten) lediglich i. H. v. 228,00 EUR monatlich angemessen. Dazu legte er eine dreiseitige tabellarische Übersicht über Wohnungsangebote in verschiedenen Zeitungen des Gebietes des Landkreises Q. bezogen auf zahlreiche verschiedene Orte im Gebiet des Landkreises vor.
Mit Beschluss vom 28. November 2006 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass es sich nicht um einen notwendigen Umzug im Sinne der Vorschriften des SGB XII handele, da die Kosten der neuen Wohnung der Antragstellerin unangemessen hoch seien. Die neu angemietete Wohnung sei zu groß und tatsächlich auch teurer als die bisher inne gehabte Wohnung.
Gegen den ihr am 4. Dezember 2006 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 14. Dezember 2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Sie macht geltend: Tatsächlich sei ihr Auszug aus der alten Wohnung aufgrund der zivilrechtlichen Auseinandersetzung und des nachfolgenden Räumungsvergleiches notwendig gewesen. Der Zuzug in die neue Wohnung sei auch deswegen notwendig, weil sie keine andere für sie geeignete preisgünstigere Wohnung gefunden habe. Hinsichtlich der Angemessenheit einer Wohnung müsse die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts berücksichtigt werden, nach der für eine Alleinstehende eine Eigentumswohnung von 80 qm Wohnfläche als schützenswertes Vermögen angesehen worden sei. Selbst wenn man aber von einer Unangemessenheit der aktuellen Unterkunftskosten ausgehe, so sei dies nicht Voraussetzung für die von ihr begehrte Kostenübernahme für einen Umzug. Denn tatsächlich würden von der Gemeinde I. auch gegenwärtig nur angemessene Unterkunftskosten, nicht aber die tatsächlich bei ihr anfallenden Unterkunftskosten anerkannt. Die Regelung über die Übernahme von Umzugskosten in § 29 Abs. 1 Satz 7 und Satz 8 SGB XII knüpfe weder ausdrücklich noch sinngemäß daran an, dass die Unterkunftskosten der neuen Wohnung das Merkmal der Angemessenheit erfüllen müssten. Ihr Begehren habe sich durch den Umzug auch nicht erledigt, denn das Umzugsunternehmen habe lediglich im Hinblick auf das anhängige sozialgerichtliche Verfahren einstweilen davon abgesehen, zivilrechtliche Schritte zum Ausgleich seiner Forderung vorzunehmen.
Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten und verteidigt den angegriffenen Beschluss des SG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Stadt L., die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, ergänzend Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der angefochtene Beschluss des SG begegnet jedenfalls auf der Grundlage des gegenwärtig dem Senat bekannten Sachverhalts - durchgreifenden rechtlichen Bedenken, so dass er - jedenfalls im Rahmen eines Eilverfahrens - abzuändern ist. Denn der Antragstellerin ist es gelungen, einen Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten glaubhaft zu machen, da gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden kann, die Unterkunftskosten der nunmehr von ihr neu bezogenen Wohnung seien unangemessen hoch. Dazu im Einzelnen:
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gem. § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein Anordnungsanspruch (d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG -), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, BVerfGE 79, 69, 74 [BVerfG 25.10.1988 - 2 BvR 745/88] m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat der Ansicht, dass zugunsten der Antragstellerin hier für den geltend gemachten Anspruch auf Umzugskosten (weiterhin noch) ein Anordnungsgrund gegeben ist. Zwar ist nicht zu verkennen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 28. November 2006 der hier in Rede stehende Umzug vom Ende September 2006 bereits seit langem durchgeführt worden ist. Die "Notlage" der Antragstellerin ergibt sich hier allein daraus, dass sie sich der Forderung des den Umzug durchführenden Unternehmens ausgesetzt sieht, die Rechnung vom 29. September 2006 endlich zu begleichen. Der Senat hat daher erwogen, allein wegen der tatsächlichen Durchführung des Umzugs den Anordnungsgrund zu verneinen. Denn die Situation des den Umzug durchführenden Unternehmens ist nicht anders als die bei zahlreichen anderen zivilrechtlichen Gläubigern auch, deren Schuldner aus verschiedensten Gründen nicht in der Lage oder nicht willens sind, ihre Rechnungen bei ihren Gläubigern zu begleichen. Das wirtschaftliche Risiko eines gänzlichen oder zeitweisen Forderungsausfalls gehört zum normalen Risiko eines Umzugsunternehmens, auch ist es an sich nicht Sinn des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, das eigentlich auf die Zukunft bezogene Regelungen eines streitigen Zustandes erreichen will, wenn der