Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 28.10.2008, Az.: VgK-36/2008
Verstoß gegen das vergaberechtliche Gebot des Geheimwettbewerbs gem. § 25 Nr. 1f i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A); Grundsätzliche Vergabe von Leistungen durch öffentliche Auftraggeber im Wettbewerb gem. § 97 Abs. 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB); Gewährleistung eines Geheimwettbewerbs zwischen den an der Ausschreibung teilnehmenden Bietern als wesentliches und erkennbares Zeichen einer Auftragsvergabe im Wettbewerb; Bindefrist i.S.d. § 19 Nr. 3 VOL/A als eine Annahmefrist des Bieters gemäß § 148 BGB
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 28.10.2008
- Aktenzeichen
- VgK-36/2008
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 29605
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A
- § 19 Nr. 3 VOL/A
- § 25 Nr. 1f VOL/A
- § 148 BGB
Verfahrensgegenstand
Das VOL-Vergabeverfahren "Bestattungsdienstleistungen im Rahmen von ordnungsbehördlichen Maßnahmen"
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl. Ing. Rohn und
den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Diplom-Ökonom Brinkmann,
ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, erneut in das Vergabeverfahren und die Angebotswertung einzutreten und diese unter Beachtung der aus den Gründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen.
Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens hat die Auftraggeberin zu 2/3 und die Antragstellerin zu 1/3 zu tragen. Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung des auf sie entfallenden Gebührenanteils befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf ... EUR festgesetzt.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu 2/3 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Mit europaweiter Bekanntmachung vom ... hat die ... als Auftraggeberin den Abschluss einer Rahmenvereinbarung über Bestattungsdienstleistungen im Rahmen von ordnungsbehördlichen Maßnahmen für eine Laufzeit von zunächst 24 Monaten mit Verlängerungsoption bis auf max. 4 Jahre als Offenes Verfahren ausgeschrieben. Für die Kalkulation gibt die Auftraggeberin ein Auftragsvolumen von ca. ... Bestattungen pro Jahr mit einem Anteil von 65% Urnen- und 35% Erdbestattungen vor. Als Beginn der Vertragslaufzeit wurde der ..., als Ende der ... angegeben mit einer Verlängerungsoption um max. 2 Jahre. Einziges Zuschlagskriterium ist der Preis. Die Angebote waren einzureichen bis zum ..., als Ende der Bindefrist des Angebots war der ... angegeben.
Infolge mehrerer Anfragen und Rügen wurde die Angebotsfrist verlängert bis zum ....
Nach der Niederschrift über die Verhandlung zur Öffnung der Angebote haben insgesamt 10 Bieter fristgerecht ein Angebot abgegeben. Das Ergebnis der Prüfung und Wertung wurde im Vergabevermerk vom 09.06.2008 dokumentiert. Dem Vergabevermerk hat die Auftraggeberin eine Tabelle beigefügt, in welcher sie die zu wertenden Angebotssummen ermittelt und verglichen hat. Hiernach ergibt sich bei Wertung des Preises folgende Rangfolge:
1. | 2. | 3. | 4. | 5. |
---|---|---|---|---|
Fa.O... | Fa. W... | Beigeladene zu 5 | Beigeladene zu 3 | Beigeladene zu 4 |
... EUR | ... EUR | ... EUR | ... EUR | ... EUR |
6./7. | 6./7. | 8. | 9. | 10. |
Beigeladene zu 1 | Beigeladene zu 2 | Fa.V... | Antragstellerin | Fa. B... |
... EUR | ... EUR | ... EUR | ... EUR | ... EUR |
Auf S. 3 des Vergabevermerks wurde folgender Hinweis festgehalten:
"Die Angebote der Firmen ... (Beigeladene zu 1) und ... (Beigeladene zu 2) sind in allen Positionen identisch. Dieser Umstand mag auf gegenseitige Firmenbeteiligung zurückzuführen sein."
Die Vergabestelle stellt in ihrem Vermerk fest, dass keines der Angebote aus der Wertung auszuschließen ist und kommt nach Maßgabe ihrer tabellarischen Ermittlungen der zu wertenden Angebotssummen zu dem Ergebnis, dass der Zuschlag auf das Angebot der Fa. O... zu erteilen ist.
Das RPA der Auftraggeberin trug diese Entscheidung zunächst nicht mit, da es in zahlreichen Gemeinsamkeiten der Firmen O... und W... und ihrer Angebote eine Indizienkette sah, die eine wettbewerbswidrige Abrede bei der Angebotserstellung in den Bereich des Möglichen rücke.
Die Vergabestelle forderte darauf hin die beiden Bieterfirmen zur Aufklärung auf und stellte anhand der in diesem Zusammenhang von beiden Firmen vorgelegten Unterlagen und Erklärungen fest, dass eine wettbewerbliche Abrede dem Beweis nicht zugänglich sei und sie keine Zweifel daran habe, dass keine wettbewerbliche Abrede stattgefunden hat. Im Rahmen der Aufklärung hatte zuvor die Fa. W... ihr Angebot mit Schreiben vom 14.07.2008 zurückgezogen.
Da der ursprünglich geplante Termin des Vertragsbeginns nicht eingehalten werden konnte, nahm die Auftraggeberin, nachdem sie von den Bietern des ausgeschriebenen Vergabeverfahrens entsprechende Angebote eingeholt hatte, für den Zeitraum vom 01.08. bis zum 20.10.2008 eine Interimsvergabe vor.
Mit Schreiben vom 17.07.2008 hatte sie die Bieter aufgefordert, sich bis spätestens zum 31.07.2008 mittels eines beigefügten Formblattes zur erforderlichen Bindefristverlängerung bis zu 15.10.2008 zu erklären. Andernfalls müsse deren Angebot mit Ablauf der ursprünglichen Zuschlags- und Bindefrist aus der Wertung ausscheiden.
Einer der Vergabeakte beigefügten Tabelle ist zu entnehmen, dass von der Fa. ... (Beigeladene zu 3) hierzu keine Erklärung eingegangen sei. Diese hatte aber - allerdings ohne das Formblatt zu verwenden - in einem die Interimsvergabe betreffenden Schreiben vom 31.07.2008 die Fristverlängerung für ihr Hauptangebot bestätigt. Die übrigen Bieter hatten der Bindefristverlängerung auf dem übersandten Formblatt zugestimmt.
