Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
v. 04.07.2008, Az.: 2 OA 338/08

Entstehen einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 Vergütungsverzeichnis Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) i.V.m. Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG bzw. Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG bei Gesprächen zwischen Prozessbevollmächtigten des Klägers und Vertretern der beklagten Behörde

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.07.2008
Aktenzeichen
2 OA 338/08
Entscheidungsform
Entscheidung
Referenz
WKRS 2008, 34059
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2008:0704.2OA338.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 08.11.2007 - AZ: 13 A 4264//06

Fundstellen

  • JurBüro 2009, 138 (amtl. Leitsatz)
  • NJW 2009, 460 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Gespräche zwischen Prozessbevollmächtigten des Klägers und Vertretern der beklagten Behörde, bei denen es allein um die Art und Weise der formellen Erledigung des Rechtsstreits (etwa: die Reihenfolge der in prozessrechtlicher Hinsicht erforderlichen beiderseitigen Erledigungserklärungen), nicht aber um Fragen der materiell-rechtlichen Erledigung des Rechtsstreits geht, lassen weder eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG i.V.m. Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG noch eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG zum Entstehen bringen.

Aus dem Entscheidungstext

1

Die nach §§ 165, 151 VwGO statthafte und gemäß § 146 Abs. 1 und 3 VwGO zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Berichterstatters der 13. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover vom 8. November 2007, über die der Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu entscheiden hat (vgl. hierzu Senat , Beschl. v. 11.6.2007 - 2 OA 433/07 -, NVwZ-RR 2007, 816 m.w.N.; ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 11.9.2007 - 4 O 234/07 -, [...]; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 9.11.2007 - 1 O 121/07 -, [...]), hat keinen Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf gerichtliche Entscheidung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 26. September 2007 in der Gestalt des Beschlusses vom 7. November 2007 zu Recht abgelehnt. Der Kostenbeamte und ihm folgend das Verwaltungsgericht haben mit zutreffender Begründung die Erstattung der von der Klägerin geltend gemachten Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses - VV - (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) - im Folgenden: VV RVG) in Höhe von 679,20 EUR und der Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002 VV RVG in Höhe von 566,-- EUR abgelehnt. Denn beide Gebühren sind entgegen der Annahme der Klägerin nicht entstanden.

3

Nach Nr. 3104 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr u.a. für die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, VV 3104 Rdnr. 9 ff.). Das Verwaltungsgericht und der Kostenbeamte der Geschäftsstelle haben zutreffend festgestellt, dass eine derartige Besprechung zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und den Vertretern des beklagten Landesamtes nicht stattgefunden hat, insbesondere dass die am 10. Juli 2007 mit letzteren fernmündlich geführten Gespräche des Prozessbevollmächtigten der Klägerin insoweit nicht hinreichend sind. Der Kostenbeamte und ihm folgend das Verwaltungsgericht sind zudem rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass auch eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG, deren Entstehung voraussetzt, dass sich ein Rechtsstreit ganz oder teilweise durch anwaltliche Mitwirkung erledigt, nicht angefallen ist, weil der vorliegende Rechtsstreit nicht unter Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin materiell-rechtlich erledigt worden ist.

4

Die im Beschwerdeverfahren dagegen erhobenen Einwände, die sich zudem auf eine Wiederholung des bisherigen Vortrages in erster Instanz erschöpfen, sind nicht geeignet, eine andere Entscheidung zu rechtfertigen.

5

Die Annahme der Klägerin, die Mitteilung des beklagten Landesamtes vom 26. Juni 2007 an das Verwaltungsgericht, der streitgegenständliche Bescheid vom 13. März 2006 über das Ergebnis der Wiederholungsprüfung der Klägerin werde aufgehoben, um dieser die Durchführung der Wiederholungsprüfung erneut zu ermöglichen, habe noch nicht zur materiell-rechtlichen Erledigung des Verfahrens geführt, ist nicht zutreffend. In dieser Erklärung des beklagten Landesamtes liegt der Sache nach die konkludente Aufhebung des angefochtenen Bescheides, zumindest aber die verbindliche Ankündigung einer derartigen Aufhebung. Bereits zu diesem Zeitpunkt hat das beklagte Landesamt der Klage mithin abgeholfen. Der Einschränkung in dem Schriftsatz des beklagten Landesamtes vom 26. Juni 2007, die Aufhebung erfolge (erst) nach Rücksendung der Prüfungsunterlagen durch das Verwaltungsgericht, kommt entgegen der Ansicht der Klägerin demgegenüber keine eigenständige materiell-rechtliche Bedeutung zu. Diese Einschränkung bezog sich erkennbar nicht auf einen Vorbehalt des Landesamtes hinsichtlich der Sachentscheidung (d.h. der Aufhebung des Prüfungsbescheides), sondern diente erkennbar lediglich der verwaltungsmäßigen Umsetzung seines verbindlich angekündigten und in der Sache unbedingt erklärten Aufhebungswillens.

6

Die Erklärung des beklagten Landesamtes vom 26. Juni 2007 erfolgte allein in Reaktion auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 6. Juni 2007, mit dem im Wesentlichen dem Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stattgegeben worden war, und die Anfrage des Berichterstatters des Gerichts vom 7. Juni 2007 gegenüber dem beklagten Landesamt, ob "von dort aus Konsequenzen aus dem Prozesskostenhilfebeschluss" gezogen würden und ob die Klägerin klaglos gestellt würde. In den von der Klägerin angeführten telefonisch geführten Gesprächen ihres Prozessbevollmächtigten mit Vertretern des beklagten Landesamtes ging es daher nicht um Fragen der materiell-rechtlichen Erledigung des Rechtsstreits, sondern ersichtlich um die Reihenfolge der in prozessrechtlicher Hinsicht erforderlichen beiderseitigen Erledigungserklärungen und damit allein um die Art und Weise der formellen Erledigung des Rechtsstreits. Die bloße Mitwirkung an der formellen Beendigung des Verfahrens genügt in kostenrechtlicher Hinsicht jedoch nicht, um eine Terminsgebühr und eine Erledigungsgebühr zum Entstehen zu bringen (Hartmann, a.a.O., VV 1002 Rdnr. 11 und VV 3104 Rdnr. 10; Nds. OVG, Beschl. v. 7.1.2008 - 10 OA 250/07 -, [...]; Beschl. v. 21.3.2007 - 4 OA 416/06 -).