Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.12.2018, Az.: 4 KN 406/17

Abwägungsverbot; Antragsbefugnis; Aufhebung von Landschaftsschutz; Bauleitplanung; Bebauung; Bebauungsplan; Bodennutzungskonflikte; Eigentum; Grundstückseigentümer; Landschaftsschutz; Landschaftsschutzgebiet; naturschutzrechtliches Abwägungsgebot; Normenkontrollantrag; private Belange; Schutzgebietsstatus; Zulässigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.12.2018
Aktenzeichen
4 KN 406/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74287
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Normenkontrollantrag wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen § 1 der II. Änderungsverordnung zur Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Calenberger Leinetal“ (LSG-H 70) in der Stadt Pattensen, Region Hannover, vom 29. September 2017.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Domäne B. in der Stadt Pattensen. Diese Domäne grenzt an das Westufer der Leine und liegt teilweise in dem ca. 556 ha großen Landschaftsteil „Calenberger Leinetal“ der durch die Verordnung zum Schutz des Landschaftsteils „Calenberger Leinetal“ (LSG-H 70) in der Stadt Pattensen, Landkreis Hannover, vom 21. Mai 1997 zum Landschaftsschutzgebiet erklärt worden war. An dem der Domäne B. gegenüberliegenden östlichen Leineufer befindet sich - auf der Leineinsel „Calenberger Mühle“ - das Betriebsgelände der Firma C.. Der bebaute Bereich dieses Areals war anders als die umgebenden Flächen nicht in den räumlichen Geltungsbereich der Verordnung zum Schutz des Landschaftsteils „Calenberger Leinetal“ (LSG-H 70) in der Stadt Pattensen, Landkreis Hannover, vom 21. Mai 1997 einbezogen worden.

Am 24. Februar 1998 erließ der Landkreis Hannover die I. Änderungsverordnung zur Verordnung zum Schutz des Landschaftsteils „Calenberger Leinetal“, die § 5 der Verordnung, der die Freistellungen von den Verboten der Verordnung regelte, geringfügig ergänzte.

Im Jahr 2014 begann die Antragsgegnerin mit den Vorarbeiten zum Erlass der II. Änderungsverordnung zur Verordnung zum Schutz des Landschaftsteils „Calenberger Leinetal“. Mit Schreiben vom 27. November 2014 teilte sie der Antragstellerin mit, dass das Verfahren zur öffentlichen Beteiligung eingeleitet worden sei, und fügte als Anlagen den Verordnungsentwurf, die Karte zum Verordnungsentwurf sowie eine Begründung bei. § 1 Abs. 1 des Verordnungsentwurfs sah vor, dass der in der Karte im Maßstab 1 : 5.000 schraffierte Bereich, der sich nordöstlich, südöstlich und südwestlich des bebauten Areals der Firma C. befindet und ca. 2 ha groß ist, aus dem Landschaftsschutzgebiet gelöscht wird. Ausweislich der Begründung zum Entwurf der II. Änderungsverordnung sollte diese Fläche aus dem Landschaftsschutz entlassen werden, weil es aus betriebswirtschaftlichen Gründen notwendig sei, die Betriebsflächen der Firma C. zu erweitern. Die Verfahren zur 33. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Pattensen und zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 216 seien bereits eingeleitet worden. Kompensationsmaßnahmen für die Betriebserweiterung sollten in der Bauleitplanung geregelt werden.

Die Antragstellerin wandte mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 gegen den Verordnungsentwurf ein, dass die Teillöschung des Landschaftsschutzgebiets gegen § 2 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes verstoße und daher rechtswidrig sei. Nach der Begründung des Entwurfs der II. Änderungsverordnung diene die Teillöschung dem Zweck, die 33. Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 216 zur Erweiterung des Betriebs der Firma C. rechtlich zu ermöglichen. Deshalb seien dem Entwurf der II. Änderungsverordnung die Gesichtspunkte entgegenzuhalten, die zur Rechtswidrigkeit der Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung des Bebauungsplans führen würden, nämlich die Beeinträchtigung der Entwicklung des Klimaschutzes, die Beeinträchtigung der kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft, der Widerspruch zu den Zielen des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Biotopschutzes und des Hochwasserschutzes sowie der Widerspruch zu dem Ziel, Binnengewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten.

