Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.12.2018, Az.: 13 LA 21/18

besondere Behandlung; Fleischerzeugnis; Flüssigwürzung; Irreführung; Kennzeichnungspflicht; Lebensmittelinformationsverordnung; Lebensmittelrecht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.12.2018
Aktenzeichen
13 LA 21/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74375
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 05.12.2017 - AZ: 7 A 4064/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Kennzeichnungspflichten nach Anhang VI Teil A Nr. 1 und Nr. 6 LMIV sind nebeneinander anwendbar.

2. Der Anwendungsbereich von Anhang VI Teil A Nr. 6 LMIV ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen das einem Fleischerzeugnis zugesetzte Wasser mehr als 5 % des Enderzeugnisses ausmacht.

3. Gegenstand der Kennzeichnungspflicht nach Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV ist die Angabe einer besonderen Behandlung, die ein Fleischerzeugnis erfahren hat.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 5. Dezember 2017 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen eine Kennzeichnungsauflage für Fleischprodukte.

Sie stellt in ihrem Betrieb in C. industriell Fleischerzeugnisse verschiedener Tierarten her, darunter verzehrfertige Schweine- und Putenschnitzel, die mit einer Flüssigwürzung behandelt werden. Bei dem Herstellungsprozess wird eine Gewürzlake in das Fleisch injiziert, die bezogen auf das Frischfleisch einem Anteil von 8 % entspricht. Die Lake besteht zu ca. 90 % aus Trinkwasser, zu 4,6 % aus Salz und zu 5,4 % aus einer Gewürzmischung. Nach erfolgter Injektion wird das Fleisch mechanisch gewälzt (getumbelt), wodurch die Mischung gleichmäßig im Fleisch verteilt wird. Danach wird die Panade aufgetragen und das Fleisch abschließend gegart. Nach dem Garprozess beträgt der im Fleisch enthaltene Anteil zugesetzten Wassers weniger als 5 %. Die Schnitzel haben auf der Vorderseite ihrer Verpackung den Aufdruck „paniert und gegart“. Auf der Rückseite befindet sich das Zutatenverzeichnis, welches neben „Schweinefleisch (74 %)“ oder „Putenfleisch (74 %)“ u. a. auch die Angaben „Trinkwasser“ und „natürliche Gewürzextrakte“ enthält. Einen Hinweis auf die Behandlung, also darauf, dass die Gewürzextrakte und das Wasser in das Fleisch injiziert werden, dass mithin „flüssig gewürzt“ wird, enthält die Verpackung nicht.

Mit Bescheid vom 7. Juli 2016 untersagte der Beklagte der Klägerin, die Produkte „Schweineschnitzel paniert“ und „Putenschnitzel paniert“ ohne die Kennzeichnung „flüssig gewürzt“ in der Verkehrsbezeichnung in den Verkehr zu bringen (Ziff. 1), und verfügte, dass die Produkte nur noch mit dem Zusatz „flüssig gewürzt“ in der Verkehrsbezeichnung in den Verkehr gebracht werden dürfen (Ziff. 2). Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 5. Dezember 2017 abgewiesen. Die Klägerin beantragt die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Die Zulassung der Berufung setzt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO voraus, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Eine hinreichende Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert, dass in der Begründung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt sein soll. Zwar ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, Beschl. v. 15.5.2018 - 2 BvR 287/17 -, juris Rn. 41 mit weiteren Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Erforderlich sind aber qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 4.7.2018 - 13 LA 247/17 -, juris Rn. 2).

Die Klägerin hat ihren Antrag auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.) gestützt. Diese Zulassungsgründe sind zum Teil schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden und liegen im Übrigen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543).

a. Die Klägerin rügt zunächst, das Verwaltungsgericht verkenne in seiner Entscheidung, dass der Zusatz von Trinkwasser zu Fleischerzeugnissen in Anhang VI Teil A Nr. 6 der Lebensmittelinformations-Verordnung abschließend geregelt sei. Nach dieser Bestimmung müsse ein Trinkwasserzusatz bei Fleischerzeugnissen nur dann gekennzeichnet werden, wenn das zugesetzte Wasser mehr als 5 % des Gewichts des Enderzeugnisses ausmache. Für den Zusatz von Trinkwasser verdränge diese besondere Bestimmung die allgemeine Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 1 der Lebensmittelinformations-Verordnung. Auf der Grundlage der allgemeinen Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 1 der Lebensmittelinformations-Verordnung könne die Kennzeichnung eines Trinkwasserzusatzes von weniger als 5 % des Gewichts des Enderzeugnisses daher von vorneherein nicht gefordert werden.

