Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.09.1990, Az.: 17 L 11/89

Kostenerstattung für eine Schulungsmaßnahme; Erforderlichkeit einer Teilnahme an einer Gewerkschaftsfortbildung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.09.1990
Aktenzeichen
17 L 11/89
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1990, 17116
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:0905.17L11.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 11.05.1989 - AZ: PB A 7/89

In dem Rechtsstreit
hat der 17. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
auf die mündliche Anhörung vom 5. September 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski sowie
die ehrenamtlichen Richter Postamtsrat Kibies, Verwaltungsdirektor Klitzsch, Postdirektor Königschulte und Angestellter Reimann
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen in Hildesheim - vom 11. Mai 1989 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller erstrebt die Erstattung der Kosten für eine Schulungsveranstaltung.

2

Er gehört zum zivilen Personal der Fernmeldedienstgruppe 218/14 Bückeburg und ist seit Mai 1985 Mitglied des Beteiligten zu 1), gegenwärtig als stellvertretender Vorsitzender, außerdem seit Mai 1988 Mitglied des Bezirkspersonalrats. Im März 1986 nahm er an einer einwöchigen Grundschulung der ÖTV zum BPersVG in Undeloh teil. Am 30. August 1988 beschloß der Beteiligte zu 1), den Antragsteller zu dem Seminar der ÖTV vom 25. September bis zum 1. Oktober 1988 in der ... Schule in ... mit dem Thema "Personalräte: Bundeswehr einschließlich HPR" zu entsenden, und beantragte beim Beteiligten zu 2) mit Schreiben vom 2. September 1988 unter Vorlage eines Arbeitsplans des Seminars unter Hinweis auf § 46 Abs. 6 BPersVG die Übernahme der Kosten. Mit Schreiben vom 21. Oktober 1988 lehnte die Standortverwaltung ... den Antrag mit der Begründung ab, das Territorialkommando Nord habe entschieden, daß es sich um eine Schulungsmaßnahme nach § 46 Abs. 7 BPersVG handele, bei der lediglich Freistellung vom Dienst unter Fortzahlung der Bezüge zu gewähren sei.

3

Der Antragsteller hat daraufhin am 10. April 1989 das Verwaltungsgericht angerufen und vorgetragen: Das Seminar habe sich u.a. mit dem Themenbereich der Zuständigkeiten, Aufgaben und Rechte der Personalvertretungen im Bereich der Bundeswehr befaßt. Dadurch seien ihm Kenntnisse vermittelt worden, die für seine Tätigkeit als Personalratsmitglied und stellvertretender Personalratsvorsitzender erforderlich seien.

4

Der Antragsteller hat beantragt

festzustellen, daß der Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, ihm die Kosten für die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung der Gewerkschaft ÖTV vom 25. September bis zum 1. Oktober 1988 in Höhe von 570,- DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu erstatten.

5

Der Beteiligte zu 1) hat sich diesem Antrag angeschlossen und ausgeführt: Im Bereich des Bundesministers der Verteidigung seien die Zuständigkeiten der einzelnen Dienststellen schwer überschaubar, da sie zum Teil ineinandergriffen. Eine genaue Kenntnis der Aufgaben, Rechte und Zuständigkeiten der Dienststellen sowie der ihnen zugeordneten Personalräte sei für die Arbeit des Personalrats dringend erforderlich, um die Rechte der Beschäftigten wirksam vertreten zu können. Nach objektiver Prüfung sei er daher der Auffassung gewesen, daß das Seminar "Personalräte Bundeswehr" Spezialkenntnisse vermittele, die unter Berücksichtigung der konkreten Situation der Dienststelle dringend erforderlich seien. Der Beteiligte zu 2) habe die Entscheidung des Personalrats, den Antragsteller an dem Seminar teilnehmen zu lassen, auch ausdrücklich begrüßt; gleichwohl habe das Territorialkommando ... als übergeordnete Dienststelle die Obernahme der Kosten abgelehnt.