Die Antragsgegnerin erließ gleichwohl am 29. September 2017 die II. Änderungsverordnung zur Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Calenberger Leinetal“ (LSG-H 70) in der Stadt Pattensen, Region Hannover, die in dem Gemeinsamen Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover vom 30. November 2017 und vom 22. Dezember 2017 bekannt gemacht wurde.

§ 1 Abs. 1 der II. Änderungsverordnung bestimmt, dass der in der Karte im Maßstab 1 : 5.000 schraffierte Bereich, der sich nordöstlich, südwestlich und südöstlich des bebauten Areals der Firma C. befindet, aus dem Landschaftsschutzgebiet gelöscht wird. Dieser Bereich hat nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der II. Änderungsverordnung eine Größe von ca. 2 ha, so dass sich die Größe des Landschaftsschutzgebiets nach § 1 Abs. 2 Satz 2 der II. Änderungsverordnung auf ca. 554 ha verringert. § 2 der II. Änderungsverordnung regelt Änderungen, die die Überschrift der Verordnung, die Behördenbezeichnung in § 1 Abs. 2 der Verordnung, die Größenangabe in § 1 Abs. 3 der Verordnung, die Befreiungsregelung in § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Abs. 3 der Verordnung sowie die Regelung über die Ordnungswidrigkeiten in § 6 der Verordnung betreffen.

Bereits vor dem Erlass der II. Änderungsverordnung hatte die Stadt Pattensen am 6. April 2017 die 33. Änderung ihres Flächennutzungsplans beschlossen, die sich auf die Leineinsel „Calenberger Mühle“, einen kleineren Bereich nördlich und zwei Flächen östlich der Leineinsel erstreckt. Dort stellt der geänderte Flächennutzungsplan u. a. gewerbliche Bauflächen, öffentliche und private Verkehrsflächen, private Grünflächen, Wasserflächen und Flächen zum Schutz von Boden, Natur und Landschaft dar. Diese Flächennutzungsplanänderung genehmigte die Antragsgegnerin am 10. Oktober 2017 mit einigen Maßgaben, denen die Stadt Pattensen am 14. Dezember 2017 beitrat.

Am 14. Dezember 2017 beschloss die Stadt Pattensen zugleich den Bebauungsplan Nr. 216 „Calenberger Mühle“, der später im Gemeinsamen Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover vom 15. Februar 2018 bekannt gemacht wurde. Der räumliche Geltungsbereich dieses Bebauungsplans umfasst auf der Leineinsel „Calenberger Mühle“ das Betriebsgelände der Firma C. mit Erweiterungsflächen und außerhalb der Leineinsel den Abschnitt der Landesstraße 460, der an die Zufahrt zur Leineinsel grenzt, Grünland sowie eine Lagerfläche östlich der Mühlenleine. Als Art der baulichen Nutzung setzt der Bebauungsplan sowohl eingeschränktes Gewerbegebiet als auch Gewerbegebiet, Lagerfläche fest. Darüber hinaus enthält er u. a. die Festsetzung öffentlicher und privater Verkehrsflächen sowie privater Grünflächen.

Am 19. Dezember 2017 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag gestellt, mit dem sie sich gegen § 1 der II. Änderungsverordnung zur Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Calenberger Leinetal“ (LSG-H 70) in der Stadt Pattensen, Region Hannover, vom 29. September 2017 wendet.

Im Lauf des Normenkontrollverfahrens hat die Antragstellerin ein weiteres Normenkontrollverfahren anhängig gemacht, das den Bebauungsplan Nr. 216 „Calenberger Mühle“ der Stadt Pattensen zum Gegenstand hat und unter dem Aktenzeichen 1 KN 26/18 geführt wird.

