Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.09.1990, Az.: 17 L 3/89
Wahl zum örtlichen Personalrat; Erfüllung der Voraussetzungen für eine Verselbständigung; Unbestimmter Rechtsbegriff der räumlichen Entfernung; Personalvertretungsrechtlich relevante Befugnisse des Außenstellenleiters; Entscheidung über die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen/ Urlaubsgewährung für die Arbeiter; Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Leiters der Nebenstelle; Betriebsratsfähigkeit eines Betriebsteils mit kompetenzlosem Ansprechpartner
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.09.1990
- Aktenzeichen
- 17 L 3/89
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1990, 17123
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1990:0906.17L3.89.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Schleswig - 26.01.1989 - AZ: PB 20/88
- nachfolgend
- BVerwG - 29.05.1991 - AZ: BVerwG 6 P 2.91
Rechtsgrundlage
- § 6 Abs. 3 BPersVG
Verfahrensgegenstand
Wahlanfechtung
Redaktioneller Leitsatz
Die Verselbständigung einer Außenstelle setzt neben der räumlichen Entfernung voraus, dass deren Leiter personal Vertretungsrechtlich relevante Befugnisse zustehen.
Solche Befugnisse können nicht nur deswegen bejaht werden, weil der Leiter der Außenstelle über die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen sowie die Urlaubsgewährung für die Arbeiter zu entscheiden hat.
Der 17. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein hat
ohne mündliche Anhörung am 6. September 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski sowie
die ehrenamtlichen Richter Postamtsrat Kibies, Verwaltungsdirektor Klitzsch, Postdirektor Königschulte und Angestellter Reimann
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) - vom 26. Januar 1989 geändert.
Die Wahl zum örtlichen Personalrat bei der Außenstelle ... der Standortverwaltung ... vom 9./10. Mai 1988 wird für unwirksam erklärt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ficht die Wahl zum örtlichen Personalrat bei der Außenstelle ... an.
Die Standortverwaltung ... hat seit 1973 eine von einem Regierungsamtmann geleitete Außenstelle in ... mit etwa 140 Beschäftigten. Die Entfernung zwischen dem Dienstgebäude der Standortverwaltung und den Bereichen in Jagel liegt zwischen 8,3 und 11 km, die Entfernung zwischen der Standortverwaltung und dem zur Außenstelle gehörenden Unterkunftsbereich in ... beträgt etwa 19 km. Zwischen der Standortverwaltung und der Außenstelle ... sowie dieser und dem Unterkunftsbereich ... finden montags bis donnerstags zweimal täglich und freitags einmal planmäßige Routinefahrten statt, die in einer Richtung 10 bzw. 15 Minuten dauern. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus) dauert die Fahrt von ... ZOB nach ... etwa 20 Minuten und von ... nach ... ZOB etwa 12 Minuten.
Nachdem bei der Außenstelle ... seit mehreren Wahlperioden eine Personalvertretung gewählt worden war, beschlossen die Beschäftigten der Außenstelle am 19. Januar 1988 wiederum, die Außenstelle für die Wahl im Mai 1988 und die folgende Amtszeit im Sinne des § 6 Abs. 3 BPersVG personalvertretungsrechtlich zu verselbständigen.
Der Antragsteller hat daraufhin am 24. Mai 1988 das Beschlußverfahren eingeleitet und geltend gemacht:
Die Wahl sei ungültig, weil es an einer räumlich weiten Entfernung der Nebenstelle zur Dienststelle fehle. Die Wegstrecken ließen sich in deutlich weniger als einer Stunde zurücklegen. Es bestehe im gesamten Bereich der Außenstelle die Möglichkeit, über das Bundeswehrnetz kostenlose Telefongespräche mit der Standortverwaltung ... und ihrem Personalrat zu führen. Von der Standortverwaltung ... zur Außenstelle ... und zum Bereich ... würden ferner von Montag bis Donnerstag zweimal täglich und am Freitag einmal Routinefahrten durchgeführt. Darüber hinaus könne in dringenden Fällen auf die Dienstkraftfahrzeuge der Standortverwaltung ... zurückgegriffen werden. Es gebe auch eine ausgezeichnete öffentliche Verkehrsverbindung zwischen ... und ... Sofern die Gestellung eines Dienstkraftfahrzeugs bei einem unvorhersehbaren Fall einmal nicht möglich sei, werde dem Antragsteller die Benutzung eines Privat-Pkw's genehmigt, so daß die Personal Vertretung in jedem Falle erreicht werden könne. Die Wahl sei schließlich deshalb ungültig, weit dem Leiter der Außenstelle keine personalvertretungsrechtlich relevanten Befugnisse zukämen.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Wahlen vom 9./10. Mai 1988 zum örtlichen Personalrat bei der Standortverwaltung ... Außenstelle ... für ungültig zu erklären.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und geltend gemacht:
Die streckenmäßigen Entfernungen der einzelnen Teilbereiche, in denen die 140 Mitarbeiter der Außenstelle ... beschäftigt seien, zur Standortverwaltung ... seien größer, als sie der Antragsteller bezeichnet habe. Die Benutzung von Dienstfahrzeugen stelle allenfalls eine theoretische Möglichkeit dar, da derartige Fahrzeuge nicht kurzfristig zur Verfügung stünden. Berücksichtige man neben den reinen Fahrtzeiten den Zu- bzw. Abgang von der jeweiligen Arbeitsstelle, so ergebe sich für Hin- und Rückfahrt ein Zeitaufwand von rund 3 1/2 Stunden.
