Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 10.10.2008, Az.: VgK-30/2008
Anforderungen an das Bestehen eines Anspruchs auf Aufhebung eines Vergabeverfahrens; Vergaberechtliche Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung einer Ausschreibung; Vergaberechtliche Ausgestaltung der Verfolgung des Ziels der Attraktivierung eines Hafens für Sportboote und Freizeitboote; Publizitätsanforderungen an die Bekanntmachung einer öffentlichen Ausschreibung i.R. eines Vergabeverfahrens; Vergaberechtliche Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung einer Ausschreibung in Segelzeitschriften und Yachtzeitschriften; Vergaberechtliche Pflicht zur EU-weiten Ausschreibung der Vergabe einer Baukonzession; Anforderungen an das Vorliegen der Unverzüglichkeit einer Rüge als Zulässigkeitsvoraussetzung der Einlegung des vergabrechtlichen Nachprüfungsverfahrens; Anforderungen an das Vorliegen einer Baukonzession im vergabrechtlichen Sinne
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 10.10.2008
- Aktenzeichen
- VgK-30/2008
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 24374
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 99 Abs. 3 GWB
- § 107 Abs. 3 S. 1 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 1 VgV
- § 3 VgV
- § 32 VOB/A
- § 32a VOB/A
Verfahrensgegenstand
Vergabeverfahren "Pächter/Betreiber/Investor für das Hafengelände des Schutzhafens xxxxxx"
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Diplom-Volkswirt Nierychlo
auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.2008
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, das Vergabeverfahren aufzuheben.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens hat die Auftraggeberin zu tragen. Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Bei der Auftraggeberin im streitbefangenen Vergabeverfahren handelt es sich um die xxxxxx der Stadt xxxxxx, die zu 100% von der Stadt getragen wird. Im Jahre 2005 hatte die Stadt xxxxxx bei der NBank den Antrag auf Förderung zur Attraktivierung Sport- und Freizeithafen "xxxxxx-Hafen", Schritt 1, gestellt. Die Stadt bat um Förderung folgender Maßnahmen: "Wellendämpfung und Umrüstung der Schwimmbrücke xxxxxx mit Liegeplatz des xxxxxxschiffes (xxxxxx)". Die Gesamtkosten dieser Maßnahme waren von der Stadt xxxxxx mit xxxxxx EUR veranschlagt worden.
Da die im Förderantrag angegebenen Maßnahmen zur Wellendämpfung aufgrund fehlerhafter Annahmen (Wellendämpfung durch Überschüttung des Schlicks und des Kleis am Nordufers) im Förderantrag so nicht realisierbar waren, wurde der Antrag zurückgezogen, die verschiedenen Möglichkeiten zur Attraktivierung des Hafens jedoch weiter verfolgt. Dem Protokoll über die xxxxxx. Sitzung des Aufsichtsrates der Auftraggeberin vom xxxxxx ist zu entnehmen, dass der von der Stadt xxxxxx als Planer beauftragte xxxxxx ausführt, dass seine Untersuchungen zum Ist-Zustand ergeben hätten, dass die Pontons und Schwimmbrücken renovierungsbedürftig sind und es ein Hafentiefenproblem gibt. Der Geschäftsführer der Auftraggeberin führte lt. Protokoll aus, dass man hinsichtlich möglicher Maßnahmen seriöse Kostenschätzungen oder Lösungen für die Gesamtattraktivierung in ca. 3 Monaten vorlegen könne. Der beauftragte Planer xxxxxx ergänzte, dass die Kosten so groß sein werden, dass sich das bisherige Verhältnis der Fördermittel zu Gesamtkosten von 50/50 auf 10/90 verschieben würde.
Eine Kostenschätzung der Auftraggeberin zeitnah vor Beginn des streitigen, formlosen Vergabeverfahrens ist in der Vergabeakte nicht enthalten. Die Umsetzung der bekannten Beträge aus dem Förderantrag in die vom beauftragten Planer xxxxxx neuen Verhältniszahlen würde nach Feststellung der Vergabekammer rechnerisch Kosten in Höhe von xxxxxx EUR allein für die erforderlichen Baumaßnahmen ohne Konzession zur gesamten Attraktivierung des Schutzhafens ergeben.
Ursprünglich hatte die Auftraggeberin die Absicht, die Suche nach einen Betreiber/Investor EU-weit auszuschreiben. Der Aufsichtsrat der Auftraggeberin beschloss dann jedoch in seiner xxxxxx. Sitzung am xxxxxx eine lediglich formlose Veröffentlichung eines Bewerbungsverfahrens in Gestalt einer Anzeige in Fachzeitschriften. Die Auftraggeberin schaltete daraufhin im September in einem deutsch- und einem englischsprachigen Yacht- und Segelmagazin eine Anzeige, aus der sich ergibt, dass sie für hafenwirtschaftliche und touristisch orientierte Angebote einen "Pächter/Betreiber/Investor" für das Hafengelände des Schutzhafens xxxxxxx sucht. In der Anzeige wurde auch beschrieben, aus welchen Flächen und Gebäuden das Hafengelände besteht. Auf diese Anzeige meldeten sich insgesamt 36 Interessenten; unter ihnen auch die Antragstellerin und die Beigeladene.
Mit Datum vom xxxxxx erhielten die Bewerber die Ausschreibungsunterlagen. Diese bestanden aus allgemeinen Unterlagen mit Angaben über geplante Entwicklungen und von der Auftraggeberin bereits veranlassten Maßnahmen im Hafenbereich. Ferner waren folgende Unterlagen beigefügt:
Lagepläne und Zeichnungen über den Gebäudebestand,
ein Baugrundgutachten und generelle Gründungsberatung von xxxxxxx zur nördlichen Uferbefestigung, das die Stadt xxxxxx im Jahre 2006 in Auftrag gegeben hatte,
einen Prüfbericht der Ingenieurberatung xxxxxx zur Bauwerksprüfung der Nord- und Ostkaje und
den Bebauungsplan Nr. xxxxxx "Schutzhafen", xxxxxx der Stadt xxxxxx.
Aus den Unterlagen ergibt sich, dass Ausgangspunkt für die Attraktivierung der Wasserfläche die Erzielung der Wellenberuhigung ist (Seite 3 unten). Die Auftraggeberin wies die Bewerber darauf hin, dass die gegenwärtigen Vorüberlegungen bzw. Grobplanungen darauf hinauslaufen, die Wellenberuhigung durch den Einzug eines (fest verankerten) Fangedamms zu realisieren (Seite 4, zweiter Absatz). Ferner wurden die Bieter darauf hingewiesen, dass das Land Niedersachsen bereit sei, die wasserseitige Maßnahme zu fördern. Diese Förderung sei dabei an die Vorlage von Entwicklungs- und Investitionsplänen für die landseitige Entwicklung geknüpft (Seite 4, vierter Absatz).
In der Übergangszeit bis zum Abschluss und zur Umsetzung eines abzuschließenden Erbpachtvertrages soll nach Angaben der Auftraggeberin der Investor mit dem überzeugendsten Entwicklungs- und Investitionskonzept die Möglichkeit haben, den Hafen auf der Basis eines Pachtvertrages mit seinen jetzigen Funktionen zu betreiben und das zugehörige Areal für die angestrebte Entwicklung als Sport- und Freizeithafen kennenzulernen.
Ferner sei vorgesehen, dass die Auftraggeberin bis zum Eintritt in den (abzuschließenden) Erbpachtvertrag den operativen Hafenbetrieb auf Basis eines Pachtvertrages auf den neuen Betreiber und späteren Investor überträgt (Seite 5 unten).
Basis für die Entwicklung und Vorlage eines groben Entwicklungs- und Investitionskonzeptes für den geplanten Sportboot- und Freizeithafen solle der o.g. Bebauungsplan sein. Dieser setzt für den Bereich des Nordufers des Schutzhafens für die Art der baulichen Nutzung fest: "Sondergebiet xxxxxx (SO xxxxxx) Zweckbestimmung Sportboothafen".
Die Bieter wurden aufgefordert, Ihr Entwicklungskonzept (mit Flächenplanung) inkl. Investitions- und Geschäftsplanung bis zum xxxxxx einzureichen. Ebenso sollten die Bieter dabei ein Hafenbetriebskonzept für die Übergangszeit bis zum Abschluss eines zugehörigen Erbpachtvertrages vorlegen.
Dem Protokoll der xxxxxx. Sitzung des Aufsichtsrates vom xxxxxx ist zu entnehmen, dass lediglich drei Bieter ein Entwicklungskonzept eingereicht haben. Zwei Bieter, die Antragstellerin und die Beigeladene wurden gebeten, Ihre Konzepte in der xxxxxx. Sitzung des Aufsichtsrates am xxxxxx vorzustellen.
Dem Angebot der Antragstellerin ist zu entnehmen, dass sie in insgesamt 5 Phasen einen "Sportboothafen" entwickeln will. Eine Wellenberuhigung soll nach ihren Vorstellungen durch einen Fangedamm erfolgen. Im Nachgang zum eingereichten Angebot bezifferte die Antragstellerin auf Anfrage der Auftraggeberin mit Schreiben vom xxxxxx die Kosten für die von ihr vorgesehene Wellenberuhigung durch Fangedamm und Wellenbrecher aus Pontons mit xxxxxx EUR (netto).
