Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.09.1990, Az.: 17 OVG B 25/88

Antrag auf Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bei einem Personaleinsatz anlässlich von Veranstaltungen im Rahmen von Repräsentation und Öffentlichkeitsarbeit; Einsatz von freiwilligen Angehörigen einer Dienststelle für Mithilfe bei Repräsentationsveranstaltungen; Bestehen eines Mitbestimmungsrechts bei unmittelbarer Beteiligung an Repräsentationsveranstaltungen; Voraussetzungen von § 75 Abs. 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.09.1990
Aktenzeichen
17 OVG B 25/88
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1990, 17381
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:0905.17OVG.B25.88.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 23.08.1988 - AZ: PB 2/88

Verfahrensgegenstand

Mitbestimmung bei Personaleinsatz

In der Personalvertretungssache
hat der 17. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
auf die mündliche Anhörung vom 5. September 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski sowie
die ehrenamtlichen Richter Postamtsrat Kibies,
Verwaltungsdirektor Klitzsch,
Postdirektor Königschulte und
Angestellter Reimann
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Braunschweig - Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen - vom 23. August 1988 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller erstrebt die Feststellung seines Mitbestimmungsrechts beim Personaleinsatz anläßlich von Veranstaltungen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Repräsentation.

2

Der Beteiligte veranstaltet alljährlich einen Herbstball; er gab ferner in den Jahren von 1985 bis 1987 einen Herrenabend und führte eine Werbe- und Öffentlichkeitsveranstaltung durch. Das dafür benötigte Personal wurde aus Beamten ausgewählt, die sich freiwillig als Organisationsgehilfen gemeldet hatten und für den zum Dienst erklärten Einsatz Freizeitausgleich erhielten. Bei den jeweils am Sonnabend veranstalteten Herbstbällen begann die Arbeitszeit für die Organisationsgehilfen gegen 19 Grad Grad Uhr und endete so, daß die Zeit von 8 Stunden und 15 Minuten nicht überschritten wurde. Für den Herrenabend am 21. Februar 1986 wurden 4 Bedienstete aus den Bereitschaftskräften der Abteilung eingesetzt, deren Dienst voll vergütet wurde. Bei der Werbe- und Öffentlichkeitsveranstaltung am 19. September 1986 wurden ein Einsatzkoch und der Wart für Verpflegung und Küchenaufsicht Über die Regelarbeitszeit hinaus eingesetzt, ohne daß für sie Überstunden anfielen.

3

Nachdem der Antragsteller ohne Erfolg ein Mitbestimmungsrecht an diesen Personaleinsätzen beansprucht hatte, hat er das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht: Die Herbstbälle und Herrenabende seien längerfristig geplant und vorhersehbar. Sie seien mitbestimmungspflichtig; das gelte erst recht hinsichtlich des Einsatzes der einzelnen Beamten.

4

Der Antragsteller hat beantragt

festzustellen, daß der Einsatz von Personal bei Veranstaltungen wie Herrenabenden und Herbstbällen mitbestimmungspflichtig ist.

5

Der Beteiligte hat beantragt, den Antrag abzulehnen, und geltend gemacht: Dem Antragsteller stehe bei den genannten Personaleinsätzen kein Mitbestimmungsrecht zu; es seien stets nur einzelne der insgesamt 560 Angehörigen der Dienststelle dafür eingesetzt worden, die sich auch freiwillig gemeldet hätten. Bei Veranstaltungen, die alle Bediensteten oder eine Gruppe von ihnen umfaßten, z.B. bei dem jährlichen Behördenvergleichsschießen, werde der Antragsteller gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG beteiligt; ebenso sei er bei den Herbstbällen wegen der vorübergehenden Nutzungsbeschränkung der Sozialräume gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 5 BPersVG beteiligt worden.

6

Mit Beschluß vom 23. August 1988 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

7

Der hier allein in Betracht kommende Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG sei deshalb nicht erfüllt, weil sich die strittigen Personaleinteilungen als bloße Einzelfallregelungen darstellten, die Vorschrift dem Personalrat jedoch nur bei generellen Regelungen ein Mitbestimmungsrecht einräume.

