Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 04.09.2008, Az.: VgK-29/2008
Vergabeverfahren über die Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen; Verstoß gegen das Transparenzgebot bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots; Vernachlässigung wesentlicher Preisbestandteile
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 04.09.2008
- Aktenzeichen
- VgK-29/2008
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 22327
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 6 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A
- § 3 Nr. 3 lit. d VOL/A
Verfahrensgegenstand
Vergabe von Sicherheitsdienstleistungen
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
die Vorsitzende RD' in Dr. Raab,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl. Ing. Rohn und
den ehrenamtlichen Beisitzer Rechtsanwalt Dr. Freise
auf die mündliche Verhandlung vom 28.08.2008
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, die beschränkte Ausschreibung aufzuheben.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens hat die Auftraggeberin zu tragen. Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung der Gebühren befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Gründe
I.
Die Sicherheitsdienstleistungen innerhalb der Liegenschaften der TU XY wurden bis zum 01.06.2006 von der Fa. M., durchgeführt. Bei der Fa. M. war Herr C.D. mit den Überwachungsdienstleistungen betraut. Er wechselte am 01.02.2006 zur Antragstellerin, die nach Neuausschreibung ab dem 01.06.2006 als neuer AN die Überwachungsdienstleistungen übernahm und hierfür wiederum Herrn C.D. in leitender Funktion einsetzte.
Die Auftraggeberin hat sich im Jahre 2007 entschieden, die Erbringung der Sicherheitsdienstleistungen neu zu vergeben. Gründe hierfür sind der Vergabeakte nicht zu entnehmen. Über die Leistungen soll ein unbefristeter Vertrag abgeschlossen werden, Vertragsbeginn soll der 01.09.2008 sein. Im Vermerk vom 18.06.2007 stellt die Auftraggeberin hierzu fest, dass nach ihrer Schätzung des Auftragswertes zwar der durch Rechtsverordnung nach § 97 Abs. 6 GWB festgelegte Schwellenwert von 206.000 EUR überschritten wird, eine europaweite Bekanntmachung aber entbehrlich ist, da es sich um Dienstleistungen des Anhangs I B VOL/A handelt, für die neben den Basisparagraphen lediglich die §§ 8 a und 28 a des 2. Abschnittes der VOL/A anzuwenden sind. Unter Bezugnahme auf § 3 Nr. 3 lit. d VOL/A hat sie auf eine Öffentliche Ausschreibung verzichtet und im Februar 2008 im Bundesausschreibungsblatt und im Submissionsanzeiger einen öffentlichen Teilnahmewettbewerb für eine beschränkte Ausschreibung bekannt gemacht. In der Bekanntmachung wurde verlangt, dass die ausgeschriebenen Dienstleistungen durch eigenes, ständiges, nicht nur geringfügig beschäftigtes und deutschsprachiges Personal auszuführen sein werden. Mit dem Teilnahmeantrag hatten die Bewerber bis zum 17.03.2008 verschiedene Eignungsnachweise vorzulegen.
Die Antragstellerin hatte sich mit Teilnahmeantrag vom 06.03.2008 beworben und bezüglich der Forderungen zum Personaleinsatz folgende Erklärung abgegeben:
"...Für die zu erbringenden Leistungen werden ausschließlich eigene, deutschsprachige und fest eingestellte und polizei- und ordnungsrechtlich überprüfte Mitarbeiter eingesetzt. Die eingesetzten Mitarbeiter werden nach dem gültigen Tarif für das Bewachungsgewerbe im Lande Niedersachsen entlohnt. Für den beschriebenen Auftrag steht eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Fachkräften zur Verfügung. Eine Aufstockung sowie eine unmittelbare Ersatzgestellung des Personals ist, bedingt durch die örtliche Nähe unserer Niederlassung XY jederzeit möglich. ..."
Die Beigeladene erklärte in ihrem Teilnahmeantrag vom 13.03.2008 u.a.:
"...Der Auftragnehmer stellt für das Objekt einen festen Mitarbeiterstamm. Um eine geringe Fluktuation des Mitarbeiterstammes in dem Objekt sicherzustellen, werden überwiegend Mitarbeiter eingesetzt, die zwischen 30 und 50 Jahren alt sind. Bei jüngerem Personal haben wir in der Vergangenheit häufig schlechte Erfahrung in Bezug auf Zuverlässigkeit, mangelnde Motivation und geringe Identifikation gesammelt. ..."
Der Vermerk der Auftraggeberin vom 09.06.2008 enthält über die Prüfung der Teilnahmeanträge bezüglich der Bewerbung der Antragstellerin folgende Feststellung:
"Die Firma A. ist zur Zeit Auftragnehmer der zu vergebenden Ausschreibung und erfüllt ebenso die geforderte Qualität und Quantität, weshalb sie auch zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert wurde."
Mit Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 14.04.2008 erhielten die Antragstellerin und die Beigeladene und sieben weitere erfolgreiche Bewerber die Verdingungsunterlagen.