Nach Zustimmung des RPA und des Haushaltsausschusses informierte die Auftraggeberin die Bieter mit Schreiben vom 12.09.2008 über den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Firma O.... Der Antragstellerin wurde mitgeteilt, dass ihr Angebot aus preislichen Gründen nicht berücksichtigt worden sei.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.09.2008 rügte die Antragstellerin das bei ihr am 15.09.2008 eingegangene Informationsschreiben der Auftraggeberin vom 12.09.2008. In diesem Schreiben sei der erfolgreiche Bieter nicht eindeutig bezeichnet worden, auch ließen die Angaben zum Grund der Nichtberücksichtigung ihres Angebotes nicht erkennen, welche konkreten Erwägungen für die Nichtberücksichtigung ausschlaggebend waren.
Unter der Annahme, dass es sich bei dem erfolgreichen Bieter um die Fa. "O..." mit Sitz in ... handelt und dass sich an der Ausschreibung auch die "... Gesellschaft für Bestattungen mbH" als Bieter beteiligt hat, sei davon auszugehen, dass der Zuschlag unter Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz und das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB erteilt werden soll.
Bei der "... Gesellschaft für Bestattungen mbH" handele es sich um einen dauerhaften Zusammenschluss diverser ... Bestattungsunternehmen, zu deren Gesellschaftern auch die Fa. "O..." gehöre. Damit liege eine vergaberechtswidrige Doppelbeteiligung vor, die zum zwingenden Ausschluss der als Bietergemeinschaft anzusehenden "... Gesellschaft für Bestattungen mbH" und ihrer mit einem eigenen Angebot beteiligten Gesellschafter führen müsse, denn ein Geheimwettbewerb sei unter diesen Umständen nicht mehr gewährleistet. Unter Fristsetzung forderte sie die Auftraggeberin zur Behebung der Vergaberechtsverstöße auf. Sie geht davon aus, dass sie bei vergaberechtskonformer Auswertung der Angebote eine echte Chance auf den Zuschlag gehabt hätte.
Nach dem Vortrag der Antragstellerin und dem Inhalt der Vergabeakte hat die Auftraggeberin das Rügeschreiben der Antragstellerin vom 16.09.2008 nicht beantwortet.
Mit Nachprüfungsantrag vom 23.09.2008 wandte sich die Antragstellerin an die Vergabekammer. Sie schildert das aus ihrer Sicht in mehrfacher Hinsicht fragwürdige zögerliche Vergabeverhalten und -verfahren der Auftraggeberin. Unter Wiederholung des Inhaltes ihres Rügeschreibens vom 16.09.2008 beanstandet sie, dass das Informationsschreiben der Auftraggeberin vom 12.09.2008 den Anforderungen des § 13 VgV nicht genüge und die Entscheidung über den Zuschlag wegen der Duldung vergaberechtswidriger Doppelbeteiligungen unter Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB getroffen wurde.
Der Nachprüfungsantrag wurde der Auftraggeberin am 24.09.2008 zugestellt.
Bei Durchsicht der von der Auftraggeberin übersandten Vergabeakte hat die Vergabekammer festgestellt, dass nicht nur in den zwei von der Auftraggeberin untersuchten Angeboten, sondern in insgesamt sechs von zehn Angeboten u.a. sehr auffällige preisliche Übereinstimmungen erkennbar sind. Die Angebotspreise der Beigeladenen zu 1 und zu 2 sind vollkommen identisch, die der Beigeladenen zu 4 und zu 5 unterscheiden sich jeweils nur in der Pos. 5. In einem verfahrensbegleitenden Schreiben vom 07.10.2008 wies sie die Auftraggeberin auf diesen Sachverhalt hin. Die Feststellung war Anlass für die Beiladung der betreffenden Bieter, soweit sie ihr Angebot im laufenden Vergabeverfahren noch aufrecht erhalten haben.
Anlässlich der Abfrage der Bereitschaft zu einer weiteren Bindefristverlängerung bis zum 04.12.2008 erklärten die zunächst beigeladenen Firmen O... und V... und die Fa. W... ggü. der Auftraggeberin, dass sie hierzu nicht mehr bereit sind, so dass ihre Angebote nicht mehr berücksichtigungsfähig sind.
Nach Akteneinsicht und Kenntnisnahme des verfahrensbegleitenden Schreibens der Vergabekammer verlangte die Antragstellerin den Ausschluss der Angebote der betreffenden Bieter wegen wettbewerbswidriger Abreden. Außerdem sei das Angebot der Beigeladenen zu 3 auszuschließen, denn diese habe das von der Auftraggeberin zwingend vorgegebene Formerfordernis vernachlässigt und damit der Bindefristverlängerung nicht wirksam zugestimmt.
Die Antragstellerin beantragt
- 1.
festzustellen dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist,
- 2.
geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen,
- 3.
hilfsweise,
für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder in sonstiger Weise, festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorgelegen hat,
- 4.
die Gewährung von Einsicht in die Vergabeakten des Antragsgegners gem. § 111 (1) GWB,
- 5.
festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragstellerin erforderlich gewesen ist,
- 6.
festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragsgegnerin nicht erforderlich gewesen ist und
- 7.
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Auftraggeberin beantragt
- 1.
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen und
- 2.
dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
In ihrer Antragserwiderung vom 01.10.2008 legt die Auftraggeberin zunächst dar, dass sie mit den während der Angebotsphase von der Antragstellerin erhobenen Rügen korrekt umgegangen sei und die Antragstellerin diesbezüglich keine Einwendungen mehr vorgetragen habe. Die von der Antragstellerin geschilderten Verzögerungen seien durch tatsächliche Schwierigkeiten bei der Prüfung und Wertung der Angebote entstanden.
Sie weist die Beanstandung des Informationsschreibens gemäß § 13 VgV zurück. Im Hinblick auf den Gegenstand des Vergabeverfahrens und die zu unterstellende Marktkenntnis der Bieter sei die Bezeichnung des erfolgreichen Bieters ausreichend gewesen. Auch die Antragstellerin habe das Unternehmen identifizieren können.