8

Gegen den ihm am 19. Oktober 1988 zugestellten Beschluß richtet sich die am 18. November 1988 eingelegte und nach entsprechender Fristverlängerung am 18. Januar 1989 begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht:

9

Bei den Herrenabenden seien für die herangezogenen Beamten auch Überstunden angefallen, deren Anordnung auch im Einzelfall der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG unterliege.

10

Der Antragsteller beantragt,

den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.

11

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

12

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.

14

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers zu Recht abgelehnt.

15

1.

Ein Mitbestimmungsrecht an der Veranstaltung von Herbstbällen und Herrenabenden, das der Antragsteller jedenfalls in der ersten Instanz noch beansprucht hat, ist nicht gegeben. Derartige Veranstaltungen gehören in einem angemessenen Rahmen, der hier nicht Überschritten ist, zur Aufgabenerfüllung der Dienststelle und unterliegen nicht der Mitbestimmung; der Antragsteller hat auch zu keinem Zeitpunkt angegeben, aus welcher gesetzlichen Vorschrift er ein derartiges Mitbestimmungsrecht für sich herleitet. Der Tatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 5 BPersVG kann hier außer Betracht bleiben, weil der Antragsteller bei einer Nutzungsbeschränkung von Sozialräumen anläßlich von Repräsentationsveranstaltungen insoweit unstreitig beteiligt wird.

16

2.

Auch an dem Einsatz von Personal bei den bezeichneten Veranstaltungen steht dem Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht nicht zu. Insbesondere ist der - vom Verwaltungsgericht zu Recht allein in Betracht gezogene und auch vom Antragsteller allein geltend gemachte - Tatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht erfüllt. Denn nach ständiger Rechtsprechung bezieht sich dieser Tatbestand nach seinem Sinngehalt nur auf generelle Regelungen, die für die Beschäftigten einer Dienststelle insgesamt oder jedenfalls für eine Gruppe von ihnen die Arbeitszeit festlegen und dabei ihre Verteilung auf die Wochentage vornehmen (BVerwG, Beschl. v. 26.4.1988 - 6 P 19.86 -, PersV 1988, 531 m. Nachw.; Beschl. v. 1.6.1987 - 6 P 8.85 -, PersV 1989, 255, 257 m. Nachw.). Das ergibt sich daraus, daß Arbeitszeitregelungen nicht als Personalangelegenheiten einzelner Bediensteter, sondern als soziale Angelegenheiten nur dann der Mitbestimmung unterworfen sind, wenn kollektive Interessen der Bediensteten berührt sind (OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.12.1988 - 5 A 4/88 -, PersR 1989, 137). Zweck dieser Mitbestimmung als Mittel des kollektiven Schutzes ist es, die berechtigten Belange der Mitarbeiter mit den dienstlichen Erfordernissen in Einklang zu bringen, nicht aber das Wohl einzelner Bediensteter zu fördern.

17

Von einer Arbeitszeitregelung i.S. des § 75 Abs. 3 Nr. 1 kann deshalb nur gesprochen werden, wenn sie generell, d.h. umfassend und allgemein ist und sich nicht lediglich als Einzelfallregelung an wenige, namentlich bezeichnete Bedienstete richtet. Das letztere war hier der Fall. Denn für die genannten Veranstaltungen wurden von den insgesamt 560 Angehörigen der Dienststelle jeweils nur ganz wenige Einzelne eingeteilt, die sich dafür freiwillig gemeldet hatten, und zwar bei den Herbstbällen 10 Organisationsgehilfen, 1 bis 2 Köche und 4 bis 5 Kraftfahrer.

18

Der Antragsteller kann sich auch nicht auf § 75 Abs. 4 BPersVG berufen. Denn diese Vorschrift enthält keinen eigenen, neben Abs. 3 Nr. 1 stehenden Mitbestimmungstatbestand, sondern lediglich eine Beschränkung dieses Mitbestimmungsrechts auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne. § 75 Abs. 4 BPersVG kann deshalb nicht eingreifen, wenn eine Maßnahme wie im vorliegenden Fall schon nicht den Grundtatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG erfüllt (BVerwG, Beschl. v. 26.4.1988, a.a.O.).

19

Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.

20

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski,
Kibies,
Klitzsch,
Reimann,
Königschulte