Die Beigeladene bot einen "Multifunktionalen Vollwerthafen" mit fünf Funktionen (Marina/Off Shore Windkraft/Passagier- und Frachthafen/Bereitschaftshafen/Hafen als Gewerbe- und Handwerksfläche) an. Sie erklärt in ihrem Angebot ausdrücklich, dass sie finanzielle Aspekte im Wesentlichen außen vor lasse. Sie geht nach einer Anlaufzeit als Zielgröße ab dem 3. Jahr von einer Pachtzahlung an die Auftraggeberin in Höhe von insgesamt xxxxxx EUR oder xxxxxx% des Umsatzes aus. Ob und wie eine Wellenberuhigung geschehen soll, ist dem Angebot nicht zu entnehmen. Vielmehr erklärt die Beigeladene mit Schreiben vom xxxxxx zu den ebenfalls im Nachgang von der Auftraggeberin geforderten Angaben zur Wellenberuhigung, dass diese nach ihren Feststellungen nicht erforderlich sind, da die Wellenunruhe 2006 nur an einem einzigen Saisontag zu einer kurzfristig unangenehmen Konstellation geführt habe (Seite 8). Die Finanzierung des Vorhabens soll nach Vorstellung der Beigeladenen gemeinsam mit der Auftraggeberin über Fördermittel erfolgen.
Da der Aufsichtrat in seiner xxxxxx Sitzung am xxxxxx aufgrund einer Pattsituation bei der Abstimmung keinen Beschluss für eines der beiden Angebote fassen konnte, wurde beschlossen, dem Rat der Stadt xxxxxx die Entscheidung über den Zuschlag zu überlassen.
Mit Schreiben vom 06.08.2008 rügte der von der Antragstellerin beauftragte Rechtsanwalt, jetzt Bevollmächtigter im anhängigen Nachprüfungsverfahren, die beabsichtigte Vergabe und führte aus, dass das von der Beigeladenen im Internet veröffentlichte Angebot grundlegend von den mit Schreiben vom xxxxxx gestellten Anforderungen an die Entwicklungskonzepte abweiche und daher nicht gewertet werden könne. Ferner hätten Gesellschafter der der Beigeladenen am Vergabeverfahren in unzulässiger Weise mitgewirkt.
Der von der Auftraggeberin beauftragte Rechtsanwalt, jetzt Bevollmächtigter im Nachprüfungsverfahren, bestätigte (kurz vor der öffentlichen Ratssitzung am xxxxxx mit Telefax), dass aus vergaberechtlicher Sicht eine Bezuschlagung des Angebotes der Beigeladenen nicht in Betracht komme, da es durch die Errichtung und den Betrieb eines multifunktionalen Vollwert-Hafens von den Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen abweicht. Andererseits dürfe auch der Antragstellerin der Zuschlag nicht erteilt werden, da nach neuerer Rechtssprechung auch die Verpachtung von Grundstücken mit Betriebs- und Errichtungspflichten bestimmter Anlagen dem Vergaberecht unterfallen. Da es sich nach Einschätzung des Bevollmächtigten jetzt um eine Baukonzession handeln dürfte, hätte der zu vergebende Auftrag EU-weit ausgeschrieben werden müssen, sofern das Gesamtvolumen von 5.150.000 EUR insgesamt überschritten wird. Da jedoch eine EU-weite Ausschreibung nicht vorgenommen worden sei, wäre ein unter Missachtung des Vergaberechts geschlossener Vertrag gemäß § 13 VgV nichtig. Der Bevollmächtigte empfahl eine Verfahrensbeendigung in entsprechender Anwendung des § 26 VOB/A.
Der Rat der Auftraggeberin sprach sich sodann in seiner xxxxxx. öffentlichen Ratssitzung am xxxxxx unter TOP xxxxxx "Hafenvergabe - Entscheidung über die vorgelegten Konzepte" nach einer Aussprache in namentlicher Abstimmung mit 12 zu 5 Stimmen für eine Weisung an die Gesellschafterversammlung aus, den Auftrag an die Beigeladene zu vergeben.
Mit Schriftsatz vom 21.08.2008, eingegangen in der Vergabekammer am selben Tage, beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in dem Rügeschreiben vom 06.08.2008 gegenüber der Auftraggeberin monierte Wertung des Angebotes der Beigeladenen.
Sie beziffert den Schwellenwert unter Berücksichtigung der Kostenschätzung für einen Fangedamm und vorläufiger weiterer Investitionen nach ihrem Konzept bei einer realistischen Laufzeit des Erbpachtvertrages von 49 Jahren auf knapp xxxxxx EUR. Soweit sich die Auftraggeberin auf den Förderantrag aus dem Jahre 2005 berufe, könne dieser nicht als Grundlage für die Schätzung des Auftragswertes heran gezogen werden. Er sei nicht nur zeitlich sondern auch sachlich überholt, da er zur Wellendämpfung ungeeignete Maßnahmen (Steinschüttung am Hafenbeckenrand sowie Böschung aus Schüttsteine) vorsah. Belege dafür, dass die Auftraggeberin selbst von einer Baukonzession ausgeht, sieht die Antragstellerin u.a. in dem Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom xxxxxx. Dort habe der beauftragte Ingenieur xxxxxx die Ergebnisse einer aktuellen Bauwerksprüfung vorgestellt und erheblichen Sanierungsbedarf festgestellt. Da die Stadt xxxxxx sich finanziell nicht in der Lage sah, diese Leistungen in Höhe von mehreren Millionen Euro allein zu verwirklichen, sollte der Investor offenkundig die erforderlichen Bauleistungen erbringen und sich über die Bewirtschaftung des Hafens refinanzieren, was eine klassische Baukonzession darstelle.
Zum Angebot der Beigeladenen führt die Antragstellerin aus, dass deren Angebot sich nicht, wie von der Auftraggeberin in den Verdingungsunterlagen gefordert, auf ein Konzept für ein Sport- und Freizeithafen beschränkt, sondern einen Vollwerthafen vorsieht. Ferner hält die Antragstellerin das von der Beigeladenen vorgesehene Nutzungskonzept zur Wellenberuhigung und zur Marina für unzureichend. Es könne daher nicht Grundlage für einen Vertragsschluss sein. Im Übrigen habe die Beigeladene ihre finanzielle Leistungsfähigkeit für den zu vergebenden Auftrag nicht offen gelegt.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
Der Antragsgegnerin wird untersagt, im Vergabeverfahren "Pächter/Betreiber/Investor für das Hafengelände des Schutzhafens xxxxxx" einen Vertrag mit der xxxxxx zu schließen.
- 2.
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzuführen.
- 3.
Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin wird für notwendig erklärt.
- 4.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens.
Ferner beantragt die Antragstellerin
Akteneinsicht gemäß § 111 GWB in die Vergabeakte der Antragsgegnerin.
Die Auftraggeberin beantragt,
die gestellten Anträge zurückzuweisen und
der Antragstellerin die Kosten der Verfahrens aufzuerlegen.
Die Auftraggeberin hält den gestellten Nachprüfungsantrag bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig, da keine rechtlich überprüfbare Entscheidung der Auftraggeberin vorliege. Sie weist darauf hin, dass Antragsgegnerin nicht die Stadt xxxxxx sei, die einen entsprechenden Ratsbeschluss gefasst haben mag. Die Auftraggeberin habe jedoch noch keine abschließende Entscheidung getroffen, wer den Zuschlag erhalten soll.
Ferner sieht sie die Zuständigkeit der Vergabekammer nicht gegeben, da sie entgegen den Ausführungen ihres Bevollmächtigten vom 07.08.2008 jetzt die Auffassung vertritt, dass es sich nicht um eine Baukonzession oberhalb des Schwellenwertes handelt. Zur Begründung führt sie aus, dass es um die gemeinsame Entwicklung eines Hafenkonzeptes verbunden mit dem Betrieb und der Unterhaltung der Anlagen gehe. Eine konkrete Bauverpflichtung der Teilnehmer am Verfahren sei weder in den vorliegenden Unterlagen genannt, geschweige denn begründet worden. Soweit Fördergelder beim Land Niedersachsen beantragt worden seien, die eine Bauverpflichtung auf der Landseite beinhalten, weist sie darauf hin, dass sie, die Auftraggeberin zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel, also zur Erbringung der Bauleistung verpflichtet bleibe. Das hier zugrunde liegende Entwicklungs- und Betriebskonzept solle lediglich Grundlage für die zu fördernden Maßnahmen sein. Von Betreibern beabsichtigte Bauleistungen seien im Verhältnis zum Betrieb und Unterhalt sowie zur Erarbeitung des Entwicklungskonzeptes lediglich von untergeordneter Bedeutung. Insofern sei von einer Dienstleistungskonzession auszugehen, für die die Zuständigkeit der Vergabekammer nicht gegeben sei.
Die Beigeladene stellt keine Anträge, sie hält den Antrag der Antragstellerin für unzulässig, jedenfalls aber sei er als unbegründet zurückzuweisen.
Sie unterstützt den Vortrag der Auftraggeberin hinsichtlich der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages und führt aus, dass die Antragstellerin die angeblichen Verstöße gegen das Vergaberecht nicht unverzüglich gerügt habe. Der Antragstellerin sei das Konzept der Beigeladenen spätestens seit der Veröffentlichung (xxxxxx) in allen Einzelheiten bekannt gewesen. Sie weist ferner darauf hin, dass die Auftraggeberin bisher nicht entschieden habe, wer den Zuschlag erhalten soll, obwohl der Rat der Stadt xxxxxx sich für ihr Angebot ausgesprochen habe. Für die Vergabe des Auftrages fehle jedoch dem Rat die unmittelbare Kompetenz.
Hinsichtlich eines möglichen Überschreitens des Schwellenwertes vertritt die Beigeladene die Auffassung, dass die Auftraggeberin lediglich ein grobes Konzept einer möglichen Entwicklung des Hafenbetriebes dargestellt habe ohne aber kontrollfähig auszusagen, von wem welche Leistungen erwartet werden. Konkret werde aber von den Bewerbern nicht mehr als der Betrieb des Hafens verlangt. Zwar müssen bauliche und sonstige Investitionen im Hafengebiet hinzukommen, die jedoch Ihrer Auffassung nach nicht von den Bewerbern selbst geleistet werden müssen.