streitige Sachverhalt und die streitigen Rechtsfragen ohne Weiteres in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden könnten. Indessen stehen diese Erwägungen im Widerstreit zu dem sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Grundsatz der Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Der mehr oder minder aus zufälligen Umständen sich ergebende Zeitpunkt der Entscheidung eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit über einen (rechtzeitig) gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (der wesentlich durch die Geschäftsbelastung der Sozialgerichts beeinflusst wird, die der rechtsuchende Bürger nicht zu vertreten hat) würde sonst im Hinblick auf den Zeitablauf bei normalen Lebensverhältnisse dazu führen, dass in einer Vielzahl von Fällen praktisch eine Entscheidung in einem Eilverfahren oder eine dagegen gerichtete spätere Beschwerde sinnlos würden, weil in der Sache keine Überprüfung mehr stattfände. Dies erscheint dem Senat in Anbetracht der zu erwartenden langen Dauer der Hauptsacheverfahren aus den Bereichen des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und des SGB XII und dem praktischen Bedürfnis nach der Klärung von strittigen Tatsachen und Rechtsfragen in einem Beschwerdeverfahren sowohl durch den rechtsuchenden Bürger als auch durch die das Gesetz ausführende Verwaltung nicht hinnehmbar (vgl. auch BVerfG, 2. Kammer des zweiten Senats, Beschluss vom 27. Dezember 2006 2 BvR 803/05 -). Daher entspricht es - soweit ersichtlich - dem gegenwärtigen Stand der obergerichtlichen Rechtsprechung, bei Beschwerdeentscheidungen hinsichtlich des Anordnungsgrundes und des Anordnungsanpruchs an den Zeitpunkt anzuknüpfen, zu dem der Bürger bei einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angebracht hat. Ausnahmsweise mag etwas anderes dann gelten, wenn durch weiter hinzutretende Ereignisse während des Laufs eines gerichtlichen (Beschwerde-) Verfahrens der Anordnungsgrund entfällt, etwa wenn eine nachträgliche Rentengewährung oder ein Lottogewinn erfolgt (vgl. Beschluss des Senats vom 4. Mai 2007 - L 13 AS 32/06 ER - V. n. b.). Dafür sind indessen im vorliegenden Streit Anhaltspunkte weder ersichtlich noch vorgetragen. Mithin steht der Umstand, dass der hier in Rede stehende Umzug nach Antragstellung bei der Behörde mit Schreiben vom 8. August 2006 und nach Antragstellung beim SG am 16. August 2006 bereits am 29. September 2006 erfolgt ist, der Bejahung eines Anordnungsgrundes im vorliegenden Fall nicht entgegen.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist im vorliegenden Streit - nach dem dem Senat vorliegenden Tatsachenmaterial - gegenwärtig davon auszugehen, dass ein Anordnungsanspruch zu bejahen ist.
Gem. § 29 Abs. 1 Sätze 7 und 8 SGB XII können Umzugskosten vom Träger der Sozialhilfe bei vorheriger Zustimmung übernommen werden; eine Zustimmung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Dabei hat das SG im angegriffenen Beschluss wohl zutreffend darauf abgestellt, dass die Notwendigkeit eines Umzugs im Sinne der Vorschriften nur dann gegeben ist, wenn nicht nur der Auszug aus der bisherigen Wohnung an sich, sondern auch der Einzug in die konkrete Wohnung notwendig ist, was auch voraussetzt, dass diese keine unangemessenen Kosten verursacht. Denn die in § 29 Abs. 1 Satz 7 SGB XII angesprochene "vorherige Zustimmung" bezweckt offensichtlich zweierlei: Das Zusicherungsverfahren dient sowohl dem Interesse des Hilfebedürftigen, das Entstehen einer erneuten Notlage in Folge einer nur teilweisen Übernahme der Umzugskosten und der späteren Wohnungskosten zu vermeiden, als auch dem Interesse des Trägers, im Falle der Unangemessenheit der Umzugskosten und der späteren Wohnungskosten das Entstehen weiterer Schulden durch einen dann erforderlichen zweiten Umzug zu verhindern. Die Prüfung der Angemessenheit der Wohnungsbeschaffungskosten setzt daher notwendigerweise mit voraus, dass die neue Unterkunft, in die der Hilfebedürftige einziehen will, konkret benannt wird, weil nur so auch die übrigen Fragen, die sich im Zusammenhang mit einem Umzug ergeben, beantwortet werden können (z.B. Kosten einer Auszugs- oder Einzugsrenovierung, Notwendigkeit einer Mietkaution, Unmöglichkeit, eine andere Unterkunft in angemessener Zeit zu finden). Jedenfalls spricht für ein derartiges Verständnis der Notwendigkeit bei der Übernahme von Umzugskosten viel, wenn man auf die parallel ausgestalteten Regelungen in § 22 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II abstellt (vgl. dazu: LSG Hamburg, Beschluss vom 28. September 2005 - L 5 B 255/055 ER - AS; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. September 2005 - L 8 AS 180/05 ER).