Zur Begründung ihres § 1 der II. Änderungsverordnung betreffenden Normenkontrollantrags trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor: Ihr Normenkontrollantrag sei zulässig. Insbesondere sei sie antragsbefugt, weil sie geltend machen könne, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Teillöschungsverordnung zu der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Calenberger Leinetal“ ermögliche Festsetzungen im Bebauungsplan Nr. 216 „Calenberger Mühle“, die über die von der Firma C. angestrebten Baugenehmigungen zu Lärm-, Licht- und Erschütterungsimmissionen auf der in ihrem Eigentum stehenden Domäne führen würden. Aufgrund des durch die Teillöschungsverordnung rechtlich erst ermöglichten Bebauungsplans in Verbindung mit den angestrebten Baugenehmigungen werde es auch zu drastischen Eingriffen in das Landschaftsbild und in den Arten- und Biotopschutz kommen, die ihr Grundeigentum tangierten. Auch die Verschlechterungen beim Hochwasserschutz, Hochwasserabfluss und Hochwasserstauraum griffen in ihr Eigentum am Dominalgut, dessen Ufer betroffen würde, ein. Die Teillöschungsverordnung in Verbindung mit dem Bebauungsplan und den angestrebten Baugenehmigungen bewirke zudem die Beeinträchtigung der kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft und wirke auch dadurch auf ihr Eigentum ein, da ihr Dominalgut wesentlicher Bestandteil der kulturhistorischen Landschaft sei. Ihres Erachtens reiche es für einen Eingriff des § 1 der Teillöschungsverordnung in ihr Eigentumsrecht an dem Dominalgut aus, dass das Dominalgutgrundstück zu einem erheblichen Teil innerhalb des Landschaftsschutzgebiets liege. Die Teillöschung nur wenige Meter entfernt liegender Flächen aus dem Landschaftsschutz ziele auf massive Baumaßnahmen ab, u. a. die Schaffung einer Lkw-Stellfläche auf ca. 5.000 qm für 20 bis 25 Lkw-Sattelschlepper und die Errichtung einer Produktionslagerfläche mit 3.500 qm Grundfläche. Dadurch verändere sich der Charakter des Landschaftsschutzgebiets, in dem ihr Grundstück liege, tiefgreifend, insbesondere mit Blick auf die historische Bedeutung der Landschaft. Ferner seien im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Anwendung des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots gemäß § 2 Abs. 3 BNatSchG mit einem für sie bestehenden subjektiven Recht auf gerechte Abwägung ihrer betroffenen privaten und zugleich öffentlichen Belange erfüllt. Zu den nach der genannten Vorschrift abzuwägenden Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege gehöre gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG die dauerhafte Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswerts von Natur und Landschaft, Naturlandschaften und historisch gewachsenen Kulturlandschaften - auch mit ihren Kultur-, Bau- und Bodendenkmälern - vor Verunstaltungen, Zersiedlung und sonstigen Beeinträchtigungen. Ihr Dominalgut-Grundstück gehöre zu einem landschaftsbezogenen und baulichen Ensemble von überragender kulturgeschichtlicher Bedeutung. Es nehme an der besonderen landesgeschichtlichen Bedeutung des Leinetals teil. Ferner habe § 1 der Teillöschungsverordnung auch Auswirkungen auf das gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG zu verfolgende Ziel, auf ihrem Grundstück zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Binnengewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten. Dies gelte insbesondere für natürliche und naturhafte Gewässer einschließlich ihrer Ufern, Auen und sonstigen Rückhalteflächen. Ihr Normenkontrollantrag sei auch begründet. Denn die Teillöschungsverordnung sei rechtswidrig, weil die der Teillöschungsverordnung zugrundeliegende 33. Änderung des Flächennutzungsplans sowie der Bebauungsplan Nr. 216 rechtsfehlerhaft seien.