In der Leistungsbeschreibung Ziff. I. a) bis f) legt die Auftraggeberin die Anforderungen an Art und Umfang der anzubietenden Sicherheitsdienstleistungen fest und behält sich jeweils weitere Regelungen in Dienstanweisungen und Alarmplänen vor, die der Auftragnehmer im Einvernehmen mit ihr zu erstellen hat.
Unter Ziff. II. Angebotspreis werden abgefragt
- 1)
der monatliche Pauschalpreis für die Durchführung von Schließdiensten, Gebäudekontrollen und Weitergabe von Notalarmen,
- 2)
der monatliche Pauschalpreis für jede aufgeschaltete Einbruchmeldeanlage,
- 3)
der Pauschalpreis für die Alarmverfolgung durch Einsatzwagen je angefangene halbe Stunde,
- 4)
der Preis für die Personalgestellung zur Besetzung der Pförtnerloge und zur Durchführung von nächtlichen Kontrollgängen zzgl. Zuschlägen je Stunde
sowie die zugesicherten Mitarbeiterstunden/täglich für die Durchführung der Schließdienste, die Gebäudekontrollen und die Weitergabe von Notalarmen.
In dem den Vergabeunterlagen beigefügte Mustervertrag finden sich folgende Regelungen bezüglich der Qualifikationen des einzusetzenden Personals:
"§ 4 Personal
Der Auftragnehmer verpflichtet sich, für die Dienstleistungen in den Liegenschaften des Auftragnehmers sicherzustellen, dass
- nur fachkundige, zuverlässige und gesunde Arbeitskräfte beschäftigt werden, die zumindest die Qualifikation nach § 34 a Gewerbeordnung nachweisen können,
- in dem polizeilichen Führungszeugnis der Arbeitskräfte keine Eintragungen vorhanden sind,
- die eingesetzten Mitarbeiter die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen,
- grundsätzlich nur eigenes und ständiges Personal eingesetzt wird,
- nur solche Arbeitskräfte eingesetzt werden, die beim Auftragnehmer mindestens in dem Umfang beschäftigt sind, dass sie aufgrund dieser Beschäftigungsverhältnisse der Sozialversicherungspflicht (einschließlich Arbeitslosenversicherung) unterliegen."
§ 8 Sonstige vertragliche Nebenpflichten enthält in Abs. 1 die Regelung
"Der Auftraggeber ist berechtigt, das Personal auf Zuverlässigkeit und Geeignetheit zu überprüfen und nach seiner Ansicht unzuverlässiges oder nicht geeignetes Wachpersonal abzulehnen. Jede Veränderung im Bestand des eingesetzten Personals ist dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich mitzuteilen."
Die Angebote waren einzureichen bis zum xxxxxx, als Ende der Zuschlagsfrist war der xxxxxx angegeben.
Nach der Niederschrift über die Verhandlung zur Öffnung der Angebote haben insgesamt sechs Bieter fristgerecht ein Angebot abgegeben. Die Auftraggeberin hat als Angebotsendsummen die in Pos. 1) des Leistungsverzeichnisses angebotenen monatlichen Pauschalpreise für die "Durchführung von Schließdiensten, Gebäudekontrollen und Weitergabe von Notalarmen" listenmäßig erfasst. Nach Maßgabe der Liste liegen das Angebot der Antragstellerin auf Rang 2 und das Angebot der Beigeladenen auf Rang 3.
Mit Schreiben vom 20.05.2008 forderte die Auftraggeberin die drei preislich günstigsten Bieter auf, ihre Kalkulationen offen zu legen. Das Ergebnis der Überprüfung ist im Vermerk vom 09.06.2008 dokumentiert. In diesem Vermerk stellt die Auftraggeberin fest, dass das Angebot des günstigsten Bieters nicht mit den übrigen Angeboten vergleichbar und daher nicht wertbar ist. Zur Überprüfung der Kalkulation der Antragstellerin vermerkt die Auftraggeberin:
"Bei der Fa. A. wurden Auszubildende als Wachpersonal mit in die Kalkulation genommen. Es ist davon auszugehen das Auszubildende nicht die für die notwendigen Fachkenntnisse erforderlichen Berufs- und Lebenserfahrungen besitzen, um den unterschiedlichen Mitgliedern einer Universität (Professor, Student, Mitarbeiter), entgegentreten zu können und den allgemeinen Sicherheitsanforderungen, die an einer großen zergliederten Universität wie der TU XY auftreten, gerecht werden zu können, zumal die Pförtner- und Wächterdienste lediglich mit einer Person besetzt sind. Sie würden daher nicht zusätzlich mitlaufen sondern die kompletten Dienste selbständig verrichten müssen. Des Weiteren würde ausdrücklich verlangt, dass nur ständiges, vollbeschäftigtes Personal eingesetzt wird. Diese Forderung kann mit Auszubildenden durch die Natur eines Ausbildungsverhältnisses nicht erfüllt werden. Gem. § 25 Nr. 2 (1) VOL/A darf der Zuschlag daher nicht auf das Angebot der Fa. A. erteilt werden."