Die Bekanntgabe des Grundes der Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin sei im Hinblick darauf, dass als einziges Zuschlagskriterium der Preis bekannt gegeben und angewandt worden war, ausreichend gewesen.
Zurückgewiesen wird auch der Vorwurf, der Zuschlag werde unter Tolerierung wettbewerbswidriger Abreden erteilt. Unter Bezugnahme auf die Beschlusspraxis der Vergabekammer trägt sie vor, ein Angebotsausschluss gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 f VOL/A könne nur erfolgen, wenn eine wettbewerbsbeschränkende Abrede konkret nachgewiesen werden kann. Die im vorliegenden Fall festgestellten übereinstimmenden Preise bei den Einzelpositionen reichen aus ihrer Sicht für den Nachweis einer Preisabsprache nicht aus. Einige Preisübereinstimmungen seien zudem auf die allgemeine Preisgestaltung für diese Leistung auf dem Markt zurückzuführen. Hier gebe es Übereinstimmungen auch in Angeboten, bei denen keine sonstigen Indizien erkennbar seien.
Für das Angebot der Beigeladenen zu 3 lägen lückenlose Bindefristverlängerungen vor, sodass es in der Wertung verbleibe.
Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 3 weist darauf hin, dass sie sowohl mündlich als auch schriftlich innerhalb der hierfür von der Auftraggeberin gesetzten Frist wirksam die Bindefrist ihres Angebotes verlängert habe. In der Versendung von Vordrucken habe sie lediglich das Bemühen der Auftraggeberin erkannt, einen schnellen Ablauf zu gewährleisten.
Die Beigeladene zu 5 hat vorgetragen, es gebe bei ihr und der Beigeladenen zu 4 zwar eine Geschäftsführeridentität, die Angebotskalkulation erfolge jedoch nicht in Absprache, sondern getrennt und unabhängig. Basis der Kalkulation sei die allen beteiligten Bietern bekannte Preisliste für Dienstleistungen der .... Die Warenkalkulation basiere auf ebenfalls allen Bietern bekannten Preislisten von Sarg- und Zubehörlieferanten. Abweichungen seien daher nur hinsichtlich der in Abhängigkeit zur Größenordnung der Betriebe stehenden Gemeinkosten und des unternehmerischen Wagnisses zu erwarten.
Die Verfahrensbevollmächtigte der Beigeladenen zu 1 und zu 2 hat erklärt, die Identität der Angebotspreise ihrer Mandanten habe nichts mit wettbewerbswidrigen Absprachen zu tun. Beide Firmen haben gleiche Inhaber. Im Angebot der Beigeladenen zu 2 sei versehentlich der abgefragte Ort der Feuerbestattung nicht angegeben worden. Um einen Ausschluss zu vermeiden, habe darauf hin die Beigeladene zu 1 ein Angebot mit identischen Preisen und der Angabe des abgefragten Ortes der Feuerbestattung vorgelegt. Die nicht bestrittene Identität der Angebotspreise sei Beleg dafür, dass eine Wettbewerbsbeeinträchtigung nicht beabsichtigt war und auch nicht vorliege.
Die Beigeladene zu 4 hat sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beteiligten haben gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 GWB einer Entscheidung nach Lage der Akten ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Vergabeakte Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet, soweit die Auftraggeberin im Zuge der Angebotswertung für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes auch Angebote berücksichtigt hat, die in Kenntnis der Kalkulation anderer am Vergabeverfahren beteiligter Bieter abgegeben wurden und deshalb wegen Verstoßes gegen das vergaberechtliche Gebot des Geheimwettbewerbs gemäß § 25 Nr. 1 lit. f VOL/A i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zwingend auszuschließen waren und sind. Die überwiegende Übereinstimmung von jeweils zwei abgegebenen Angeboten konnte die Auftraggeberin ohne weiteres bei der von ihr vorgenommenen synoptischen Gegenüberstellung der Angebote unter Aufschlüsselung der Einzelpreise erkennen. Nur bei zwei - inzwischen mangels Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist aus dem Vergabeverfahren ausgeschiedenen - Angeboten hat sie die Preisidentität zum Anlass für eine Aufklärung nach § 24 VOL/A genommen. Sie hat diese Angebote dann aber wie die anderen betroffenen Angebote auch in der Wertung belassen. Betroffen und damit nicht zuschlagsfähig sind nach wie vor die Angebote der Beigeladenen zu 1, 2, 4 und 5. Diesbezüglich ist die Antragstellerin in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt.
Dagegen ist die Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin weder gehalten noch berechtigt, das Angebot der Beigeladenen zu 3, das preislich vor dem Angebot der Antragstellerin liegt, bei der erneut durchzuführenden Angebotswertung unberücksichtigt zu lassen. Die Beigeladene zu 3 hat vielmehr ausweislich der Vergabeakte schriftlich, rechtzeitig und damit wirksam ihr Einverständnis zu der Bindefristverlängerung erklärt. Dem steht nicht entgegen, dass sie für diese Erklärung nicht den von der Auftraggeberin dafür vorgesehenen und übersandten Vordruck verwendet hat.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin, der ..., handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und somit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB.
Die angerufene Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Regierungsvertretung Lüneburg, ist für die Nachprüfung des vorliegenden Vergabeverfahrens zuständig.
Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag gemäß §§ 1, 1 a Nr. 1 VOL/A. Der Wert des streitbefangenen Auftrags beträgt nach der Schätzung der Auftraggeberin allein für die Vertragslaufzeit von 2 Jahren (ohne Berücksichtigung der Verlängerungsoption) ... EUR. Der Wert des Auftrags übersteigt damit deutlich den für Dienstleistungsaufträge maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 2 Nr. 1 VgV.
Die Antragstellerin ist hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Vergaberechtsverstöße antragsbefugt gemäß § 107 Abs. 2 GWB. Antragsbefugt ist danach jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Die Antragstellerin hat als Bieterin ein Interesse am Auftrag.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52).
Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Prüfung und Wertung der Angebote eine bessere Chance auf den Zuschlag gehabt hätte.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald und soweit ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2202, Az.: Verg 9/02). Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen 1 bis 3 Tagen erfolgen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/03; Bechtold, GWB, § 107, Rdnr. 2). Auch bei einer ggf. notwendigen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt ein Rügezeitraum von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB regelmäßig nicht (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 11.09.2006, Az.: WVerg 13/06). Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, Seite 45 ff.), kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert.
Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die von ihr im Vergabeverfahren erkannten in diesem Nachprüfungsverfahren zu klärenden vermeintlichen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt. Die Antragstellerin hat das Informationsschreiben der Auftraggeberin vom 12.09.2008 am 15.09.2008 per Fax erhalten und nach rechtlicher Wertung mit anwaltlichem Schreiben vom 16.09.2008 Rüge erhoben. Ihre Rügen betrafen die aus ihrer Sicht unzureichende Information gemäß § 13 VgV vom 12.09.2008 und die Entscheidung über den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Fa. O..., welche vergaberechtswidrig unter Vernachlässigung wettbewerbswidriger Abreden erfolgt sei.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist aber nur teilweise begründet. Die Antragstellerin ist in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt, soweit die Auftraggeberin im Rahmen der Angebotswertung für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes auch Angebote berücksichtigt hat, die von den Bietern in Kenntnis der Kalkulation anderer am Vergabeverfahren beteiligter Bieter abgegeben wurden und deshalb wegen Verstoßes gegen das vergaberechtliche Gebot des Geheimwettbewerbs gemäß § 25 Nr. 1 lit. f VOL/A i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zwingend auszuschließen waren und sind (im Folgenden a). Dagegen ist die Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin weder gehalten noch berechtigt, auch das Angebot der Beigeladenen zu 3 bei der Angebotswertung unberücksichtigt zu lassen. Die Beigeladene zu 3 hat ausweislich eines in den Vergabeakten enthaltenen Schreibens vom 31.07.2008 gegenüber der Auftraggeberin ausdrücklich die Verlängerung der Angebotsfrist für ihr Hauptangebot bestätigt. Die Bestätigung erfolgte rechtzeitig und damit auch wirksam. Dem steht nicht entgegen, dass sie für diese Erklärung nicht den von der Auftraggeberin dafür vorgesehenen und übersandten Vordruck verwendet hat (im Folgenden b).
a)
Die Auftraggeberin hat gegen den vergaberechtlichen Wettbewerbsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, indem sie im Rahmen ihrer Angebotswertung bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes auch insgesamt 6 Angebote berücksichtigt hat, die in Kenntnis der Kalkulation jeweils eines anderen am Vergabeverfahren beteiligten Bieters abgegeben wurden und deshalb wegen Verstoßes gegen das vergaberechtliche Verbot des Geheimwettbewerbs gemäß § 25 Nr. 1 lit. f VOL/A i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zwingend auszuschließen sind. Betroffen sind neben den zwischenzeitig aus dem Vergabeverfahren durch Rücknahme und mangels Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist ausgeschiedenen Angeboten der Firmen W... und O... auch die Angebote der Beigeladenen zu 1, zu 2, zu 4 und zu 5. Die Auftraggeberin konnte aus der ihrem Vergabevermerk vom 09.06.2008 beigefügten synoptischen Preisübersicht erkennen, dass die Angebote der Beigeladenen zu 1 und zu 2 in allen Einzelpreisen (insgesamt 12 Positionen für die Urnenbestattung und 8 Positionen für die Erdbestattung) völlig identisch sind. Die Angebote der Beigeladenen zu 4 und der Beigeladenen zu 5 wiederum unterscheiden sich lediglich in der Position 5 (Unterstellung in einer zugelassenen Leichenhalle mit Kühlung - pauschal) und sind im Übrigen ebenfalls völlig identisch. Darüber hinaus sind die Angebote der Beigeladenen zu 4 und zu 5 beide von ihrem identischen Geschäftsführer, Herrn ..., unterschrieben.
Die Angebote der zwischenzeitlich aus dem Vergabeverfahren ausgeschiedenen Firmen W... und O... weisen in 11 von insgesamt 20 Positionen die gleichen Preise auf. Lediglich bei diesen beiden Bietern hat die Auftraggeberin aufgrund des von ihrem Rechnungsprüfungsamt festgestellten zahlreichen Gemeinsamkeiten der Angebote im Wege der Aufklärungsverhandlung nach § 24 VOL/A geprüft, ob eine wettbewerbswidrige Abrede durch Verletzung des Geheimwettbewerbes vorliegt. Sie ist jedoch ausweislich eines in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks vom 28.07.2008 zu dem Ergebnis gelangt, dass sich eine wettbewerbswidrige Abrede nicht beweisen lässt. Sie hat ihre Entscheidung auf die Eigenerklärungen der Firmen O... und W... gestützt, die beide erklärt haben, keine wettbewerbswidrige Abrede vorgenommen zu haben und dass keine wechselseitige Kenntnis über das Angebot des anderen bestehe. Ausweislich des dem Vermerk beigefügten Schriftverkehrs haben beide Bieter im Zuge der Angebotsaufklärung erklärt, dass eine eindeutige Trennung der Geschäftsbereiche der beiden Firmen vorliege. Die Firma O... hat mit Schreiben vom 11.07.2008 darauf hingewiesen, dass sie bei Bedarf auf die Ressourcen der Firma W... zurückgreife.
Gemäß § 97 Abs. 1 GWB und § 2 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A müssen öffentliche Auftraggeber ihre Leistungen in der Regel im Wettbewerb vergeben und gemäß § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen bekämpfen. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A ordnet ergänzend an, dass die Angebote derjenigen Bieter, die in Bezug auf die konkret in Rede stehende Vergabe eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben, ausgeschlossen werden müssen. Der Begriff der wettbewerbsbeschränkenden Abrede im Sinne von § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A ist dabei mit Hinblick auf den - das gesamte Vergabeverfahren beherrschenden - Wettbewerbsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB weit auszulegen. Er ist nicht auf gesetzwidriges Verhalten beschränkt, sondern umfasst auch alle sonstigen Absprachen und Verhaltensweisen eines Bieters, die mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot unvereinbar sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, Az.: Verg 23/06, VergR 2007, S. 229).