Dieser Einwand begründet nach dem dargestellten Maßstab ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.

Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht festgestellt, dass die allgemeine Bestimmung in Art. 17 Abs. 5 in Verbindung mit Anhang VI Teil A Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (ABl. L 304 v. 22.11.2011, S. 18) in der hier maßgeblichen, zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel (ABl. L 327 v. 11.12.2015, S. 1) geänderten Fassung - LMIV - durch die (besondere) Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 6 LMIV nicht verdrängt wird.

Nach Anhang VI Teil A Nr. 6 Satz 1 LMIV muss bei Fleischerzeugnissen, die als Aufschnitt, am Stück, in Scheiben geschnitten, als Fleischportion oder Tierkörper angeboten werden, die Bezeichnung des Lebensmittels die Angabe enthalten, dass Wasser zugesetzt wurde, wenn das zugesetzte Wasser mehr als 5 % des Gewichts des Enderzeugnisses ausmacht. Durch diese Bestimmung sollen Verbraucher vor irreführenden und unlauteren Geschäftspraktiken bei Fleischerzeugnissen geschützt werden, die aussehen wie ein Abschnitt, ein Stück, eine Scheibe oder eine Portion Fleisch oder wie ein Tierkörper und denen während der Herstellung Wasser zugesetzt wurde, obwohl dies technologisch nicht notwendig gewesen ist. Die Bestimmung unterstellt, dass Verbraucher nicht davon ausgehen, solchen Lebensmitteln könnte eine signifikante Menge von Wasser zugesetzt worden sein. Ziel ist es, dass Verbraucher solche Lebensmittel bei entsprechender Kennzeichnung des Zusatzes von Wasser auf einen Blick erkennen können (vgl. Europäische Kommission/Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher, Fragen und Antworten zur Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel, in der hier maßgeblichen Fassung v. 31.1.2013, dort Nr. 2.11, abgedruckt bei Voit/Grube, LMIV, 2. Aufl., S. 801 ff.). Der so beschriebene Zweck der Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 6 Satz 1 LMIV und das systematische Verhältnis dieser (besonderen) Bestimmung zum (allgemeinen) Grundsatz in Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV legen die Einschätzung des Normgebers offen, dass die Unterlassung der Angabe des Zusatzes von Wasser zu einem Fleischerzeugnis, wenn das zugesetzte Wasser mehr als 5 % des Gewichts des Enderzeugnisses ausmacht, unabhängig vom konkreten Einzelfall geeignet ist, den Käufer irrezuführen, mithin stets und ohne, dass es auf das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Anhangs VI Teil A Nr. 1 (i. V. m. Art. 7 Abs. 1) LMIV ankommt, die Bezeichnung des Lebensmittels die Angabe enthalten muss, dass Wasser zugesetzt worden ist.

Hieraus ergibt sich zum einen, dass sich der Anwendungsbereich der Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 6 Satz 1 LMIV auf die Fälle beschränkt, in denen das dem Fleischerzeugnis zugesetzte Wasser mehr als 5 % des Gewichts des Enderzeugnisses ausmacht. Zum anderen kann anhand des Wortlauts, des beschriebenen Zwecks und auch der Systematik der Bestimmungen in Anhang VI Teil A LMIV - entgegen der klägerischen Auffassung - nicht darauf geschlossen werden, dass dessen Nr. 6 eine abschließende Regelung für die Kennzeichnung des Zusatzes von Trinkwasser zu Fleischerzeugnissen ist. Vielmehr kann der Zusatz von Trinkwasser unabhängig von dessen Gewichtsanteil im Enderzeugnis (auch) nach Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV kennzeichnungspflichtig sein, wenn die Unterlassung der Angabe zum physikalischen Zustand des Lebensmittels oder zu dessen besonderer Behandlung durch den Zusatz von Wasser geeignet wäre, den Käufer irrezuführen. Die Kennzeichnungspflichten nach Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit Nrn. 1 und 6 des Anhangs VI Teil A LMIV bestehen folglich nebeneinander; der Anwendungsbereich des Anhangs VI Teil A Nr. 1 LMIV wird durch die Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 6 LMIV nicht beschränkt.