Für das Angebot der Beigeladenen und in der von ihr vorgelegten Kalkulation hat die Auftraggeberin nach Maßgabe des Vermerks keine Auffälligkeiten festgestellt. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen ist.
Mit Schreiben vom 10.06.2008 erteilte sie der Beigeladenen den Auftrag für die Durchführung von Sicherheitsdienstleistungen im Bereich der TU XY zum 01.09.2008 und kündigte die Übersendung des entsprechenden Vertrages an. Die übrigen Bieter wurden nicht informiert. Am 11.06.2008 kündigte sie den bestehenden Vertrag mit der Antragstellerin fristgemäß zum 31.08.2008. Die Antragstellerin versuchte, telefonisch Auskunft von der Auftraggeberin zu erhalten und schloss aus den Äußerungen der Vergabestelle auf eine Nichtberücksichtigung ihres Angebotes. Mit Schreiben vom 12.06.2008 bat sie die Auftraggeberin um eine schriftliche Begründung für die Ablehnung ihres Angebotes.
Die Auftraggeberin beantwortete dieses Schreiben am 30.06.2008 mit einer auf dem Postwege versandten Auskunft nach § 27 Nr. 3 VOL/A. Hierin teilte sie der Antragstellerin mit, dass der Zuschlag nicht auf ihr Angebot erteilt worden sei und sie zu den Gründen für die Ablehnung des Angebotes keine Angaben machen könne, weil weniger als acht Angebote eingegangen sind.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.07.2008 rügte die Antragstellerin die Missachtung der aus § 13 VgV erwachsenden Informationspflicht und wies vorsorglich auf die Nichtigkeitsfolge des § 13 S. 2 und 3 VgV hin.
In ihrer Rügeantwort vom 12.07.2008, abgesandt am 14.07.2008, räumte die Auftraggeberin ein, dass die Informationspflicht gemäß § 13 VgV tatsächlich bestanden habe. Da die Rüge der Antragstellerin jedoch nicht unverzüglich nach Erkennen des Verstoßes erfolgt sei, bestünde keine Veranlassung für eine entsprechende Korrektur.
Daraufhin wandte sich die Antragstellerin mit Nachprüfungsantrag vom 01.08.2008 per Fax an die Vergabekammer. Sie trug vor, dass unter den gegebenen Bedingungen ihre Rüge vom 04.07.2008 unverzüglich erfolgt sei, und beanstandete die Vernachlässigung der Informationspflicht gemäß § 13 VgV durch die Auftraggeberin als vergaberechtswidrig. Ein evtl. bereits abgeschlossenen Vertrag sei nichtig. Eine zu Gunsten des Angebotes der Beigeladenen getroffene Entscheidung verstoße möglicherweise wegen unlauterer Verhaltensweisen gegen § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A. Indizien hierfür sieht sie in der aus ihrer Sicht gezielten Abwerbung von insgesamt sieben Arbeitskräften durch die Beigeladene mit dem Ziel, im anstehenden Vergabeverfahren die eigene Position zu stärken und die der Konkurrenz zu schwächen. Außerdem stellt sie in Abrede, dass das Angebot der Beigeladenen das wirtschaftlichste sei.
Der Nachprüfungsantrag wurde der Auftraggeberin am 04.08.2008 zugestellt.
Nach entsprechendem Hinweis der Vergabekammer half die Auftraggeberin dem Nachprüfungsantrag insoweit ab, als sie die versäumte Information der Bieter gemäß § 13 VgV am 08.08.2008 nachholte. Der Antragstellerin teilte sie hierbei u.a. mit, dass ihr Angebot wegen begründeter Zweifel an ihrer Eignung nicht berücksichtigt werden könne, da sie die Absicht habe, für die Durchführung der Leistung Auszubildende einzusetzen.
Die Antragstellerin rügte darauf hin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.08.2008 bei der Auftraggeberin den ungerechtfertigten Ausschluss ihres Angebotes sowie die Verletzung des Wettbewerbsprinzips. Die Einbeziehung ihrer volljährigen Auszubildenden in die Auftragsdurchführung führe nicht zu einer mangelnden Eignung bezüglich ihrer Fachkunde, da die Auszubildenden über die notwendige und geforderte Sachkunde verfügen. Volljährige qualifizierte Auszubildende seien auch in der bisherigen Auftragsausführung eingesetzt worden, was der Auftraggeberin bekannt und von ihr zu keiner Zeit bemängelt worden sei. Ihr Einsatz stehe auch nicht im Widerspruch zu den Vorgaben der Ausschreibung. Schließlich habe sie sichere Kenntnis, dass auch die Beigeladene die von ihr abgeworbenen mit dem Objekt vertrauten Auszubildenden in die Auftragsdurchführung einbeziehen werde. Insoweit sei der Ausschluss ihres Angebotes als vergaberechtswidrige Ungleichbehandlung zu werten.