Mit Beschluß vom 26. Januar 1989 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Das Verselbständigungsverfahren als solches sei ordnungsgemäß durchgeführt worden, wie auch die Verfahrensbeteiligten nicht in Zweifel zögen. Dies gelte auch für das Wahlverfahren selbst. Dem Leiter der Außenstelle kämen personalvertretungsrechtlich relevante Regelungsbefugnisse zu. Dazu gehöre die Urlaubsbewilligung sowie die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen bzw. die Durchführung der Berufsausbildung bei Angestellten und Arbeitern. Im übrigen berühre die Frage mangelnder Regelungsbefugnisse des Leiters der Außenstelle nicht die rechtliche Zulässigkeit der Verselbständigung, sondern nur ihre Zweckmäßigkeit. Die Außenstelle ... liege auch räumlich weit von der Standortverwaltung ... entfernt (§ 6 Abs. 3 BPersVG). Dabei komme es nach ständiger Rechtsprechung nicht allein auf die Kilometerentfernung an. Ausschlaggebend sei vielmehr, ob angesichts der geographischen Entfernung und der bestehenden Verkehrsverhältnisse nicht gewährleistet sei, daß sich der Personalrat tatsächlich mit den persönlichen Angelegenheiten der von ihm zu betreuenden Bediensteten genügend befassen könne. Ausreichend sei schon, daß Beschäftigte ohne ins Gewicht fallende Arbeitszeitversäumnis nicht zum Besuch von Sprechstunden des Personalrates in der Lage seien. Das sei hier der Fall.
Gegen den ihm am 9. Februar 1989 zugestellten Beschluß richtet sich die am 7. März 1989 eingelegte und am 4. April 1989 begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht:
Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Leiter der Außenstelle für die Urlaubsbewilligung sowie die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen zuständig sei; er sei an diesen vom Antragsteller oder der Wehrbereichsverwaltung I getroffenen Entscheidungen nur behördenintern beteiligt. Zwar habe der Leiter der Außenstelle bis zum 31. März 1989 den Urlaub für die Arbeiter bewilligen können, auch dies aber nur aufgrund des vom Antragsteller aufgestellten Urlaubsplans sowie im Einvernehmen mit dem jeweils zuständigen Sachgebietsleiter.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluß und vertiefen dazu ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Akten des ... Verfahrens PB 5/88 Bezug genommen.
Alle Verfahrensbeteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
II.
Die zulässige Beschwerde, über die gemäß §§ 83 Abs. 4 Satz 3, 90 Abs. 2 ArbGG ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist begründet. Die Personalratswahl bei der Außenstelle ... ist für ungültig zu erklären, weil bei ihr die Voraussetzungen für eine Verselbständigung gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG nicht erfüllt waren.
1.
Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Außenstelle von der Dienststelle in ... räumlich weit entfernt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen unbestimmten Rechtsbegriff innerhalb größerer Städte bei einer Entfernung von ca. 8 km auch dann nicht als erfüllt angesehen, wenn zwischen Haupt- und Nebenstelle Wegezeiten von einer Stunde anfallen (BVerwGE 78, 34 = PersV 1989, 257). Dabei war jedoch von wesentlicher Bedeutung, daß solche größeren Städte regelmäßig ein im Vergleich zu ländlichen Gegenden besonders gut ausgebautes öffentliches Verkehrssystem haben und gerade deshalb eine ins Gewicht fallende Behinderung der Personalratsarbeit durch die räumliche Verteilung von Dienststellenteilen über das Ortsgebiet in aller Regel nicht zu besorgen ist. Das OVü Münster hat eine räumlich weite Entfernung verneint, wenn die Teildienststelle 15 km entfernt liegt und ein Kfz-Pendeldienst in halbstündiger Abfolge besteht (OVG Münster, Beschl. v. 6.11.1973, PersV 1974, 352). Andererseits hat das OVü Lüneburg eine räumlich weite Entfernung im ländlichen Bereich bejaht, obwohl die Nebenstelle innerhalb des Einzugsgebiets der Hauptdienststelle lag und mit dem von der Bundeswehr eingerichteten Bus-Pendeldienst in 20 Minuten zu erreichen war (OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.6.1975 - P OVG B 3/75 -). Im Schrifttum wird eine räumlich weite Entfernung angenommen, wenn bei mehr als 20 km entfernten Dienstorten nicht außergewöhnlich günstige Verkehrsbedingungen bestehen (Fischer/Goeres, GKÖD § 6, RN 16; ähnlich Lorenzen/Haas/-Schmitt, BPersVG § 6 RN 17). Ob im vorliegenden Fall angesichts der geschilderten Entfernungen und Verbindungen ein dienstlicher Kontakt zwischen den Beschäftigten der zur Dienststelle gehörenden Teile so erschwert ist, daß darüber die Arbeit der Personalvertretung oder die Betreuung der Beschäftigten der Nebenstelle litte, kann jedoch offenbleiben.
2.
Denn selbst wenn eine "räumlich weite Entfernung" zu bejahen wäre, fehlt es für eine Verselbständigung der Außenstelle ... an der weiter notwendigen Voraussetzung, daß deren Leiter personal Vertretungsrechtlich relevante Befugnisse zustehen.
a)
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts können solche Befugnisse nicht deswegen bejaht werden, weil der Leiter der Außenstelle über die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen sowie die Urlaubsgewährung für die Arbeiter zu entscheiden hätte. Denn nach dem Geschäftsverteilungsplan obliegt dem Leiter der Außenstelle lediglich die "Mitwirkung bei der Aus- und Fortbildung der Beamten und Arbeitnehmer". Sie umfaßt gerade nicht die Entscheidung über die Auswahl der Teilnehmer, sondern beschränkt sich darauf, Bedienstete der Außenstelle für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen vorzuschlagen; die Auswahl wird - unter Mitbestimmung der jeweils zuständigen Personal Vertretung - vom Antragsteller oder der Wehrbereichsverwaltung getroffen. Ebenso ist der Leiter der Außenstelle bei der Gewährung des Urlaubs der Beamten und Arbeitnehmer der Außenstelle nur intern beteiligt. Zwar hatte er bis zum 31. März 1989 den Urlaub für die Arbeiter zu bewilligen, aber nur im Einvernehmen mit dem jeweils zuständigen Sachgebietsleiter und auf der Grundlage der vom Antrausteller genehmigten Urlaubsplanung. Eine personalvertretungsrechtlich relevante Befugnis lag dann nicht, weil das Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 3 BPersVG nur eingreift, wenn hinsichtlich der Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs im Einzelfall keine Einigung zwischen dem Bediensteten und der Dienststelle erzielt wird. Dieser Fall konnte im Rahmen der früheren Kompetenz des Leiters der Außenstelle nicht eintreten, da diese Kompetenz sich nur auf eine Bewilligung in Übereinstimmung mit dem Urlaubsplan bezog.
b)
Daß eine Verselbständigung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG personal Vertretungsrechtlich relevante Befugnisse des Leiters der entsprechenden Teileinheit voraussetzt, hat der Senat in seinen Beschlüssen vom 3. September 1986 - 17 OVG B 2/86 - und vom 17. Mai 1989 - z.B. 17 OVG B 27/88 - eingehend begründet. Er hält an dieser vom OVG des Saarlandes (Beschl. v. 2.2.1987 - 4 W 1082/86) sowie vom Hess. VGH (Beschl. v. 10.1.1990 - BPV TK 2595/89 - DVBl. 1990, 886) geteilten Ansicht auch gegenüber der abweichenden Auffassung des OVG Münster (Beschl. v. 5.10.1987 - CB 38/85 -), des Verwaltungsgerichts sowie der Beteiligten zu 1) und 2) fest.