Die Antragstellerin beantragt,

§ 1 der II. Änderungsverordnung zur Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Calenberger Leinetal“ (LSG-H 70) in der Stadt Pattensen, Region Hannover, vom 29. September 2017 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen,

und erwidert, der Normenkontrollantrag sei unzulässig, weil die Antragstellerin nicht antragsbefugt sei. Eigene Rechte der Antragstellerin würden durch § 1 der II. Änderungsverordnung nicht verletzt. Dieser greife nicht in Eigentumsrechte der Antragstellerin ein, weil er nicht deren Flächen betreffe. Einen Rechtsanspruch einzelner Privater auf den Fortbestand eines förmlichen Landschaftsschutzes bestehe ebenso wenig wie ein individueller Rechtsanspruch auf eine Ausweisung eines Gebiets als Landschaftsschutzgebiet. Auch die von der Antragstellerin geltend gemachten wasserwirtschaftlichen und naturschutzrechtlichen Gefahren begründeten keine Antragsbefugnis, da es sich insoweit um öffentliche Belange und nicht um Rechte der Antragstellerin handele. Die von der Antragstellerin befürchteten Lärm-, Licht- und Erschütterungsimmissionen seien ebenfalls nicht geeignet, eine Antragsbefugnis zu begründen, weil diese Gesichtspunkte nicht bei der von ihr vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen gewesen seien. Dem Antrag der Antragstellerin fehle zudem das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragstellerin in dem Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan Nr. 216 der Stadt Pattensen eine inzidente Überprüfung der II. Änderungsverordnung erreichen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist unzulässig, weil die Antragstellerin nicht antragsbefugt ist.

Die Antragsbefugnis der Antragstellerin beurteilt sich nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist ein Normenkontrollantrag nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des Normenkontrollantrags ist, oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Zur Geltendmachung einer derartigen Rechtsverletzung ist es erforderlich, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die zur Prüfung gestellte Rechtsnorm in einem subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.1.2016 - 4 BN 11.15 - u. v. 11.8.2015 - 4 BN 12.15 - m.w.N.; Senatsurt. v. 19.4.2018 - 4 KN 368/15 -; Senatsurt. v. 25.5.2016 - 4 KN 154/13 -; Senatsbeschl. v. 19.11.2014 - 4 KN 251/11 -; Senatsbeschl. v. 2.11.2010 - 4 KN 230/09 -). Ist eine Verletzung eines subjektiven Rechts des Antragstellers durch diese Rechtsnorm hingegen offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, fehlt dem Antragsteller die für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags notwendige Antragsbefugnis (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.2.2016 - 4 BN 37/15 - m.w.N.; Senatsurt. v. 19.4.2018 - 4 KN 368/15 -; Senatsurt. v. 25.5.2016 - 4 KN 154/13 -).

Ausgehend davon lässt sich eine Antragsbefugnis der Antragstellerin im vorliegenden Fall nicht feststellen. Denn eine Verletzung eines subjektiven Rechts der Antragstellerin durch § 1 der II. Änderungsverordnung zur Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Calenberger Leinetal“ (LSG-H 70) in der Stadt Pattensen, Region Hannover, vom 29. September 2017 ist offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen.

§ 1 der II. Änderungsverordnung greift in Eigentumsrechte der Antragstellerin offensichtlich und eindeutig nicht ein. Denn der rechtliche Status des im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstücks wird von § 1 der II. Änderungsverordnung nicht berührt. Das ergibt sich schon daraus, dass das Grundstück der Antragstellerin westlich der Leine liegt, die ca. 2 ha große Fläche, die durch § 1 der II. Änderungsverordnung aus dem Landschaftsschutzgebiet „Calenberger Leinetal“ gelöscht worden ist, sich aber östlich der Leine befindet. Der Schutzstatus des Teils des Grundstücks der Antragstellerin, der seit dem Inkrafttreten der Verordnung zum Schutz des Landschaftsteils „Calenberger Leinetal“ (LSG-H70) in der Stadt Pattensen, Landkreis Hannover, vom 21. Mai 1997 unter Landschaftsschutz steht, wird von § 1 der II. Änderungsverordnung demnach nicht tangiert; diese Norm betrifft auch nicht die übrigen im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstücksbereiche. Folglich kann von einem Eingriff des § 1 der II. Änderungsverordnung in das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht der Antragstellerin an diesem Grundstück keine Rede sein. Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass ihr Grundstück zu einem erheblichen Teil innerhalb des Landschaftsschutzgebiets „Calenberger Leinetal“ liegt. Denn dieser Umstand ist hier unerheblich, weil die Aufhebung des Landschaftsschutzes durch § 1 der II. Änderungsverordnung - wie bereits ausgeführt - ausschließlich Flächen, die nicht im Eigentum der Antragstellerin stehen, betrifft und daher ihr Eigentumsrecht an dem Teil ihres Grundstücks, der im Landschaftsschutzgebiet liegt, ebenso wenig tangiert wie ihr Eigentumsrecht an dem übrigen Teil ihres Grundstücks.