Im Rückblick auf Vergabe und Durchführung des Auftrages in den vergangenen Jahren seien zeitliche Zusammenhänge zwischen Ausschreibung/Auftragsvergabe und dem Arbeitgeberwechsel des Herrn C.D. auffällig. Es sei daher zu überprüfen, ob die Vergabeentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen auf der Grundlage der Wirtschaftlichkeit erfolgte, oder aber der Arbeitgeberwechsel des Herrn C.D. Einfluss auf die Vergabeentscheidungen der Auftraggeberin habe. Sie habe Anlass für die Annahme, dass die bisher mit der Dienstleistung beschäftigten Arbeitnehmer auf Werbung des Herrn C.D. zur Beigeladenen wechselten. Wegen des hierin zu sehenden unlauteren Verhaltens der Beigeladenen, sei zu prüfen, ob deren Angebot berücksichtigt werden dürfe. Unter Fristsetzung forderte sie die Auftraggeberin auf, den Angebotsausschluss rückgängig zu machen und den Zuschlag nur unter Berücksichtigung ihres Angebotes zu erteilen.
Mit Schreiben vom 13.08.2008 wies die Auftraggeberin die Rüge der Antragstellerin zurück. Sie führt aus, dass die Einbeziehung von Auszubildenden in die Leistungserbringung den mit der Ausschreibung bekannt gegebenen Anforderungen widerspreche und bestreitet, dass ein solcher Einsatz mit ihrer Billigung auch bereits bei der Erfüllung des auslaufenden Vertrages stattgefunden habe. Die unterstellten Zusammenhänge zwischen der Vergabeentscheidung und den personellen Veränderungen bei der Antragstellerin bzw. der Beigeladenen wies sie als unzutreffend zurück.
Mit ihren Schriftsätzen vom 13. und 26.08.2008 vertiefte und ergänzte die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag. Der Ausschluss ihres Angebotes wegen mangelnder Eignung sei vergaberechtswidrig. Wie die Ausführungen der Auftraggeberin im Vermerk vom 09.06.2008 bestätigen, sei es Intention der Auftraggeberin gewesen, zu verhindern, dass ein Unternehmen (ggf. ständig wechselnde) Aushilfskräfte einsetzt. Auszubildende seien weder Subunternehmer noch Aushilfskräfte. Sofern die Auftraggeberin ihre Vorgaben, die bisher keinerlei Verbot des Einsatzes von Auszubildenden enthalten, nunmehr so auslegt, dass sich das einzusetzende Wachpersonal ausschließlich aus ausgelernten Fachkräften für Schutz und Sicherheit zusammensetzen müsse, sei hierin eine nachträgliche Anforderung zu sehen, welche den Bietern vor Angebotsabgabe hätte bekannt gegeben werden müssen. Dass der Einsatz von sorgfältig ausgewählten und eingewiesenen Auszubildenden den Sicherheitsanforderungen des Objekts der Auftraggeberin gerecht wird, belegt bereits der Umstand, dass der bisherige Auftrag über zwei Jahre durch die Antragstellerin gerade unter Einbeziehung von Auszubildenden beanstandungsfrei ausgeführt wurde. Da davon auszugehen sei, dass auch die Beigeladene die Absicht habe, die von ihr übernommenen, mit dem Objekt vertrauten Auszubildenden in die Auftragsdurchführung einzubeziehen, verstoße der Ausschluss zudem gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 97 Abs. 2 GWB.
Es sei zu untersuchen, ob und inwieweit der Arbeitgeberwechsel des Herrn C.D. einen wettbewerbswidrigen Einfluss auf die Vergabeentscheidung der Auftraggeberin habe und ob wegen der unlauteren Verhaltensweisen der Beigeladenen deren Angebot in Hinblick auf § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A unberücksichtigt bleiben müsse.
Aus ihrer Sicht habe der Wechsel der ehemals bei ihr angestellten Beschäftigten zu einem vergaberechtsrelevanten Wettbewerbsvorteil der Beigeladenen geführt.
Die Antragstellerin beantragt
den Zuschlag nur unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin zu erteilen;
hilfsweise festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt wurde;
die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Auftraggeberin beantragt
den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Antragstellerin könne keinen Schaden darlegen, da ihr Angebot keine Chance auf den Zuschlag habe. Es sei gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A wegen fehlender Eignung, nämlich mangelnder Sachkunde, auszuschließen, denn der von der Antragstellerin beabsichtigte dienstplanmäßige unbeaufsichtigte Einsatz von Auszubildenden widerspreche den von ihr in den Vorgaben der Ausschreibung festgelegten Eignungsanforderungen.
Sie habe von den von der Antragstellerin geschilderten personellen Veränderungen und deren Ursachen keine Kenntnis gehabt, könne hierin aber auch kein unlauteres Verhalten erkennen. Eine Abwerbung sei als Teil des freien Wettbewerbs grundsätzlich erlaubt, auch führe der Verlust der in Rede stehenden Mitarbeiter im Hinblick auf die Personalstärke der Antragstellerin nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit. Die Mutmaßung eines Zusammenhangs zum vorliegenden Ausschreibungsverfahren und zur Entscheidung über den Zuschlag weist sie als unzutreffend zurück.