Indessen ist nicht zu verkennen, dass die parallele Regelung, die hier mit § 29 Abs. 1 SGB XII in Rede steht, hinsichtlich der Übernahme der laufenden Kosten etwas anders formuliert ist. In § 29 Abs. 1 Satz 5 SGB XII ist nämlich bestimmt, dass der Träger der Sozialhilfe nur zur Übernahme angemessener Aufwendungen für die neue Unterkunft verpflichtet ist, soweit die Aufwendungen für die neue Unterkunft unangemessen hoch sind, es sei denn, er hat vorher den darüber hinausgehenden Aufwendungen zugestimmt. Diese Zustimmung ist möglicherweise etwas anderes als die in Rede stehende Zustimmung in Sätzen 7 und 8 der Vorschrift. Daher wird in der Literatur auch die Ansicht vertreten, bei der Beurteilung der zu übernehmenden notwendigen Umzugskosten sei es unerheblich, ob die neue Wohnung unangemessene oder angemessene Kosten verursache (vgl. Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, München 2005, § 29 Rdn. 56 unter Hinweis auf VGH Mannheim, FEVS 47, 325 und BVerwG, FEVS 51, 49).
Indessen muss diesen Fragen im vorliegenden Fall im Rahmen des anhängigen Eilverfahrens nicht weiter nachgegangen werden, denn für den Senat ergibt sich aus der gegenwärtig bekannten Sachlage nicht die Überzeugung, die nunmehr von der Antragstellerin bewohnte Wohnung verursache unangemessene Kosten.
Allerdings ergibt sich dies entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht etwa daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestimmte Größen einer selbst bewohnten Eigentumswohnung - etwa 80 qm für eine einzelne Person - einer Übernahme der Unterkunftskosten nicht entgegenstehen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7 b AS 2/05 R -). Denn in dieser Entscheidung hat sich das Bundessozialgericht lediglich zu der Frage geäußert, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Eigentumswohnung zum einzusetzenden Vermögen im Sinne des § 12 SGB II gehört. Auf diese Rechtsprechung zu den Wohnungsflächen bei Eigentumswohnungen oder Eigenheimen kann daher bei der Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten bei Mietwohnungen nicht abgestellt werden (Senat, Beschluss vom 24. Mai 2007 L 13 AS 9/07 ER -). Dies ergibt sich auch durch die unterschiedlichen Maßstäbe wie sie in einem anderen Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. November 2006 zu Aktenzeichen B 7 b AS 18/06 R ausgeführt worden sind.