Hiernach ist die Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV auf die streitrelevanten panierten und gegarten Schweine- und Putenschnitzel (vgl. die Legaldefinition des „Fleischerzeugnisses“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. f LMIV i. V. m. Anhang I Nr. 7.1 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs) anwendbar, da nach dem Garprozess der im Enderzeugnis enthaltene Anteil zugesetzten Wassers weniger als 5 % beträgt.

Ob daneben der Anwendungsbereich der Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 6 Satz 1 LMIV auf den Zusatz von Wasser ohne eine technologische Notwendigkeit für den Herstellungsprozess beschränkt ist (vgl. Europäische Kommission/Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher, Fragen und Antworten zur Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel, einerseits in der hier maßgeblichen Fassung v. 31.1.2013, dort Nr. 2.11, abgedruckt bei Voit/Grube, LMIV, 2. Aufl., S. 801 ff.; und andererseits in der aktuellen Fassung v. 8.6.2018, ABl. C 196 v. 8.6.2018, S. 1, dort Nr. 2.4.1), bedarf hier keiner Entscheidung mehr. Selbst bejahendenfalls wäre der dann beschränkte Anwendungsbereich der Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 6 Satz 1 LMIV im vorliegenden Fall nicht eröffnet und könnte folglich eine Anwendung der Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV nicht hindern. Denn für den Zusatz von Wasser im Rahmen einer Flüssigwürzung besteht ersichtlich eine technische Notwendigkeit.

Aufgrund der danach anwendbaren Bestimmung in Anhang VI Teil A Nr. 1 i. V. m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a LMIV hat das Verwaltungsgericht auch zutreffend eine Kennzeichnungspflicht für die streitrelevante Flüssigwürzung angenommen. Nach den genannten Bestimmungen enthält die Bezeichnung eines Lebensmittels auch Angaben zu seinem physikalischen Zustand oder zur besonderen Behandlung, die es erfahren hat, sofern die Unterlassung einer solchen Angabe geeignet wäre, den Käufer irrezuführen. Sachlicher Grund für die Kennzeichnungspflicht eines „flüssig gewürzten“ Lebensmittels ist insoweit nicht der gebotene Hinweis auf eine reine Volumenmehrung des Enderzeugnisses, wie sie im Falle der bloßen, technologisch nicht notwendigen Zuführung von Wasser regelmäßig beabsichtigt ist. Die Kennzeichnungspflicht wird vielmehr ausgelöst durch die „besondere Behandlung“, die die von der Klägerin hergestellten Fleischerzeugnisse bei der Flüssigwürzung durch die Injektion einer Gewürzlake erfahren und infolge derer der Geschmack und die Konsistenz des Fleisches verändert werden.

b. Die Klägerin rügt weiter, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Unterlassung der Kennzeichnung wegen der Angaben im Zutatenverzeichnis auch nicht geeignet sei, die Käufer irrezuführen. Sie meint, derArbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (ALTS) in seiner Stellungnahme zum Thema „Flüssigwürzung“ (vgl. Blatt 36 der Beiakte 001) und das Verwaltungsgericht hätten sich mit der Frage, ob die Deklaration von Trinkwasser und Gewürzen im Rahmen des Zutatenverzeichnisses dazu führe, dass der Verbraucher ausreichend über die Flüssigwürzung informiert werde, gar nicht befasst. Da das auf der Rückseite ihrer Verpackungen abgedruckte Zutatenverzeichnis auch die Angaben „Trinkwasser“ und „natürliche Gewürzextrakte“ enthalte, fehle es hier aber an einer Irreführung der Verbraucher, da diese erkennen könnten, dass es sich bei dem Produkt nicht um reines Fleisch ohne jegliche Zusätze handele. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV seien deshalb nicht erfüllt.

Dieser Einwand begründet ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ebenfalls nicht.