Es bestehe im Übrigen kein Anlass für die Annahme, dass auch die Beigeladene einen selbständigen Einsatz von Auszubildenden beabsichtige.
Die Beigeladene unterstützt den Antrag der Auftraggeberin.
Sie hält den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig wegen nicht formgerechter unverzüglicher Rüge, denn die Antragstellerin habe weit vor ihrer Rüge vom 04.07.2008 Kenntnis davon gehabt, dass die Auftraggeberin ihr Angebot nicht berücksichtigen wird.
Außerdem sei die Antragstellerin nicht antragsbefugt, weil sie keinen Schaden i. S. des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB darlegen könne, denn ihr Angebot sei zwingend auszuschließen.
Sie erkennt eine fehlende Leistungsfähigkeit der Antragstellerin darin, dass diese bei der Erbringung der Leistung auf den Einsatz von Auszubildenden angewiesen ist.
Mit der Einplanung des Einsatzes von Auszubildenden habe die Antragstellerin zudem die Verdingungsunterlagen verändert, denn Auszubildende seien weder "ständiges Personal" noch "fachkundige Arbeitskräfte, die zumindest die Qualifikation nach § 34 a Gewerbeordnung nachweisen". Der Einsatz von Auszubildenden sei mit § 34 a GewO nicht vereinbar.
Schließlich habe die Antragstellerin selbst bei Offenlegung ihrer Kalkulation eine - vergaberechtlich unzulässige - Mischkalkulation zugegeben.
Darüber hinaus sei der Nachprüfungsantrag unbegründet.
Sie habe keinerlei Abwerbung betrieben, die diesbezüglichen Vermutungen der Antragstellerin entbehrten jeglicher Grundlage. Die zu ihr gewechselten Mitarbeiter hätten sich frei entschieden und ihre Entscheidungsgründe seien durchaus nachvollziehbar.
Sie selbst habe auch keineswegs die Absicht, Auszubildende für die Erbringung der Leistung einzusetzen. Weder ihr Teilnahmeantrag noch ihr Angebot geben Anlass für eine solche Annahme.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 28.08.2008 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Denn die Auftraggeberin hat unter Missachtung des Transparenz- und Gleichbehandlungsgebots sowie des Gebots, auf das wirtschaftlichste Angebot zuzuschlagen, von vier abgefragten Preiskomponenten nach Eröffnung der Angebote lediglich einen Preisbestandteil in die Wertung einbezogen. Der Vergaberechtsverstoß betrifft die Grundlagen des streitbefangenen Vergabeverfahrens sowie die Angebotskalkulation und kann, da die Angebotsfrist verstrichen und die Angebote durch die Auftraggeber geöffnet und ausgewertet wurden, nicht mehr durch einen Wiedereintritt in die Angebotswertung geheilt werden (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 02.09.2004, Az.: 13 Verg 11/04). Die Rechtsverletzung kann daher vorliegend nur durch eine Aufhebung des Vergabeverfahrens beseitigt werden (§ 114 Abs. 1 Satz 1 GWB).
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die ausgeschriebenen Leistungen gehören zu den im Anhang I B zur VOL/A (2. Abschnitt) aufgeführten nachrangigen Dienstleistungen, bei deren Vergabe gem. § 1 a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A neben den Basisparagraphen lediglich die §§ 8 a, 28 a VOL/A anwendbar sind. Ihre Vergabe unterliegt nach nationalem Recht, sofern die weiteren Voraussetzungen der §§ 98 ff. GWB erfüllt sind, der Nachprüfung gem. §§ 102 ff. GWB. Bei der Technischen Universität XY handelt es sich um eine Bildungseinrichtung des öffentlichen Rechts. Sie ist damit öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt mit der von der Auftraggeberin geschätzten Auftragssumme von xxxxxx EUR unstreitig den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert von 206.000 EUR gemäß § 100 Abs. 1 GWB.
Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe das von ihr vorgelegte Angebot vergaberechtswidrig wegen mangelnder Eignung von der Wertung ausgeschlossen, unlautere Verhaltensweisen der Beigeladenen geduldet und deren Angebot für den Zuschlag vorgesehen, obwohl nicht das Angebot der Beigeladenen sondern ihr Angebot das wirtschaftlichste sei.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, 2. Aufl., § 107 GWB, Rn. 954).
Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte. Dies ergibt sich bereits aus der listenmäßigen Erfassung der Angebotssummen zu Pos. 1 im Submissionsprotokoll, auf deren Basis die Auftraggeberin über den Zuschlag entschieden hat. Hiernach hat die Antragstellerin ein preislich günstigeres Angebot abgegeben als die Beigeladene, auf deren Angebot die Auftraggeberin den Zuschlag erteilen will. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).