Ausgehend vom zuletzt genannten Urteil ist zur Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten bei Mietwohnungen im Sinne von § 22 SGB II in erster Linie hinsichtlich eines räumlichen Vergleichsmaßstabs auf den Wohnort des Hilfebedürftigen abzustellen, wobei es insbesondere im ländlichen Raum geboten sein kann, größere Gebiete bzw. Gemeinden als Vergleichsgebiete zusammenzufassen. Diese Rechtsprechung zum SGB II kann nach Ansicht des Senats ohne Weiteres auch auf die Anwendung des SGB XIIübertragen werden. Vorliegend spricht nach Überzeugung des Senats aufgrund der konkreten örtlichen Verhältnisse Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin hinsichtlich des räumlichen Vergleichsmaßstabes nicht auf das gesamte Kreisgebiet des Antragsgegners verwiesen werden kann (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 23. Mai 2007 - L 13 AS 11/06 ER -). Dies wird schon dadurch deutlich, dass die im Verfahren vor dem SG vom Antragsgegner vorgelegte Liste mit preisgünstigen Wohnungen auch Wohnungen im Gebiet der Stadt R. aufführt, die etwa 70 km Luftlinie vom alten und neuen Wohnort der Antragstellerin entfernt liegen und in der sich der Mietwohnungsmarkt völlig anders als im Bereich der Stadt H. und der Gemeinde I. darstellt. Ein Verweis auf einzelne preiswertere Wohnungen in Zeitungsannoncen, wie er in der von dem Antragsgegner vorgelegten Liste auch vorkommt, soweit sie die Gemeinde I. betreffen, kann aber nicht als repräsentativ angesehen werden, denn dies würde dazu führen, dass eine Vielzahl von Hilfeempfängern auf einzelne Wohnungen verwiesen würde (vgl. hierzu auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. April 2007 - L 7 AS 494/05 -). Jedenfalls verbietet es sich für das vorliegenden Eilverfahren, in dieser Hinsicht zur Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten weitere Ermittlungen vorzunehmen, zumal bei der Antragstellerin im Hinblick auf ihre außergewöhnliche Gehbehinderung längst nicht alle Wohnungsangebote für eine Alleinstehende in Frage kommen.
Nach alledem ist nach Ansicht des Senats gegenwärtig von einer Notwendigkeit des Umzugs auszugehen, so dass der Antragstellerin die notwendigen Umzugskosten zuzusprechen sind - allerdings wegen des vorläufigen Charakters des Eilverfahrens unter dem Vorbehalt der Rückforderung -. Dabei hat sich der Senat hinsichtlich des ausgeworfenen Betrages von 1.100,00 EUR davon leiten lassen, dass mit dem von der Antragstellerin selbst vorgelegten Kostenvoranschlag der Firma O. vom 15. August 2006 ein Betrag von knapp unter 1.000,00 EUR angegeben wurde, der sehr deutlich unter dem Betrag liegt, wie er später tatsächlich von der Firma P. in Rechnung gestellt wurde (1.446,87 EUR). Im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens kann den tatsächlichen Gründen für die Unterschiede zwischen dem Kostenvoranschlag und der tatsächlich erstellten Rechnung nicht weiter nachgegangen werden. Dies muss den Ermittlungen von Amts wegen in einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Jedenfalls erscheint dem Senat ein Zuschlag zum Kostenvoranschlag von etwa 10 v. H. angemessen, so dass einstweilen im tenorierten Umfang vom Antragsgegner der Antragstellerin in diesem Umfang Hilfe zu leisten ist. Da im einstweiligen Anordnungsverfahren ohnehin nur Regelungen unter Vorbehalt ergehen (s. o), muss der tatsächlich der Antragstellerin zustehende Umfang der Umzugskostenbeihilfe der Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Heranziehungssatzung des Antragsgegners vom 21. Dezember 2004 lediglich die verwaltungsmäßige Abwicklung der Aufgaben betrifft, die ihm durch Gesetz zugewiesen sind. Soweit die Stadt H. in der Vergangenheit die Antragstellerin aufgefordert hat, sich zuständigkeitshalber an das Sozialamt der Gemeinde I. zu wenden, werden davon die materiellen Ansprüche der Antragstellerin gegen den Antragsgegner nicht berührt.
Beim Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen steht gem. § 29 Abs. 1 Satz 7 SGB XII die Übernahme von Umzugskosten allerdings im Ermessen des Antragsgegners. Dieses Ermessen ist jedoch durch die Regelung in Satz 8 der Vorschrift eingeschränkt und mit einer finalen Zielrichtung versehen, wenn es sich um einen notwendigen Umzug handelt. Das bedeutet, dass die Zusicherung - und damit die Übernahme der Umzugskosten - im Falle des § 29 Abs. 1 Satz 8 SGB XII nur in atypischen Einzelfällen verweigert werden darf. Dafür sind hier Gesichtspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere im Hinblick auf das Alter und die Körperbehinderung der Antragstellerin spricht hier Überwiegendes dafür, dass das eingeräumte Ermessen im konkreten Fall soweit reduziert ist, dass allein die Übernahme der notwendigen Umzugskosten als rechtmäßige Entscheidung in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung von § 193 SGG. Damit erledigt sich zugleich das von der Antragstellerin angebrachte Begehren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren, da sie nunmehr über einen leistungsfähigen Kostenschuldner verfügt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).