6

Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,

den Antrag abzulehnen,

7

und vorgetragen: Der Antragsteller mache keine Kosten für eine Schulungsmaßnahme im Sinne des § 46 Abs. 6 BPersVG geltend, da er die Erforderlichkeit seiner Teilnahme nicht habe dartun können. Das Seminar habe nach dem Arbeitsplan keine Kenntnisse vermittelt, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich seien. Vielmehr habe es sich nach dem Veranstaltungsprogramm um einen Gedankenaustausch von Personalratsmitgliedern gehandelt, die der ÖTV angehörten. Aus dem Programm sei nicht zu erkennen, daß Referenten zu bestimmten Themen vorgetragen hätten, sondern es liege die Vermutung nahe, daß lediglich von den Seminarteilnehmern in einzelnen Arbeitsgruppen diskutiert worden sei.

8

Mit Beschluß vom 11. Mai 1989 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag des Antragstellers stattgegeben, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Die Schulung sei objektiv und subjektiv erforderlich gewesen. Das Seminar sei nicht in der Weise durchgeführt worden, daß die Teilnehmer lediglich miteinander diskutiert hätten, sondern es seien für die verschiedenen Themenbereiche vier Referenten vorhanden gewesen. Seinem Inhalt nach habe das Seminar die Vermittlung zusätzlicher Kenntnisse des Personalvertretungsrechts zum Ziel gehabt, die bei einer Grundschulung nicht mit der erforderlichen Intensität behandelt werden könnten, aber für die erfolgreiche Arbeit einer Personalvertretung gleichwohl unentbehrlich seien.

9

Gegen den ihm am 15. Juni 1989 zugestellten Beschluß richtet sich die am 14. Juli 1989 eingelegte und zugleich begründete Beschwerde des Beteiligten zu 2), mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht, eine objektive Erforderlichkeit der Schulung lasse sich aufgrund des Arbeitsplans des Seminars nicht feststellen; jedenfalls sei die Schulung hier nicht dienststellenbezogen gewesen.

10

Der Beteiligte zu 2) beantragt,

den angefochtenen Beschluß zu ändern und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.

11

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen,

12

und verteidigt den angefochtenen Beschluß.

13

Der Beteiligte zu 1) unterstützt das Vorbringen des Antragstellers.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.

15

II.

1.

Zunächst ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht klarzustellen, daß der Leiter der Standortverwaltung ... an dem Verfahren nicht beteiligt ist. Im Streit um die Erstattung der Kosten einer Schulungsveranstaltung gemäß §§ 44 Abs. 1, 46 Abs. 6 BPersVG sind beteiligt nur das Personalratsmitglied, das die Veranstaltung besucht hat, der Personalrat, um dessen Entsendungsbeschluß es geht, sowie der Leiter der Dienststelle, deren Verpflichtung aus § 44 Abs. 1 BPersVG in Frage steht (BVerwGE 58, 54 = PersV 1980, 19 f.). Der Leiter der Standortverwaltung Bückeburg ist hier auch nicht deshalb am Verfahren beteiligt, weil er den Antrag des Antragstellers mit Schreiben vom 21. Oktober 1988 abgelehnt hat. Denn diese Entscheidung erging, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht klargestellt worden ist, verfahrensfehlerhaft und hätte vom Beteiligten zu 2) als zuständigen Dienststellenleiter getroffen werden müssen. Ebensowenig ist das dem Beteiligten zu 2) vorgesetzte Territorialkommando Nord am Verfahren beteiligt, selbst wenn es sich im Innenverhältnis die Entscheidung über die Kosten für Schulungsveranstaltungen der örtlichen Personalräte vorbehalten hat.

16

2.