Die tragende Begründung dieser abweichenden Auffassung geht dahin, daß sich aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang des Gesetzes ein solches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal nicht herleiten lasse, wie sich auch aus dem Beschluß des BVerwG vom 14. Juli 1987 (- 6 P 9.86 -, BVerwGE 78, 34) zur Verselbständigung der Postämter E. ergebe. Die Berufung auf diese Entscheidung geht jedoch fehl. Das hat das BVerwG inzwischen mit seinem - die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluß des OVG Münster aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückweisenden - Beschluß vom 24. März 1988 - 6 PB 27.87 - selbst klargestellt. Es hat dort nämlich ausdrücklich festgestellt, daß die Auffassung des OVG Münster in dem Beschluß vom 14. Juli 1987 (BVerwGE 78, 34) keine Stütze findet, weil dieser Beschluß allein den Begriff "Nebenstelle, die räumlich weit von der Dienststelle entfernt liegt", behandelt, ohne sich zu den weiteren Voraussetzungen für die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung eines Dienststellenteils zu äußern.
Zu diesen weiteren Voraussetzungen gehört nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ein personalvertretungsrechtlich relevanter Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Leiters der Nebenstelle. Denn der Personalrat der verselbständigten Nebenstelle bleibt allein deren Leiter zugeordnet und kann nur dann mitwirken oder mitbestimmen, wenn dieser Leiter zur Regelung beteiligungspflichtiger Angelegenheiten befugt ist (BVerwGE 67, 353, 356 [BVerwG 15.08.1983 - 6 P 18/81]; BVerwG, Beschl. v. 10.3.1982 - 6 P 36/80 -, PersV 1983, 65, 67). Die dadurch entstehende Lücke auf selten der Personalvertretung schließt das Gesetz mit der Verpflichtung, in einer personalvertretungsrechtlich "aufgespaltenen" Dienststelle eine gemeinschaftliche Personalvertretung, den Gesamtpersonalrat, zu bilden (§ 55 BPersVG). Ihm kommt eine "Auffangzuständigkeit" für alle Angelegenheiten zu, die entweder mit Wirkung für die Gesamtdienststelle oder zwar nur für eine Teileinheit, aber - weil deren Leiter insoweit die Entscheidungsbefugnis fehlt - ebenfalls durch den Leiter der Hauptdienststelle geregelt werden (BVerwGE 67, 353, 357) [BVerwG 15.08.1983 - 6 P 18/81]. Die Verselbständigung einer Teileinheit gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG setzt deshalb das Vorhandensein eines zur Regelung beteiligungspflichtiger Angelegenheiten befugten "Dienststellenleiters" dieser Teileinheit voraus. Denn die Vorschrift dient dem Zweck, die für ein sachgerechtes Wirken der Personalvertretung erforderliche Nähe von Personalrat und vertretenen Beschäftigten zu schaffen. Die Verselbständigung einer Teileinheit hat jedoch nur einen Sinn, wenn der dadurch bewirkten "Aufspaltung" der Personal Vertretung auch eine Aufspaltung von Zuständigkeiten zwischen dem Leiter der Hauptdienststelle und dem Leiter der verselbständigten Dienststelle entspricht, diesem also irgendwelche personalvertretungsrechtlich bedeutsamen Befugnisse zustehen. Fehlt es daran, so würde der Verselbständigungsbeschluß einer Teileinheit ins Leere gehen. Denn weil einerseits deren Leiter auch durch einen solchen Beschluß keine Entscheidungsbefugnisse erhielte, andererseits der Personalrat der Teileinheit nur an Entscheidungen von deren Leiter zu beteiligen wäre, würde dieser Personalrat nicht nur ein "Schattendasein" führen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.11.1982, PersV 1983, 158, 160), sondern hätte keinerlei Funktion und Kompetenz. Auch die zwingend vorgeschriebene Bildung eines Gesamtpersonalrats würde in einem solchen Fall ihren gesetzlichen Sinn verfehlen. Denn dieser Gesamtpersonalrat hätte nicht eine bloße