Ferner wolle die Auftraggeberin bisher lediglich einen Nutzungsvertrag abschließen und danach einen Erbbaurechtsvertrag. Es sei also völlig offen, wer die dann folgenden Investitionen eines Tages mit welchen Mitteln initiiert und auch für die auslobende Auftraggeberin ungewiss. Es könne heute kein "Auftragswert" angegeben werden, da der Auftragswert in der Chance besteht, über ein "Betreibermodell" Dritte (ggf. auch die Stadt selbst) zu Investitionen anzuregen.
Abschließend erklärt sie, dass es keine Befangenheit von Ratsmitgliedern gegeben habe, da diese, soweit sie Kommanditisten waren, ihre Anteile vor der Ratssitzung am xxxxxx an andere Gesellschafter übertragen hätten.
Während der mündlichen Verhandlung überreichte die Beigeladene der Vergabekammer folgende Unterlagen zu den Akten:
einen weiteren Auszug aus der Niederschrift über die xxxxxx. Sitzung des Aufsichtsrates der Auftraggeberin vom xxxxxx
einen Auszug aus der Niederschrift über die xxxxxx. Sitzung des Aufsichtsrates der Auftraggeberin vom xxxxxx
ihre Stellungnahme zum Gutachten des xxxxxx-Instituts zum Schwellproblem
ein Schreiben der xxxxxxbank xxxxxx, Zweigstelle xxxxxx vom xxxxxx
ihre Auflistung der voraussichtlichen Kosten auf der Basis ihres Konzeptes für einen multifunktionalen Vollwerthafen
Die Vergabekammer hat durch Verfügung des Vorsitzenden vom 16.09.2008 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 17.10.2008 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2008 und die Vergabeakte Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Absicht der Auftraggeberin, der auf ihre Delegation erfolgten Entscheidung des Rates der Stadt xxxxxx vom xxxxxx, der Beigeladenen in dem bislang formlos geführten Vergabeverfahren den Zuschlag für den von ihr gesuchten "Pächter/Betreiber/Investor für das Hafengelände des Schutzhafens xxxxxx" zu erteilen, zu folgen, verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB. Die Auftraggeberin ist nicht berechtigt, einen Vertrag mit dem von ihr mit Schreiben vom xxxxxx gegenüber den Interessenten konkretisierten oder gar davon abweichenden Inhalt zu schließen, ohne den Vertragspartner zuvor im Wege eines europaweiten, förmlichen Vergabeverfahrens auf der Grundlage des zweiten Abschnitts der VOB/A zu ermitteln. Entgegen der Auffassung der Auftraggeberin handelt es sich bei dem von ihr angestrebten Vertragsverhältnis nicht lediglich um ein Interessenbekundungsverfahren oder eine dem Vergaberecht nicht unterliegende Dienstleistungskonzession, die lediglich auf den Abschluss eines Hafenbetreiber- und Pachtvertrages gerichtet ist. Vielmehr suchte die Auftraggeberin ausweislich ihres Schreibens vom xxxxxx ausdrücklich zugleich einen Investor, der auf Basis des von ihm auszuarbeitenden Konzeptes die erforderlichen Baumaßnahmen auf dem von ihm zu pachtenden und zu betreibenden Hafengelände des Schutzhafens xxxxxx realisiert. Dabei wurde ausweislich des Schreibens ausdrücklich seitens der Auftraggeberin eine Entwicklung als "Sport- und Freizeithafen" angestrebt. In Ermangelung einer gemäß den §§ 1, 3 VgV erforderlichen Kostenschätzung unmittelbar vor Beginn des Vergabeverfahrens ist auf Basis des von der Antragstellerin angebotenen Konzeptes für die Errichtung und Entwicklung eines Sportboot- und Freizeithafens und den dort von der Antragstellerin detailliert veranschlagten Kosten zumindest davon auszugehen, dass die im ursprünglich angestrebten Vertragswerk enthaltene Baukonzession auch den Schwellenwert für einen europaweit auszuschreibenden Bauauftrag in Höhe von 5,150 Mio. EUR deutlich überschreitet. Dem steht nicht entgegen, dass das Konzept der Beigeladenen von erheblich geringeren Kosten (insgesamt ca. xxxxxx EUR) ausgeht. Denn das Konzept der Beigeladenen sieht gerade nicht die Entwicklung eines von der Auftraggeberin laut Schreiben vom xxxxxx angestrebten reinen Sportboot- und Freizeithafen, sondern als Alternative dazu die Entwicklung eines "Multifunktionalen Vollwerthafens" vor, so dass beide Konzepte nicht miteinander vergleichbar sind.
Da die Auftraggeberin im Zuge des Nachprüfungsverfahrens gegenüber der Vergabekammer zudem erklärt hat, dass sie von ihrem ursprünglich dem Wettbewerb ausdrücklich zugrunde liegenden Ziel, der Errichtung eines Sport- und Freizeithafens, inzwischen abgerückt ist, nunmehr einen multifunktionalen Hafen favorisiert und darüber hinaus die erforderlichen Baumaßnahmen und Investitionen entgegen ihrem Schreiben vom xxxxxx nicht mehr dem künftigen Pächter und Betreiber überlassen, sondern selbst in einem vergaberechtsgemäßen Verfahren ausschreiben will, hat sie die Grundlagen des streitbefangenen Vergabeverfahrens erheblich geändert. Ein Zuschlag kann daher im vorliegenden formlosen Vergabeverfahren nicht erteilt werden. Vielmehr ist das Verfahren entsprechend § 26 Nr. 1 lit. b und c VOB/A aufzuheben.
Im Übrigen genügt das vorliegende Vergabeverfahren ungeachtet der von der Antragstellerin nicht gerügten, fehlenden europaweiten Ausschreibung auch nicht den dann von der Auftraggeberin wenigstens zu beachtenden Forderungen des vergaberechtlichen Transparenzgrundsatzes an ein freihändiges Vergabeverfahren im Sinne des § 3 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A. Insbesondere fehlt es an der Festlegung jeglicher Zuschlagskriterien sowie einem sich mit dem Wertungsvorgang auseinandersetzenden, hinreichenden, das Verfahren und die dortigen Entscheidungen dokumentierenden Vergabevermerk gemäß § 30 VOB/A.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um die in hundertprozentiger Trägerschaft der Stadt xxxxxx stehenden xxxxxx in der Rechtsform einer GmbH und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Entgegen der Auffassung der Auftraggeberin beinhaltet die von ihr im Wege eines formlosen Vergabeverfahrens betriebene Suche eines "Pächters/Betreibers/Investors für das Hafengelände des Schutzhafens xxxxxx" nicht lediglich ein Interessenbekundungsverfahren oder eine in einen reinen Pacht- und Betreibervertrag mündende Vergabe einer Dienstleistungskonzession, die bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen nicht dem Vergaberecht unterliegen würde. Zwar unterliegt auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung zu Grundstücksverkäufen oder -verpachtungen der öffentlichen Hand ein reiner Verkauf oder eine reine Verpachtung eines im Eigentum der öffentlichen Hand befindlichen Grundstücks nicht dem Vergaberecht, weil die öffentliche Hand hierbei lediglich als Anbieter einer eigenen Leistung auftritt und nicht fremde Leistungen nachfragt. Die Einnahme einer Gegenleistung in Geld in Form des Pachtzinses ist kein vergaberechtlich relevanter Beschaffungsvorgang (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 13.03.2008, Az.: Verg 5/07, zitiert nach VERIS). Die Auftraggeberin strebte aber ausweislich des an die Interessenten/Bewerber gerichteten Schreibens vom xxxxxx, in dem sie ihre Anforderungen an den künftigen Vertragspartner und das von ihm vorzulegende und zu realisierende Konzept darlegte, ausdrücklich ein Vertragsverhältnis an, das die Elemente eines Pacht- und Betreibervertrages mit der gleichzeitigen Beauftragung eines Investors im Wege einer öffentlichen Baukonzession im Sinne des Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG kombiniert, die vergaberechtlich den öffentlichen Bauaufträgen im Sinne des Art. 1 Abs. 2 lit. b dieser Richtlinie gleichgestellt ist und damit bei richtlinienkonformer Auslegung des GWB gemäß den §§ 97, 99 Abs. 3, 101 GWB dem Vergaberecht unterliegt.
Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Bremen hat mit Beschluss vom 13.03.2008 - Az.: Verg 5/07 - entschieden, dass Grundstücks-Pachtverträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Investoren dann als ausschreibungspflichtige Baukonzessionen einzustufen sind, wenn der Investor nicht nur zur Zahlung eines Pachtzinses, sondern auch zur Realisierung bestimmter Baumaßnahmen verpflichtet wird. Zwar unterliege die schlichte Verpachtung eines Grundstücks durch die öffentliche Hand nicht dem Kartellvergaberecht, weil die öffentliche Hand hierbei lediglich als Anbieter einer eigenen Leistung auf den Markt tritt und nicht fremde Leistungen nachfragt. Anders sei dies jedoch zu beurteilen, wenn - wie im dort entschiedenen Fall - von den Interessierten ein Nutzungskonzept verlangt wird, das alle vom Auftraggeber auf den angedienten Pachtgrundstücken erforderlichen Baumaßnahmen (im dortigen Fall: Errichtung eines Windparks) ausführen soll und vom letztlich erfolgreichen Bieter bzw. Pächter baulich umgesetzt werden soll. Das OLG Bremen ist dabei der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf zur Ausschreibungspflichtigkeit von städtebaulichen Verträgen und Grundstückskaufverträgen mit Bauverpflichtung gefolgt und hat diese Rechtsprechung damit auch auf Pachtvertragsverhältnisse ausgedehnt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.06.2007 - Verg 2/07; 12.12.2007 - Verg 30/07; 06.02.2008 - Verg 37/07, zitiert nach ibr-online; ebenso OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.07.2008 - 15 Verg 3/08).