Gegenstand der Kennzeichnungspflicht nach Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht bloße Hinweise auf die einem Lebensmittel zugefügten Produkte, sondern die „Angaben zum physikalischen Zustand des Lebensmittels oder der besonderen Behandlung, die es erfahren hat“. Denn die Kennzeichnung nach Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV dient - anders als ein Zutatenverzeichnis - nicht nur dazu, den Käufer über die in einem Produkt enthaltenen Inhaltsstoffe zu informieren. Der durch Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV beabsichtigte Schutz vor Irreführung ist vielmehr im Sinne eines weiter reichenden Transparenzbegriffs zu verstehen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 17 LMIV). Dies ergibt sich auch aus einer systematischen Auslegung unter Berücksichtigung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a LMIV. Danach dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein „in Bezug auf die [...] Methode der Herstellung oder Erzeugung“. Nach dem Schutzzweck der LMIV sollen Verbraucher also auch vor solchen Irreführungen bewahrt werden, die dadurch entstehen können, dass Lebensmittel eine „besondere Behandlung“ erfahren haben, die geeignet ist, ihren Geschmack und/oder ihre Konsistenz zu beeinflussen, die an dem Enderzeugnis selbst, aus der Zutatenliste oder an anderer Stelle auf der Verpackung jedoch nicht zu erkennen ist. So liegt es hier. Anknüpfungspunkt für die von der Beklagten angeordnete Kennzeichnung der Produkte der Klägerin mit dem Zusatz „flüssig gewürzt“ ist nicht der Umstand, dass diese neben Fleisch und Salz auch Wasser und eine Gewürzlake enthalten, sondern die für den Verbraucher auf andere Weise nicht erkennbare Information, dass das Fleisch nicht nur „paniert und gegart“, sondern zusätzlich einem Injektionsprozess mit einer flüssigen Würzung unterzogen wurde.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen. Solche Schwierigkeiten sind nur dann anzunehmen, wenn die Beantwortung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage oder die Klärung einer entscheidungserheblichen Tatsache in qualitativer Hinsicht mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden ist (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 26.1.2011 - 8 LA 103/10 -, juris Rn. 44). Daher erfordert die ordnungsgemäße Darlegung dieses Zulassungsgrundes eine konkrete Bezeichnung der Rechts- oder Tatsachenfragen, in Bezug auf die sich solche Schwierigkeiten stellen, und Erläuterungen dazu, worin diese besonderen Schwierigkeiten bestehen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.10.2010 - 8 LA 65/10 -, juris Rn. 17; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., § 124a Rn. 53).

Diesen Anforderungen trägt das Zulassungsvorbringen der Klägerin nicht hinreichend Rechnung. Ihre Hinweise darauf, dass eine „Gesamtschau der lebensmittelinformationsrechtlichen Vorschriften“ zur Beantwortung der entscheidungserheblichen Fragen erforderlich sei, das Verwaltungsgericht über einzelne Gesichtspunkte hinweggegangen sei, aber die Entscheidung aufwändig begründet habe, zeigen nicht auf, dass das erstinstanzlich entscheidende Gericht vor besonderen, also in qualitativer Hinsicht überdurchschnittlichen Schwierigkeiten gestanden hat.

3. Die Berufung ist schließlich nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich wäre und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum die Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren (vgl. Senatsbeschl. v. 4.7.2018 - 13 LA 247/17 -, juris Rn 21).

Hieran gemessen hat die Klägerin eine die Zulassung der Berufung gebietende grundsätzliche Bedeutung der von ihr aufgeworfenen Fragen,

a. „in welchem Fall der Ausschlussgrund des letzten Halbsatzes des Anhangs VI Teil A Ziffer 1 ('sofern die Unterlassung einer solchen Angabe geeignet wäre, den Käufer irrezuführen') vorliegt“,

b. „wann die Unterlassung einer Angabe zum physikalischen Zustand des Lebensmittels oder zur besonderen Behandlung, die es erfahren hat, vorliegt, die geeignet wäre, den Käufer irrezuführen“,

c. „inwieweit besondere Behandlungsverfahren im Rahmen des Zutatenverzeichnisses kennzeichnungsrechtlich möglich sind und im Fall der Kennzeichnung im Zutatenverzeichnis eine Irreführung des Verbrauchers ausschließen“,

d. „ob flüssig gewürzte Fleischerzeugnisse mit dem Zusatz 'flüssig gewürzt' in der Bezeichnung in den Verkehr gebracht werden dürfen“,

e. in welchem systematischen Verhältnis die Bestimmungen in Anhang VI Teil A Nr. 1 und Nr. 6 LMIV stehen,

schon nicht hinreichend dargelegt. Denn soweit die Fragen einer fallübergreifenden Klärung überhaupt zugänglich sind, was für die Fragen zu a. und b. zweifelhaft, jedenfalls aber von der Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt ist, und soweit die Fragen sich überhaupt entscheidungserheblich stellen können, was die Klägerin für die Fragen zu c. und d. nicht aufgezeigt hat, sind die Fragen, wie zu II.1. ausgeführt, zu beantworten, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).