Wesentliches und erkennbares Zeichen einer Auftragsvergabe im Wettbewerb ist die Gewährleistung eines Geheimwettbewerbs zwischen den an der Ausschreibung teilnehmenden Bietern. Nur dann, wenn jeder Bieter die ausgeschriebene Leistung in Unkenntnis der Angebote, Angebotsgrundlagen und Angebotskalkulation seiner Mitbewerber um den Auftrag anbietet, ist ein echter Bieterwettbewerb möglich (vgl. OLG München, Beschluss vom 11.08.2008, Az.: Verg 16/08; OLG Celle, Beschluss vom 13.12.2007, Az.: 13 Verg 10/07; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.09.2003, Az.: Verg 52/03). Ein Verstoß gegen die Grundsätze des Geheimwettbewerbs führt gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A zwingend zum Ausschluss beider Angebote, da es mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsprinzip schlechterdings unvereinbar ist, dass ein Bieter, dem das Angebot oder zumindest die Angebotsgrundlagen eines Wettbewerbers um den Zuschlag bekannt sind, am Bieterwettbewerb teilnimmt. Dabei ist nicht Voraussetzung, dass der Bieter das gesamte Angebot des Mitbieters kennt. Maßgeblich ist, dass durch den Verstoß gegen die Grundsätze des Geheimwettbewerbs ein echter Bieterwettbewerb verhindert wird. Dies ist nach der Rechtsprechung schon bei Kenntnis von wesentlichen Teilen des Angebotes des Mitbieters der Fall, wobei eine Kenntnis von über 50% mehr als ausreichend ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 11.08.2008, Az.: Verg 16/08).
Zwar führt auch unter Berücksichtigung dieser aktuellen Rechtsprechung nicht jede gesellschaftsrechtliche, personelle oder geschäftliche Verbindung zwischen zwei Unternehmen zu einer der Beteiligung an einem Vergabeverfahren entgegenstehenden wettbewerbsbeschränkenden Konstellation. Voraussetzung für einen Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. c VOB/A ist vielmehr, dass eine wettbewerbsbeschränkende Abrede mit einem konkreten Nachweis belegt wird (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 28.03.2006, Az.: W Verg 4/06). Es obliegt grundsätzlich dem Auftraggeber nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für einen zwingenden Angebotsausschluss gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A oder § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A vorliegen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 07.06.2007, Az.: 13 Verg 5/07, zitiert nach VERIS). Die Vergabekammer vertritt daher nach wie vor (vgl. VK Lüneburg, Beschluss vom 07.11.2003, Az.: 203-VgK-32/2003; Beschluss vom 05.03.2008, Az.: VgK-03/2008) die Auffassung, dass eine Beteiligung von Konzern verbundenen oder personell verbundenen Bieterfirmen an ein und demselben Vergabeverfahren möglich sein muss, solange es sich um rechtlich selbständige juristische Personen handelt und konkrete Anhaltspunkte für wettbewerbsbeschränkende oder unlautere Verhaltensweisen im Sinne des § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A nicht ersichtlich sind. Es besteht keine grundsätzliche Vermutung dafür, dass der Geheimwettbewerb nicht gewahrt ist, denn auch Konzern verbundene oder in sonstiger Weise kooperierende Unternehmen bewegen sich häufig wirtschaftlich eigenständig und stehen darüber hinaus oftmals auch in einem gewissen internen Konkurrenzkampf untereinander (vgl. Verfürth in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 25 Rdnr. 69 m.w.N.).
Anders verhält es sich jedoch, wenn die Angebote zweier miteinander kooperierender Unternehmen hinsichtlich des größten Teils der Preispositionen völlig übereinstimmen oder in sonstiger Hinsicht nicht zu übersehende Indizien dahin gehend aufweisen, dass die Angebote in wechselseitiger Kenntnis zumindest erheblicher Kalkulationsbestandteile des anderen Angebotes kalkuliert und abgegeben wurden. Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf sind die Bieter bei derartig weitgehender Angebotsübereinstimmung schon mit Abgabe ihres Angebotes gehalten, nachzuweisen, dass der Geheimwettbewerb bei der Angebotserstellung trotzdem gewährleistet war (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, Az.: VII-Verg 23/06). Im dortigen Fall hatte das OLG Düsseldorf den Ausschluss von zwei Bietern angeordnet, bei denen sich der eine mit einem eigenen Angebot und als Nachunternehmer des anderen Bieters beteiligt hat, wobei hinzugekommen ist, dass die beiden Bieter Konzern verbundene Unternehmen im Sinne von § 36 Abs. 2 GWB waren, der eine Bieter über keine eigene Geschäftsstruktur verfügt hat und die Angebote identische Rechtschreibfehler enthielten. Auch im dortigen Sachverhalt kamen also über die personellen, geschäftlichen und rechtlichen Verbindungen der Unternehmen auch noch räumliche und infrastrukturelle Verflechtungen sowie konkrete Übereinstimmungen bei den Angeboten hinzu.
In einem solchen Fall, so das OLG, sei jedenfalls zu vermuten, dass Kontakte in Bezug auf die Angebotsinhalte stattgefunden haben und der Geheimwettbewerb nicht mehr gewahrt ist. Bei einer derartigen Sachlage obliege es dem Bieter, nachvollziehbar darzulegen und nachzuweisen, dass aufgrund und ggf. welcher besonderen Vorkehrungen der Geheimwettbewerb bei der Angebotserstellung ausnahmsweise gewährleistet war. Verdichtet sich die Indizienkette derart zuungunsten eines Bieters, so muss er nach der Rechsprechung des OLG Düsseldorf bereits mit seinem Angebot diejenigen besonderen Umstände und Vorkehrungen bei der Angebotserstellung und -abgabe aufzeigen und nachweisen, die ausnahmsweise einem Angebotsausschluss entgegenstehen. Denn der Auftraggeber sei in einer derartigen Sachlage zu Aufklärungsmaßnahmen zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet. Vielmehr kann das Angebot dann ohne weiteres ausgeschlossen werden. Auch in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall hat der betroffene Bieter weder bei Angebotsabgabe noch im Zuge des weiteren Vergabeverfahrens oder des Nachprüfungsverfahrens nachgewiesen, dass trotz der verdichteten Indizienkette der Geheimwettbewerb gewährleistet war.