Auch im vorliegenden Fall hat die Auftraggeberin bereits ausweislich der formlosen Bekanntmachung in der Fachzeitschrift "xxxxxx" vom xxxxxx eben nicht lediglich einen Pächter und einen Dienstleister als Betreiber des vorhandenen Hafens gesucht, sondern gleichzeitig ausdrücklich einen Investor, der auf Basis eines von ihm zu entwickelnden und vorzulegenden Grobkonzeptes letztlich die von ihm konzeptionierten Maßnahmen selbst realisiert. Konkretisiert hat die Auftraggeberin ihre Anforderungen und Vorstellungen dann mit dem an die Interessenten versandten 8-seitigen Schreiben vom xxxxxx. In diesem Schreiben wird von der Auftraggeberin ausführlich dargelegt, dass von dem künftigen Pächter die Entwicklung und Vorlage eines groben Entwicklungs- und Investitionskonzeptes für den geplanten Sportboot- und Freizeithafen erwartet wird - auf der Grundlage des Bebauungsplanes Nr. xxxxxx"Schutzhafen", xxxxxx, in Kraft getreten am xxxxxx. Der Bebauungsplan setzt in diesem Bereich des Hafens unter der baulichen Nutzung als SO xxxxxx ausdrücklich die Zweckbestimmung "Sportboothafen" fest.
Bereits auf Seite 3 dieses Schreibens heißt es unter "2. Ausgangspunkt und geplante Hafenentwicklung" unmissverständlich:
"Da die xxxxxx der Stadt xxxxxx ebenso wie ihr Anteilseigner, die Stadt xxxxxx, nicht über die entsprechende Finanzkraft für diese Entwicklung des Sport- und Freizeithafens verfügen, soll diese Entwicklung zusammen mit Privatinvestoren erfolgen."
Weiter unter "3. Konkretisierung der Hafenentwicklung mit Investoren/Betreibern" auf Seite 4:
"Diese Rahmenbedingungen für die Entwicklung des kommunalen Hafens zeigen auf, dass die xxxxxx der Stadt xxxxxxx den Schwerpunkt Ihres Interesses auf Gesprächspartner legen (müssen), die bereit und in der Lage sind, kurzfristig ein Grobkonzept für die Entwicklung mit zugehörigen Investitions- und Finanzierungsplänen insbesondere für die mittelfristige landseitige Erschließung des Hafenareals mit Zielrichtung eines Sport- und Freizeithafens vorzulegen.
. . .
Wir konkretisieren daher unsere geschaltete Anzeige für den kommunalen Hafen mit dem Titel "Pächter/Betreiber/Investor" hiermit dahin gehend, dass der Eigentümer xxxxxx primär Investoren sucht, die auf Basis eines gemeinsam auszuarbeitenden Erbpachtvertrages die Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen inhaltlich und finanziell langfristig mitgestalten wollen und können." (Hervorhebungen durch die Vergabekammer)
Unter der laufenden Nr. 5 auf Seite 7 ff. dieses Schreibens heißt es schließlich:
"Wir bitten Sie, Ihr Entwicklungskonzept (mit Flächenplanung) inklusive Investitions- und Geschäftsplanung spätestens bis zum xxxxxx (Datum des Poststempels/Mailabsenders) bei uns einzureichen. Ebenso enthalten sein sollte ein Hafenbetriebskonzept für die Übergangszeit bis zum Abschluss eines dazugehörigen Erbpachtvertrages (vgl. Punkt 3)." (Hervorhebung durch die Vergabekammer)
Vorliegend handelt es sich damit nicht um die Vergabe einer bloßen Dienstleistungskonzession. Gemäß Art. 1 Abs. 4 der Vergabekoordinierungsrichtlinie (VKR) (Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentliche Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. Nr. 1134 vom 30.04.2004, S. 114) sind Dienstleistungskonzessionen Verträge, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zuzahlung eines Preises besteht. Damit ist - ebenso wie bei der Baukonzession - in Abgrenzung zu einem Dienstleistungsauftrag kennzeichnend, dass nicht der Auftraggeber den Dienstleistungserbringer bezahlt, sondern dieser sich maßgeblich über die Entgelte Dritter refinanziert und insoweit im Gegenzug für die Einräumung einer Nutzungsbefugnis das entsprechende Betriebsrisiko trägt (vgl. Portz/Düsterdiek, VOB, 16. Auflage, § 32 VOB/A, Rdnr. 22). Gemäß § 17 VKR werden Dienstleistungskonzessionen weiterhin vom Anwendungsbereich des europäischen Vergaberechts ausdrücklich ausgenommen.
Demgegenüber liegt eine Baukonzession im Sinne des § 32 VOB/A und - im Falle des Überschreitens der Schwellenwerte für eine europarechtsweite Ausschreibung - im Sinne des § 32 a VOB/A und des § 99 Abs. 3 GWB dann vor, wenn es sich bei dem angestrebten Vertragswerk um einen zwischen einem Unternehmer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen, schriftlichen, entgeltlichen Vertrag über die Ausführung oder gleichzeitige Ausführung und Planung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer Tätigkeit im Baugewerbe oder eines Bauwerks oder die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte - gleichgültig mit welchen Mitteln - nach den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen handelt mit der Besonderheit, dass die Gegenleistung für diese Arbeit in dem Recht zur Nutzung des Bauwerkes durch den Unternehmer, ggf. zuzüglich einer Zuzahlung besteht. Maßgebliches Abgrenzungskriterium zum gewöhnlichen Bauauftrag ist auch hier die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos bzw. eines nicht unerheblichen Anteils davon durch den Unternehmer. Der Unternehmer übernimmt also die Leistungserbringung auf eigenes Finanzierungsrisiko und weiter das Risiko der Nutzung der baulichen Anlage (vgl. Merkens in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 2. Auflage, § 32 VOB/A, Rdnr. 3, m.w.N.). Die Abgrenzung zwischen einer Dienstleistungskonzession und einer Baukonzession richtet sich grundsätzlich nach dem angestrebten Vertragsinhalt und findet analog der Abgrenzung eines Bauauftrages zu einem Dienstleistungsauftrag statt.
Es ist also der Schwerpunkt des gegenständlichen Vertrages im Hinblick auf den Bauanteil bzw. Dienstleistungsanteil zu berücksichtigen. Da die Dienstleistungskonzession dem Vergaberecht nicht unterliegt, ist von einer Bauleistung und damit dem Vorliegen einer Baukonzession bereits dann auszugehen, wenn die Bauleistung in dem Gesamtvertrag nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. Bischoff in: Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht Kompaktkommentar, § 32 VOB/A, Rdnr. 3, m.w.N.). Auch der EuGH hat bei der Abgrenzung eines Bau- von einem Dienstleistungsauftrag entschieden, dass eine Bauleistung nur dann nicht vorliegt, wenn die Bauarbeiten gegenüber dem Hauptgegenstand der Ausschreibung nur von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. EuGH, Urteil vom 19.04.1994, Rs. C-3431/92). Wann von einer untergeordneten Bedeutung der Bauleistung und damit auch der Baukonzession auszugehen ist, hängt vom Einzelfall ab.
Auch wenn die Angabe einer exakten Prozentzahl nicht möglich ist, dürfte eine Baukonzession jedenfalls immer dann gegenüber einer Dienstleistungskonzession nicht von untergeordneter Bedeutung sein, wenn die Bauleistung mindestens 40% des Auftragsvolumens oder mehr beträgt (vgl. Portz/Düsterdiek a.a.O., § 32 VOB/A, Rdnr. 26; Franke/Mertens in Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB, 2. Auflage § 32 VOB/A). Wenn die Vertragsgegenstände voneinander getrennt werden können, sind auf jeden dieser Verträge die entsprechenden Regelungen der Bau- und Dienstleistungskonzessionen getrennt anzuwenden (vgl. Mitteilung der Kommission zu Konzessionen - 2000/C 121/02, Ziffer 2.3 = NZBau 2000, Seite 413 ff. und 458 ff.).
Im vorliegenden Fall enthält die ausgeschriebene Leistung sowohl Dienst- wie auch Bauleistungselemente. Bauleistungselemente bestehen insbesondere im Bereich der Wellenberuhigung durch einen von der Auftraggeberin ausdrücklich selbst als Möglichkeit genannten Einzug eines (fest verankerten) Fangedamms in Ost-West-Richtung (siehe Seite 4 des Schreibens der Auftraggeberin vom xxxxxx) und durch eine von der Auftraggeberin ausdrücklich gewünschte, mittelfristige landseitige Erschließung des Hafenareals (Seite 5 des Schreibens vom xxxxxx). Die Antragstellerin geht in ihrem Konzept allein für den von ihr als Schutzmaßnahme vorgesehenen Fangedamm - der laut Schreiben der Auftraggeberin vom xxxxxx sowie ausweislich der Vergabeakte auch schon vor Einreichung des Konzeptes der Antragstellerin zumindest als eine taugliche Möglichkeit zur Wellenberuhigung im Hafen von Auftraggeberin genannt und erörtert wurde - von Investitionskosten in Höhe von xxxxxx. EUR aus. Hinzu kommen noch Bauleistungen für eine notwendige Sanierung vorhandener Hafenanlagen/-bauwerke, sofern diese noch nicht zwischenzeitlich durch die Stadt xxxxxx veranlasst wurden und vom künftigen Hafenbetreiber getragen werden sollen (so wurde ausweislich einer Feststellung auf Seite 9 eines von der Auftraggeberin zu den Akten gereichten Protokollentwurfs der Aufsichtsratssitzung vom xxxxxx ausdrücklich eine Sicherung und Sanierung der im Schutzhafen befindlichen Pontons für erforderlich gehalten, die allerdings nach Aussage der Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung zumindest in Höhe von xxxxxx EUR bereits erfolgt ist. Das gleiche gilt laut Auftraggeberin für eine Teilsanierung am Nordufer mit Kosten von bislang xxxxxx EUR.) Ungeachtet dessen sind jedenfalls die Kosten der konzeptbedingten Baumaßnahmen im Vergleich zu den Kosten des Pacht- und Betreibervertrages nicht nur von untergeordneter Bedeutung. Insoweit handelt es sich um eine gemischte Konzession für Bau- und Dienstleistungen.