Auffangzuständigkeit, sondern müßte im Hinblick darauf, daß dem Leiter der Hauptdienststelle alle Entscheidungen für die Teileinheit vorbehalten wären, an allen die Teileinheit betreffenden Entscheidungen beteiligt werden. Die vom Gesetz bezweckte Nähe von Personalrat und vertretenen Beschäftigten wäre damit nicht erreicht, ein Vorteil gegenüber dem Regelfall, daß bei einer Dienststelle ein Personalrat gebildet wird, der die Gesamtheit der Beschäftigen repräsentiert und vom Dienststellenleiter an allen beteiligungspflichtigen Angelegenheiten zu beteiligten ist, nicht erkennbar. Die Einheit auf selten der Personalvertretung kann deshalb nur aufgegeben werden, wenn dem jeweiligen Leiter einer Teileinheit personalvertretungsrechtlich relevante Befugnisse zustehen, weil der Wirkungsbereich jedes Personalrats stets nur so weit reicht wie die Entscheidungskompetenz des ihm zugeordneten Leiters (ebenso Bayer. VGH, Beschl. v. 6.7.1979, PersV 1980, 337; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 6. Aufl., § 6 RN 29 m. Nachw.). Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Rechtsprechung des BAG zu dem entsprechenden § 4 BetrVG. Danach ist anerkannt, daß ein eigenständiger Betriebsteil stets eine eigene Leitung auf der Ebene des verselbständigten Teils insbesondere in den dem Mitbestimmungsrecht unterliegenden Fragen erfordert. Ein Betriebsteil mit einem kompetenzlosen Ansprechpartner ist deshalb nicht betriebsratsfähig. Der Betriebsteil muß vielmehr einen von der Betriebsleitung abgehobenen eigenen Leitungsapparat besitzen, von dem nennenswerte Entscheidungen in personellen oder sozialen Angelegenheiten zu treffen sind (BAG, Beschl. v. 17.2.1983, DB 1983, 2039 = AP Nr. 4 zu § 4 BetrVG 1972, m.Nachw.; Grützner, BB 1983, 200, m.Nachw.).
Eine weitere Bestätigung seiner Rechtsansicht sieht der Senat in dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichtsvom 14. August 1986 (- 6 P 7.85 -, PersVG 1987, 254), mit dem die Bildung eines eigenen Personalrats für ein Kreiskrankenhaus nach dem LPVG Bad.-Württ. für unzulässig erklärt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies damit begründet, daß erst die dem Leiter einer Einrichtung mit deren organisatorischer Verselbständigung zuwachsende Regelungskompetenz im personellen und sachlichen Bereich die Grundlage für das auch in § 2 Abs. 2 LPVG Bad.-Württ. geforderte vertrauensvolle Zusammenwirken zwischen ihm und der Personalvertretung schafft, und weiter ausführt:
"Nur wenn er - in den Grenzen der für die öffentliche Verwaltung allgemein bestehenden Weisungsgebundenheit - bei den für eine Beteiligung der Personalvertretung in Betracht kommenden organisatorischen, personellen und sozialen Angelegenheiten einen eigenen Entscheidungs- und Handlungsspielraum hat, kann er dem Personalrat als verantwortlicher Partner gegenübertreten und kann dieser eigenständige Gespräche und Verhandlungen mit ihm führen. Um dem Personalrat einen Partner von dieser Entscheidungs- und Sachkompetenz zu sichern, sieht etwa § 7 BPersVG vor, daß sich der Dienststellenleiter gegenüber dem Personalrat regelmäßig nur durch seinen ständigen Vertreter vertreten lassen kann. Fehlt dem Leiter einer Einrichtung der für die verantwortliche Zusammenarbeit mit dem Personalrat erforderliche Entscheidungs- und Handlungsspielraum, dann ist er nicht nur kein geeigneter Partner für eine Personalvertretung, sondern dann erweist sich daran, daß die von ihm geleitete Einrichtung organisatorisch nicht in dem für eine Dienststelle zu fordernden Maße verselbständigt ist, mag sie auch räumlich und hinsichtlich ihrer Aufgabenstellung von anderen Verwaltungseinrichtungen des gleichen Verwaltungsträgers abgetrennt sein (BVerwGE 7, 251 [BVerwG 03.10.1958 - VII P 9/57])."