So ist es auch im vorliegenden Fall. Die Erklärungen der betroffenen Bieter vermögen die dringende Vermutung, dass sie ihr Angebot jeweils zumindest in Kenntnis von wesentlichen Angebotsbestandteilen des anderen im Wettbewerb befindlichen Bieters kalkuliert haben, nicht auszuräumen. Die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 haben die inhaltliche Angebotsidentität damit erklärt, dass beide Firmen gleiche Inhaber haben. Das identische Doppelangebot sei allein der Tatsache geschuldet, dass in dem ursprünglichen Angebot der Beigeladenen zu 2 versehentlich der Ort der Feuerbestattung in ... nicht angegeben war. Um wegen der fehlenden Angabe nicht aus dem Wertungsverfahren ausgeschlossen zu werden, sei das Angebot der Beigeladenen zu 1 mit identischen Preisen und der Angabe des Ortes der Feuerbestattung nachgereicht worden. Keinesfalls läge der Doppelbeteiligung eine wettbewerbswidrige Absprache zugrunde.
Auch wenn die Vergabekammer den Beigeladenen zugesteht, dass sie nicht in wettbewerbswidriger Absicht gehandelt haben oder mangels Erfahrung mit öffentlichen Vergabeverfahren auch gar keine Kenntnis der vergaberechtlichen Problematik der Doppelbeteiligung gehabt haben, ändert dies nichts daran, dass der Geheimwettbewerb vorliegend nicht gewahrt ist, weil beide Angebote in Kenntnis der Kalkulation des anderen Angebotes abgegeben wurden. Auch hätte die Beigeladene zu 2 bei der von ihr geschilderten Konstellation unmittelbar nach Entdecken der fehlenden Angabe noch vor Ablauf der Angebotsfrist ihr Angebot zurückziehen können, statt parallel durch die Beigeladene zu 1 ein identisches Angebot einzureichen.
Auch die Beigeladenen zu 4 und zu 5 haben nicht nachgewiesen, dass die mit Ausnahme einer Position preislich absolut identischen Angebote nicht in wechselseitiger Kenntnis ihrer Angebote oder zumindest erheblicher Angebotsbestandteile kalkuliert wurden. Eine diesbezügliche Erklärung mit Angebotsabgabe erfolgte nicht. Mit Schriftsatz vom 26.09.2008 hat die Beigeladene zu 5 die Übereinstimmungen insbesondere ebenfalls damit erklärt, dass der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 5, Herr ..., gleichzeitig ehrenamtlich gemeinsam mit Herrn ... als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 4 tätig ist. Die Kalkulation des Angebotes sei jedoch nicht in Absprache, sondern getrennt und unabhängig erfolgt. Basis der Kalkulation sei die allen Bietern im Vergabeverfahren bekannte Preisliste für Dienstleistungen der Beigeladenen zu 4 gewesen. Die Warenkalkulation sei anhand von Preislisten von Sarg- und Zubehörlieferanten erfolgt, deren Preise ebenfalls allen Bestattern bekannt seien. Abweichungen der abgegebenen Angebote seien aufgrund der bekannten Preise bei der kaufmännischen Kalkulation lediglich in den Gemeinkosten sowie dem unternehmerischen Wagnis zu erwarten, zumindest wenn diese Positionen abhängig von der Betriebsgröße berücksichtigt würden. Daraus ergebe sich eine relativ geringe Differenz der angegebenen Angebote. Mit gleichem Schreiben hat die Beigeladene zu 5 gegenüber der Vergabekammer erklärt, dass sie, weil sie die öffentliche Vergabe nicht behindern wolle, ihr Angebot zurückziehe. Gegenüber der Auftraggeberin hat die Beigeladene zu 5 jedoch die Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist erteilt, so dass die Vergabekammer von einer Aufhebung der Beiladung abgesehen hat.
Auch wenn den Beigeladenen zuzugestehen ist, dass sie sich bei der Angebotskalkulation selbstverständlich an den Marktpreisen und ggf. auch an existierenden Preislisten orientieren, erklärt dies allein nicht die Angebotsidentität in 18 von 20 Positionen. Denn zumindest 4 Bieter im vorliegenden Vergabeverfahren, darunter das Angebot der Antragstellerin und das Angebot der Beigeladenen zu 3, haben ihre Angebote in nahezu allen Positionen anders kalkuliert.
Vorliegend braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob die überwiegende Angebotsidentität der Angebote der Firma W... und der Firma O... im Ergebnis anders zu beurteilen ist, da die Firma W... ihr Angebot ausdrücklich zurückgezogen hat und sowohl sie als auch die Firma O... gegenüber der Auftraggeberin ausdrücklich nicht die Zustimmung zur Bindefristverlängerung erteilt haben. Auch hier spricht jedoch vieles dafür, dass die Angebote zumindest in wechselseitiger Kenntnis wesentlicher Angebotsbestandteile abgegeben wurden. Zwar wurden hier im Vergleich zu den anderen Angeboten "lediglich" bei 11 von 20 Positionen die gleichen Preise angeboten. Es handelt sich hierbei jedoch durchweg um die kostenintensivsten und damit das Gesamtangebot prägenden Einzelpreise, so dass unter Zugrundelegung der zitierten aktuellen Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 11.08.2008, Az.: Verg 16/08) auch diese Angebote zwingend von der Angebotswertung auszunehmen wären, wenn sie nicht zwischenzeitig bereits ausdrücklich zurückgezogen worden wären.