Entgegen der Auffassung der Beigeladenen entfällt auch die Antragsbefugnis nicht, weil das Angebot der Antragstellerin zwingend auszuschließen wäre. Denn der von der Antragstellerin beabsichtigte verantwortliche Einsatz von gemäß § 34 a GewO qualifizierten volljährigen Auszubildenden widerspricht nicht dem Wortlaut der in den Vergabeunterlagen formulierten Anforderungen an das einzusetzende Personal. § 4 des zu Grunde zu legenden Mustervertrages verlangt "....zumindest die Qualifikation nach § 34 a Gewerbeordnung..." und "...grundsätzlich nur eigenes und ständiges Personal..." Ein eindeutiger Ausschluss der eigenständigen Tätigkeit von Auszubildenden lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten. Entsprechend hat auch die Auftraggeberin selbst den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin mit mangelnder Eignung begründet.
Auch ein zwingender Ausschluss des Angebots wegen vergaberechtswidriger Mischkalkulation kommt nicht in Betracht. Die Antragstellerin hat zwar bei Offenlegung ihrer Kalkulation den Begriff der Mischkalkulation verwendet. Faktisch hat sie hiermit aber nicht die vergaberechtlich unzulässige Verschiebung von Preisbestandteilen zwischen verschiedenen Positionen, sondern die Besonderheiten ihrer Kalkulation für eine einzelne Position beschrieben.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2002, Az.: Verg 9/02). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt.
Die Auftraggeberin hat die hierzu erforderliche Information gemäß § 13 VgV am 08.08.2008 abgesendet. Die Rüge der Antragstellerin wurde bereits am 11.08.2008 und damit unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erhoben, so dass der Nachprüfungsantrag zulässig ist.
Soweit die Beigeladene vorträgt, der Antrag sei bereits unzulässig, weil die Antragstellerin die Verletzung der Informationspflicht gemäß § 13 VgV durch die Auftraggeberin nicht unverzüglich gerügt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass insoweit eine Rügepflicht nicht besteht. Die Erteilung der Information nach § 13 VgV ist die ureigenste Pflicht der Auftraggeberin, die nur damit die Voraussetzungen schaffen kann, einen wirksamen Zuschlag zu erteilen. Denn gemäß § 13 S. 6 VgV ist ein Vertrag ohne Erteilung der Information nichtig. Erst die Information nach § 13 VgV versetzt die Bieter in die Lage zu entscheiden, ob sie die Vergabeentscheidung des Auftraggebers rügen oder nicht. Mit der Information nach § 13 VgV erhalten die konkurrierenden Bieter den Namen des vom Auftraggeber favorisierten Bieters und den Grund für die vorgesehene Nichtberücksichtigung ihres Angebotes, zweifellos unerlässliche Informationen um beurteilen zu können, ob eine Rüge überhaupt sinnvoll und zielführend ist.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Ausschreibung ist aufzuheben. Der beabsichtigte Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB.
Die Auftraggeberin hat mit ihrem Vorgehen bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots und mit der mangelhaften Dokumentation ihrer Wertung und Entscheidung in der Vergabeakte gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB, gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Bieter des § 97 Abs. 2 GWB und gegen das Gebot des § 97 Abs. 5 GWB, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen, verstoßen. Gemäß § 97 Abs. 7 haben die Unternehmen Anspruch darauf, dass die Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhalten. Die Grundsätze des § 97 GWB sind auch bei der streitbefangenen Vergabe nachrangiger Dienstleistungen oberhalb der Schwellenwerte einzuhalten. Gemäß § 110 Abs. 1 S. 1 GWB erforscht die Vergabekammer den Sachverhalt von Amts wegen.
Im Nachprüfungsverfahren hat die Auftraggeberin nicht darlegen können, dass ihre Entscheidung für den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände wirtschaftlich ist. Ihre Wertung der Angebote erfolgte vergaberechtswidrig.
Da die Auftraggeberin keinerlei Zuschlagskriterien bekannt gegeben hatte, ist der Preis einziges Wertungskriterium. Dieser setzt sich nach Maßgabe der Vergabeunterlagen aus vier Komponenten zusammen, aus denen sich schon nicht ohne Weiteres vergleichbare Angebotssummen bilden lassen, von denen aber insbesondere nur Position 1 tatsächlich zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots herangezogen wurde. Unter Ziff. II. Angebotspreis wurden abgefragt
- 1.
der monatliche Pauschalpreis für die Durchführung von Schließdiensten, Gebäudekontrollen und Weitergabe von Notalarmen,
- 2.
der monatliche Pauschalpreis für jede aufgeschaltete Einbruchmeldeanlage,
- 3.
der Pauschalpreis für die Alarmverfolgung durch Einsatzwagen je angefangene halbe Stunde,
- 4.
der Preis für die Personalgestellung zur Besetzung der Pförtnerloge und zur Durchführung von nächtlichen Kontrollgängen zzgl. Zuschlägen je Stunde
sowie die zugesicherten Mitarbeiterstunden/täglich für die Durchführung der Schließdienste, die Gebäudekontrollen und die Weitergabe von Notalarmen.