Dass die Aufhebung des Landschaftsschutzes auf der ca. 2 ha großen Fläche östlich der Leine zur Folge hat, dass die Nutzung dieses Areals nicht mehr den Verboten der Verordnung zum Schutz des Landschaftsteils „Calenberger Leinetal“ in der Stadt Pattensen, Landkreis Hannover, vom 21. Mai 1997 unterliegt, stellt ebenfalls keinen Eingriff in das Eigentumsrecht der Antragstellerin an ihrem in der Nähe liegenden Grundstück dar. Denn es gehört grundsätzlich „nicht zum Bestandteil der Rechtsstellung eines Grundstückseigentümers, dass die … gegebene Nutzbarkeit der Nachbargrundstücke … nicht geändert wird“ (BVerwG, Urt. v. 14.4.1978 - 4 C 96 und 97.76 -, DVBl. 1978, 614; BVerwG, Urt. v. 14.6.1969 - 4 C 13.66 -, Buchholz 406.42 § 13 RGaO Nr. 7, im Anschluss an BGH, Urt. v. 22.5.1967 - III ZR 124/66 -, BGHZ 48, 46). Dieser Grundsatz gilt - zugunsten eines ihn durchbrechenden Nachbarschutzes direkt aus Art. 14 Abs. 1 GG - nur dann ausnahmsweise nicht, wenn die von der zulässigen Nutzung des einen Grundstücks auf das andere Grundstück ausgehende Beeinträchtigung in ihren Auswirkungen jedes zumutbare Maß überschreitet und im Ergebnis die Aufrechterhaltung der bisherigen Nutzung des betroffenen Grundstücks nahezu unmöglich macht (BVerwG, Urt. v. 14.4.1978 - 4 C 96 und 97.67 -, DVBl. 1978, 614). Davon kann im vorliegenden Fall aber schon deshalb keine Rede sein kann, weil sich die durch § 1 der II. Änderungsverordnung bewirkte Änderung der Nutzbarkeit der Flächen östlich der Leine in der Aufhebung des Landschaftsschutzes und damit in der Beseitigung der landschaftsschutzrechtlichen Verbote der Verordnung zum Schutz des Landschaftsteils „Calenberger Leinetal“ in der Stadt Pattensen, Landkreis Hannover, vom 21. Mai 1997 auf diesen Flächen erschöpft.

Der Antragstellerin steht auch kein subjektives Recht auf den Fortbestand des Landschaftsschutzes auf den von § 1 der II. Änderungsverordnung erfassten Flächen zu, das durch die Löschung dieses Bereichs aus dem Landschaftsschutzgebiet verletzt sein könnte. Denn ein individueller Rechtsanspruch privater Einzelner auf einen Fortbestand des förmlichen Schutzstatus besteht ebenso wenig wie ein individueller Rechtsanspruch auf Ausweisung eines Gebiets als Landschaftsschutzgebiet (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 - 4 CN 10.02 -, BVerwGE 119, 312). Aus Bundesrecht ergibt sich keine von Grundstückseigentümern erzwingbare Pflicht der Naturschutzbehörde zur Festsetzung eines Landschaftsschutzgebiets oder zur Aufrechterhaltung einer solchen Festsetzung (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 - 4 CN 10.02 -, BVerwGE 119, 312). Auch Europarecht begründet kein subjektives Recht Einzelner auf die Unterschutzstellung von Flächen als Landschaftsschutzgebiet oder dessen Fortbestand.