Damit ist Gegenstand der Ausschreibung gerade auch die Planung und Ausführung von Bauleistungen durch Dritte nach den von der Auftraggeberin genannten Erfordernissen i.S.d. § 99 Abs. 3 GWB. Dem steht nach der Rechtsprechung nicht entgegen, dass die Auftraggeberin im vorliegenden, formlosen Wettbewerb die konkrete Ausgestaltung der Bauwerke nicht vorgegeben, sondern den Konzepten der Bieter überlassen hat. Nach Überprüfung der von den Bietern vorgelegten Entwicklungs- und Investitionskonzepte und Entscheidung über den Zuschlag würde sich die Auftraggeberin die Planung i.S.d. Rechtsprechung so zu eigen machen, dass die vertragliche Festlegung ihren "Erfordernissen" entspricht (vgl. OLG Bremen, Beschluss v. 13.03.2008, Verg 5/07, m.w.N.).
Der Wert des streitbefangenen Vertragsverhältnisses und namentlich der darin enthaltenen Baukonzession übersteigt entgegen der Auffassung der Auftraggeberin auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den zu vergebenden Leistungen handelt es sich insbesondere auch um eine Baukonzession und damit um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A. Für Bauaufträge gilt gemäß § 2 Nr. 4 der Vergabeverordnung (VgV) in der zurzeit geltenden Fassung ein Schwellenwert von 5,15 Mio. EUR. Maßgeblich für die Entscheidung, ob ein zu vergebender Auftrag den entsprechenden Schwellenwert gemäß § 2 VgV eine Pflicht zur europaweiten Ausschreibung und ggf. einer Nachprüfbarkeit des Verfahrens durch die Vergabekammer reicht, ist das Ergebnis einer ordnungsgemäßen, den Anforderungen der §§ 1 und 3 VgV genügenden ex ante-Schätzung des Auftraggebers, die in der Vergabeakte in einer den Anforderungen der §§ 30, 30 a VOB/A genügenden Weise zu dokumentieren ist. Dabei muss es sich um eine aktuelle Schätzung im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld des Vergabeverfahrens handeln. Dies folgt aus § 3 Abs. 10 VgV. Danach ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes der Tag der Absendung der Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe oder die sonstige Einleitung des Vergabeverfahrens.
Eine den Anforderungen genügende ex ante-Schätzung der Auftraggeberin ist unstreitig nicht erfolgt, geschweige denn ist sie in der Vergabeakte dokumentiert. Die Auftraggeberin ist vielmehr ausweislich der mit der Vergabeakte übersandten Protokolle über die Aufsichtsratssitzungen auf der Grundlage des ursprünglich im Jahre 2005 von der Stadt xxxxxx beim Land Niedersachsen gestellten Förderantrages davon ausgegangen, dass der Schwellenwert für die Pflicht zur Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens vorliegend nicht erreicht wird. Die Stadt xxxxxx hatte im Jahre 2005 Antrag auf Förderung zur Attraktivierung Sport- und Freizeithafen "xxxxxx Hafen", Schritt 1, gestellt. Die Stadt beantragte konkret die Förderung der Maßnahmen "Wellendämpfung und Umrüstung der Schwimmbrücke xxxxxx mit Liegeplatz des xxxxxxschiffes (xxxxxx)". Die Gesamtkosten dieser Maßnahme waren von der Stadt xxxxxx mit xxxxxx EUR veranschlagt worden. In der Folge stellte sich jedoch heraus, dass die im Förderantrag angegebenen Maßnahmen zur Wellendämpfung aufgrund fehlerhafter Annahmen (Wellendämpfung durch Überschüttung des Schlicks und des Kleis am Nordufer) im Förderantrag so nicht realisierbar waren. Deshalb wurde der Förderantrag zurückgezogen. Im Zuge der Weiterverfolgung der verschiedenen Möglichkeiten zur Attraktivierung des Hafens stellte der von der Stadt xxxxxx als Fachplaner beauftragte xxxxxx ausweislich des vorliegenden Protokolls über die xxxxxx. Sitzung des Aufsichtsrates der Auftraggeberin vom xxxxxx fest, dass seine Untersuchungen zum Ist-Zustand ergeben hätten, dass die Pontons und Schwimmbrücken renovierungsbedürftig sind und es ein Hafentiefenproblem gebe. Er schätzte, dass die Kosten so groß sein werden, dass sich das bisherige Verhältnis der Fördermittel zu Gesamtkosten von 50/50 auf 10/90 verschieben würde. Eine konkrete Kostenschätzung wurde durch den Geschäftsführer der Auftraggeberin in der Sitzung des Aufsichtsrates vom xxxxxx angekündigt. Sie erfolgte jedoch offenbar nicht. Jedenfalls ist eine solche in der Vergabeakte nicht enthalten. Die Umsetzung der bekannten Beträge aus dem Förderantrag in die vom beauftragten Planer xxxxxx ermittelten neuen Verhältniszahlen würde nach Feststellung der Vergabekammer rechnerisch Kosten in Höhe von xxxxxx EUR allein für die hinsichtlich der Infrastruktur erforderlichen Baumaßnahmen ohne Betrachtung der Gesamtkonzession zur gesamten Attraktivierung des Schutzhafens ergeben.
Fehlt im Vergabeverfahren eine den Anforderungen der §§ 1, 3 VgV genügende ex ante-Schätzung des Auftraggebers, so muss die Vergabekammer die Frage der Überschreitung des maßgeblichen Schwellenwerts als wesentliche Anwendungsvoraussetzung des vergaberechtlichen Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahrens gleichwohl jederzeit von Amts wegen prüfen. Diese Prüfung bleibt zwar grundsätzlich unbeeinflusst vom Verhalten der Verfahrensbeteiligten, insbesondere davon, ob und wann diese zu den tatsächlichen Grundlagen der Schwellenwertberechnung oder den fachlichen und rechtlichen Fragen der Berechnung (Vorausschätzung) des voraussichtlichen Auftragswertes (Honorarsumme nach HOAI) im Sinne des § 107 GWB Rügen erhoben haben (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 30.03.2004, Az.: 6 Verg 1/03, zitiert nach VERIS). Die tatsächlichen Ausschreibungsergebnisse sind für die Frage, ob der maßgebliche Schwellenwert für eine europaweite Ausschreibung des streitbefangenen Auftrags gemäß §§ 100, 101 GWB und §§ 1, 2 Nr. 4 VgVüberschritten wird, aber nur dann außer Acht zu lassen, wenn sich aus der Vergabeakte ergibt, dass die diesbezügliche ex ante-Schätzung des Auftraggebers den Anforderungen des § 3 VgV genügte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die öffentlichen Auftraggeber verpflichtet sind, den ordnungsgemäß (seriös) geschätzten Gesamtwert des zu vergebenden Auftrags in einem Vergabevermerk festzuhalten und zwar - gemäß § 3 Abs. 10 VgV - eben bezogen auf den Zeitpunkt, in dem die Bekanntmachung über die beabsichtigte Auftragsvergabe abgesandt wird bzw. das Vergabeverfahren sonstwie eingeleitet wird (vgl. Glahs in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 2. Auflage, § 2 VgV, Rdnr. 4, 5 m.w.N.). Da eine solche Schätzung der Auftraggeberin vorliegend fehlt, sind für die Ermittlung des Auftragswertes auch die beiden vorliegenden Konzeptangebote zu berücksichtigen. Die Antragstellerin geht in ihrem Konzept allein für den als Schutzmaßnahme zu errichtenden Fangedamm bereits von Investitionskosten in Höhe von xxxxxx EUR aus. Von der Errichtung des Fangedamms durfte die Antragstellerin bei Erstellung ihres Konzepts entgegen der Auffassung der Beigeladenen ausgehen, da die Auftraggeberin in ihrem konkretisierenden Schreiben vom xxxxxx auf Seite 4 die Errichtung eines Fangedamms ausdrücklich als taugliches Mittel zur geforderten Wellenberuhigung im Hafen benannt hatte. Wörtlich heißt es dort:
"Die gegenwärtigen Vorüberlegungen bzw. Grobplanungen laufen auf Basis der vorliegenden Untersuchungsergebnisse darauf hinaus, dass die Wellenberuhigung vielmehr durch den Einzug eines (fest verankerten) Fangedamms in Ost-West-Richtung südlich der xxxxxx gegenwärtig am Nordufer befindlichen Schwimmbrücken realisierbar ist."