Es steht einem Auftraggeber frei, seine Wertung so zu gestalten, dass sein Prüfungsaufwand möglichst gering bleibt. In der Dokumentation der Wertung muss aber deutlich werden, dass hierbei die vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 GWB beachtet wurden. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.
Der Vergabeakte ist nicht zu entnehmen, dass die Auftraggeberin vor Angebotsöffnung überhaupt ein Schema für die Wertung der Angebotspreise hatte. Vielmehr scheint sie hierbei willkürlich vorgegangen zu sein.
Bezüglich der Prüfung und Wertung des Kriteriums Preis enthält die Vergabeakte lediglich die listenmäßige Erfassung der Preisangaben zu Pos. 1 und die Korrespondenz bezüglich der Einsichtnahme in die Kalkulationen der drei Bestbieter.
Wie die Auftraggeberin im Schriftsatz vom 22.08.2008 auf S. 9 ausführt, habe sie sich erst nach Öffnung und Einsichtnahme in die Angebote entschlossen, lediglich den Preis für die unter Pos. 1 ausgeschriebenen Schließdienste, Gebäudekontrollen und Weitergabe von Notalarmen in ihre Wertung einzubeziehen, weil sie von der vollständigen Wertung aller Komponenten keine Änderung der nach Maßgabe der Pos. 1 bestimmten Rangfolge erwartet habe. In der mündlichen Verhandlung am 28.08.2008 trug sie hierzu vor, dass die Positionen 2, 3 und 4 ohnehin nicht kalkulierbar seien. Die Leistungen der Pos. 2 und 3 würden so selten anfallen, dass ihr Preis in Bezug auf die Gesamtkosten keine Rolle spiele und deshalb bei der Wertung vernachlässigt werden könnten. Position 4 sei deshalb bei der Wertung außer Acht gelassen worden, weil sie aus den entsprechenden Preisangaben in den Angeboten der Bieter darauf geschlossen habe, dass eine - wie auch immer geartete - Wertung dieser Preiskomponente nicht zu einer Verschiebung in der Reihenfolge der Bieter führe.
Unabhängig davon, ob diese nicht in der Vergabeakte dokumentierte und daher nicht nachvollziehbare Feststellung in der Gesamtschau der Angebote zutrifft oder nicht, ist festzustellen, dass die Auftraggeberin nach Öffnung der Angebote entschieden hat, 3 der 4 abgefragten Preiskomponenten nicht in die Wertung einzubeziehen. Die nachträgliche Festlegung / Änderung der Bewertungsgrundlagen verletzt evident das Transparenzgebot und lässt im Hinblick auf die hiermit verbundenen Manipulationsmöglichkeiten Zweifel an der Einhaltung des Gleichbehandlungsgebotes der Bieter aufkommen. Soweit die Auftraggeberin vorgetragen hat, sie habe diese Festlegung / Änderung lediglich aus wertungsökonomischen Gründen vorgenommen, ohne hierbei das Wertungsergebnis zu beeinflussen, ist festzustellen, dass dies anhand der Vergabeakte nicht nachvollziehbar ist.
Die Berechnungen der Antragstellerin zu den Pförtnerdienstleistungen im Schriftsatz vom 04.08.2008 und die mit Schreiben vom 21.05.2008 von der Beigeladenen vorgelegte Kalkulation für Pos. 4 "Zentralbereich - Separatwachdienst" gehen zwar von einem unterschiedlichen Leistungsumfang aus, lassen jedoch erkennen, dass zumindest die Kosten nach Pos. 4 einen nicht unwesentlichen Anteil der nicht ermittelten Gesamtangebotssumme darstellen. Die Auftraggeberin hat damit nach der Abgabe der Angebote im Wertungsverfahren das Zuschlagskriterium "Preis" anders gewichtet, als dies nach dem Leistungsverzeichnis zu erwarten war. Da die Bieter dies nicht voraussehen konnten und demzufolge nicht wussten, worauf es der Auftraggeberin in besonderer Weise bei der Wertung ankommt, konnten sie dies bei der Angebotserstellung auch nicht entsprechend berücksichtigen. Damit sind sie der Willkür der Auftraggeberin ausgesetzt (vgl. hierzu VK Hessen, Beschluss vom 14.01.2008 - 69d-VK-57/2007).
Die Vernachlässigung wesentlicher Preisbestandteile lässt auch darauf schließen, dass die Auftraggeberin nicht das wirtschaftlichste Angebot i.S.d. § 97 Abs. 5 GWB ermittelt hat.
Da keine Gesamtangebotssummen ermittelt wurden, erscheint es - vor dem Hintergrund des bis zur Zuschlagsentscheidung noch ungekündigten unbefristeten Vertrages mit der Antragstellerin und ihrer eigenen sehr viel geringeren Schätzung der Auftragssumme - fraglich, ob die Neuausschreibung überhaupt zu einem wirtschaftlichen Ergebnis geführt hat.