Aus den von der Antragstellerin zur Begründung der Zulässigkeit ihres Normenkontrollantrags angeführten Gefahren für den Naturschutz, den Arten- und Biotopschutz, das Landschaftsbild, die kulturhistorische Bedeutung der Landschaft und den Hochwasserschutz ergibt sich ebenfalls keine Antragsbefugnis. Denn insoweit kann die Antragstellerin ausschließlich eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange, nicht aber eine Verletzung eigener Rechte geltend machen.

Schließlich lässt sich eine Antragsbefugnis der Antragstellerin auch nicht mit einer möglichen Verletzung eines Rechtsanspruchs der Antragstellerin auf gerechte Abwägung des von ihr geltend gemachten privaten Interesses, von den befürchteten Immissionen und Verschlechterungen beim Hochwasserschutz und -abfluss aufgrund von Baumaßnahmen der Firma JRS verschont zu bleiben, begründen. Denn ein dahingehender Rechtsanspruch steht der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin als Verordnungsgeberin offensichtlich und eindeutig unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu.

Aus dem naturschutzrechtlichen Abwägungsgebot, das in § 2 Abs. 3 BNatSchG geregelt ist, ergibt sich kein subjektives Recht auf gerechte Abwägung unter Berücksichtigung privater Belange. Denn eine Abwägung sieht das Gesetz nur in Bezug auf die sich „aus § 1 Abs. 1 BNatSchG ergebenden Anforderungen“ - nämlich die biologische Vielfalt, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft - und „die sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft“ vor. Die gesetzlich vorgeschriebene naturschutzrechtliche Abwägung hat daher ausschließlich diese unterschiedlichen und zum Teil gegenläufigen Gemeinwohlbelange zu bewältigen. Private Belange - insbesondere Eigentümerinteressen - gehören somit nicht zu dem von § 2 Abs. 3 BNatSchG vorgeschriebenen Abwägungsprogramm und sind daher bei der naturschutzrechtlichen Abwägung nach dieser Vorschrift nicht zu berücksichtigen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 30.7.2012 - 1 KN 1/12 -; Schlacke, GK-BNatSchG, 2012, § 2 Rn. 7; Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2011, § 2 Rn. 16; Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2011, § 2 Rn. 35). Gehören private Belange aber schon objektivrechtlich nicht zu dem Abwägungsprogramm des § 2 Abs. 3 BNatSchG, lässt sich ein subjektives Recht auf gerechte Abwägung unter Berücksichtigung privater Belange aus dem naturschutzrechtlichen Abwägungsgebot des § 2 Abs. 3 BNatSchG erst recht nicht herleiten. Deshalb kann die Antragstellerin eine Antragsbefugnis nicht auf eine mögliche Verletzung des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebotes gemäß § 2 Abs. 3 BNatSchG stützen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 30.7.2012 - 1 KN 1/12 -).

Der Antragstellerin steht auch keine geschützte Abwägungsposition aus dem rechtsstaatlichen Abwägungsgebot zur Seite. Denn das Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG und das daraus resultierende Gebot der Verhältnismäßigkeit fordern eine Abwägung privater Belange allenfalls dann, wenn eine Schutzgebietsverordnung unmittelbar Grundrechtseingriffe, etwa in Bezug auf Art. 14 Abs. 1 GG, auslösen würde (OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 30.7.2012 - 1 KN 1/12 - m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, da § 1 der II. Änderungsverordnung - wie bereits eingangs ausgeführt - nicht unmittelbar in das Eigentumsrecht der Antragstellerin eingreift.