Soweit die Beigeladene im Zuge des Nachprüfungsverfahrens darauf hingewiesen hat, dass sie selbst die diesbezüglichen Kosten und den Aufwand für zu hoch und unnötig hält, ist ihr zuzugestehen, dass im Rahmen von anderen Konzepten möglicherweise andere, kostengünstigere Lösungen ebenfalls zu der im Rahmen des jeweiligen Konzeptes erforderlichen Wellenberuhigung führen mögen. Entscheidend ist aber, dass die Antragstellerin die Errichtung eines solchen Fangedammes bei der Kalkulation der Investitionskosten ohne weiteres berücksichtigen durfte. Die Antragstellerin hat überdies - wie im Schreiben der Auftraggeberin vom xxxxxx gefordert - auf den von der Auftraggeberin im Zuge des Bewerbungsverfahrens den Bewerbern übersandten Fragenkatalog vom xxxxxx fristgerecht bis zum xxxxxx eine detaillierte Kostenschätzung der im Rahmen ihres mit E-Mail und parallel mit Schreiben vom xxxxxx übersandten Konzeptes hinsichtlich der dort enthaltenen "Fangedammumschließung Marina xxxxxx-Hafen, xxxxxx" übersandt. Aufgestellt wurde die in der Vergabeakte enthaltene, dreiseitige Kostenschätzung mit Datum vom xxxxxx von der Ingenieurberatung xxxxxx. Diese Kostenschätzung schließt mit Gesamtherstellkosten in Höhe von xxxxxx EUR netto. Der Berücksichtigung dieser Kostenschätzung für die Frage der Höhe des Auftragswertes steht nicht entgegen, dass die Beigeladene im Rahmen ihres Konzeptes von erheblich niedrigeren Kosten ausgeht. Zum einen verfolgt die Beigeladene mit ihrem Konzept in Abweichung zum Schreiben der Auftraggeberin vom xxxxxx nicht die Errichtung eines reinen Sport- und Freizeithafens, sondern die Errichtung eines multifunktionalen Vollwerthafens. Zum anderen hat sie weder in ihrem mit Schreiben vom xxxxxx übersandten Konzept noch auf den Fragenkatalog vom xxxxxx im Zuge des Bewerbungsverfahrens die Fragen der Auftraggeberin zur Finanzierung, Eigenkapitalausstattung und Unterhaltung beantwortet oder eine Schätzung der Investitionskosten übersandt. Mit Schreiben vom xxxxxx an die Auftraggeberin verwies die Beigeladene statt dessen darauf, dass sie ihren Investitions- und Ertragsplan der Auftraggeberin bei einer Beamerpräsentation am xxxxxx gezeigt habe. Darüber hinaus habe sie ihren detaillierten Investitions- und Ertragsplan inzwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden, der Bürgermeisterin, dem Stadtkämmerer und einem Ratsherrn in vertraulichen Gesprächen präsentiert und erläutert. Die Beigeladene hat diese Verfahrensweise auf Nachfrage der Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2008 dahin gehend erläutert, dass diese Präsentation gelegentlich der Aufsichtsratssitzung vom xxxxxx erfolgt sei. Sie, die Beigeladene, habe jedoch darum gebeten, dass diese Zahlen nicht protokolliert werden. Deshalb lägen der Auftraggeberin ihre Zahlen in schriftlicher Form nicht vor und seien deshalb in den Akten nicht enthalten. Sie gehe auf Basis ihres Konzeptes von Investitionen für Infrastrukturmaßnahmen im Gesamtvolumen von ca. xxxxxx EUR aus. Zuzüglich der nach ihrem Konzept erforderlichen Suprastrukturmaßnahmen (landseitige Bebauung) sei von einer Summe von insgesamt xxxxxx EUR auszugehen. Die notwendige Finanzierung sei durch entsprechende Zusagen der angefragten Banken und weiterer Investoren, soweit im Stadium des Grobkonzepts erforderlich, gesichert. Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass in der fraglichen Sitzung vom xxxxxx entsprechende Zahlen mit diesem Volumen von der Beigeladenen präsentiert wurden. Schriftlich liege der Auftraggeberin allerdings bislang nichts vor. Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene dann erstmalig der Vergabekammer eine Auflistung der voraussichtlichen Kosten auf Basis des von ihr eingereichten Konzepts für einen multifunktionalen Vollwerthafen, Stand: xxxxxx, zu den Akten gereicht. Die Auflistung schließt mit der von Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung genannten Gesamtsumme für die Baumaßnahmen in Höhe von xxxxxx EUR. Da die Beigeladene allerdings entgegen der Antragstellerin bewusst ein von dem von der Auftraggeberin gemäß Schreiben vom xxxxxx angestrebten Ziel der Entwicklung eines reinen Sport- und Freizeithafens abweichendes Konzept eines multifunktionalen Vollwerthafens verfolgt, ist mit der Antragstellerin davon auszugehen, dass zumindest die mit der Entwicklung eines Sport- und Freizeithafens verbundenen Baumaßnahmen zu Gesamtkosten oberhalb des Schwellenwertes von 5,15 Mio. EUR führen.
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bewerberin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, das Konzept der Beigeladenen werde bevorzugt, obwohl dieses von den Vorgaben der Auftraggeberin im Bewerbungsverfahren gemäß Schreiben vom xxxxxx abweiche und insbesondere hinsichtlich der dort geforderten Investitions- und Finanzierungspläne auch unvollständig sei, so dass dieses gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ausgeschlossen werden müsste. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen ein durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis darlegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung eine Chance auf den Zuschlag hätte.
Der Antragsbefugnis der Antragstellerin steht entgegen der Auffassung der Auftraggeberin auch nicht entgegen, dass die Auftraggeberin bislang keine eigene Entscheidung über den Zuschlag getroffen hat. Das folgt zum einen daraus, dass sie ausweislich der vorliegenden Protokolle der Sitzungen ihres Aufsichtsrates wegen der dortigen Patt-Situation die Entscheidung ausdrücklich dem Rat der Stadt xxxxxx übertragen hat. Dieser hat sich auf seiner Sitzung vom xxxxxx für die Beigeladene ausgesprochen. Die Auftraggeberin hat auch im Zuge des Nachprüfungsverfahrens deutlich gemacht, dass sie dem Votum des Rates folgen wird. Darüber hinaus ist auch die nach § 12 Nr. 7 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 16.05.2007 zuständige Gesellschafterversammlung der Auftraggeberin in ihrer Entscheidung nicht völlig frei. Dies folgt daraus, dass die Stadt xxxxxx gemäß § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages alleinige Gesellschafterin ist und die Bürgermeisterin oder ihr allgemeiner Vertreter in der Gesellschafterversammlung gemäß § 11 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich an die Beschlüsse des Rates und des Verwaltungsausschusses der Stadt xxxxxx gebunden ist. Die Entscheidung des Rates der Stadt xxxxxx hat damit bereits eine das Rechtschutzbedürfnis und die Antragsbefugnis der Antragstellerin begründende Wirkung im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/02). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin den von der Auftraggeberin beabsichtigten Zuschlag auf das Konzept der Beigeladenen rechtzeitig gerügt. Die Beigeladene hat zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin spätestens seit der Präsentation der Konzepte im Aufsichtsrat der Auftraggeberin über den grundsätzlichen Inhalt des von der Beigeladenen entwickelten alternativen Konzepts für einen "multifunktionalen Vollwerthafen" informiert war. Die Präsentation erfolgte auf der Aufsichtsratssitzung vom xxxxxx. Die erste diesbezügliche Rüge der Antragstellerin erfolgte dagegen erst mit Anwaltsschreiben vom 06.08.2008. Allerdings liegt eine die Rügeverpflichtung begründende positive Kenntnis im geltend gemachten Rechtsverstoß im Sinne des § 107 Abs. 1 Satz 3 GWB erst vor, wenn der Bieter die Tatsachenkenntnis auch als Vergaberechtsverstoß bewertet. Maßstab ist dabei die einem Fachunternehmen mögliche laienhafte rechtliche Bewertung, dass es sich bei dem erkannten Sachverhalt um einen rechtlich zu beanstandendes Vergabeverfahren handelt. Eine bloße objektive Erkennbarkeit reicht für die positive Kenntnis dagegen nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2006, Az.: X ZB 14/06). Zumindest musste die Antragstellerin nicht davon ausgehen, dass sich die Auftraggeberin im Zuge des formlos geführten Bewerbungsverfahrens insbesondere bei der Auswahl des letztlich für den Zuschlag vorgesehenen Konzeptes völlig von ihrem Schreiben vom xxxxxx formulierten Zielrichtung lösen würde. Denn ausweislich dieses Schreibens vom xxxxxx suchte die Auftraggeberin ausdrücklich primär Investoren, die auf Basis eines gemeinsam auszuarbeitenden Erbpachtvertrages die Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen inhaltlich und finanziell mit gestalten wollen und können. Auf diese Vorgaben hat die Antragstellerin ihr Konzept für einen Sport- und Freizeithafen ausgearbeitet und der Auftraggeberin vorgelegt. Demgegenüber ist die Beigeladene bewusst von diesem von der Auftraggeberin formulierten Ziel abgewichen und hat alternativ das Konzept für einen multifunktionalen Vollwerthafen entwickelt und unterbreitet. Soweit die Antragstellerin mit Antragsschriftsatz vom 21.08.2008 vorgetragen hat, dass sie erstmals aufgrund der unmittelbar vor der entscheidenden Sitzung des Rates der Stadt xxxxxx am xxxxxx von ihr von der rechtlichen Prüfung des Sachverhalt beauftragten Verfahrensbevollmächtigten von der möglichen Vergaberechtswidrigkeit der Berücksichtigung des Konzeptes der Beigeladenen erfahren hat, kann dies nicht widerlegt werden. Gleiches gilt für den von der Antragstellerin geltend gemachten Verstoß der Beigeladenen gegen die Aufklärungspflicht gemäß § 24 VOB/A bezüglich der der Auftraggeberin nach wie vor nicht schriftlich vorliegenden Investitions- und Finanzierungspläne sowie für den Vortrag der Antragstellerin, an der entscheidenden Sitzung des Stadtrates am xxxxxx hätten unter Verstoß gegen § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a VgV Ratsmitglieder mitgewirkt, die ihrerseits als Gesellschafter der Beigeladenen beteiligt gewesen sind. Auch insoweit erfolgte mit dem Anwaltsschriftsatz vom 06.08.2008 Rüge noch unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Entscheidung der Auftraggeberin, dem Votum des Rates der Stadt xxxxxxx vom xxxxxx zu folgen und den Zuschlag im Rahmen des formlos geführten Vergabeverfahrens auf das Angebot und Konzept der Beigeladenen zu erteilen, verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB. Die Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen ist im vorliegenden Vergabeverfahren schon deshalb nicht möglich, weil das Konzept der Beigeladenen für die Entwicklung eines "multifunktionalen Vollwerthafens" von den Festlegungen der Auftraggeberin in ihrem an die Bewerber gerichteten Schreiben vom xxxxxx abweicht, die ausdrücklich einen Investor für die Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen gesucht hat. Insofern weicht das Konzept der Beigeladenen bewusst von den maßgeblichen Vorgaben der Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A ab. Darüber hinaus hat die Beigeladene weder innerhalb der von der Auftraggeberin mit Schreiben vom xxxxxx gesetzten Frist bis zum xxxxxx noch auf den im Zuge des Bewerbungsverfahrens von der Auftraggeberin versandten Fragenkatalogs vom xxxxxx die von der Auftraggeberin in schriftlicher Form geforderte Investitions- und Geschäftsplanung vorgelegt. Im der Auftraggeberin vorliegenden Konzept der Beigeladenen fehlen daher immer noch geforderte Erklärungen im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A (im Folgenden a). Die Auftraggeberin kann aber auch nicht verpflichtet werden, im laufenden Vergabeverfahren einen Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin zu erteilen. Dies folgt daraus, dass die Auftraggeberin im Zuge des Nachprüfungsverfahrens erklärt hat, dass sie in Abweichung zu ihren Vorgaben gemäß Schreiben an die Bewerber vom xxxxxx an der von ihr beabsichtigten Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen nicht mehr festhält und statt dessen nunmehr, der Entscheidung des Rates der Stadt xxxxxx vom xxxxxx folgend, wie die Beigeladene, die Entwicklung eines multifunktionalen Hafens anstrebt. Ferner beabsichtigt sie entgegen den Festlegungen in ihrem Schreiben vom xxxxxx nunmehr, die notwendigen Hafenbaumaßnahmen nicht mehr dem künftigen Pächter und Betreiber zu überlassen, sondern diese Baumaßnahmen selbst als Auftraggeberin in einem vergaberechtsgemäßen Verfahren auszuschreiben. Das Vergabeverfahren ist daher wegen grundlegender Änderungen der Verdingungsunterlagen entsprechend § 26 Nr. 1 lit. b VOB/A und wegen schwerwiegender Gründe gemäß § 26 Nr. 1 lit. c VOB/A aufzuheben (im Folgenden b).