Im Hinblick auf die gewünschte Verfahrensökonomie hätte die Auftraggeberin z.B. ohne weiteres einheitliche Basisdaten für die Positionen 2 bis 4 als Berechnungsgrundlage in die Vergabeunterlagen einarbeiten können. Diese Basisdaten hätte sie nach den Abrechnungen der Leistungen der vergangenen Jahre, die insoweit detaillierte Angaben zum Umfang des jeweiligen Leistungsbestandteils enthalten dürften, ermitteln und festlegen können. Damit hätten ihr bereits bei Angebotsabgabe nicht nur die maßgeblichen verbindlichen Pauschalpreise bzw. Stundenverrechnungssätze, sondern auch bereits vergleichbare Angebotssummen vorgelegen.
Abschließend ist festzuhalten, dass die mangelhafte Dokumentation der Wertung des Preises als Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB zu werten ist. Die fehlenden bzw. nachträglichen und damit willkürlichen Festlegungen bezüglich der Wertung sowie die Vernachlässigung der abgefragten Preiskomponenten der Pos. 2 bis 4 lassen auf Verstöße gegen § 97 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 GWB schließen, so dass die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist.
Gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist gemäß § 114 Abs. 1. S. 2 an die Anträge nicht gebunden. Die Rechtsverletzung kann vorliegend nur durch eine Aufhebung des Vergabeverfahrens beseitigt werden. Denn der Vergaberechtsverstoß betrifft die Grundlagen des streitbefangenen Vergabeverfahrens sowie die Angebotskalkulation und kann, da die Angebotsfrist verstrichen und die Angebote durch die Auftraggeber geöffnet und ausgewertet wurden, nicht mehr durch einen Wiedereintritt in die Angebotswertung geheilt werden (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 02.09.2004, Az.: 13 Verg 11/04). Ein Auftraggeber darf die Bewertungskriterien - hier die Modalitäten zur Wertung des Preises - nicht erst nach Eröffnung der Angebote festlegen, weil andernfalls die abstrakte Gefahr nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sie in Kenntnis der Angebotsinhalte zum Vorteil oder Nachteil eines einzelnen Bieters ausgestaltet. Entsprechend ist eine Beseitigung der Verstöße durch mildere Maßnahmen, wie z.B. den von der Antragstellerin beantragten Wiedereintritt in die Wertung, nicht möglich.
Dahin stehen kann daher, ob die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin zu Recht wegen mangelnder Eignung aufgrund des verantwortlichen Einsatzes von volljährigen Auszubildenden mit Sachkundenachweis nach § 34 a GewO ausgeschlossen hat bzw. ob die Auftraggeberin das Angebot der Beigeladenen wegen unlauteren Verhaltens im Wettbewerb ausschließen musste. Zur Frage des verantwortlichen Einsatzes von Auszubildenden weist die Kammer lediglich darauf hin, dass der Begriff "eigenes und ständiges Personal" nicht trennscharf definiert ist, sicher nur Aushilfskräfte und Personal von Subunternehmern ausschließt. Zudem ließe die Anforderung " grundsätzlich eigenes und ständiges Personal" ohnedies Ausnahmen zu, die im Zusammenhang mit der Mindestanforderung "zumindest die Qualifikation nach § 34 a Gewerbeordnung" durchaus die eigenverantwortliche Tätigkeit von Auszubildenden erlauben könnte. Der Vorwurf der Antragstellerin, die Auftraggeberin habe einem unlauteren Wettbewerb entgegenwirken müssen, lässt sich aus Sicht der Kammer angesichts einer bei der Auftraggeberin angeforderten ausführlichen Stellungnahme nicht erhärten. Personalwechsel von der Antragstellerin zur Beigeladenen in dem hier vorliegenden Umfang von 7 Mitarbeitern bleibt - sofern die Auftraggeberin überhaupt davon wusste bzw. wissen konnte - angesichts eines Stammes von 180 Mitarbeitern im Unternehmen der Antragstellerin im Rahmen des Üblichen. Die Tatsache, dass die Person des Projektleiters für die streitbefangenen Leistungen nunmehr bei der dritten Auftragsvergabe der Leistungen in Folge dieselbe ist, ist zwar auffällig, löst aber nicht für sich eine Handlungspflicht der Auftraggeberin aus.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 EUR, die Höchstgebühr 25.000 EUR bzw. in Ausnahmefällen 50.000 EUR beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von ... EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Wie die Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, ist ein alle Leistungen umfassender Auftragswert für keines der Angebote ermittelt worden. Zu Grunde gelegt wird daher der im Schriftsatz vom 04.08.2008 von der Antragstellerin mitgeteilte, auf der Grundlage ihres Angebotes ermittelte Angebotspreis in Höhe von ... EUR netto und damit ... EUR brutto. Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt an Hand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zzt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von ... EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von ... EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB unterlegen ist.
Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung ihres Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 GWB i. V. mit § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG von der Kostentragungspflicht befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, AZ.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2005, AZ.: WVerg 0014/04).
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.
Rohn
Dr. Freise