In der Sache ist der Beschwerde zwar einzuräumen, daß zweifelhaft sein kann, ob der Arbeitsplan des Seminars hier dem Beteiligten zu 2) eine hinreichend verläßliche vorherige Entscheidung über den Antrag des Beteiligten zu 1) vom 2. September 1988 ermöglichte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muß der Entsendungsbeschluß des Personalrats das Ergebnis der ihm vorgeschriebenen rechtlichen Prüfung nach den Grundsätzen des § 46 Abs. 6 BPersVG sein. Für diese Prüfung benötigt der Personalrat ein detailliertes Programm der jeweiligen Veranstaltung; nur dann kann er beurteilen, inwieweit die Schulung "erforderlich" ist. Das gleiche gilt aber für den Dienststellenleiter; auch er kann diese Beurteilung nur nachvollziehen, wenn das ihm vorgelegte Veranstaltungsprogramm den Inhalt und Ablauf der Schulung möglichst konkret beschreibt. Ob das hier in dem notwendigen Maße der Fall war, begegnet deshalb Zweifeln, weil sich aus dem "Arbeitsplan M 45" nicht mit hinreichender Deutlichkeit ergab, daß zu den einzelnen Themen Vorträge von Referenten gehalten würden und nicht lediglich eine Diskussion innerhalb der Arbeitsgruppen und des Plenums der Teilnehmer stattfand (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.4.1979 - 6 P 89/78 -, PersV 1987, 23). Die vom Antragsteller und vom Beteiligten zu 1) nachträglich angebotene Beweiserhebung über den Ablauf der Veranstaltung kann dessen genaue Beschreibung im Programm nicht ersetzen, weil die Entscheidungen des Personalrats wie auch des Dienststellenleiters gemäß § 46 Abs. 6 BPersVG schon vor der Veranstaltung getroffen werden müssen und sich deshalb nur auf deren Programm stützen können.

17

Gleichwohl muß die Beschwerde hier deshalb erfolglos bleiben, weil die ablehnende Entscheidung gegenüber dem Antragsteller zu spät und von der unzuständigen Behörde getroffen wurde. Das vom Personalrat zu einer Schulung entsandte Mitglied muß vor Beginn der Veranstaltung Gewißheit haben, ob es für sie freigestellt wird und seine Kosten erstattet bekommt oder diese ggf. selbst tragen muß. Nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit hat der Personalrat seinen Entsendungsbeschluß der Dienststelle so rechtzeitig mitzuteilen, daß sie sich auf die Abwesenheit des Mitglieds einstellen kann. Das geschah hier auch durch das Schreiben des Beteiligten zu 1) an den Beteiligten zu 2) vom 2. September 1988. Darauf durften der Antragsteller bzw. der Beteiligte zu 1) aber auch bis zum Beginn der Veranstaltung am 25. September 1988 eine verbindliche Entscheidung erwarten. Eine solche wurde jedoch seitens des Beteiligten zu 2) nicht getroffen. Nachdem dieser - nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beteiligten zu 1) - den Entsendungsbeschluß begrüßt hatte, erhielt der Antragsteller vielmehr am 13. September 1988 lediglich die Fotokopie eines Fernschreibens des Territorialkommandos ... an die Standort Verwaltung ... in dem eine Freistellung gemäß § 46 Abs. 7 BPersVG bewilligt, für die Entscheidung gemäß Abs. 6 die Standortverwaltung aber gebeten wurde, den Personalrat zur Vorlage eines detaillierten Seminarplans aufzufordern. Nach einem weiteren Schriftwechsel zwischen Standortverwaltung und Territorialkommando erfolgte dann dem Antragsteller gegenüber die verbindliche Ablehnung der Kostenübernahme erst drei Wochen nach Abschluß des Seminars durch das Schreiben der Standortverwaltung vom 21. Oktober 1988. Diese verspätete und Verfahrens fehlerhaft ergangene Entscheidung konnte den Anspruch des Antragstellers nicht mehr ausschließen, nachdem er bis zum Beginn der Veranstaltung von dem zuständigen Dienststellenleiter keinen negativen Bescheid erhalten hatte.

18

Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.

19

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski
Kibies
Klitzsch
Reimann
Königschulte