a)
Das Angebot der Beigeladenen kann im laufenden Vergabeverfahren schon deshalb nicht den Zuschlag erhalten, weil ihr Konzept ausdrücklich nicht die von der Auftraggeberin mit Schreiben vom xxxxxx geforderte Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen verfolgt, sondern bewusst alternativ dazu die Errichtung eines multifunktionalen Vollwerthafens vorsieht. Das Konzept sieht ausdrücklich in Abweichung zu den Vorgaben der Auftraggeberin vom xxxxxx nur eine teilweise Nutzung des Hafens als Marina vor. Daneben soll der Hafen nach dem Konzept der Beigeladenen für den Bereich "Off-shore-Windkraft" als "Passagier- und Frachthafen", als "Bereitschaftshafen" und als "Gewerbe- und Handwerksfläche" dienen. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A sind Angebote, in denen Änderungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen wurden oder die von entsprechenden Festlegungen der Verdingungsunterlagen abweichen, zwingend von der Angebotswertung auszuschließen. Die Regelungen des § 25 Nr. 1, 4, 5 und 6 VOB/A sind gemäß § 25 Nr. 7 VOB/A auch bei freihändiger Vergabe entsprechend (die Regelungen gemäß § 25 VOB/A sogar direkt) anzuwenden. Das Verbot der Änderung der Verdingungsunterlagen trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer Wettbewerb vergleichbare Angebote verlangt. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht (vgl. Rusam in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Auflage, A § 21 Rdnr. 11). Der durch eine Ausschreibung eröffnete Wettbewerb kann nur gewährleistet werden, wenn Änderungen an den Verdingungsunterlagen unterbunden werden, weil andernfalls die Vergleichbarkeit der Angebote leidet. Angebote, die gegen § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A verstoßen, müssen deshalb von der Wertung ausgeschlossen werden (vgl. BGH, Urteil vom 08.09.1998, Az.: X ZR 109/96 = NJW 1998, S. 3644 ff., 3645 [BGH 08.09.1998 - X ZR 109/96]) [BGH 08.09.1998 - X ZR 109/96]. Nur wenn Änderungen an den Verdingungsunterlagen ausgeschlossen werden, wird der transparente und diskriminierungsfreie Wettbewerb der Bieter gewährleistet (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.10.2003, Az.: Verg 49/02, zitiert nach ibr-online). Die Bieter müssen daher grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung auch so angeboten haben will, wie er sie in den Verdingungsunterlagen festgelegt hat (vgl. Franke/Grünhagen, VOB, 2. Auflage, § 21 VOB/A, Rdnr. 140). Wollen oder können Bewerber die Leistung nicht nach Maßgabe der Verdingungsunterlagen anbieten, so steht es ihnen frei, Änderungsvorschläge oder Nebenangebote zu unterbreiten, sofern sie nicht ausgeschlossen sind.
Die Beigeladene hat ihr Konzept jedoch nicht als Sondervorschlag oder Nebenangebot gemäß § 25 Nr. 5 VOB/A - etwa in Ergänzung zu dem von der Auftraggeberin geforderten Konzept für einen Sport- und Freizeithafen - vorgelegt. Vielmehr handelt es sich bei dem Konzept um das Hauptangebot der Beigeladenen, dass sich an den Vorgaben der Auftraggeberin gemäß Schreiben vom xxxxxx messen lassen muss. Auch eine Umdeutung des Konzeptes der Beigeladenen in einen Sondervorschlag oder ein Nebenangebot kommt nicht in Betracht, weil das Konzept nicht nur teilweise von den Vorgaben der Auftraggeberin abweicht, sondern ausdrücklich das von der Auftraggeberin mit dem Bewerbungsverfahren verfolgte Ziel der Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen nicht verfolgt und statt dessen die Errichtung und den Betrieb eines völlig anderen, multifunktionalen Hafens verwirklichen möchte. Bei dem Konzept der Beigeladenen handelt es sich somit bewusst um ein völlig anderes Entwicklungsziel und damit um ein aliud gegenüber den Vorgaben der Auftraggeberin. Die von der Antragstellerin und der Beigeladenen vorgelegten Angebote sind daher nicht vergleichbar. Haben konkurrierende Angebote nach Art und Umfang gänzlich unterschiedliche Leistungsinhalte zum Gegenstand, so ist einem wirtschaftlichen Vergleich der Boden entzogen, weil es an einer gemeinsamen Bezugsgröße fehlt (vgl. Weyand, Vergaberecht, 2. Aufl., VOB/A § 25, Rn. 5570 m.w.N.; Thüringer OLG, Beschl. v. 19.03.2004, Az.: 6 U 1000/03).
Darüber hinaus steht einer Berücksichtung des Konzeptes der Beigeladenen als Nebenangebot entgegen, dass die die Auftraggeberin in diesem Verfahren keine für die Wertung von Nebenangeboten erforderliche Mindestanforderungen festgelegt und bekannt gemacht hat, die eingereichte Nebenangebote erfüllen müssen, was der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Wertung zu prüfen hat (vgl. Dähne, VOB, 2. Aufl., § 21 VOB/A, Rn. 33, m.w.N.).
Ergänzend weist die Vergabekammer darauf hin, dass einem Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen darüber hinaus auch die Tatsache entgegensteht, dass sie der Auftraggeberin bislang keinen schriftlichen Investitions- und Finanzierungsplan vorgelegt hat. Der Investitions- und Finanzierungsplan war bereits mit Schreiben der Auftraggeberin vom xxxxxx ausdrücklich bis zum xxxxxx mit dem Entwicklungskonzept einzureichen. Darüber hinaus ist die Beigeladene noch einmal mit dem Fragenkatalog vom xxxxxx im Zuge des Bewerbungsverfahrens ausdrücklich aufgefordert worden, die Fragen der Auftraggeberin zur Finanzierung, Eigenkapital, Ausstattung und Unterhaltung zu beantworten. Auch darauf übersandte die Beigeladene keine entsprechenden schriftlichen Unterlagen. Mit Schreiben vom xxxxxx an die Auftraggeberin hat die Beigeladene statt dessen darauf hingewiesen, dass sie ihren Investitions- und Ertragsplan der Auftraggeberin bei einer Beamerpräsentation am xxxxxx gezeigt. habe. Darüber hinaus habe sie ihren detaillierten Investitions- und Ertragsplan dem Aufsichtsratsvorsitzenden, der Bürgermeisterin, dem Stadtkämmerer und einem Ratsherrn in vertraulichen Gesprächen präsentiert und erläutert. Auch eine derartige Präsentation kann jedoch nicht einen detaillierten, aussagefähigen schriftlichen Investitions- und Finanzierungsplan ersetzen, wie ihn die Beigeladene inzwischen - nur für die Vergabekammer, nicht für die Auftraggeberin - in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2008 nachgereicht hat. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A müssen Angebote u.a. ausgeschlossen werden, die die geforderten Erklärungen im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A nicht enthalten. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen den zwingenden Charakter dieser Regelung betont und die damit verbundene Beschränkung des Beurteilungs- und Entscheidungsspielraums des Auftraggebers herausgestellt. Mit Urteil vom 07.01.2003 (Az.: X ZR 50/01 = VergabeR 5/2003, S. 558 ff.[BGH 07.01.2003 - X ZR 50/01]) hat der BGH betont, dass ein Angebot, das nicht alle geforderten Preisangaben enthält und deshalb nicht § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A entspricht, zwingend auszuschließen ist. Ein Angebotsausschluss komme nicht etwa nur dann in Betracht, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, wie es die VOB gewährleisten soll, sei nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote abgegeben werden. Der BGH betont, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bei Vorliegen der dort aufgestellten Voraussetzungen kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe hat, sondern gezwungen ist, das betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Auftraggeberin im vorliegenden Fall das Verfahren als - formloses - Verhandlungsverfahren oder freihändiges Verfahren geführt hat, hätte die Beigeladene spätestens auf die mit Fragenkatalog vom xxxxxx erfolgte Aufforderung der Auftraggeberin einen schriftlichen Investitions- und Finanzierungsplan zur Verfügung stellen müssen.