Da die Auftraggeberin sämtliche betroffenen Angebote in der Wertung belassen hatte und zudem die Bieter mit Schreiben vom 12.09.2008 gemäß § 13 VgV darüber informiert hatte, dass sie beabsichtige, den Zuschlag auf das Angebot der an sich auszuschließenden Firma O... zu erteilen, war insoweit festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin war daher zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen und dabei das wirtschaftlichste Angebot unter Ausschluss der Angebote der Beigeladenen zu 1, zu 2, zu 4 und zu 5 sowie der zwischenzeitig nicht mehr im Verfahren befindlichen Firmen W... und O... zu ermitteln.
b.
Dagegen ist die Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin weder gehalten noch berechtigt, bei der von ihr erneut durchzuführenden Angebotswertung auch das Angebot der Beigeladenen zu 3 unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr ist dieses ausweislich der Vergabeakte preislich vor dem Angebot der Antragstellerin rangierende Angebot der Beigeladenen zu 3 bei der Angebotswertung zu berücksichtigen. Die Beigeladene zu 3 hat schriftlich, rechtzeitig und im Ergebnis wirksam ihr Einverständnis zur Verlängerung der Bindefrist erklärt. Die Bindefrist im streitbefangenen Vergabeverfahren lief ausweislich der Nr. IV.3.6 ursprünglich am 31.07.2008 ab. Da der ursprünglich geplante Termin des Vertragsbeginns nicht eingehalten werden konnte, nahm die Auftraggeberin, nachdem sie bei den Bietern des offenen Vergabeverfahrens entsprechende Angebote eingeholt hatte, für den Zeitraum vom 01.08. bis zum 20.10.2008 eine Interimsvergabe vor. Mit Schreiben vom 17.07.2008 forderte sie die Bieter auf, sich bis spätestens 31.07.2008 mittels eines beigefügten Formblattes zur erforderlichen Bindefristverlängerung bis zum 15.10.2008 zu erklären. Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass ihr Angebot andernfalls mit Ablauf der ursprünglichen Zuschlags- und Bindefrist aus der Wertung ausscheiden müsse.
#Gemäß § 19 Nr. 3 VOL/A ist vorzusehen, dass der Bieter bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden ist (Bindefrist). Zuschlags- und Bindefrist sind damit zeitlich deckungsgleich und bezeichnen den selben Zeitraum (vgl. Roth in: Müller-Wrede, VOL/A, 2. Auflage, § 19, Rdnr. 24). Die Bindefrist kann nur mit der Zustimmung der Bieter verlängert werden. Hat der Bieter der Verlängerung zugestimmt, bleibt er bis zum Ablauf der verlängerten Bindefrist an sein Angebot gebunden. Lehnt ein Bieter die Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist ab, so scheidet sein Angebot aus dem Vergabeverfahren aus. Der Auftraggeber kann die Bindefrist nicht von sich aus verlängern, sondern er benötigt dafür die Zustimmung der Bieter. Der Grund für das Erfordernis der Zustimmung der Verlängerung der Bindefrist besteht darin, dass die Bindefrist als eine Annahmefrist des Bieters gemäß § 148 BGB anzusehen ist (vgl. Schubert in: Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 19 VOB/A, S. 670, Rdnr. 21 ff., m.w.N.). Letztlich erklärt der Bieter für die Annahme des Angebotes (Zuschlag) eine Frist, so dass die Annahme gemäß § 148 BGB nur innerhalb der Frist erfolgen kann. Damit wird die Bindefrist letztlich von den Bietern erklärt. Der Auftraggeber muss daher, wenn er den Zuschlag innerhalb der Binde- und Zuschlagsfrist nicht erteilen kann, die Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist von den Bietern einholen, deren Angebote für die Erteilung des Zuschlags in Betracht kommen.
Die Beigeladene zu 3 hatte mit Schreiben vom 31.07.2008, eingegangen bei der Auftraggeberin per Telefax am gleichen Tage (Eingangsstempel), in Bezug auf die erforderlich gewordene Interimsvergabe erklärt, dass sie die Notüberführungen aus den Alten-Pflegeheimen in ... bis zur endgültigen Zuschlagserteilung übernehmen werde. Darüber hinaus erklärte sie sich mit gleichem Telefax jedoch auch ausdrücklich zur Bindefristverlängerung im laufenden Vergabeverfahren. Das Schreiben schließt mit folgenden Formulierung:
"Des Weiteren bestätigen wir Ihnen die Fristverlängerung für unser Hauptangebot."
Damit hat sie fristgerecht und schriftlich ihr Einverständnis zur Bindefristverlängerung erklärt und ihr Angebot im Vergabeverfahren aufrecht erhalten.
Dem steht nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 3 ihre Einverständniserklärung zur Bindefristverlängerung nicht auf dem von der Auftraggeberin dafür vorbereiteten Formblatt abgegeben hat. In dieser Tatsache ist unter Würdigung des vorliegenden Sachverhalts keine das Ausschlussermessen der Auftraggeberin gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A auf Null reduzierende Mindestbedingung im Sinne der Rechtsprechung zu sehen. Die Auftraggeberin hatte ihre Bitte um Zustimmung zur Fristverlängerung mit Schreiben vom 17.07.2008 wie folgt formuliert:
"Wir dürfen Sie daher darum bitten, beigefügte Einverständniserklärung zur Bindefristverlängerung auszufüllen und mit ihrem Firmenstempel sowie rechtsverbindlich unterzeichnet bis spätestens 31.07.2008 an uns zurückzusenden. Andernfalls muss ihr Angebot mit Ablauf der ursprünglichen Zuschlags- und Bindefrist aus der Wertung ausscheiden."
Die Auftraggeberin hat mit Schriftsatz vom 15.10.2008 darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 3 zuvor in einem Telefonat mit dem Leiter des Sachgebietes Zentrale Beschaffungen der Antragsgegnerin, Herrn ..., der Bindefristverlängerung für ihr Angebot in dem Vergabeverfahren zugestimmt hat. In dem per Telefax übersandten Schreiben vom 31.07.2008 habe die Beigeladene zu 3 die Bindefristverlängerung noch einmal schriftlich bestätigt. Damit bestehe eine lückenlose Bindefristverlängerung, so dass das Angebot nicht von der Wertung auszunehmen sei. Mit Schriftsatz vom 22.10.2008 hat die Auftraggeberin darauf hingewiesen, dass GWB und VOL/A kein Formerfordernis hinsichtlich der Erklärung zur Bindefristverlängerung dahin gehend kennen, dass diese nur auf einem bestimmten Formular abzugeben wäre. Eine entsprechende Vorgabe in Gestalt einer Mindestbedingung sei seitens der Auftraggeberin nicht erfolgt. Die Auftraggeberin habe lediglich darum gebeten, die beigefügte Einverständniserklärung zur Bindefristverlängerung zu benutzen. Das Formular habe lediglich der Vereinfachung der Abgabe der Erklärung gedient und um Zweifel am Erklärungsgehalt auszuschließen. Keinesfalls habe es einen Zwang gegeben, die Erklärung auf diesem Formular abzugeben.
Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A können Angebote, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen enthalten, ausgeschlossen werden. Dieses Ermessen reduziert sich durch Selbstbindung eines Auftraggebers aber grundsätzlich immer dann auf Null und damit auf einen zwingenden Ausschluss, soweit der Auftraggeber mit der Vergabebekanntmachung, zur Aufforderung der Angebotsabgabe oder den sonstigen Vergabeunterlagen die Nachweise und Belege zur Mindestbedingung erhebt, indem er ihre Vorlage ausdrücklich mit Angebotsabgabe verlangt und auf einen zwingenden Ausschluss im Falle der Nichtbeifügung oder nicht rechtzeitigen Beifügung hinweist. Der Auftraggeber ist dann an diese Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von seinen Mindestvoraussetzungen abweichen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 11.03.2004, Az.: 13 Verg 3/04; BayObLG, Beschluss vom 20.12.1999, Az.: 8/99, BauR 2000, 558, 560 [BayObLG 20.12.1999 - Verg 8/99]; VK Sachsen, Beschluss vom 06.05.2002, Az.: 1/SVK/034-02). Vorliegend handelt es sich nicht um eine mit der Vergabebekanntmachung, der Aufforderung der Angebotsabgabe oder sonstigen Vergabeunterlagen und auch nicht mit Abgabe des Angebotes geforderte Erklärung. Die Erklärung wurde vielmehr erst nach Ablauf der Angebotsfrist und nach Abgabe der Angebote gefordert, so dass bereits fraglich ist, ob sich ein Angebotsausschluss wegen Nichteinhaltung der geforderten Form bei einer erst nachträglich geforderten Erklärung überhaupt auf die Regelungen des § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A stützen lässt.
Dies kann jedoch vorliegend dahin stehen. Auch bei entsprechender Anwendung dieser Vorschriften und der dazu ergangenen Rechtsprechung muss nach Auffassung der Vergabekammer vorliegend die Tatsache berücksichtigt werden, dass die Beigeladene zu 3 mit ihrem Telefax vom 31.07.2008 gegenüber der Auftraggeberin eindeutig, schriftlich und rechtsverbindlich unterschrieben erklärt hat, dass sie mit der Bindefristverlängerung einverstanden ist. Die Auftraggeberin ihrerseits hat diese Erklärung akzeptiert und nicht zum Anlass genommen, die Erklärung noch einmal auf dem Formblatt nachzufordern. Einem Ausschluss des Angebots der Antragstellerin würde daher vorliegend der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen. Das Oberlandesgericht Celle hat in einem aktuellen Beschluss vom 02.10.2008 entschieden, dass selbst der Grundsatz, dass beim Fehlen von Preisen und geforderten Erklärungen ein Angebot zwingend auszuschließen ist, ausnahmsweise dann nicht gilt, wenn die Unvollständigkeit eine unbedeutende und sich auf den Wettbewerb nicht auswirkende Position betrifft und wenn der Auftraggeber selbst bei der Wertung der verschiedenen Angebote zu erkennen gibt, dass es ihm auf die geforderten Angabe in keiner Weise ankommt. Dadurch widerlege der Auftraggeber grundsätzlich die Annahme, dass den von ihm in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Preisangaben und Erklärungen Relevanz für die Vergabeentscheidung zukommt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.10.2008, Az.: 13 Verg 4/08).
Angesichts der eindeutigen rechtsverbindlich unterschriebenen schriftlichen Einverständniserklärung der Beigeladenen zu 3 würde sich ein Angebotsausschluss, der lediglich mit der unterlassenen Verwendung des Vordrucks für die ansonsten völlig inhaltsgleiche Erklärung begründet wird, als bloßer Formalismus darstellen und wäre daher auch nicht durch eine entsprechende Anwendung der Regelungen des § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A gedeckt.
Das Angebot der Beigeladenen zu 3 ist daher bei der erneuten Wertung zu berücksichtigen. Insoweit war der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von ... EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung ... EUR brutto. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin über die ausgeschriebene Höchstvertragslaufzeit von 4 Jahren unter Zugrundelegung des in den Vergabeunterlagen prognostizierten Auftragsumfangs (320 Bestattungen/Jahr zzgl. 19% MwSt x 4 Vertragsjahre) und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zurzeit gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von ... EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe der regelmäßigen Höchstgebühr von ... EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Aufteilung der Kosten auf die Antragstellerin und die Auftraggeberin folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin in einem entscheidenden Punkt begründet ist und zur Verpflichtung der Auftraggeberin zum Wiedereintritt in die Wertung geführt hat.
Hinsichtlich ihres weitergehenden Ziels, die Auftraggeberin zu verpflichten, auch das preislich vor ihrem eigenen Angebot rangierende Angebot der Beigeladenen zu 3 nicht zu berücksichtigen, war der Nachprüfungsantrag dagegen erfolglos. Die anteilige Kostentragungspflicht von 2/3 zu 1/3 entspricht daher dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren (vgl. Beschluss des OLG Celle vom 06.06.2003, Az.: 13 Verg 5/03).
Die Auftraggeberin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin, soweit diese obsiegt hat, die anteiligen, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Angesichts der oben erörterten Tatsache, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren überwiegend unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu 2/3 zu tragen. Die Auftraggeberin ihrerseits war nicht anwaltlich vertreten.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den anteiligen Betrag von ... EUR unter Angabe des Kassenzeichens ... innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen:
....
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.
...
Rohn
Brinkmann