Zwar betreffen diese Ausführungen wie die gesamte Entscheidung nicht eine - durch Beschluß der Beschäftigten oder Erklärung der obersten Dienstbehörde - verselbständigte Dienststelle. Sie behandeln vielmehr die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Einrichtung als "Betrieb" i.S. des i 9 Abs. 1 LPVG Bad.-Württ. personalratsfähig ist. Die weitere und im vorliegenden Fall entscheidende Frage, ob diese Anforderungen an den Entscheidungs- und Handlungsspielraum des Leiters einer Einrichtung auch für den Leiter eines Dienststellenteils gelten oder ob insoweit andere Maßstäbe anzulegen sind, die sich an der Aufgabenstellung des Dienststellenteils oder seiner Größe orientieren, hat das BVerwG in seinem späterenBeschluß vom 13. Mai 1987 (- 6 P 20.85 -, ZBR 1987, 350) ausdrücklich offengelassen. Nach Auffassung des Senats ist sie indessen aus den in den Beschlüssen vom 2. September 1986 (17 OVG B 2/86) und vom 17. Mai 1989 (17 OVG B 27/88) sowie im Beschluß des BVerwG vom 13. August 1986 (a.a.O.) dargelegten Gründen im ersteren Sinne zu beantworten. Der Einwand der Beteiligten zu 1) und 2), § 6 Abs. 3 BPersVG enthalte eine ausdrückliche Ausnahme von dem grundsätzlichen Erfordernis personalvertretungsrechtlich relevanter Befugnisse des Dienststellenleiters, greift nicht durch. Allerdings sieht das BPersVG in § 6 Abs. 3 Satz 1 eine Ausnahme von der im übrigen durch § 12 Abs. 1 gesicherten Übereinstimmung von Dienststellen- und Personal Verfassung vor. Die Ausnahme reicht aber nur so weit, daß sie die grundsätzliche Maßgeblichkeit der Behördenorganisation für die Personalverfassung durchbricht und Personal Vertretungen auch in Einrichtungen zuläßt, die nicht Behörden (bzw. Verwaltungsstellen und Betriebe) i.S. des § 6 Abs. 1 BPersVG sind. Die Ausnahme reicht dagegen nicht so weit, daß sie auch jeden personalvertetungsrechtlich relevanten Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Leiters einer Nebenstelle als entbehrlich erscheinen ließe. Denn damit wäre nicht nur die Kongruenz von Behördenorganisation und Aufbau der Personal Vertretungen durchbrochen; es würden vielmehr auch, wie bereits dargelegt, fundamentale Prinzipien des Personal Vertretungsrechts wie der Grundsatz der vertrauensvollem Zusammenarbeit zwischen Leiter und ihm zugeordneter Personal Vertretung sowie die bloße Auffangzuständigkeit des Gesamtpersonalrats aufgegeben.
Schließlich bleibt der Einwand ohne Erfolg, die Dienststelle könne danach durch den Entzug von Kompetenzen gegenüber dem Leiter einer Nebenstelle einem dortigen Personalrat die Existenzgrundlage entziehen. Das trifft zunächst nicht zu, soweit eine derartige Kompetenzänderung erst nach der Wahl des Personalrats erfolgt; dieser bliebe in einem solchen Fall für die volle Wahlperiode im Amt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 BPersVG). Für die folgende Wahl gilt allerdings auch hinsichtlich einer Verselbständigung wieder, daß alle Wahlvoraussetzungen im Zeitpunkt der Wahl erfüllt sein müssen. Da nach der Entscheidung des Gesetzes die Personalverfassung grundsätzlich der Dienststellenverfassung folgt, liegt in dieser Entscheidung zugleich begründet, daß die Verwaltung im Rahmen ihrer Organisationshoheit mit der Behördenorganisation regelmäßig auch den Aufbau der Personalvertretung bestimmt. Aus personalvertretungsrechtlicher Sicht ist ein Mißbrauch dieser Organisationsgewalt auch im Blick auf § 6 Abs. 3 BPersVG nicht zu besorgen, weil die Belange der Beschäftigten von dem Personalrat einer großen, auch personalvertretungsrechtlich nicht aufgespaltenen Dienststelle erfahrungsgemäß wirksamer wahrgenommen werden können als von mehreren Personalräten einzelner Dienststellenteile (BVerwGE 78, 34, 39) [BVerwG 14.07.1987 - 6 P 9/86] und auch schlechte Verkehrsverbindungen zu dem Sitz der Dienststelle durch die modernen Kommunikationsmittel an Bedeutung verloren haben.
Auf die Beschwerde war danach unter Änderung des angefochtenen Beschlusses dem Antrag des Antragstellers stattzugeben.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zuzulassen.
Kibies
Klitzsch
Reimann
Königschulte