Selbst wenn aber aus der gesetzlichen Ausprägung des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots in § 2 Abs. 3 BNatSchG grundsätzlich ein subjektives Recht auf eine gerechte Abwägung betroffener privater Belange folgen würde, stünde der Antragstellerin im vorliegenden Fall kein Anspruch auf gerechte Abwägung der von ihr geltend gemachten privaten Belange zu, weil ihre Befürchtungen nach dem Regelungszweck des Bundesnaturschutzgesetzes schon objektivrechtlich nicht zu dem notwendigen Abwägungsmaterial der Naturschutzbehörde bei dem Erlass der II. Änderungsverordnung gehört haben. Zu den Interessenkonflikten, die der Verordnungsgeber bei der teilweisen Aufhebung einer Landschaftsschutzgebietsverordnung lösen kann und soll, gehören nicht die Konflikte, die auf der Ebene des Städtebaurechts auftreten und durch das bauleitplanerische Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB gesteuert werden (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 - 4 CN 10.02 -, BVerwGE 119, 312). Dies trifft auch dann zu, wenn die Aufhebung des Schutzgebietsstatus den Erlass eines Bebauungsplans vorbereiten soll, und gilt insbesondere für Bodennutzungskonflikte, die erst durch eine gemeindliche Bauleitplanung ausgelöst werden (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 - 4 CN 10.02 -, BVerwGE 119, 312). Dass eine Verordnung den bestehenden Landschaftsschutz für ein dem Grundstück der Antragstellerin benachbartes Gebiet teilweise zu dem Zweck aufhebt, dort eine bislang nicht zulässige, die Antragstellerin beeinträchtigende Nutzung durch Bebauungsplan zu ermöglichen, begründet daher keine Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 - 4 CN 10.02 -, BVerwGE 119, 312).

Insoweit unterscheidet sich die jetzige Rechtslage von der, die bis zur Neufassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO durch das Sechste Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 1. November 1996 bestanden hat. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a. F. konnte jede natürliche oder juristische Person, die durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat, einen Normenkontrollantrag stellen. Ein solcher Nachteil konnte sich nach dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 1987 (- 4 NB 1.87 -, NVwZ 1988, 728) schon daraus ergeben, dass durch die zur Normenkontrolle gestellte Verordnung der bestehende Landschaftsschutz für ein dem Grundstück des Antragstellers benachbartes Gebiet ganz oder teilweise gezielt aufgehoben wurde, um dort eine bestimmte, bislang nicht zulässige Nutzung durch Bebauungsplan zu ermöglichen. Diese Rechtsprechung, die die Antragsbefugnis bei der Normenkontrolle einer landschaftsschutzrechtlichen Änderungsverordnung auf die Zurechenbarkeit von Nachteilen gestützt hat und dem „handgreiflich-praktischen“ Ursachenzusammenhang zwischen Verordnung und Bebauungsplan Rechnung tragen wollte, lässt sich aber, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11. Dezember 2003 (- 4 CN 10.02 -, BVerwGE 119, 312) ausdrücklich klargestellt hat, unter der Geltung des 1996 neu gefassten § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht fortführen. Denn die Antragsbefugnis setzt nach jetzt geltendem Recht die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch die angegriffene Norm oder deren Anwendung voraus. Ein Antragsteller, der sich durch die konzertierte Aktion von Verordnungsgeber und planender Gemeinde zur Wehr setzen will, könnte eine prinzipale Normenkontrolle daher nur dann erreichen, wenn er ein subjektives Recht darauf geltend machen könnte, dass der Verordnungsgeber sein negatives Betroffensein in einem privaten Interesse zu berücksichtigen hat. Der Nachteil, der sich nach der früheren Rechtslage aus einem qualifizierten Ursachenzusammenhang zwischen Verordnung und Bebauungsplan ergeben mochte, wäre daher nach der Neufassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber dem Verordnungsgeber nur dann wehrfähig, wenn er Gegenstand eines gegen diesen gerichteten Rechtsanspruchs sein könnte. Dies ist aber nicht der Fall (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 - 4 CN 10.02 -, BVerwGE 119, 312).

Im Übrigen wird der Rechtsschutz potentiell planbetroffener Anwohner, die sich in einem ehemaligen Landschaftsschutzgebiet gegen eine Bebauung zur Wehr setzen wollen, dadurch sichergestellt, dass sie, sofern sie antragsbefugt sind, bei der Normenkontrolle des Bebauungsplans auch eine inzidente Überprüfung der landschaftsschutzrechtlichen Änderungsverordnung erreichen können. Denn das Normenkontrollgericht ist befugt, die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans in diesem Fall auch daran zu messen, ob der förmliche Landschaftsschutz, der einer Planrealisierung im Wege stehen würde, gemessen an den Zielen und Grundsätzen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu Recht aufgehoben worden ist (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 - 4 CN 10.02 -, BVerwGE 119, 312).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.