b)
Auch eine Verpflichtung der Auftraggeberin, den Zuschlag statt dessen auf das Angebot der Antragstellerin zu erteilen, scheidet vorliegend aus. Dies folgt daraus, dass sie im Zuge des Nachprüfungsverfahrens deutlich gemacht hat, dass sie der Entscheidung des Rates der Stadt xxxxxx vom xxxxxx folgt und damit nicht mehr an dem von ihr mit Schreiben an die Bewerber vom xxxxxx ausdrücklich formulierten und verfolgten Ziel, gemeinsam mit dem in diesem Verfahren auszuwählenden Pächter, Betreiber und Investor den kommunalen Hafen in einen Sport- und Freizeithafen zu entwickeln, festhält, sondern nunmehr offenbar - wie die Beigeladene - statt dessen die Errichtung eines multifunktionalen Hafens anstrebt. Darüber hinaus hat die Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 10.10.2008 erklärt, dass sie aufgrund der Diskussionen im Zuge des Nachprüfungsverfahrens Baumaßnahmen, die erforderlich sind, nicht von der künftigen Pächterin oder Betreiberin, sondern von ihr selbst auf der Grundlage des Vergaberechts ausgeschrieben werden sollen. Sowohl das Abrücken von der Entwicklung eines Sport- und Freizeithafens als auch die Herausnahme der je nach obsiegendem Konzept notwendigen Baumaßnahmen aus dem mit dem vorliegenden Vergabeverfahren angestrebten Vertragsverhältnis stellt eine wesentliche Änderung der von der Auftraggeberin in ihrem Schreiben vom xxxxxx aufgestellten Forderungen und Bedingungen und damit eine grundlegende Veränderung der Verdingungsunterlagen dar, die die Auftraggeberin zwar zu einer Aufhebung des Vergabeverfahrens nach § 26 VOB/A berechtigen, nicht aber im Rahmen des laufenden Verfahrens vollzogen werden können. Denn die Auftraggeberin hatte in ihrem Schreiben vom xxxxxx unmissverständlich darauf hingewiesen, dass sie die notwendigen Investitionen und damit auch die Baumaßnahmen dem künftigen Pächter und Betreiber überlassen wollte, der zugleich Investor sein sollte. Wörtlich heißt es auf Seite 3 des Schreibens vom xxxxxx:
"Da die xxxxxx der Stadt xxxxxx ebenso wie ihr Anteilseigner, die Stadt xxxxxx, nicht über die entsprechende Finanzkraft für diese Entwicklung des Sport- und Freizeithafens verfügen, soll diese Entwicklung zusammen mit Privatinvestoren erfolgen."
Weiter heißt es auf Seite 5:
"Wir konkretisieren daher unsere geschaltete Anzeige für den kommunalen Hafen mit dem Titel "Pächter/Betreiber/Investor" hiermit dahin gehend, dass der Eigentümer xxxxxx primär Investoren sucht, die auf Basis eines gemeinsam auszuarbeitenden Erbpachtvertrages die Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen inhaltlich und finanziell langfristig mitgestalten wollen und können."
Die Auftraggeberin ist von den beiden wesentlichen Eckpunkten des vorliegenden Vergabeverfahrens - Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen und Suche eines privaten Investors - abgerückt. Darüber hinaus ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin im Zuge des Nachprüfungsverfahrens zu der Absicht gelangt ist, die je nach Konzept erforderlichen Baumaßnahmen selbst als Auftraggeberin auf der Grundlage eines formellen, vergaberechtsgemäßen Verfahrens auszuschreiben. Bereits diese Absicht berechtigt die Auftraggeberin im Übrigen, das Vergabeverfahren aufzuheben. Eine Aufhebung ist gemäß § 26 Nr. 1 lit. c VOB/A u.a. dann statthaft, wenn "andere schwerwiegende Gründe bestehen". Derartig schwerwiegende Gründe können gerade auch in schwerwiegenden rechtlichen Fehlern des Auftraggebers im Vergabeverfahren liegen (vgl. Portz in: Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Auflage, A § 26 Rdnr. 16). Zu diesen schwerwiegenden rechtlichen Fehlern des Auftraggebers im Vergabeverfahren gehört auch das Unterlassen eines europaweiten Vergabeverfahrens trotz Überschreitung des Schwellenwertes. (vgl. Franke/Grünhagen in Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB, 2. Auflage, § 26 VOB/A, Rdnr. 42; OLG Koblenz, Beschluss vom 10.04.2003, Az.: 1 Verg 1/03). Dies gilt zumindest dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Bieter schon bei ihren Angebotskalkulationen hätten erkennen können und müssen, dass der Schwellenwert deutlich überschritten wird. Zumindest für die Antragstellerin war die Überschreitung des Schwellenwertes bei der Ausarbeitung ihres Konzeptes, das sich ausdrücklich an den Vorgaben der Auftraggeberin vom xxxxxx orientierte, offenkundig, da sie bereits für die Errichtung des Fangedamms von Kosten in Höhe von xxxxxx EUR netto ausging.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Wegen der festgestellten Vergaberechtsverstöße - insbesondere wegen des Absehens von der Durchführung eines europaweiten, die Vorschriften der VOB/A beachtenden Vergabeverfahrens -, aber auch wegen der im Zuge des Nachprüfungsverfahrens von der Auftraggeberin erklärten Absicht, an ihrem im Schreiben an die Bewerber vom xxxxxx ausdrücklich erklärten Ziel, einen privaten Investor für die Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen zu ermitteln, nicht mehr festzuhalten, ist es erforderlich, die Auftraggeberin zu verpflichten, das Vergabeverfahren entsprechend § 26 Nr. 1 lit. b und c VOB/A aufzuheben.
Die Auftraggeberin wird dadurch in die Lage versetzt, die aus ihrer Sicht erforderlichen Hafenbaumaßnahmen selbst in einem förmlichen Vergabeverfahren auf der Grundlage der VOB/A auszuschreiben. Aus gegebenem Anlass weist die Vergabekammer darauf hin, dass die Auftraggeberin, unabhängig davon, welches Konzept sie verfolgt, in jedem Fall gehalten ist, vor Durchführung des Vergabeverfahrens im Wege der Schätzung gemäß §§ 1, 3 VgV zu prüfen, ob der Schwellenwert für ein europaweites Vergabeverfahren überschritten wird. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung ist gemäß § 3 Abs. 10 VgV der Tag der Absendung der Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe oder die sonstige Einleitung des Vergabeverfahrens.
Sollte sich die Auftraggeberin entgegen ihren Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2008 doch entscheiden, die Baumaßnahmen als Baukonzession mit der Suche nach dem künftigen Pächter und Betreiber in einem Vergabeverfahren zu verknüpfen, so ist sie vergaberechtlich gehalten, das angestrebte Vertragsverhältnis auf der Grundlage der für eine Baukonzession geltenden Vorschriften der §§ 99 Abs. 3 GWB, 32, 32 a VOB/A nach (europaweiter) Bekanntmachung auszuschreiben. Dabei sind gemäß § 32 Abs. 2 VOB/A die §§ 1 - 31 VOB/A sinngemäß und - sofern die von der Auftraggeberin vom künftigen Pächter/Betreiber/Investor erwarteten Baumaßnahmen den Schwellenwert überschreiten - die Regelungen des § 17 a Nr. 2 VOB/A gemäß § 32 a Nr. 1 Abs. 3 VOB/A entsprechend anzuwenden.
Insbesondere hat die Auftraggeberin darauf zu achten, dass die Rahmenbedingungen und zumindest die maßgeblichen Eckpunkte des Inhalts des auszuschreibenden Vertragsverhältnisses sowie die Eignungs- und Zuschlagskriterien von der Auftraggeberin und der sie tragenden Stadt xxxxxx als Grundlage der Ausschreibung vorab abgestimmt werden. Nur auf diese Weise ist zu gewährleisten, dass auch unter Beachtung des von der Auftraggeberin möglicherweise gewünschten konzeptionellen Spielraums der Bieter hinreichend vergleichbare Angebote vorgelegt werden, die eine Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes im Sinne des § 97 Abs. 5 GWB und § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A ermöglichen. Bei den im Zuge des Vergabeverfahrens zu treffenden Entscheidungen ist darauf zu achten, das die Vorgaben des § 16 VgV eingehalten werden. Ferner gibt das vorliegende Verfahren dazu Anlass, die Auftraggeberin darauf hinzuweisen, dass sie das Vergabeverfahren in allen seinen Phasen und die dort getroffenen Entscheidungen in einem den Anforderungen der §§ 30, 30 a VOB/A genügenden Vergabevermerk dokumentieren muss.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zugrunde zu legende Auftragswert beträgt hinsichtlich der die euroweite Ausschreibungspflicht begründenden Baukonzession nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung xxxxxx EUR brutto. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin für die auf Basis des Schreibens der Auftraggeberin vom xxxxxx konzipierten Baumaßnahmen zur Wellenberuhigung (Fangedamm) und damit ihrem Interesse am Auftrag. Eine Kostenkalkulation für weitere, konzeptbedingte Baumaßnahmen hat auch die Antragstellerin im vorliegenden Vergabeverfahren nicht vorgelegt.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zurzeit gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte grundsätzliche Kostentragungspflicht der Auftraggeberin folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin in einem entscheidenden Punkt begründet ist und zur Verpflichtung der Auftraggeberin zur Aufhebung des Vergabeverfahrens geführt hat. Von einer Kostenquote zulasten der Beigeladenen hat die Vergabekammer abgesehen, weil die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat.
Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG von der Kostentragungspflicht befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2005, Az.: WVerg 0014/04).
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
Schulte
Nierychlo